Titel: | Neuerungen in der Herstellung von Klareis. |
Fundstelle: | Band 261, Jahrgang 1886, S. 460 |
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Neuerungen in der Herstellung von
Klareis.
Patentklasse 17. Mit Abbildungen auf Tafel 30.
Neuerungen in der Herstellung von Klareis.
Die Erzeugung von klarem, krystallhellem Eise gehört mit zu den schwierigsten
Aufgaben, welche den Eismaschinen-Technikern gestellt sind. Das in den gewöhnlichen
Generatoren der Eismaschinen entstandene Eis ist, wenn auch aus dem reinsten
Brunnenwasser erzeugt, stets von undurchsichtiger Beschaffenheit und milchartigem
Aussehen, während das Natureis, selbst wo es aus unreinem Wasser sich bildete,
meistens vollkommen klar ist, Der Grund für diese Erscheinung liegt darin, daſs der
Gefrier Vorgang in den Generatoren weit rascher erfolgt als in der Natur, indem hier
die Kälteübertragung von Wasser auf Eis, dort aber von Luft auf Eis stattfindet,
wobei die Menge der in gleicher Zeit bei gleicher Oberfläche und demselben
Temperaturunterschiede übertragenen Kälte im ersteren Falle ungefähr 40 mal so groſs
ist als im letzteren. In Folge des raschen Anfrierens neuer Eisschichten hat die im
Augenblicke des Gefrierens in Form von feinen Bläschen sich ausscheidende Luft nicht
Zeit, aus dem Wasser zu entweichen, und friert mit ein. Auch ist nicht
ausgeschlossen, daſs in den Zellen bei völlig unbewegtem Wasser, besonders wenn
dieses reich an Salzen ist, der sogen. Gefrierverzug eintritt, wobei das Wasser
etwas unter Null abgekühlt wird; erfolgt dann in Folge irgend eines Anstoſses
plötzliches Gefrieren, so wird wieder in erhöhtem Maſse Luft eingeschlossen werden.
In der Natur treten diese Vorgänge kaum auf, da bei der Eisbildung sowohl in
stehenden, als in flieſsenden Gewässern die Luftbläschen stets durch die im Wasser
vorhandenen Strömungen weggespült und an anderen Stellen wieder absorbirt werden
können.
Was den Kältewerth des Klareises betrifft, so ist derselbe nicht im Geringsten höher
als beim Trübeise und lediglich das bessere Aussehen des Krystalleises bedingt, daſs
dasselbe als Handelswaare höher im Preise steht, wenigstens da, wo das Eis
hauptsächlich zu Genuſszwecken dient. Das einfachste Mittel zur Erzeugung von klarem
Eise scheint auf den ersten Blick darin zu bestehen, daſs man den Gefrierprozeſs der
Natur möglichst getreu nachahmt, wie es in der That kürzlich von O. F. Kropff in Straſsburg i. E. (* D. R. P. Nr. 35053
vom 16. Oktober 1885) vorgeschlagen worden ist. Während bei allen Eisgeneratoren das
zu gefrierende Wasser einer stark abgekühlten Salzlösung ausgesetzt wird, will Kropff das Wasser dadurch zum Gefrieren bringen, daſs
er auf dasselbe sehr kalte Luft einwirken läſst, gerade
wie dies in der Natur stattfindet. In einem gut isolirten Kasten (Fig. 9 Taf. 30) befindet
sich ein Röhrensystem R, durch das entweder eine stark
abgekühlte Salzlösung strömt, oder in welchem die Verdunstung einer Kälte
erzeugenden Flüssigkeit vor sich geht. Die im Kasten befindliche Luft wird hierdurch
ebenfalls stark abgekühlt und überträgt ihre Kälte auf die zwischen die einzelnen
Schlangen eingeschobenen Blechzellen B, welche das in
Eis zu verwandelnde Wasser enthalten. – Der Apparat dürfte wohl kaum viel Anwendung
finden; denn dadurch, daſs die Kälte zuerst von Flüssigkeit auf Luft und dann wieder
von Luft auf Wasser übertragen wird, wobei man mit dem geringen
Wärmeübertragungsvermögen der Luft zu rechnen hat, fallen diese Generatoren
unverhältniſsmäſsig groſs aus. Wenn man das Eis nur langsam entstehen lassen will,
so kann man den gleichen Zweck auch mit gewöhnlichen Generatoren erreichen, indem
man die Temperatur der Salzlösung nur wenig unter dem Gefrierpunkte hält und die
Zahl der Zellen dafür entsprechend vermehrt.
