Titel: | Ueber Neuerungen im Eisenhüttenwesen. |
Fundstelle: | Band 261, Jahrgang 1886, S. 296 |
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Ueber Neuerungen im Eisenhüttenwesen.
(Patentklasse 18. Fortsetzung des Berichtes Bd.
260 S. 270.)
Mit Abbildungen.
Ueber Neuerungen im Eisenhüttenwesen.
Prof. J. v. Ehrenwerth beschreibt in der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen, 1885 * S. 585 ein von G. A.
Forsberg in Skutskär angegebenes Frischfeuer mit
drei Herden, welches in Verbindung mit einem neuen Gasgenerator steht, „dreiformiger oder schwedischer Herd“ genannt
ist und im Allgemeinen einem schwedischen Lancashire-Feuer ähnelt, sich jedoch von
diesem unterscheidet durch die geschlossene Brust,
durch den Fülltrichter zum Gichten der Kohle, in welchem auch die Trocknung derselben erfolgt,
und durch die hohlen guſseisernen Seiten wände über dem eigentlichen Herde, welche
als Windwärmapparate ausgenützt werden.
Der obere Theil der Brust der Herde a ist, wie aus den Abbildungen Fig. 1 bis 5 auf S. 300 hervorgeht, mit
einer ausgekleideten und mittels des in Fig. 5
ersichtlichen Aufzuges zu bedienenden Hebelthür geschlossen. Im oberen Theile dieser
Thür befindet sich eine mit Schieber verschlieſsbare Oeffnung 2, hauptsächlich zum Zwecke, durch sie das Hereinziehen
des Roheisens aus dem Vorwärmer in den Frischherd vorzunehmen. Den unteren
Brustverschluſs bildet eine mit mehreren (hier 3) Arbeitsöffnungen versehene
Guſsplatte, welche in an der Seitenverankerung befindliche Haken eingehängt, oder
gleich einer Thür in Angeln beweglich ist, also nach Bedarf entfernt oder geöffnet
werden kann.
Was den Fülltrichter 3 betrifft, so ist der Schieber
desselben mit ein Paar Löchern versehen, um der Flamme Zutritt zu den im Trichter
befindlichen Kohlen zu schaffen und dieselben solcherart zum Theile durch die Wärme
der Gase, zum Theile, nach Forsberg's Absicht, durch
Verbrennen eines Theiles der Kohle zu trocknen und vorzuwärmen.
Die hohlen Seitenwände 4 (Fig.
4) sind durch Schieber in Kanäle getheilt, um den durchströmenden Wind den
passend scheinenden Weg zu leiten. Bei dem dargestellten Feuer tritt der Wind durch
5 (Fig. 3) ein und
bei 6 zur Düsenleitung. Die Leitung 7 führt den Verbrennungswind in einen Schmelzherd b, in welchem das zu verfrischende Roheisen geschmolzen
werden soll. Das Einschmelzen des Roheisens in einem gesonderten Herde ist, so weit
bekannt, bisher nur beim Vorschlage geblieben und wird die Abhitze der Feuer in
gewöhnlicher Art zum Vorwärmen des Roheisens benutzt,
oder kann sonst in irgend einer Weise nutzbar gemacht werden. In solchen Fällen
entfällt selbstverständlich der in der Zeichnung an die zwei Feuer angeschlossene
Generator. Wenn übrigens das Einschmelzen des Roheisens in der gedachten Weise
erfolgen würde, so sollte dasselbe nach Forsberg's
Ansicht durch in der Zeichnung ersichtliche Rinnen in die Frischherde geleitet
werden.
Ein einmonatlicher Versuchsbetrieb mit einem zu Skutskär neben gewöhnlichen
schwedischen Lancashire-Herden aufgestellten Feuer gab Erfolge, welche sehr zu
Gunsten der Neuerung sprechen. Während die Wochenerzeugung eines Zweiformherdes
11300k betrug, war die des neuen Herdes
15600k, somit um 33 Proc. gröſser, und
ausschlieſslich sogen. Prima-Qualität. Andererseits wurde der Aufwand an Holzkohle
auf 100k Product von 0cbm,500 im ersten Falle auf 0cbm,411 im
zweiten, also auf 82 Proc. abgemindert. Der Abbrand blieb in beiden Fällen nahe
derselbe: 12,93 Proc., entsprechend einer Vorwage von 11485.
