Titel: | Ueber neuere Dampfmaschinen-Steuerungen mit kreisenden Schiebern. |
Fundstelle: | Band 261, Jahrgang 1886, S. 449 |
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Ueber neuere Dampfmaschinen-Steuerungen mit
kreisenden Schiebern.
Patentklasse 14. Mit Abbildungen auf Tafel 29.
Neuere Dampfmaschinensteuerungen mit kreisenden
Schiebern.
Dampfmaschinensteuerungen mit beständig kreisenden Schiebern oder Hähnen zur
Dampfvertheilung besitzen den Steuerungen mit schwingenden oder hin- und hergehenden
Dampfvertheilungsorganen gegenüber, mögen letztere nun Schieber oder Ventile sein,
den namentlich für schnell laufende Maschinen in Betracht kommenden groſsen Vorzug
der Einfachheit des Betriebes und der Ruhe des Ganges, welche selbst bei
allmählicher Abnutzung des Betriebsmechanismus nicht wesentlich gestört werden kann,
sowie insbesondere noch des Wegfalles aller abwechselnd nach der einen und wieder
nach der anderen Seite auftretenden Massenwirkungen, durch welche bei rasch gehenden
Schieber- und Ventilsteuerungen bald todter Gang in den Gelenken und eine
beträchtliche Störung der genauen Thätigkeit der Steuerorgane herbeigeführt wird.
Freilich steht dem die Schwierigkeit gegenüber, solchen kreisenden Schiebern oder
Hähnen einen dauernd sicheren dampfdichten Schluſs zu verschaffen, und diese
Schwierigkeit ist es hauptsächlich, welche bisher denselben ebenso sehr wie den
rotirenden Dampfmaschinen als solchen im Wege gestanden hat und noch steht. Immerhin
aber hat das Bedürfniſs nach sehr schnell laufenden Dampfmaschinen, welches
namentlich in neuerer Zeit durch die Verbreitung der Dynamomaschinen für elektrische
Beleuchtung u.s.w. wesentlich gesteigert wird, dazu gedrängt, bereits vielfach
gemachte Vorschläge zu solchen SteuerungenVgl. Uebersicht 1874 213 * 266. Musil 1876 221 * 2.
Luschka 1876 221
* 4. Emmericher Maschinenfabrik 1878 228 * 289. Camin und
Neumann 1878 230
* 113. Behne und Siegel 1880 230 * 94. 1881 240 * 250. 1882 246 *
447. Siller 1880 237
* 98. Calow. 1881 239 * 253. M. Kohn 1881 240 * 1. W. Meyer
1886 260 * 357. weiter auszubilden. Im
Nachstehenden sind einige neuere Constructionen von Steuerungen mit kreisenden
Schiebern oder Hähnen beschrieben.
Heinr. Heikhaus in Düsseldorf (* D. R. P. Nr. 19263 vom
22. November 1881) benutzt einen Drehschieber mit auf
demselben ruhender verstellbarer Expansionsplatte. Dieser Schieber wird
durch zwei Kegelräderpaare von der Kurbelwelle der Maschine her getrieben. Fig. 1 bis 4 Taf. 29
veranschaulichen die getroffene Anordnung und zwar zeigt Fig. 1 den
Längsdurchschnitt der Steuerung, Fig. 2 den
Schieberspiegel, Fig. 3 die obere Ansicht des Schiebers, Fig. 4 die der
Expansionsplatte. Der Schieberspiegel enthält für jeden Dampfeinströmkanal zwei
Oeffnungen und in der Mitte zwischen denselben befindet sich die kreisförmige
Ausblaseöffnung. Der Drehschieber besitzt dagegen fünf Durchlaſsöffnungen für den
Dampfeintritt und dazwischen fünf entsprechende Aushöhlungen für den Dampfaustritt,
letztere stehen sämmtlich mit der runden Mittelöffnung in Verbindung. Wenn zwei
Durchlaſskanäle des Schiebers auf der einen Seite mit den Oeffnungen im Schieberspiegel
zusammenfallen, steht die andere Cylinderseite mit den Ausblaseöffnungen in
Verbindung. Da 5 Oeffnungen im Drehschieber vorhanden sind, so kann also dessen
Umlaufsgeschwindigkeit gegen jene der Schwungradwelle im Verhältnisse von 1 zu 5
verringert werden.
