Titel: | Die Rückkohlung flüssigen entkohlten Eisens nach den Vorschlägen von Darby und der Actiengesellschaft Phönix in Laar bei Ruhrort. |
Autor: | W. K. |
Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, S. 146 |
Download: | XML |
Die Rückkohlung flüssigen entkohlten Eisens
nach den Vorschlägen von Darby und der Actiengesellschaft Phönix in Laar bei Ruhrort.Vgl. 1890 278 269.
Mit Abbildungen.
Die Rückkohlung flüssigen entkohlten Eisens.
Bei der Herstellung von Stahl in der Birne bringt man in der Regel Ferromangan oder
Spiegeleisen in das entkohlte Bad, um den gewünschten Kohlenstoffgehalt des Stahles
zu erlangen. Diese Rückkohlungsarbeit vollzieht sich beim Bessemerprocess ohne
sonderliche Mühe, wohingegen beim Thomasprocess neben anderen Uebelständen leicht
ein Zurücktreten des Phosphors aus der Schlacke in den flüssigen Stahl zu befürchten
ist. In ähnlicher Weise liegen die Verhältnisse beim sauren und basischen
Martinprocess.
Es liegt daher auf der Hand, dass man bei den basisch gefütterten
Stahlerzeugungsapparaten auf Verfahren sinnen musste, um dem flüssigen entkohlten
Stahl auf anderem Wege als durch Hinzufügen von Spiegeleisen, Ferromangan u.s.w. den
erforderlichen Kohlenstoff wieder zuzuführen.
Im Jahre 1884 suchte daher schon Matthesius in Horde die
Anwendung der genannten Kohlungsmaterialien zu vermeiden. Derselbe erhielt unter Nr.
31628 ein vom 14. September 1884 ab gültiges Reichspatent auf das Einblasen
reducirender Substanzen (Theer, Erdöl und sonstige Kohlenwasserstoffe) in die Birne,
und zwar während des Thomasirens vom Beginne der Entphosphorung an bis zur
Beendigung des Processes. Während der ganzen Dauer der Entphosphorung sollte in dem
Metallbad eine reducirende und gleichzeitig kohlende Kohlenwasserstoff-Atmosphäre
herrschen. In der Patentschrift ist angegeben, dass eine Rückkohlung des Bades nicht
erforderlich sei. Daraus dürfte doch mit Sicherheit der Schluss zu ziehen sein, dass
die übliche Rückkohlung mit Spiegeleisen und Ferromangan nicht mehr bei dem
betreffenden Verfahren erforderlich ist, indem durch die genannten
Kohlenwasserstoffe dem Bade wieder soviel Kohle zugeführt wird, als gerade zur
Erzeugung einer beliebigen Stahlart erforderlich ist.
Einige Jahre später ging Theodor Rode in Düdelingen
einen Schritt weiter, indem er unter Nr. 38 577 ein vom 7. April 1886 ab gültiges
Patent nahm, welches die Bezeichnung führt: „Entgasung und Rückkohlung entkohlten
oder entkohlten und entphosphorten Eisens.“ Der Patentanspruch lautet:
„Das Verfahren zur Herstellung von Flusseisen in der Birne oder dem Flammofen
mit saurem oder basischem Futter durch Entgasung, Desoxydation und Rückkohlung
nach beendeter Entkohlung bezieh. Entkohlung und Entphosphorung mittels
Eintragung eines breiartigen Gemisches aus Kalk oder Dolomit beim basischen
Process, aus Sand, Thon oder Chamotte für den sauren Process, mit Theer oder
anderen flüssigen Kohlenwasserstoffen durch die Mündung der Birne unter
gänzlicher oder theilweiser Vermeidung von kohlenstoffhaltigen Eisen–, Mangan-
und Siliciumlegirungen zur Desoxydation und Rückkohlung.“ Hier ist also die
Vermeidung der betreffenden Legirungen direct zum Ausdruck gelangt. Da jedoch die
beiden Patente von Matthesius und Rode bereits verfallen sind, so scheint der Erfolg
den Erwartungen nicht entsprochen zu haben.
Im Jahre 1888 nahm nunmehr John Henry Darby, der
Director der Brymbo-Stahlwerke, das vom 10. Januar 1888 ab gültige britische Patent
Nr. 418, durch welches die Lösung der betreffenden Frage, wie es den Anschein hat,
herbeigeführt wird. Das Patent ist identisch mit dem D. R. P. Nr. 47215, welches der
Actiengesellschaft Phönix in Laar bei Ruhrort ertheilt
wurde. Das Kohlungsmittel ist fester Kohlenstoff, durch welchen das Eisen hindurch
filtrirt wird.