Ungeachtet der nahe 40 procentigen Erhöhung der Leistung beim Dreiformherde ist doch
gegenüber den Zweiformherden keine Vermehrung des Arbeitspersonales nothwendig; aber
es ist selbstverständlich, daſs flinke Leute verwendet werden müssen, um dem
rascheren Gange des Feuers, welcher durch die vermehrte Verbrennung der Kohlen
herbeigeführt wird, zu folgen. Ganz besonders aber muſs betont werden, daſs bei Verwendung reinen
Roheisens das ganze im Dreiformherde erzeugte Product der besten Sorte angehörte und
daſs minder geübte Arbeiter im Dreiformherde leichter ein gutes Product erzeugen
können als im Zweiformer, daſs also der neue Herd weniger geschickte Arbeiter und
weniger Umsicht erfordert, um gleiche Waare wie der alte zu liefern. Bisher erwies
sich stets die Luppe von durchaus gleicher Beschaffenheit und deren obere Seite, in
Schweden die Frischseite genannt, war ebenso gut als die übrigen Theile, was
bekanntlich bei anderen Herden gewöhnlich nicht der Fall ist.
Der beschriebene Forsberg'sche Frischfeuerherd hat nun
nach dem Jerncontorets Annaler 1885, wie Prof. J. v. Ehrenwerth in Stahl und
Eisen, 1886 * S. 313 weiter berichtet, eine Verbesserung erfahren, indem
der Boden in senkrechter Richtung mittels einer Schraube verstellbar gemacht wurde.
Dieser schwedische Herd mit Bodenschraube ist in Fig. 9 und 10 S. 301
veranschaulicht; doch ist dabei die Verschluſsthür des oberen Herdtheiles, eine mit
feuerfestem Material ausgekleidete Hängethür, weggelassen. Im oberen Theile dieser
Thür befindet sich eine mit Deckel verschlieſsbare Oeffnung, welche dazu dient, bei
Beginn der Arbeit das Roheisen vom Vorwärmer in den Herd zu ziehen. Der Schieber des
Kohlentrichters f ist wie früher mit einigen Bohrungen
versehen, durch welche ein geringer Theil der Gase austritt, im Trichter verbrennt
und so die Trocknung der Kohlen bewirkt, deren Gichtung durch Oeffnen des Schiebers
erfolgt. Der untere Theil der Brust ist durch eine mit mehreren (hier drei)
rechteckigen Arbeitslöchern versehene Platte, welche in der Verankerung eingehängt
wird, geschlossen. Die Seitenwände des Herdes sind hohl und werden zur Vorwärmung
des Windes benutzt. Die Windleitung in die Seitenwände und aus diesen in ein den
Herd auf drei Seiten umgebendes Rohr, aus welchen die Formen d abzweigen, ist aus Fig. 9 zu entnehmen;
diese Anordnung ist jedoch nicht wesentlich. Man erzielt durch diese Seiten wände
als Wind Wärmapparat eine Windtemperatur von etwa 90 bis 110°, wie sie eben für den
Frischprozeſs in Schweden ziemlich allgemein in Anwendung kommt.
Das Feuer ist im vorderen Theile breit, so daſs hierdurch die beiden gegenüber
liegenden Seitenformen d sehr nach hinten gerückt
erscheinen, was auffallen mag. Doch dürfte dies darin seinen Grund haben, daſs die
in der Rückwand angebrachte dritte Form dem gewöhnlichen Ausbrechen der Luppe
hinderlich sein dürfte und diese Arbeit daher nach vorn erfolgen muſs, wozu in
diesem Theile des Feuers entsprechend Raum erforderlich ist.
Der Boden, welcher zwischen den vier Seiten entsprechend Spielraum hat, ist an der
Vorderseite in die Höhe gezogen und daselbst mit dem Sinterloche versehen, wie dies
die Fig. 9 zeigt. Der Boden liegt auf dem vierarmigen
Träger t und ist mit diesem im Mittelpunkte durch einen Schwalbenschwanz
verbunden. Der Träger t nimmt übrigens auch den
Kühlwasserbehälter v auf, zu welchem die Zuleitung des
Kühlwassers durch das mit dem Trichter k versehene Rohr
erfolgt. Die Verstellung des Bodens wird vom Handrade h
auf der Achse w aus bewirkt und durch die Zahnräder z vermittelt, deren zweites die Mutter zur
Bodenschraube s trägt, welche in den Querträger drehbar
gelagert ist. Die Schraube s ist in dem Träger t befestigt und, da letzterer wieder mit dem von den
vier Seitenzacken umgebenen Boden verbunden ist, vor Drehung gehindert.