Die Absperrung des Dampfes zur Erzielung von Expansion vermittelt die besondere
Expansionsplatte m, welche sich durch eine Gegenplatte
t mit einer dünnen, zwischengeschalteten
elastischen Scheibe s an eine bearbeitete Ringfläche
des Schieberkastendeckels anlegt, um die Schieber wenigstens theilweise vom
Dampfdrucke zu entlasten. Die Platte m besitzt vier
radiale, ganz den Dampfeintrittsöffnungen im Schieberspiegel entsprechend
angeordnete Durchlaſsöffnungen. Die Achse dieser Platte ist hohl und an die letztere
setzt sich ein Rohr an, durch welches, mittels einer Stopfbüchse abgedichtet, die
Achse des Schiebers nach auſsen geht, wo dieselbe von den Kegelrädern h ihre Bewegung erhält. Die Expansionsplatte m erhält keine stetige Drehung; dieselbe wird vielmehr
durch Vermittelung des Armes o und einer an demselben
bei p angreifenden Schraubenspindel, welche von einem
indirekt wirkenden Regulator bald nach rechts, bald nach links bewegt wird, nur um
kleine Winkel verdreht, wodurch das frühere oder spätere Abschlieſsen des
Dampfeintrittes bewirkt wird.
Die Steuerung einer einfach wirkenden Dampfmaschine mit drei
Cylindern bewirkt Chr. Weuste zu Mülheim a. d.
Ruhr (* D. R. P. Nr. 25381 vom 17. April 1883) durch einen kreisenden Hahn, welchen
er „rohrförmige Steuerwelle mit den Wellenkröpfungen entsprechend spiralförmig
gekrümmter Scheide wand“ nennt. Der Steuerungshahn ist, wie aus Fig. 8 und 9 Taf. 29 zu
entnehmen, in der That ein cylindrisches Rohr B,
welches durch eine spiralförmige Scheidewand in zwei Kammern getheilt wird; diese
Wand muſs natürlich, da die Kurbeln um 120° gegen einander verstellt sind, von Mitte
zu Mitte der Cylinder ebenfalls um 120° verdreht sein. Die beiden Kammern des
Steuerhahnes sind nach entgegengesetzten Seiten hin verschlossen; je nach der
Drehung des Hahnes A dient deshalb entweder die eine,
oder die andere zur Zuführung bezieh. Abführung des Dampfes. Gegenüber den drei
Eintrittsöffnungen g in die drei Cylinder ist der Hahn
B so weit ausgeschnitten, daſs derselbe dort nur
mehr den aus Fig.
9 ersichtlichen I-förmigen Querschnitt behält. Es tritt demnach während
einer Hälfte der Umdrehung Dampf in den Cylinder und während der anderen kann der
Dampf in das Auspuffrohr: entweichen. Die Dampfeintrittsöffnungen g in die Cylinder sind natürlich der Schraubenwindung
der Hahnwand entsprechend schräg angeordnet Durch Umstellung des Hahnes A kann die Bewegungsrichtung der Maschine in
einfachster Weise umgekehrt werden.
Um diese Steuerung auch für Expansion benutzen zu können, wird dieselbe in der Weise
abgeändert, wie Fig.
7 Taf. 29 zeigt. Die Dampfeintrittsöffnungen in die Cylinder werden
entsprechend schmäler ausgeführt und die zugehörigen Oeffnungen des Steuerhahnes
erhalten dreieckige Form, so daſs dieselben, je nachdem der Hahn in seinem Gehäuse
der Länge nach verschoben wird, mehr oder weniger lang dem Dampfe den Durchgang
gestatten. Die Verschiebung erfolgt mit Hilfe eines Handhebels h, der sich auf einem Bogen in verschiedenen Stellungen
festlegen läſst.
Die Drehung dieses Steuerhahnes erfolgt wieder durch Kegelräder von der
Schwungradwelle aus in der Art, daſs die Umdrehungszahlen beider gleich groſs
sind.
Leander Mégy in Paris (* D. R. P. Nr. 29997 vom 12. März
1884) hat für Maschinen mit groſser Umlaufszahl
ebenfalls einen kreisenden Dampfvertheiler entworfen, welcher im Wesentlichen aus
zwei in einander steckenden Hähnen besteht. Fig. 5 und 6 Taf. 29
zeigen die Anwendung dieser Steuerung auf eine zum Betriebe von Elektromotoren
berechnete Dampfmaschine, welche bei 20 bis 25 Pferd Leistung 580 Umdrehungen in der
Minute macht. Eine derartige Maschine ist nach der Revue
industrielle, 1884 * S. 321 auf dem Panzerschiffe Richelieu zum Betriebe der Dynamomaschinen für die elektrische Beleuchtung
aufgestellt.