Darby kann nicht das Verdienst für sich in Anspruch
nehmen, die Entdeckung gemacht zu haben, dass Kohle von flüssigem Eisen absorbirt
wird. Es war den Eisenhüttenleuten längst bekannt, dass beim Zusammenbringen von
kohlenstoffarmem Eisen in flüssigem Zustande mit festem Kohlenstoff ein Theil des
Kohlenstoffs in das Eisen übergeht. Ein ausgezeichnetes Beispiel liefert uns hierfür
schon der Hochofenprocess, indem das reducirte geschmolzene Eisen bei Berührung mit
Koks Kohlenstoff aufnimmt. Im Uebrigen hat man jedoch von dem an sich bekannten
Princip bisher nur beim Stahlkohlen u.s.w. Gebrauch gemacht, wo man es allerdings
nur mit nichtgeschmolzenem Eisen zu thun hat. Aus der hierauf bezüglichen Literatur
geht jedoch hervor, dass die rapide Absorption von Kohlenstoff durch flüssiges Eisen
bei derartigen Arbeiten bekannt geworden war, wenn man für gewöhnlich, wie oben
gesagt, auch nur mit nichtgeschmolzenen Eisen arbeitet. So sagt beispielsweise Wedding in seinem „Schmiedbaren Eisen“ Seite 507 über die Aufnahme von
Kohlenstoff in schmiedbares Eisen, dass, wenn die Temperatur bis zum Schmelzpunkte
erhöht wird, die Kohlung sehr energisch vor sich geht. Auf Seite 508 desselben
Werkes ist zu lesen: Sobald Schmelzung eintritt, löst sich soviel Kohlenstoff im
Eisen, als dem Kohlungsgrade des Roheisens, welches sich bei der herrschenden
Temperatur bilden kann, entspricht. Aehnliche Mittheilungen finden sich in der
Fachliteratur sehr häufig. Was jedoch von Darby und der
Gesellschaft Phönix als grosses Verdienst beansprucht
werden kann, besteht darin, dass nach ihren Vorschlägen flüssiger entkohlter Stahl
nach ganz bestimmten technischen Methoden und in geeigneten Apparaten mit festem
Kohlenstoff wieder angekohlt wird.
Textabbildung Bd. 280, S. 146Fig. 1.Darby's Kohlungsvorrichtung. Im Nachstellenden sind nun die der Actiengesellschaft Phönix in Laar bei Ruhrort patentirten Verfahren und
Apparate zur Kohlung von flüssigem Stahl durch festen Kohlenstoff erläutert.
Nach dem D. R. P. Nr. 47215, gültig vom 28. September 1888 ab, wird das zu
behandelnde Metall aus dem Erzeugungsapparate – der Bessemerbirne, dem Flammofen
oder dem Schmelztiegel – in die Giesspfanne A (Fig. 1)
gegossen, welche mit einer gewöhnlichen Verschluss- oder Auslassdüse versehen
ist.
Aus dieser Pfanne A lässt man das Metall durch den
Eisenblechcylinder oder Kessel B fliessen. Derselbe ist
mit feuerfestem Material sorgfältig ausgekleidet und enthält Holzkohle oder eine
sonst geeignete Art von Kohle. Indem nun das flüssige Metall durch diese Kohlenmasse
gewissermassen hindurchfiltrirt wird, wird Kohle gelöst und von dem Metall
aufgenommen. Am unteren Ende von B befindet sich eine
gelochte Platte b, durch welche das gekohlte Eisen in
die Giesspfanne C tritt. Man kann auch den
Kohlungscylinder B zwischen Martinofen und Stahlpfanne
einschalten.
Nach der Patentschrift soll der Cylinder B etwa 1,20 m
Länge und 0,45 m Durchmesser besitzen und mit Holz- oder Gaskohle nahezu gefüllt
werden müssen, wenn 5–10 t filtrirt werden sollen.