Der verstellbare Boden bezieh. die Bodenschraube bezweckt, das Feuer jeder Zeit in
jene Bedingungen zu versetzen, welche dem Verlaufe am zuträglichsten sind, mit
anderen Worten, das Frischen zu fördern und die Gleichmäſsigkeit desselben zu
erhöhen. Dem entsprechend wird daher der Boden zu Beginn der Hitze gehoben, während
derselbe während des Aufbrechens und Einschmelzens zur Luppe seine gewöhnliche Lage
einnimmt, Daſs solche Feuer mit Bodenschraube bei sonst gleichen Umständen,
insbesondere in ökonomischer Richtung die besten Erfolge geben müssen, liegt klar am
Tage und wird überdies bewiesen durch die Ergebnisse der beiden Feuer zu Hult,
welche die aller übrigen Feuer in beachtenswerthem Maſse übertreffen. Die Thatsache,
daſs solche Feuer mit Bodenschraube zu Hult in dauerndem Betriebe stehen, beweist
zugleich, daſs mechanische Schwierigkeiten, welche vielleicht von manchem als mit
dem Systeme verbunden angenommen werden mögen, falls sie überhaupt vorkommen
sollten, bedeutungslos sind.
Abgesehen von dieser letzten Neuerung bezweckt Forsberg mit seinen Feuern: 1) Erhöhung der Güte des
Productes bezieh. Verminderung der Empfindlichkeit des Frischprozesses und 2)
ökonomischeren Betrieb mit Bezug auf Materialaufwand und Arbeit.
Was den ersten Punkt betrifft, so ist die Empfindlichkeit des
Frischfeuers vor Allem darin begründet, daſs Temperatur und Frischwirkung in innigem
Zusammenhange stehen, die Temperatur selbst in den heiſsesten Theilen des Feuers
jener nahe liegt, bei welcher der Prozeſs überhaupt noch durchführbar ist, während
sie an anderen Stellen nicht unbeträchtlich unter dieser Grenze bleibt. Dies macht
es auch erklärlich, daſs die Eisengüte bei den bisherigen Feuern so sehr von der
Eignung, dem Fleiſse und der Kraft des Arbeiters abhängt, in dessen Hand es liegt,
alle Theile des Einsatzes denselben Bedingungen zu unterwerfen, und daſs man, um die
Güte nicht zu gefährden, so sehr am einmal Erprobten und Eingeübten festhält.
In richtiger Erkenntniſs der Thatsachen strebt daher Forsberg Erhöhung der Temperatur im Allgemeinen und
gröſsere Gleichmäſsigkeit derselben im ganzen Feuerraum an. Entgegen dem sonst
üblichen und in Schweden in besonders auffallendem Maſse angewendeten Nässen der
Kohlen und Wässern des Feuers trocknet er dieselben und schlieſst, um deren
Verbrennung zu verhindern und die Ausstrahlung von Wärme zu mindern, das Feuer,
welches er überdies, wie übrigens auch sonst in Schweden, hoch mit Kohlen gefüllt
hält.
Obgleich hieraus ein wirklicher Wärmegewinn gegenüber früherer
Einrichtung und Betriebsweise entsteht, der besonders dann zum Ausdrucke kommen
muſs, wenn die Frischfeuergase in beiden Fällen, so weit möglich, ausgenutzt werden,
und obgleich die Folge in der That höhere und auch gleichmäſsigere Temperatur im
ganzen Feuer sein muſs, liegt das Hauptmittel zur Erreichung beider Zwecke doch in
der Anwendung mehrerer Formen.