Alle bewegten Theile der Maschine sind in ein die beiden Cylinder und die Lager der
Schwungradwelle enthaltendes, oben mit einem Deckel versehenes Gehäuse
eingeschlossen. Die beiden Cylinder C sind einfach
wirkend und die mit den Kolben unmittelbar verbundenen Gelenkstangen greifen beide
an dem Kurbelzapfen der Schwungrad welle an. Oberhalb und parallel zu den Cylindern
befinden sich die cylindrisch ausgebohrten, mit einem Futter F versehenen Hahngehäuse, in welchen sich der in Gestalt eines Rohres
ausgeführte Steuerhahn E bewegt; im Inneren desselben
steckt das Rohr A, welches zur Dampfzuleitung dient und
als Expansionsvorrichtung thätig ist, aber die Drehung des Steuerhahnes E nicht mitmacht. Letzterer ist für die
Dampfvertheilung mit je vier Ausschnitten o versehen,
von welchen immer je einer zuerst die Dampfeinströmung, dann aber, wenn die Oeffnung
des Rohres A von dem vorspringenden Lappen bedeckt
wird, den Dampfaustritt vermittelt. Der ausströmende Dampf umspült die Cylinder C und die Steuerhahngehäuse. Auf eine Umdrehung des
Hahnes macht deshalb die Schwungradwelle soviel Drehungen, als im Hahne E Ausschnitte vorhanden sind; seine Drehung erhält der
Steuerhahn durch Zahnräder von der Kurbelwelle aus und zwar durch ein Paar
Stirnräder R und Kegelräder K, deren jedes im Verhältnisse 1 : 2 ins Langsame übersetzt. Zur Erzielung
einer veränderlichen Expansion wird das Rohr A durch
den Regulator etwas hin- und hergedreht. Letzterer besteht in bekannter Weise aus
drei in radialen Schlitzen einer auf der Schwungradwelle sitzenden Scheibe
beweglichen Gewichten, welche durch über Rollen laufende Laschenketten einen Muff
auf der Schwungradwelle verschieben können, während Spiralfedern sich dieser Bewegung
entgegenstellen. Die Bewegung des Muffes wird durch Winkelhebel, eine kurze
Zugstange und einen Arm auf den Zapfen v des Rohres A übertragen.
Der Mégy'sche Hahn kann auch leicht zur Steuerung
mehrerer Cylinder, z.B. bei gekuppelten Maschinen, angewendet werden. Man hat dann
für beide Cylinder nur einen Hahn nöthig.
Die auf dem Richelieu aufgestellte Mégy'sche Maschine soll sich sehr gut bewährt haben,
namentlich in Bezug auf die Fähigkeit der Steuerung, sich dem oft sehr plötzlich in
Folge Auslöschens und Einschaltens von Lampen wechselnden Kraftbedarfe schnell
anzupassen.
Die Dingler'sche Maschinenfabrik in Zweibrücken (* D. R. P. Nr. 32144 vom 2. December 1884)
verwendet den früher in doppelter Anordnung zur Steuerung von Woolf'schen Maschinen benutzten Hahn (vgl. 1873 210 * 1. * 251. 1874 213 * 273) jetzt zur Steuerung einer eincylindrischen doppelt wirkenden Dampfmaschine. Fig. 10 und
11 Taf.
29 zeigen Längsdurchschnitte des Hahnes, wobei der letztere zwei um 90° von einander
abweichende Stellungen einnimmt, wie sie den Kolbenstellungen an den Enden des
Cylinders entsprechen. Während einer Kurbeldrehung vollführt der Hahn nur eine halbe
Umdrehung. Das Küken des Steuerhahnes ist von kegelförmiger Gestalt und derart in
das mit einer entsprechenden Büchse B ausgekleidete
Gehäuse eingesetzt, daſs seine offenen Enden stets mit dem Dampfzuströmungsrohre E bezieh. durch zwei Schlitze o mit dem Abdampfrohre A in Verbindung
stehen. Die Höhlung des Kükens ist durch zwei schräge Wände in vier Räume getheilt,
von welchen die eine durch zwei einander gegenüber stehende Schlitze a mit dem Abblasrohre, die andere aber durch zwei zu
ersteren um 90° versetzte Schlitze b mit dem frischen
Dampfe in Verbindung steht. Zwei einander gegenüber befindliche Oeffnungen c führen durch die Büchse B zum Dampfkanale k1, zwei andere d, gegen die erstere um 90°
versetzt, zum Dampfkanale k2. Fig.
