Titel: | Ueber eine wichtige Fehlerquelle der gewichtsanalytischen Methode der Gerbstoffbestimmung. |
Autor: | R. Koch |
Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, S. 159 |
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Ueber eine wichtige Fehlerquelle der
gewichtsanalytischen Methode der Gerbstoffbestimmung.
Von Dr. R. Koch in
Leipzig.
(Schluss des Berichtes S. 141 d. Bd.)
Ueber eine wichtige Fehlerquelle der gewichtsanalytischen Methode
der Gerbstoffbestimmung.
Schon durch einen einfachen vergleichenden Vorversuch konnte man sich nun sehr gut
davon überzeugen, dass den verschiedenen Hautpulversorten ein sehr verschiedenes
Absorptionsvermögen für gewisse in Gerbbrühen stets enthaltene, wie oben bemerkt,
hauptsächlich färbende Stoffe zukommen müsse. Am deutlichsten zeigte sich das bei
Fichtenbrühen, die ja besonders reich an diesen Stoffen sind. Es wurden vier
Hautfilter mit den vier Hautpulversorten I, II, IV und V gefüllt und nun nach
Schluss der Quetschhähne des Hautfilters je 100 cc Fichtenrindenauszug (20 g für 1
l) aufgegeben.
Die Quetschhähne wurden nun so weit geöffnet, dass sich ganz allmählich die
Hautfilter gleichmässig mit Gerbstofflösung füllten, worauf unter Schliessung der
Quetschhähne die eingetretene Gerbstofflösung etwa eine halbe Stunde mit dem
Hautpulver in Berührung blieb, ganz entsprechend dem Verfahren bei der Bestimmung
des Nichtgerbstoffes. Nach dieser Zeit wurden die Quetschhähne wieder geöffnet und
so eingestellt, dass das Abfliessen der Nichtgerbstofflösung völlig gleichmässig bei
sämmtlichen Hautfiltern vor sich ging und in etwa 2 Stunden beendet war. Jedes der
vier Filtrate zeigte nun eine andere Färbung. Während das Filtrat von
Hautpulver IV wasserhell war, zeigte sich das von Nr. I schwach gelblich, das von
Nr. II gelblich-bräunlich und das von Nr. V ziemlich dunkel gefärbt. Die ersten
Antheile des Filtrates waren übrigens auch bei den später gefärbten Filtraten
wasserhell, oder wenigstens sehr nahezu wasserhell, und erst allmählich trat eine
immer deutlicher werdende Färbung ein, indem die Absorptionsfähigkeit der Hautpulver
für diese färbenden Stoffe sich mehr und mehr erschöpfte. Nach Ablauf der ersten 100
cc Gerbstofflösung wurden nochmals 100 cc aufgegeben und nun wurde diese
Verschiedenheit in der Absorptionsfähigkeit noch deutlicher sichtbar. Bei Hautpulver
Nr. IV blieb auch jetzt noch das Hautfiltrat sehr nahezu wasserhell, bei Nr. I ging
die Farbe etwas mehr ins Gelblich-Bräunliche, bei Nr. II ins Hellbraune über und bei
Nr. V wurde jetzt das Filtrat nahezu ebenso dunkel, wie die ursprüngliche
Gerbstofflösung. Untersuchte man nun die Hautpulversäulen hinsichtlich ihrer
Färbung, so zeigte sich, dass bei Hautpulver Nr. IV nur ein Bruchtheil, etwa die
Hälfte von oben, und zwar intensiv dunkel gefärbt war, bei Hautpulver Nr. I
reichlich zwei Drittel und bei Hautpulver Nr. II nahezu die ganze Säule. Vollständig
gefärbt bis zum letzten Hautpulvertheilchen war Nr. V und zwar ziemlich hell. Bei
Nr. I, II und IV war ausserdem sehr deutlich sichtbar, dass die dunkelste Färbung
nicht am oberen, sondern am unteren Ende der Hautpulversäule sich befand. Es mussten
sonach die dunkel färbenden Stoffe durch die eigentlichen gerbenden Substanzen von
oben verdrängt und nach dem, wenige gerbende Substanzen enthaltenden unteren Ende
der Hautpulversäule hingeführt worden sein. Bei Nr. V war die ganze Hautpulversäule
gleichmässig hell gefärbt, weil hier sämmtliche dunkel färbenden Bestandtheile der
Fichtenbrühe wegen der geringen Absorptionsfähigkeit dieses mit verdünntem Alkohol
behandelten Hautpulvers für die nur färbenden Stoffe in das Filtrat übergegangen
waren und so dessen dunkle Färbung bewirkten.
In ähnlicher Weise, nur nicht so in die Augen fallend, verhalten sich die Auszüge
wohl der sämmtlichen Gerbmaterialien gegen verschiedene Hautpulversorten. Sehr schön
sieht man die ungleiche Intensität der Färbung derselben, wenn man gleiche Mengen
Hautpulver mit gleichen Mengen derselben Gerbstofflösung schüttelt, bezieh. eine
Zeitlang stehen lässt, dann abfiltrirt, trocknet und nochmals mahlt.