Fig. 1., Bd. 261, S. 300
Fig. 2., Bd. 261, S. 300
Fig. 3., Bd. 261, S. 300
Fig. 4., Bd. 261, S. 300
Fig. 5., Bd. 261, S. 300
Fig. 6., Bd. 261, S. 300
Fig. 7., Bd. 261, S. 301
Fig. 8., Bd. 261, S. 301
Fig. 9., Bd. 261, S. 301
Fig. 10., Bd. 261, S. 301
Der von Forsberg in Verbindung mit dem Frischfeuer
gebrachte und in den Fig. 1 bis 3 auf Seite 300 mit ersichtliche Generator c ist von den üblichen Schachtgeneratoren mit
Rost nicht sehr abweichend. An Stelle des sonst vorhandenen Rostes ist ein um eine
Achse drehbarer Rost angebracht, welcher aus in ein Guſsstück eingekeilten
Roststäben besteht und mittels eines Handhebels bewegt werden kann. Die Drehung des
Rostes hat nur den Zweck, das Rostputzen oder vielmehr das Ausräumen der über dem
Roste angesammelten Asche bezieh. Schlacken zu erleichtern. Das den Rost tragende,
guſseiserne Bogenstück schlieſst an die schmiedeiserne Bodenplatte so weit an, daſs noch ungestört
gedreht werden kann. Als unterer Gichtverschluſs ist eine Halbkugelschale
angewendet, welche mittels eines Hebels um ihre Achse drehbar ist. Forsberg bemerkt als Vortheil dieses Verschlusses
gegenüber Schieber- oder Kegelverschluſs, daſs das Einklemmen von Brennstoffstücken
zwischen Sitz und Verschluſsstück vermieden und so auch ein besserer Verschluſs
erzielt wird.
Der Generator ist übrigens von viereckigem Querschnitte und wird mit Rücksicht auf
die Erhaltung des Bodentheiles und Rostes mit kaltem Unter wind betrieben.
Aus dem Gesagten ergibt sich, daſs sich bezüglich der Gasgüte hier kaum Vortheile
gegenüber anderen Generatoren ergeben werden. Der eigentliche Unterschied dieses
Generators von anderen besteht in der Ableitung der Gase und Führung derselben zum
Ofenherde. Wie die Zeichnung zeigt, ist durch Einsetzen einer Scheidewand ein
senkrecht aufsteigender Abströmkanal gebildet; dieser geht dann in einen
absteigenden Kanal über, welcher in die verhältniſsmäſsig groſse Aschenkammer
mündet, die das Absetzen mitgerissener Aschentheile fördert und so den
vortheilhaftest wirksamen Bestandtheil dieser Construction bildet.
Forsberg's Schweiſsofen,
bei welchem dieser Generator ebenfalls angewendet wurde, ist in Fig. 6 auf S. 300 und Fig.
7 und 8 auf S. 301 abgebildet und danach
ganz ähnlich dem Ekman'schen gebaut, nur daſs zum
Theile die Verankerung zugleich als Windwärmapparat
dient. Der Wind strömt durch das senkrechte Rohr 9 in
den ersten, aus Guſsrohren gebildeten Rahmen, von da durch ein unter dem Boden des
Vorwärmers liegendes elliptisches Rohr 10 in den
zweiten, von diesem durch zwei seitlich am Boden liegende Röhren 11 in den dritten Rahmen, dessen unteres Rohr 12 die Feuerbrücke trägt, und von hier endlich in den
Windkasten, von welchem er, ähnlich wie bei Ekman's
Ofen, durch senkrechte Düsen in den Gasstrom aus dem Generator 14 eintritt.
Forsberg berichtet, daſs zu Skutskär mit diesem Ofen
gegenüber früher bestehenden wesentliche Fortschritte erzielt wurden. Der Abbrand
ist bei Verwendung des Ofens als Schmiedeofen von früheren 14,35 auf 9,89, also um
4,46 Proc., oder um fast ⅓ gesunken. Desgleichen wurden die Bodenausbesserungen in
Folge Kühlung des Bodens bedeutend vermindert. Der erste Vortheil ist jedenfalls
groſsentheils die Folge der Anwendung der Aschenkammer, durch welche die Flugasche,
welche verschlackend auf das Eisen wirkt, zurückgehalten wird. Bei einem in ⅓ Gröſse
ausgeführten, nur für Schmiederei verwendeten Ofen ergab sich die Windtemperatur mit
140 bis 150°. Dies verdient insofern Beachtung, als es immerhin die Mitverwendung
eines ähnlichen Wind Wärmapparates mit anderen durch die Ueberhitze geheizten
empfiehlt.