Um den Procentsatz an Kohle in dem herzustellenden Stahl zu reguliren, muss der
Inhalt des Apparates zur Ankohlung bestimmt werden. Unter der Voraussetzung, dass
ermittelt worden ist, es werde 1 Proc. Kohlenstoff durch die Filtrirung eingeführt,
wird man z.B. zweckmässig bei der Behandlung einer Charge zur Erzeugung von Stahl
von 0,5 Proc. C zuerst 5 t des weichen entkohlten Metalles in die Giesspfanne C ablassen und die übrigen 5 t durch das Filter B in dieselbe Giesspfanne gelangen lassen. Auf diese
Weise wird dann genau derjenige Procentsatz Kohlenstoff, welchen der herzustellende
Stahl führen soll, erhalten.
Der Patentanspruch lautet:
„Kohlung von Eisen, darin bestehend, dass das geschmolzene Metall aus der
Giesspfanne A durch die in dem Kessel B enthaltene Schicht von Kohlenstoff in eine zweite
Giesspfanne C filtrirt wird.“
Wie man aus dieser Fassung des Anspruches ersieht, handelt es sich also nur um ein
ganz bestimmtes technisches Verfahren zur Ausführung eines an sich bekannten
Princips.
Das genannte Patent Nr. 47 215 wurde durch drei Zusatzpatente ergänzt, nämlich durch
die Patente Nr. 51963 vom 23. Juni 1889, 53784 vom 16. November 1889 und 53791 vom
17. Januar 1890.
Textabbildung Bd. 280, S. 147Darby's Kohlenzuführung mittels Schnecke. In dem Patente Nr. 51963 wird dargelegt, es genüge zur Kohlung des Eisens,
wenn man das Kohlungsmaterial gleichzeitig mit dem aus dem Erzeugungsapparat oder
einer Sammelpfanne ausfliessenden zu kohlenden Metall in einen gemeinsamen Behälter
gelangen lässt. Die Vereinigung beider Körper kann in einem eingeschalteten Gefäss
(Filter) oder in einer Giesspfanne oder in der Gussform erfolgen.
Der Patentanspruch lautet:
„Bei der im Hauptpatent Nr. 47 215 behandelten Kohlung von Eisen der Ersatz der
durch eine Schicht Kohlenstoff bewirkten Filtration des geschmolzenen
Metalles aus einer Giesspfanne in eine andre durch Einführung von Kohlenstoff in
das aus dem Erzeugungsapparat oder einer Sammelpfanne ausfliessende
Metall.“
Textabbildung Bd. 280, S. 147Darby's Kohlenzuführung mittels Fächerrad. Nach dem Patente Nr. 53784 gelangt das zerkleinerte Kohlungsmaterial aus
dem Behälter A (Fig. 4 und 5), welche stets mit
Kohlungsmaterial beschickt gehalten werden, durch einen im Boden befindlichen
Schlitz in die Gänge der Transportschnecke E (Fig. 2 und 3) oder die Fächer eines
Fächerrades E (Fig. 4 und 5). Die Windungen des
Blattes der Transportschnecke bezieh. die Fächer des Rades E sind derart eingerichtet, dass bei jeder Umdrehung genau die gleiche
Menge Kohlenstoff in die Leitrinne tritt und von hier aus in continuirlichem, stets
gleich starkem Strome sich mit dem Strom des zu kohlenden Eisens kurz vor Eintritt
desselben in die Gussform vereinigt.
Der Patentanspruch lautet:
„Eine Abänderung des in den Patenten Nr. 47215 und 51963 geschützten Verfahrens,
darin bestehend, dass behufs Erzielung einer gleichartigen Zusammensetzung der
gekohlten Blöcke das geschmolzene Metall mit dem zerkleinerten, in
gleichbleibenden Mengen zugeführten Kohlungsstoff vor dem Eintritt in die
Gussform oder während desselben vereinigt wird.“
Nach dem dritten Zusatzpatente Nr. 53791 werden die zerkleinerten, durch Ausglühen
von Wasser befreiten Kohlungsmaterialien (Koks, Graphit, Holzkohle) in
continuirlichem oder zeitweise unterbrochenem Strom mit dem ausfliessenden Strahl
des flüssigen, zu kohlenden Metalles zusammengeführt. Die Vereinigung von
Kohlenstoff und Metall erfolgt dann sehr energisch. Das gekohlte Metall kann
entweder direct in die Gussform oder behufs Erzielung grösserer Gleichmässigkeit in
ein zwischengeschaltetes Gefäss geführt werden, aus dem es dann in die Gussform
abfliesst. Es gelingt auf diese Weise, einen stets gleichbleibenden Procentsatz des
angewendeten Kohlungsmaterials aufzulösen und so eine genau regulirbare Kohlung des
Flusseisens zu erzielen.