Langsames Gefrieren ist zur Erzeugung von Klareis nicht
unbedingt erforderlich; man kann auch in der Natur die Beobachtung machen, daſs bei raschem
Gefrieren wasserhelles Eis sich bildet, wenn nur eine genügend starke Bewegung des
Wassers vorhanden ist. So entsteht sehr schönes Klareis da, wo Wasser bei strengem
Froste in dünnen Schichten über eine glatte Fläche rieselt. Das Wasser friert
hierbei sehr rasch und doch wird das Eis hell, da die Luftbläschen aus der dünnen
Schicht leicht entweichen und von dem nachkommenden Wasser weggespült werden können.
Zu den Apparaten, welche auf diesen Vorgang sich gründen, gehört u.a. der rotirende Eisgenerator von Linde (vgl. 1877 224 * 172). Die Zellen sind
dort so angeordnet, daſs sie eine Trommel bilden, welche um eine wagerechte Achse
sich dreht und theilweise in das Gefrierwasser taucht, während durch das Innere der
Trommel kalte Salzlösung strömt. Jede Zelle wird bei einer Umdrehung der Trommel
einmal mit Wasser sich füllen und wieder entleeren. Nach jedesmaligem Eintauchen
friert das an der Wand der Zelle hängen bleibende Wasser in dünner Schicht fest und,
indem sich Schicht auf Schicht lagert, füllt sich allmählich die ganze Zelle mit
Eis. Thatsächlich liefern diese rotirenden Generatoren vorzügliches Klareis; ihre
Anwendbarkeit ist aber beschränkt, da bei Apparaten von groſser Leistung die in
Bewegung zu setzenden Massen zu groſs werden.
Auf dem gleichen PrinzipeVgl. auch W. Richter 1884 252 * 370. beruht der Krystalleis-Apparat von Aug. Osenbrück in
Hemelingen (* D. R. P. Nr. 16439 vom 22. Februar 1881). Fig. 13 Taf. 30 zeigt die
Einrichtung eines Apparates mit Drehbewegung: Derselbe
besteht aus zwei von einem Holzbottiche umgebenen, um eine lothrechte Achse
drehbaren Cylindern, welche zwischen sich die von einer Ammoniakschlange gekühlte
Salzlösung enthalten. Der äuſsere Cylinder trägt auf seiner Mantelfläche radial
stehende Rippen in der Höhe der zu erzielenden Eistafeln, zwischen denen sich das
Eis ansetzt. Durch eine Pumpe A wird das im Bottiche
B befindliche Wasser angesaugt und durch das
Steigrohr C gegen die Mantelfläche des äuſseren
Cylinders gespritzt, wo es im Herabflieſsen anfriert und sich schichtenweise
festsetzt. Nach vollendeter Eisbildung wird die Kühlflüssigkeit mittels der Pumpe
D in das Gefäſs E
gedrückt und durch Umstellen der Hähne F und G der Raum zwischen den Cylindern mit warmem
Condensationswasser gefüllt, in Folge dessen thauen die Eistafeln ab. diese stützen
sich auf den Ring H und werden eine nach der anderen
aus der Klappe K des Bottiches herausgenommen.