Mit Bezug auf den Wind Wärmapparat ist Forsberg's Ofen
ein Seitenstück zu Bicheroux's Construction (vgl. 1876
219 * 220) und seine Anwendbarkeit fällt auch im
Ganzen auf dasselbe Gebiet, welches durch Benutzung der Ueberhitze für besondere
Zwecke, wie z.B. Dampferzeugung, und Verwendung guter Brennstoffe, welche
verhältniſsmäſsig heiſse Gase geben, charakterisirt ist. Forsberg empfiehlt übrigens, ähnlich construirte Generatoren paarweise
anzuwenden und abwechselnd zu betreiben, um während des Ganges des einen Generators
den Brennstoff im zweiten zu trocknen, was unter Umständen vortheilhaft sein mag;
dann ist der Gaskanal jedes Generators für sich abschlieſsbar.
Windfrischprozeſs für Roheisen mit mittlerem Gehalte an
Silicium und Phosphor. Für den Thomasprozeſs können nur solche
Roheisensorten verwendet werden, welche arm an Silicium und reich an Phosphor sind.
Da solches Roheisen aber nicht immer, selbst bei Erzen mit reichem Phosphorgehalte,
in der erforderlichen Zusammensetzung erblasen werden kann, so ist man an manchen
Orten gezwungen, den Gehalt an Phosphor beim Hochofenprozesse durch geeignete
Zuschläge zu erhöhen und den Gehalt an Silicium zu vermindern. Dadurch werden aber
die Gestehungskosten des Roheisens erhöht und damit das Fluſseisen vertheuert. Es
ist daher natürlich, daſs gerade an jenen Orten, an welchen die Beschaffenheit des
Roheisens zu den eben angedeuteten Schwierigkeiten Veranlassung gibt, das Bestreben
hervortritt, Abänderungen des Prozesses in Anwendung zu bringen, um auch diese
Roheisensorten, ohne Erhöhung der Erzeugungskosten verarbeiten zu können.
Derartige Bestrebungen treten beispielsweise in Luxemburg hervor, wo man beim
Hochofenprozesse den Minette-Erzen Mangan haltige Brauneisensteine von Nassau
zuzusetzen gezwungen ist, um ein für den Thomasprozeſs taugliches Roheisen zu
erhalten. Wenn der Zusatz dieser etwa 15 bis 17 Proc. Mangan haltenden Erze auch nur
5 bis 10 Procent der Beschickung beträgt, um den verlangten Gehalt an Mangan im
Roheisen zu erreichen, so werden dadurch die Gestehungskosten des Roheisens doch
nicht unbeträchtlich erhöht. Man verlangt in Luxemburg, daſs das für den
Thomasprozeſs verwendete Roheisen, wenn es als tauglich befunden werden soll,
annäherungsweise 1,5 Proc. Mangan, 1,5 bis 2,0 Proc. Phosphor und 0,8 bis höchstens
1,2 Proc. Silicium enthalte. Man zieht aber Roheisensorten mit weniger als 1 Proc.
Silicium vor.
Die gewöhnlichen, nur aus Minette erblasenen Roheisensorten Luxemburgs haben aber
meist 0,3 bis 0,4 Proc. Mangan, 1,5 bis 2,0 Proc. Phosphor und 1,5 bis 2,0 Proc.
Silicium. Um nun solches Roheisen auf Fluſseisen verarbeiten zu können, wurden
Versuche auf dem bei Luxemburg gelegenen Eisenwerke zu Hollerich ausgeführt. Das in
Anwendung gebrachte Verfahren des Uebergieſsens (Procédé de transvasement) ist nun, wie Prof. Franz Kupelwieser in der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1885 S. 681
berichtet, ein Windfrischprozeſs und besteht der Hauptsache nach darin, daſs Roheisen mit nahezu 1,5
Proc. Silicium und 2 Proc. Phosphor in einer mit sauren feuerfesten Materialien
ausgefütterten Birne entsilicirt und entkohlt wird, worauf dieses Zwischenproduct in
einer zweiten, tiefer stehenden, mit basischen feuerfesten Materialien
ausgefütterten Birne entphosphort wird.