Diesen schon durch den blossen Augenschein wahrnehmbaren Unterschieden in der Färbung
liessen sich nun auch entsprechende Gewichtsunterschiede in den
Verdampfungsrückständen gleicher Volumina der betreffenden Hautfiltrate nachweisen.
Ich habe im Laufe der Zeit eine ziemlich grosse Anzahl vergleichender
Gerbstoffbestimmungen mit den verschiedenen oben beschriebenen Hautpulversorten nach
gewichtsanalytischer Methode ausgeführt und durchgängig im gleichen Sinne
abweichende Zahlen bei den verschiedenartigsten Gerbmaterialien erhalten, wie aus
den nachstehend angeführten Ergebnissen der vergleichenden Analysen zu ersehen ist.
Ich gebe dabei unter der Rubrik „Differenz“ immer die Unterschiede in
Procenten an, die sich für jedes der betreffenden Hautpulver gegenüber dem normalen
tadellosen Hautpulver Nr. TI herausstellten.
(Tabellen umstehend auf S. 160 u. f.)
Sumachextracte.
Hautpulver
1.
2.
3.
II
I
Diffe-renz
II
I
Diffe-renz
II
I
Diffe-renz
Gerbende
Sub- stanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
22,18 26,36 3,02 41,80 6,64
24,95 23,59 3,02 41,80 6,64
+ 2,77– 2,77
24,40 25,17 2,81 41,95 5,67
25,55 25,81 24,02 23,76 2,81 41,95 5,67
+ 1,15+ 1,41– 1,15– 1,41
28,19 20,00 2,71 46,70 2,40
30,22 17,92 2,71 46,70 2,40
+ 2,03– 2,03
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Sumach.
Hautpulver
II
I
Diffe-renz
Gerbende
Sub- stanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
9,66 14,67 2,13 7,38 66,16
10,06 14,27 2,13 7,38 66,16
+ 0,40– 0,40
100,00
100,00
Eichenlohen.
Hautpulver
1.
2.
3.
II
I
Differenz
II
I
Differenz
II
I
IV
Differenz
Gerbende
SubstanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
13,95 6,95 0,95 6,32 71,83
14,20 6,70 1,00 6,32 71,78
+ 0,25– 0,25
9,95 5,80 1,00 6,32 76,93
10,25 5,50 1,00 6,32 76,93
+ 0,30– 0,30
8,95 5,05 0,70 9,06 76,24
9,25 4,75 0,70 9,06 76,24
9,80 4,20 0,70 9,06 76,24
+ 0,30– 0,30
+ 0,85– 0,85
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Kastanienextracte.
Hautpulver
1.
2.
I
II
Differenz
II
I
Differenz
Gerbende
Sub- stanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
59,61 23,04 2,61 12,32 2,42
58,21 24,00 2,72 12,32 2,75
+ 1,40– 0,96
65,51 15,83 2,18 12,63 3,85
67,49 13,85 2,18 12,63 3,85
+ 1,98– 1,98
100,00
100,00
100,00
100,00
Myrobalanen. Myrobalanenextract.
Hautpulver
II
IV
Diffe-renz
II
I
Diffe-renz
Gerbende
Sub- stanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
36,10 11,50 2,90 10,70 38,80
39,30 8,30 2,90 10,70 38,80
+ 3,20– 3,20
32,32 13,14 2,63 51,36 0,55
34,26 11,20 2,63 51,36 0,55
+ 1,94– 1,94
100,00
100,00
100,00
100,00
Quebrachoextracte.
Hautpulver
1.
2.
II
I
Diffe-renz
II
IV
Diffe-renz
Gerbende
Sub- stanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
70,48 9,38 1,20 16,59 2,35
72,47 7,39 1,20 16,59 2,35
+ 1,99– 1,99
71,72 9,09 1,33 17,70 0,16
74,19 6,62 1,33 17,70 0,16
+ 2,37– 2,37
100,00
100,00
100,00
100,00
Mitrowitzer Eichenholzextract.
Hautpulver
11,713 g für 1 l
20,740 g für 1 l
II
I
Diffe-renz
II
I
IV
Differenz
Gerbende
Sub- stanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
27,92 12,55 1,71 57,82–
29,23 11,24 1,71 57,82–
+ 1,31– 1,31
27,97 12,25 1,54 57,82 0,42
28,84 11,38 1,54 57,82 0,42
29,81 10,41 1,54 57,82 0,42
+ 0,87– 0,87
+ 1,84– 1,84
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Fichtenlohen.
Hautpulver
1.
2.
3.
II
IV
Diffe-renz
II
I
Diffe-renz
II
IV
Diffe-renz
Gerbende
Sub- stanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
8,75 8,50 0,45 12,74 69,56
9,50 7,75 0,45 12,74 69,56
+ 0,75– 0,75
16,60 13,40 0,75 7,88 61,37
17,95 12,05 0,75 7,88 61,37
+ 1,35– 1,35
13,65 9,55 0,80 12,10 63,90
14,65 8,55 0,80 12,10 63,90
+ 1,00– 1,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Fichtenlohe.
Nichtgerbstoff nach v. Schröder
bestimmt.