12 bis 14 Taf. 29 zeigen die Vertheilung dieser Oeffnungen in drei Querschnitten
des Steuerhahnes.
Fig. 11
entspricht der Stellung des Kolbens im Cylinder am Ende seines Aufganges. Der
frische Dampf geht nun durch die Schlitze b unmittelbar
in den linken Dampfweg k1 und treibt den Kolben nieder, während die mit den Hahnschlitzen a zusammenfallenden Kanäle d dem Dampfe auf der anderen Kolbenseite erlauben, in das Ausblasrohr A einzutreten. Ist aber der Kolben an das Ende seines
Niederganges gelangt (vgl. Fig. 10), so hat sich die
Kurbelwelle um 180° oder die Spindel des Steuerhahnes um 90° gedreht und die
Stellung des Hahnes zur Büchse B ist dann derart, daſs
durch die Schlitze b und d
frischer Dampf in den Kanal k2 gelangt, während gleichzeitig der Abdampf durch k1 und die Oeffnungen c und a den Weg nach dem
Ausströmungsrohre A findet.
Das rotirende Steuerungsorgan von Klimsch und Ehinger in
Hohenelbe (* D. R. P. Nr. 34751 vom 9. September 1885) ist dem Heckhaus'schen Drehschieber ähnlich, insofern ebenfalls zur
Dampfvertheilung ein kreisender Rundschieber benutzt wird. Die Construction zeigt
allerdings erhebliche Abweichungen. Insbesondere ist bei derselben, wie aus Fig. 15 und
16 Taf.
29 zu entnehmen, der Kreisschieber hohl hergestellt und die ebenfalls hohle Achse desselben als
Abdampfrohr benutzt. Da die Steuerung nur für einfach wirkende Dampfmaschinen bestimmt ist (sie kann natürlich durch
Anbringung eines zweiten Dampfkanales sofort für eine doppelt wirkende Maschine, ja
auch für mehrere Cylinder durch Anordnung mehrerer Kanäle verwendet werden), so ist
nur ein Dampfweg b vorhanden. Diesem Dampfwege
gegenüber mündet in dem Deckel des Schiebergehäuses das Dampfzuströmrohr mit einer
genau entsprechenden Oeffnung c. Der Drehschieber
besitzt nun, gleichmäſsig vertheilt, eine bestimmte Anzahl von Oeffnungen a, welche durch den ganzen Schieber hindurchgehen,
wobei sie durch entsprechende Scheidewände von dem inneren Hohlraume des Schiebers
abgeschlossen sind. Zwischen diesen Oeffnungen aber befindet sich in der unteren
Schieberfläche noch eine gleiche Anzahl von Oeffnungen d, welche nur diese Fläche durchbrechen und somit eine Verbindung mit dem
Hohlraume des Schiebers herstellen. Kommt bei der Umdrehung des Schiebers, welcher
mit seiner oberen, wie unteren Fläche dampfdicht an dem Gehäuse anliegen muſs, eine
der durchgehenden Oeffnungen a über den Dampfweg b zu stehen, so strömt Dampf in den Cylinder, welcher,
sobald eine der nach dem Inneren des Schiebers mündenden Oeffnungen d über b tritt, sofort in
das Ausblasrohr e entweicht. Die Drehung des Schiebers
muſs deshalb so geregelt sein, daſs derselbe auf soviel Umdrehungen der Kurbel, als
durchgehende Oeffnungen c im Schieber vorhanden sind,
erst einen Umlauf macht. In dem gegebenen Falle mit 10 Oeffnungen a ist ein Antrieb durch Schnecke und Schneckenrad mit
10 Zähnen von der Kurbelwelle aus gewählt.
Man kann die Maschine auch in eine Expansionsmaschine
umwandeln, wenn man über oder unter dem Steuerhahne eine ähnliche geschlitzte
Scheibe anordnet, welche in demselben Sinne gedreht wird und vom Regulator oder von
Hand aus so verstellt werden kann, daſs sie bei der jeweilig entsprechenden
Voreilung die die Einströmung vermittelnden Ausschnitte bereits nach einem
bestimmten Hubtheile des Kolbens verschlieſst.