Titel: | Versuchs-Dampfmaschine der technischen Hochschule in Aberdeen. |
Autor: | Fr. |
Fundstelle: | Band 277, Jahrgang 1890, S. 447 |
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Versuchs-Dampfmaschine der technischen Hochschule
in Aberdeen.
Mit Abbildungen auf Tafel
24.
Versuchs-Dampfmaschine der technischen Hochschule in
Aberdeen.
Diese nach Industries, 1888 S. 195, zur Erinnerung an
Thomas Russel von dem Prof. Jamieson entworfene und von der Firma Hall, Russel
und Co. in Aberdeen für einen Kesseldruck von 100 Pfd. für 1 Quadratzoll
engl. (etwa 7at) erbaute, mit den zur Vornahme von
Versuchen aller Art erforderlichen Hilfsmitteln versehene Maschine kann sowohl mit
als auch ohne Condensation und im ersteren Falle sowohl mit Einspritz- als auch mit
Oberflächencondensation arbeiten; sie wird, da die Hochschule keinen hochgespannten
Dampf erzeugenden Kessel besitzt, aus einem im Nachbargrundstücke aufgestellten
Kessel, System Cornish, mit Dampf von nur 30 Pfd. für 1
Quadratzoll engl. (etwa 2at,1) gespeist, welcher
der Maschine in einer 380m langen, mit Reid und Hacfarland's Patentpackung umhüllten
Rohrleitung von 2 Zoll engl. (etwa 51mm)
Durchmesser zugeführt wird.
Der Regulator und das mit ihm verbundene Dampfdrosselventil, ebenso auch die an
verschiedenen Stellen der Maschine angebrachten Meſsinstrumente, wie Manometer,
Vacuummeter, Thermometer, Geschwindigkeitsmesser, Tourenzähler, die erforderlichen
Indicatoren u. dgl. sind von der Firma Schäffer und
Budenberg in Manchester eigens für diese Maschine angefertigt.
Der auf ein Drosselventil arbeitende Regulator wird eine groſse Regelmäſsigkeit der
Bewegung nicht herbeiführen können, indessen doch das Durchgehen der Maschine bei
ausgeschalteten Widerständen verhindern, was genügt, um die Wirkung derartiger
Regulatoren auf den Einströmdampf bei verschiedenen Belastungen zu zeigen.
Um die Vortheile der direkt mit den Steuerungsorganen verbundenen Regulatoren klar zu
machen, lieſse sich indeſs der an der Maschine befindliche Regulator auch von dem
Drosselventil trennen und mit einer zwischen der Excenterstange A und Expansionsschieberstange B (Fig.
2 Taf. 24) eingeschalteten Vorrichtung in Verbindung bringen, durch welche
die Uebertragung der Regulatorbewegungen auf die Expansionsschieberlappen P1 bis zu einem
gewissen Grade ermöglicht würde; die abzunehmenden Indicatordiagramme würden über
den jedesmaligen Dampfverbrauch genügenden Aufschluſs geben.
Die Dampfvertheilung regelt eine Doppelschiebersteuerung, System Meyer, deren beide Expansionsschieberlappen P1, da die zugehörige
Schieberstange keine durchgehende ist, unabhängig von einander mittels Handräder
eingestellt werden können und Füllungen bis zu 0,7 Proc. des Kolbenhubes
gestatten.
Es lassen sich mit dieser Steuerung auf beiden Cylinderseiten vollständig von
einander abweichende Füllungen herstellen, so daſs, wenn z.B. der eine Schieber für
0,5 Füllung der einen Cylinderseite eingestellt ist, auf der anderen Seite nach
Belieben variable Füllungen von 0,1 bis 0,7 des Kolbenhubes geschaffen werden
können, auch lassen sich die Schieber so einstellen, daſs beide Cylinderseiten
gleiche Füllungen erhalten, was andernfalls nur bei unendlich langen Kurbelstangen
eintreten würde.
Um die Maschine mit Leichtigkeit umstellen, anhalten und in Gang bringen zu können,
ist die Steuerungscoulisse E (Fig. 1 Taf. 24) durch ein
Gewicht ausbalancirt, und um die Dampfvertheilung bei verschiedenen
Excenterstellungen beobachten zu können, sind die letzteren so mit der Schwungrad
welle verbunden, daſs sich ihre Voreilungswinkel ändern lassen.
Der Cylinder J ist mit einem Hartguſsfutter K versehen, so daſs der ringförmige Raum L einen Mantel bildet, in welchen ebenso wie auch in
die beiden hohl gegossenen Cylinderdeckel frischer Kesseldampf eingeführt werden
kann; das in diesen Mänteln entstandene Condensationswasser flieſst nach Oeffnen von
angebrachten Ablaſshähnen in einen Behälter, und es läſst sich das genaue Gewicht des
in jedem Mantel condensirten Dampfes dann leicht ermitteln.