Der Patentanspruch lautet:
„Das in den Patenten Nr. 47215 und 51963 geschützte Verfahren dahin abgeändert,
dass an Stelle der in diesen Patenten bezeichneten Kohlungsmaterialien für Eisen
zerkleinerte, durch Ausglühen von Wasser befreite Kohlungsmaterialien zur
Benutzung gelangen.“
Ferner wurde Phönix noch für eine Vorrichtung zum Kohlen
von geschmolzenem Eisen Patentschutz ertheilt (D. R. P. Nr. 51353 vom 11. August
1889).
Textabbildung Bd. 280, S. 148Fig. 6.Darby's Kohlungsvorrichtung. Der in den Fig. 6 und 7 dargestellte Apparat besteht aus einem
trichterförmigen Eisenblechbehälter H, welcher zur
Aufnahme des Kohlungsmaterials dient, und der Kohlungspfanne B. Der Behälter H ist unten durch einen
Schieber S verschlossen. Behufs Vornahme der Kohlung
lässt man aus der über der Kohlungspfanne befindlichen Sammelpfanne A (Fig. 6) oder dem
Erzeugungsapparat bezieh. Schmelzofen (Fig. 7) so
viel flüssiges Eisen in die Kohlungspfanne fliessen, dass die Auslassöffnung etwa
100 mm hoch bedeckt ist. Hierauf öffnet man den Schieber S mittels des Hebels und lässt das Kohlungsmaterial allmählich zu dem
ebenfalls weiter in die Kohlungspfanne fliessenden Eisen gelangen. Die Vermengung
beider Körper erfolgt nunmehr sehr rasch und gleichmässig. Das gekohlte Eisen
fliesst durch den durchlochten Boden oder die Oeffnung in der Seitenwand in die
unter der Kohlungspfanne befindliche Giesspfanne C ab,
aus welcher es dann in gewöhnlicher Weise zu Blöcken vergossen wird.
Textabbildung Bd. 280, S. 148Fig. 7.Darby's Kohlungsvorrichtung. Der Patentanspruch lautet:
„Ein Apparat zur directen Kohlung von flüssigem Eisen, bestehend aus der mit
durchlöchertem Boden oder Seitenwandungen ausgefütterten Kohlungspfanne B, welcher aus dem Behälter H eine regelbare Menge Kohlungsmaterial und aus der
Sammelpfanne A oder dem Erzeugungsapparat
gleichzeitig das flüssige Eisen zugeführt wird, das nach der Kohlung in die
Giesspfanne C gelangt.“
Nach Stahl und Eisen, 1890 S. 923, wird auf Phönix in letzter Zeit der Kohlungskessel gar nicht
mehr benutzt. Man lässt vielmehr das Kohlungsmaterial direct zu dem aus dem
Converter austretenden Stahlstrahle treten, bevor derselbe die Pfanne C erreicht, während die Schlacke durch ein
vorgehaltenes, entsprechend geformtes, mit feuerfester Masse umkleidetes Blech oder
durch einen feuerfesten Stein bis nach erfolgter Kohlung in der Birne zurückgehalten
wurde. Die Menge des ausfliessenden Kohlungsmateriales ist wie gewöhnlich
regulirbar.
Was nun die Resultate des Kohlungsverfahrens betrifft, so spricht sich Director Thielen in seinem Artikel in Stahl und Eisen, 1891 S. 924, sehr zu Gunsten desselben aus. Beim
Thomasprocess wird derselbe Zusatz von Ferromangan erfordert, wie für weiche
Flusseisen Chargen oder für die Herstellung von harten Stahlsorten mit Spiegeleisen
nothwendig ist.
Die Kohlung verläuft beim Thomasprocess wegen der völligen Abwesenheit der Oxyde und
phosphorsäurehaltigen Schlacken sicher und ohne Rückphosphorung. Sie ist bis zu
jeder in der Praxis gewünschten Höhe ohne Anreicherung des Mangangehaltes
ausführbar; wegen Wegfalles des Spiegeleisens tritt erhebliche Ersparung ein. Beim
Bessemerprocess fällt das Spiegeleisen fort. Aehnliche Vortheile ergeben sich auch
bei Anwendung des Kohlungsverfahrens für den Martinprocess, indem die erheblichen
Kosten für Ferromangan u.s.w. zum grössten Theil in Fortfall kommen.
W. K.