Titel: | Zur Bestimmung des Gerbstoffes in Sauerbrühen. |
Autor: | A. Bartel |
Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, S. 233 |
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Zur Bestimmung des Gerbstoffes in
Sauerbrühen.
Von A. Bartel, Assistent an der
Königl. Sächs. forstl. Versuchsstation zu
Tharandt.
Zur Bestimmung des Gerbstoffes in Sauerbrühen.
Ein in Kreisen der Gerbereichemiker gewiss schon oft sehr störend empfundener
Uebelstand ist der Mangel einer zuverlässigen Bestimmungsmethode des Gerbstoffes in
Sauerbrühen. Die indirect gewichtsanalytische Methode liefert in Folge der
Mitaufnahme der in den Sauerbrühen frei vorhandenen organischen Gährungssäuren durch
das zur Ausfällung der gerbenden Stoffe benutzte Hautpulver zu hohe, die Löwenthal'sche Gerbstoffbestimmungsmethode nur relativ
richtige Resultate. Letztere lassen sich in diesem Falle auch nicht, wie es bei der
Analyse der meisten süssen Brühen möglich ist, mit Hilfe eines Factors in die
richtigen durch Gewichtsanalyse gefundenen Zahlen übersetzen, da dieser Factor nicht
für alle Gerbmaterialien der gleiche, ja für einzelne nicht einmal constant ist, und
in der Praxis meist gemischte Brühen angewandt werden, bei denen sich das
Verhältniss der in ihnen vorhandenen verschiedenen Gerbstoffe im Verlaufe der
Gerbung fortwährend verändert.
Den Fehler, welcher bei der Gewichtsanalyse entsteht, suchte nun Herr Johannes Meerkatz zu umgehen durch eine Abstumpfung der
freien Gährungssäuren, und veröffentlichte im April 1889 seine diesbezüglichen
Versuche in einem Artikel über die „Bestimmung der
gerbenden Substanzen in sauren Brühen“.Der Gerber, 1889 Nr. 350.
Meerkatz behauptet, dass bei
dieser Absättigung der freien Säuren, wozu er den kohlensauren Baryt am
geeignetsten fand, kein Verlust an gerbenden Substanzen
eintrete, und sucht dies zu beweisen durch die Analyse dreier Brühen vor und nach
einer durch Weissbeize künstlich hervorgerufenen Gährung.
Da die Frage von weitgehender Bedeutung war, wurde mir von Herrn Prof. Dr. v. Schröder die Aufgabe gestellt, die Brauchbarkeit der
neuen Meerkatz'schen Bestimmungsmethode zu prüfen.
Hierbei stellte sich ein der Annahme des Herrn Meerkatz
bezüglich des Verhaltens des kohlensauren Baryts gegenüber den gerbenden Substanzen
vollständig widersprechendes Resultat heraus, welches den Werth seiner Methode
illusorisch macht.
Zur Prüfung der Wirkung von kohlensaurem Baryt auf eine Gerbstofflösung wurde 1) 1 l
einer Lösung von reinem Eichenholzextract in der bei der gewichtsanalytischen
Bestimmungsmethode hier üblichen Concentration mit 20 g fein zerriebenem
kohlensauren Baryt (dessen Reinheit vorher festgestellt war)10 g BaCO3 wurden fein zerrieben mit 1 l destillirtem
Wasser 12 Stunden lang (davon etwa 3 Stunden heiss) digerirt. Nach dem
Abfiltriren durch gutes, dickes Filtrirpapier ergaben 100 cc des Filtrats
nach dem Eindampfen, Trocknen bei 100° C. und schwachem Glühen 0,0027 g
Rückstand. einen Tag lang unter öfterem Umschütteln stehen
gelassen. Dann wurde diese Lösung und ein zweiter Liter Extractlösung von genau
gleichem Gehalte, doch ohne Zusatz von Bariumcarbonat unter gleichen Umständen
(gleiches Filtrirpapier, gleiche Filtergrösse, gleiche Zeit!) filtrirt.„Differenzen bei Gerbstoffbestimmungen“
von Prof. Dr. v. Schröder (D. p. J., 1888 269
38). In gleicher Weise wurde 2) 1 l der Lösung desselben
Eichenholzextractes mit 5 g kohlensaurem Baryt versetzt und zugleich mit 1 l einer
gleich starken Lösung ohne diesen Zusatz filtrirt.