Die an den Cylinderdeckeln angeschraubten Platten F
sollen den Einfluſs der schädlichen Räume auf die Leistung und den Dampfverbrauch
der Maschine zeigen; entfernt man nämlich je eine der beiden Platten, so steigt der
schädliche Raum von 10 auf 15 Proc. und beseitigt man beide Platten, so steigt
derselbe auf 20 Proc. des vom Kolben beschriebenen Cylindervolumens.
Der Kolben ist nach dem System Ramsbottom mit drei
schmalen guſseisernen Ringen versehen, und sämmtliche Lagerschalen sind, wie auch
die Schieberstangen, aus bestem Messing gefertigt. Der mit groſser nachstellbarer
Gleitfläche versehene Kreuzkopf M ist eingeleisig und
auf den oberen messingenen Flächen der Führungsschienen sind, um die jedesmalige
Kolbenstellung leicht erkennen zu können, Theilstriche in einer Entfernung von je
0,1 des Kolbenhubes angebracht. Die aus Schmiedeeisen gefertigte Kurbelstange N ist an ihrem Kurbelzapfenende mit einem Messinglager
ausgebüchst und der Kurbelzapfen selbst in einer Scheibe befestigt. Die sehr kräftig
gehaltene Kurbelwelle O trägt ein Schwungrad von 1m,732 Durchmesser und 820k Gewicht, in dessen einem Arme ein Gewicht P durch eine mittels Handrad bewegte Schraubenspindel
hin und her bewegt werden kann, um damit die Nachtheile schlechter Ausbalancirung
umlaufender Maschinentheile zu zeigen.
Der im Cylinder wirksam gewesene Dampf entweicht durch ein mit drei Ventilen
ausgestattetes Gehäuse entweder in den Einspritz- oder Oberflächencondensator, und
wenn die Maschine ohne Condensation arbeiten soll, durch das Rohr S in die Atmosphäre. Der Einspritzcondensator besteht
aus einem guſseisernen Cylinder V, in welchen das am
Ende eine Brause bildende Wasserrohr S1 eintritt; öffnet man mittels Handhebel die
Ventilklappe U, so tritt der Abdampf mit dem
einspritzenden Wasser in Berührung, dieses flieſst nach erfolgter Condensation durch
das Rohr Y ab und wird durch die Luftpumpe Z fortgeschafft.
Der mit 146 messingenen Rohren von 19mm Durchmesser
und 380mm Länge versehene Oberflächencondensator
R1 erhält den
Abdampf nach dem Oeffnen der Ventilklappe W durch das
Rohr B1 und eine
Vertheilungsplatte D1, während das Condensationswasser durch das
Rohr E1 abflieſst und
wieder von der Luftpumpe Z weiter gefördert wird.
Das innerhalb der Condensatorrohre circulirende Wasser wird der städtischen Leitung
entnommen und geht nach dem Durchströmen eines Barton'schen Wassermessers A1 durch das Rohr F1 von hinten nach vorn durch ein unteres, sodann in
entgegengesetzter Richtung durch ein oberes Rohrbündel und entweicht durch die
Oeffnung G1 in den
Meſsraum oder in ein Abzugrohr. Jeder Condensator kann durch einen Dreiwegehahn mit
dem Vacuummeter in Verbindung gesetzt werden.
Die Luftpumpe Z, welche im Stande ist ein Vacuum von
0m,66 zu halten, wird direkt von dem Bügel des
auch die Expansionsschieberlappen mitnehmenden Excenters J1 betrieben und kann durch den Zapfen K1 ein- oder ausgerückt
werden. Die Verbindung der Luftpumpe mit dem Einspritz- bezieh. Flächencondensator
wird durch Ventile L1
bezieh. M1 hergestellt
und das von ihr geförderte heiſse Wasser geht entweder in ein Meſsreservoir, welches
sich in einiger Entfernung von der Maschine befindet, oder wird durch ein Rohr ins
Freie geführt.
An den auf den Abbildungen mit X bezeichneten Stellen
ist eine Vorkehrung getroffen, um mittels besonders construirter Thermometer die
Temperatur des Dampfes im Schieberkasten beim Austreten aus dem Cylinder und beim
Eintreten in den Condensator, sowie diejenige des zur Condensation nothwendigen
Wassers vor dem Eintritt und nach dem Verlassen des Condensators zu messen. Ein
derartiger Thermometer besteht aus einer Glasröhre mit Quecksilberkugel, welche in
einem theilweise mit Oel angefüllten Messingrohr fest gemacht ist; die letzteren
sind stets an den Stellen X eingeschraubt, während die
Thermometer nur eingelegt werden, wenn entsprechende Versuche gemacht werden
sollen.
Der Geschwindigkeitsmesser, sowie der Tourenzähler werden durch eine
gemeinschaftliche Welle von der Schwungradwelle aus mittels Kiemen betrieben und
beide Instrumente sind so aufgestellt, daſs sie bequem beobachtet werden können.
Alle glänzenden Theile der Maschine sind galvanisch vernickelt.
Fr.