Praktischer ist wohl der in der gleichen Patentschrift beschriebene, in Fig. 10 und
11 Taf.
30 dargestellte feststehende Apparat, bei welchem das
Gefriergefäſs einen rechteckigen Kasten Z bildet,
dessen beide Breitseiten mit einer Anzahl schmaler Zellen besetzt sind, welche
ebenso wie der mittlere Raum des Kastens Z kalte
Salzlösung enthalten. Der Raum zwischen je zwei dieser Zellen ist zur Eisbildung
bestimmt. Ueber dem
Gefriergefäſse ist ein Wasserbehälter Y angebracht,
welcher durch eine Pumpe mit Süſswasser gespeist wird, aus dem Behälter Y zweigt ein Rohr X ab,
welches sich der Länge nach unter dem Behälter hinzieht und das Wasser in die
Vertheilungsröhren W leitet, aus denen es gegen die
Gefrierwandungen flieſst, an diesen herabrieselt und gefriert. Das Abthauen und
Entfernen des fertigen Eises geschieht in der gleichen Weise wie bei dem vorher
beschriebenen Apparate. – Für den Groſsbetrieb dürfte sich auch diese Einrichtung
wegen der umständlichen Entnahme der Eistafeln nicht sehr eignen und erscheint es am
zweckmäſsigsten, für die Herstellung von Klareis die gewöhnlichen
Trübeis-Generatoren beizubehalten, bei welchen die Gefrierzellen an einem Ende des
Generators in die kalte Salzlösung reihenweise eingehängt, darin nach und nach
vorgeschoben und am anderen Ende ebenso reihenweise ausgeschoben und entleert
werden, wobei nur dafür zu sorgen ist, daſs durch geeignete Einrichtungen das in den
Zellen befindliche Wasser in steter Bewegung erhalten wird. Derartige Generatoren,
bei welchen das Wasser durch flossenartige Rührer bewegt wird, baut die Gesellschaft für Linde's Eismaschinen in Wiesbaden seit Jahren (vgl. 1885 256 * 72).
Ein anderer Vorschlag von Aug. Osenbrück (* D. R. P. Nr.
33171 vom 17. Februar 1885) geht dahin, sämmtliche in den Generator eingehängte Zellen gleichzeitig mittels eines Kurbelmechanismus in schwingender Bewegung zu erhalten, wie Fig. 12 Taf.
30 zeigt. Es ist wohl fraglich, ob die hierdurch erzielte Bewegung des Wassers in
den Zellen ausreicht, um die Luftbläschen von dem Eise loszureiſsen, und auſserdem
werden sowohl durch die in schwingende Bewegung zu versetzenden groſsen Massen, als
auch durch die Salzlösung, in welcher sich die Zellen bewegen sollen, bedeutende
Widerstände erzeugt.
Peter Effertz in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 35044 vom 14.
März 1885) will die festliegenden Zellen beibehalten,
dagegen das Gefrierwasser dadurch in lebhafte Bewegung setzen, daſs er, wie in Fig. 16 Taf.
30 ersichtlich gemacht ist, in jede Zelle einen von einer gemeinsamen Leitung
ausgehenden, an seinem unteren Ende mit einem Saugventile versehenen Schlauch
einhängt, mittels dessen das Wasser durch irgend ein Pumpwerk bei jedem Kolbenspiele aus den tieferen Schichten der Zelle
angesaugt und durch einige höher liegende Druckventile in die oberen Wasserschichten
zurückgepreſst wird. Damit die Schläuche bei voranschreitender Eisbildung nicht
einfrieren, sind dieselben zum Hochziehen eingerichtet, indem das einer ganzen
Zellenreihe gemeinsame Rohr R an einen feststehenden
Theil der Leitung drehbar angeschlossen ist und mit Hilfe eines Schneckenrades r in Umdrehung versetzt werden kann, wobei die
Schläuche aufgewickelt werden.
Zu derselben Klasse von Vorrichtungen ist noch die von Adolf
Walther in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 35047 vom 16. August 1885) angegebene
zu zählen, welche in Fig. 14 Taf. 30
dargestellt ist. Bei dieser Construction wird eine kräftige
Wasserbewegung durch Rührvorrichtungen erzeugt, welche mittels Schnur- oder
Reibungsrädergetriebe in rasche Drehung versetzt werden. Als Rührer sind verzinnte
Eisenketten k angenommen und zwar deshalb, weil sich
solche beim Ausfrieren der Zellen, welches von unten nach oben erfolgt, durch
Zusammenlegen von selbst verkürzen.