Hautpulver
II
IV
Diffe-renz
Gerbende
Sub- stanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
14,1511,420,7410,2063,49
16,109,470,7410,2063,49
+ 1,95– 1,95
100,00
100,00
Fichtenlohextract (Badischer).
Hautpulver
1.
2.
Hautfilter
Differenz imMittel
Haut-filter
Nichtgerbstoff nach v. Schröder bestimmt
II
I
IV
I
II
I
IV
V
Differenz
Gerbende
SubstanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
18,2218,1826,7926,832,7150,092,19
22,5422,6522,4722,362,7150,092,19
25,9019,112,7150,092,19
+ 4,40– 4,40
+ 7,70– 7,70
26,1720,462,6149,241,52
21,5625,072,6149,241,52
24,7721,862,6149,241,52
26,0620,572,6149,241,52
17,9528,682,6149,241,52
+ 3,21– 3,21
+ 4,50– 4,50
– 3,61+ 3,61
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Fichtenlohextract.
Hautpulver
II
IV
Differenz
Gerbende
SubstanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
17,9818,013,6058,541,87
21,3814,613,6058,541,87
+ 3,40– 3,40
100,00
100,00
Fichtenlohextract.
Hautpulver
Hautfilter
Nichtgerbstoff nach v. Schröderbestimmt
II
II
I
Differenz
Gerbende
SubstanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
18,72 17,47 30,72 30,61 2,28 1,94 46,29 1,99 3,69
17,0831,001,9446,293,69
19,1028,981,9446,293,69
+ 2,02– 2,02
100,00
100,00
100,00
Fichtenlohextract. Nichtgerbstoff mit
Hautfilter bestimmt.
Hautpulver
II
VI
VIII
IV
VII
Differenz
Gerbende
SubstanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
17,6219,9622,9722,651,641,5055,362,410,53
21,4421,171,5055,360,53
17,8020,2622,7922,351,641,5055,362,410,53
23,5619,051,5055,360,53
18,2820,3022,3122,311,641,5055,362,410,53
+ 1,48– 1,48
+ 0,18+ 0,30– 0,18– 0,30
+ 3,60– 3,60
+ 0,66+ 0,34– 0,60– 0,34
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Nichtgerbstoff nach v. Schröder
bestimmt.
Hautpulver
II
I
IV
VIII
Differenz
Gerbende
SubstanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
16,5924,001,6455,362,41
16,9623,631,6455,362,41
19,4221,171,6455,362,41
16,1724,421,6455,362,41
+ 0,37– 0,37
+ 2,84– 2,84
+ 0,42– 0,42
100,00
100,00
100,00
100,00
Fichtenlohextract (Ungarischer).
Hautpulver
1.
2.
II
VI
Diffe-renz
II
VIII
IV
Differenz
Gerbende
Sub- stanzenNichtgerbstoffExtractascheWasserUnlösliches
23,0823,811,5851,420,11
25,6221,271,5851,420,11
+ 2,54– 2,54
21,5325,401,6850,840,55
21,4525,481,6850,840,55
24,4622,471,6850,840,55
– 0,08+ 0,08
+ 2,93– 2,93
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Aus diesen, was namentlich die Bestimmung des Nichtgerbstoffes anlangt, mit
grösster Sorgfalt und Gleichmässigkeit ausgeführten Analysen ergibt sich also meiner
Meinung nach ganz unzweifelhaft, wie verschieden unter Umständen die Resultate
ausfallen müssen, wenn ein von vornherein mangelhaft hergestelltes Hautpulver
benutzt wird, mag man nun das Hautfilter oder das Verfahren Prof. v. Schröder's zur Bestimmung des Nichtgerbstoffes in
Anwendung bringen. Ist dies schon hier bei den sorgfältig gereinigten Hautpulvern
der Fall, so werden voraussichtlich bei den ungereinigten Hautpulvern die
Differenzen sogar noch grössere sein können.
Es zeigt sich dabei ferner, dass die Grösse der Abweichungen sehr wahrscheinlich
nicht bloss abhängig ist von der Qualität des Hautpulvers allem, sondern wohl auch
bis zu einem gewissen Grade von der Art und Zusammensetzung des Gerbmaterials
selbst. Es ist ganz augenscheinlich, dass bei Fichtenlohen und Fichtenlohextracten
die Abweichungen sich erheblich höher stellen können, als z.B. bei Eichenlohen oder
Eichenholzextract. Besonders bei dem badischen Fichtenlohextract wurden ganz
bedeutende Differenzen erhalten, je nachdem das eine oder andere Hautpulver zur
Analyse verwendet wurde.
Wenn ich also die in der verschiedenen Beschaffenheit des Hautpulvers begründete
Fehlerquelle der gewichtsanalytischen Methode der Gerbstoffbestimmung als eine sehr
wichtige, um nicht zu sagen die wichtigste Fehlerquelle dieser Methode hingestellt
habe, so dürfte dagegen wohl kaum etwas einzuwenden sein. Mögen also diese Zeilen
dazu Veranlassung geben, dass der Herstellung und Auswahl des Hautpulvers eine
grössere Sorgfalt, als dies bisher geschehen ist, zugewendet werden!