Dieses Verfahren des Uebergieſsens ist an und für sich nicht neu (vgl. Osann 1878 230 511. Parmet 1879 234 312. Harmet 1880 238 422); schon
Thomas versuchte dasselbe und es wurde früher auch
in Witkowitz (vgl. 1879 234 401) versuchsweise
ausgeführt. Da die Einrichtungen damals nur vorübergehend getroffen waren, gab das
Umgieſsen zu manchen Unannehmlichkeiten Veranlassung und man zog es vor,
Roheisensorten, welche ärmer an Silicium und reicher an Phosphor waren, zu erzeugen
und zu verarbeiten.
In Hollerich bedient man sich zweier Windfrischöfen nach dem Systeme Walrand, welche auf zwei verschieden hoch gelegenen
Hüttensohlen aufgestellt sind, um das Umgieſsen aus der höher gelegenen, mit saurem
Futter zugestellten Birne in die tiefer liegende, mit basischem Futter ausgefütterte
Birne bewerkstelligen zu können. Man muſs sich jedoch zur Vermittlung des Umgieſsens
einer zwischen beiden Birnen eingeschalteten, mit Bodenventil versehenen Gieſspfanne
bedienen, um das Uebergieſsen von sauren Schlacken in die basische Birne möglichst
zu verhindern.
Bei der im Baue begriffenen neuen Einrichtung soll die sauer zugestellte Birne mit
einer Stichöffhung versehen werden, um die Einschaltung der Gieſspfanne zu umgehen
und die sauere Schlacke nach Abfluſs des entkohlten und entsilicirten Metalles in
der Birne, aus welchem sie dann besonders ausgegossen werden kann, zurückzuhalten.
Das Abstechen des entkohlten und entsilicirten Zwischenproductes hat in diesem Falle
nicht die unangenehmen Folgen, welche sich z.B. bei den alten schwedischen Oefen
bemerkbar machten, weil ein zu zeitiger oder zu später Abstich des Zwischenproductes
keinen nennenswerthen Einfluſs auf die Beschaffenheit des Endproductes auszuüben
vermag.
Da man bei dieser Anordnung möglichst wenig Zeit und Wärme verliert, hofft man
Roheisensorten, welche nur einen mittleren Gehalt an
Silicium und Phosphor besitzen, leicht aufarbeiten zu können. Für die bei den
durchgeführten Versuchen verwendete Einrichtung wählte man Birnen nach dem Systeme
Ch. Walrand mit seitlich angebrachter
Windeinströmung, weil diese Anordnung sich zu Stenay (Departement des Ardennes) besser als jene von Clapp-Griffiths bewährte und ebenso die Anwendung eines
weniger stark gepreſsten Windes ermöglicht.
Die Birnen haben bei 86cm Durchmesser einen
Fassungsraum für 2000k Roheisen und die erste
Birne ist mit gewöhnlichen feuerfesten Ziegeln, die zweite Birne mit Magnesitmasse
aus sehr reinem, gut gebranntem Magnesit aus Steiermark zugestellt. Die Thondüsen
werden 20cm über dem Boden eingelegt. Die Windpressung
schwankt nach der Zusammensetzung des Roheisens zwischen 30 bis 35cm Quecksilber und erreicht nur selten 50cm.
Nachdem die Birnen entsprechend vorgewärmt sind und das flüssige Roheisen eingefüllt
ist, verschwindet die Flamme bei der saueren Birne nach etwa 10 Minuten Blasezeit.
Da das Roheisen einen ziemlich hohen Gehalt an Silicium hat, so ist das Metallbad
stets sehr heiſs. Das Umgieſsen in die basische Birne geht, ungeachtet eine Pfanne
verwendet wurde, ziemlich rasch und muſs das Ueberflieſsen der saueren Schlacke in
die basische Birne thunlichst vermieden werden. Die Menge des erforderlichen
Kalkzuschlages ist ebenfalls eine bedeutend geringere, da ja ein von Silicium nahezu
freies Metall in die zweite Birne eingegossen wird. Das Entphosphoren dauert 5 bis 6
Minuten, worauf in gewöhnlicher Weise unter Zusatz von etwas Ferromangan gegossen
wird. Bei der angegebenen Gröſse der Birnen und der Einsätze konnte das Kippen
derselben, das Bewegen der Gieſspfannen leicht von Hand bewerkstellgt werden, so
daſs die Einrichtung einer solchen Anlage auſserordentlich billig ist. Mit zwei
Paaren zusammengehöriger Birnen kann man bequem über 30 Hitzen in 24 Stunden machen
und somit die Tageserzeugung eines ziemlich groſsen Hochofens aufarbeiten.