Bei den Apparaten, welche mit mechanischen Rührwerken versehen sind, gelingt es nie,
durch und durch klare Eisblöcke zu erzeugen, da man die Rührwerke entfernen muſs,
bevor die Zellen vollständig ausgefroren sind und das in der Mitte der Zelle
verbleibende Wasser, welches sowohl Luft, als Salze in vermehrtem Maſse enthält,
beim Gefrieren einen trüben Kern bildet, der je nach der Vollkommenheit der
Einrichtungen 10 bis 15 Procent des ganzen Eisblockes ausmacht. Man sucht deshalb
vielfach die Rührwerke dadurch ganz entbehrlich zu machen, daſs man das Wasser vor
dem Gefrieren von allen der Klareisbildung hinderlichen Beimengungen befreit (vgl.
A. Schwirkus 1885 256
73).
Eine neuere Einrichtung dieser Art ist von W. Raydt in
Hannover (* D. R. P. Nr. 33112 vom 15. März 1885) angegeben worden. Derselbe will
zum Entlüften des Gefrierwassers ein Wasserstrahlgebläse benutzen, welches von dem bei jeder
Eismaschine erforderlichen Kühlwasser betrieben werden soll. Wie aus Fig. 15 Taf. 30
ersichtlich, kommen hierbei zwei geschlossene Behälter c und d zur Verwendung, aus denen die
Gefrierzellen abwechselnd gefüllt werden und welche mit dem Strahlapparate a verbunden sind. Ist die Entlüftung in dem einen
Behälter weit genug getrieben, so wird derselbe durch den Zweiwegehahn b mit der äuſseren Luft in Verbindung gesetzt, um das
Wasser in die Zellen ablassen zu können, und gleichzeitig der andere Behälter in
Betrieb genommen. Auf die gleiche Weise kann man natürlich die Luft auch unmittelbar
aus den Zellen absaugen, zu welchem Zwecke die letzteren nur mit einem losen, auf
der unteren Seite mit einem elastischen Dichtungsmittel besetzten Deckel zu versehen
sind, welcher durch einen biegsamen Schlauch mit dem Strahlapparate in Verbindung
steht.
Weit besser als mittels Strahlgebläse läſst sich die Entlüftung mit einer Kolben-Luftpumpe bewirken und sind auch derartige
Versuche bereits vielfach gemacht worden, ohne daſs jedoch bis jetzt eine
befriedigende Lösung der Aufgabe damit erzielt worden wäre.
Das beste, wenn auch theuerste Verfahren, Klareis zu
erzeugen, besteht bis jetzt darin, daſs man die Gefrierzellen mit destillirtem Wasser füllt. Das Verfahren ist theuer,
weil es einen erhöhten Brennmaterial- und Kühlwasseraufwand bedingt und auch die
Anschaffungskosten für den Destillationskessel und die Kühlgefäſse diejenigen der
mechanischen Klareisapparate meistens übersteigen dürften.
Bei Absorptionsmaschinen, wo man das Condensationswasser des zum Eindampfen der
Lösung benutzten Dampfes verwenden kann, fällt natürlich der Mehraufwand von Brennmaterial für die
Destillation weg und bleibt nur der vermehrte Kühlwasserverbrauch, wogegen bei
Compressionsmaschinen entweder der Abdampf der Dampfmaschine, oder, wenn diese mit
Condensation arbeitet, frischer Dampf vom Kessel benutzt werden muſs. Dieser
Vortheil der Absorptionsmaschinen wird freilich dadurch aufgewogen, daſs diese
Maschinen schon von vornherein viel mehr Brennmaterial verbrauchen als
Compressionsmaschinen. Durch günstige Ausnutzung des Dampfes läſst sich der
Wärmeaufwand auf ein verschwendend kleines Maſs vermindern, indem man, ähnlich wie
bei den Eindampfkesseln in Zuckerfabriken, die latente Wärme des condensirenden
Dampfes zur Wiedergewinnung einer gleich groſsen Dampfmenge von etwas niedrigerer
Spannung benutzt, so daſs nur das Aequivalent für den Verlust an Arbeitsvermögen des
Dampfes als für die Destillation aufgewendete Wärme erscheint.