Das Filtrat der mit Bariumcarbonat versetzten Extractlösungen zeigte in beiden Fällen
eine tief olivengrüne Färbung, wie sie bei der Einwirkung von Alkali auf Gerbstoff
eintritt. Die Untersuchung der Filtrate nach vereinbarter Löwenthal'scher Methode ergab für Lösung
1)
ohne
BaCO3
einen
Gehalt
von
22,28
Proc.
Gerbstoff
2)
„
„
„
„
„
22,57
„
„
1)
mit
20 g „
„
„
„
15,58
„
„
2)
„
5 g „
„
„
„
14,83
„
„
Bei Anwendung der indirect gewichtsanalytischen Bestimmungsmethode, wie sie im
hiesigen Laboratorium ausgeführt wird„Differenzen bei Gerbstoffbestimmungen“
von Prof. Dr. v. Schröder (D. p. J., 1888 269
38)., wurde erhalten für Lösung
Proc. org. gerb.Substanz
Proc. org. Nicht-gerbstoffe
1)
ohne
BaCO3
25,34
12,46
2)
„
„
25,79
12,25
1)
mit
20 g „
15,85
12,73
2)
„
5 g „
15,21
12,42
Es wurde also in beiden Fällen in der mit kohlensaurem Baryt versetzten Lösung fast
die Hälfte zu wenig gerbende Substanz gefunden, während die Werthe für die
Nichtgerbstoffe sich nicht änderten. Dadurch ist bewiesen, dass kohlensaurer Baryt im Ueberschuss, wie ihn Herr Meerkatz bei seiner Methode ja anwenden will und muss,
aus einer Gerbstofflösung den Gerbstoff zum Theil
ausfällt, und zwar scheint die Grösse des Ueberschusses hierbei keine
wesentliche Rolle zu spielen.
Um zu sehen, ob auch die Gegenwart von Salzen derjenigen organischen Säuren, welche
bei der Säuregährung der Gerbebrühen auftreten, bei der Bestimmung der gerbenden
Substanzen einen Verlust herbeiführen, wurde folgender Versuch ausgeführt. Eine
Lösung vorerwähnten Eichenholzextractes wurde mit einer den wirklichen Verhältnissen
entsprechenden Menge verdünnter Essigsäure von bekanntem Gehalt versetzt und diese
durch verdünnte Natronlauge von ebenfalls bekanntem Gehalt genau neutralisirt, so
dass die Lösung nunmehr, wenn eine derartige Neutralisation überhaupt möglich ist,
neben dem Extract noch eine bekannte Menge essigsaures Natron ohne jeden Ueberschuss
von freiem Alkali oder freier Säure enthalten musste. Neben dieser wurde eine durch
geeignete Verdünnung auf denselben Extractgehalt gebrachte Lösung ohne Salz zur
Controle wie oben unter gleichen Umständen filtrirt und nach indirect
gewichtsanalytischer Methode analysirt. Die Lösung, welche das essigsaure Natron
enthielt, zeigte eine etwas dunklere Farbe als die reine, doch reagirte sie wie
letztere noch schwach sauer.
Die Analyse ergab für die Lösung
Proc. org. gerb.Substanz
Proc. org. Nicht-gerbstoffe
mit essigsaurem Natron
18,93
24,93
ohne essigsaures Natron
26,28
12,63
Dieses Resultat zeigt, dass auch in einem Falle, reo jede
Alkalität vermieden wurde, doch noch ein Verlust von etwa 28 Proc. der
vorhandenen gerbenden Substanzen eintrat. Dies erklärt sich aus dem
Umstände, dass die behufs Neutralisation der freien Säure zugesetzte Base, mag sie
nun stärker oder schwächer wirkend sein, sich in diese und die vorhandenen
Gerbstoffe, welche zum grössten Theil eben auch als Säuren aufzufassen sind, theilt.
Demnach wird ein Versuch, die freien Gährungssäuren abzustumpfen, wohl zu keinem brauchbaren Resultat führen.
Die Versuche mit essigsaurem Baryt oder den Salzen anderer Gährungssäuren weiter zu
führen, wie ursprünglich beabsichtigt war, wurde nach vorstehenden Ergebnissen als
aussichtslos unterlassen.