Bei den durchgeführten Versuchen zeigte sich, daſs die Dauer der
Zustellungsmaterialien bei sorgfältiger Trennung der sauren Schlacken von dem
überzugieſsenden Metalle auch in den basisch zugestellten Birnen eine entsprechend
lange ist, so daſs der Prozeſs auch in dieser Richtung ein ökonomisch günstiger zu
werden verspricht.
Die Güte der erhaltenen Producte ist eine vorzügliche und waren den ausgestellten
Proben folgende Analysen beigegeben:
Roheisen
Fluſseisen daraus
halbirt
grau
Kohlenstoff
3,467
3,504
0,218
0,158
Silicium
0,915
1,563
0,050
0,065
Schwefel
0,099
0,083
0,063
0,058
Phosphor
1,994
1,514
0,014
0,007
Mangan
0,354
0,366
0,248
0,269
Im Laboratorium der Hütte von Couillet wurden mehrere Proben untersucht, welche
folgende Zusammensetzung hatten:
Roheisen
Fluſseisen daraus
Nr. 3
Nr. 5
halbirt
Si
2,500
1,600
0,900
0,110
0,130
0,120
P
1,800
1,900
1,990
Spur
Spur
Spur
S
0,070
0,080
0,099
0,080
0,008
0,017
Mn
Spur
Spur
Spur
0,040
0,050
0,055
Den ausgestellten Festigkeitsproben mit Probestangen von 200mm konnten folgende Zahlen entnommen werden:
Elasticitäts-grenze
Bruch-grenze
Dehnung
Querschnitts-abnahme
Schienen
29,0k/qmm 29,0
45,8k/qmm 47,5
15,5%17,5
58,6%61,4
Elasticitäts-grenze
Bruch-grenze
Dehnung
Querschnitts-abnahme
Flachstahl
24,6k/qmm
42,3k/qmm
34,0%
58,8%
Blech parallel zur Walz- richtung
1234
28,5 27,6 22,0 27,7
41,4 39,6 44,1 43,3
20,013,013,510,5
??39,640,0
Blech senkrecht zur Walz- richtung
12
26,5 26,3
42,34 41,6
24,020,5
48,236,7
Aus den bis jetzt durchgeführten Versuchen und den dabei erhaltenen Zahlen kann man
allerdings noch keinen verläſslichen Schluſs auf die ökonomischen Erfolge ziehen.
Erweisen sich dieselben jedoch als vortheilhaft, wie dies in Hollerich mit
Sicherheit erwartet wird, so ist dadurch die Möglichkeit geschaffen, noch eine bis
jetzt nicht verwendete sehr billige Sorte von Roheisen, welche nahezu in beliebig
groſsen Mengen erzeugt werden kann, auf Fluſseisen zu verarbeiten.
Ein eigenthümlicher Vorschlag wurde kürzlich von der Société
des Aciéries de Longwy in Longwy (D. R. P. Nr. 33316 vom 28. November 1884)
gemacht; er bezieht sich auf ein Verfahren zur Darstellung
blasenfreien Fluſseisens durch die Verbindung des Bessemerprozesses mit
einem Herdflammverfahren. Bekanntlich enthält das in der Birne hergestellte
Fluſseisen Gase, welche aus Wasserstoff, Stickstoff, Kohlenoxyd und wenig
Kohlensäure bestehen (vgl. 1884 251 83). Nach Versuchen
in Longwy überwiegt beim basischen Fluſseisen der Wasserstoff, beim sauren
Fluſseisen aber das Kohlenoxyd. Den Grund sucht man darin, daſs bei ersterem die
Ausscheidung des Wasserstoffes und Stickstoffes aus seinen Verbindungen mit Eisen
durch das in groſsen Mengen im Bade gelöste Eisenoxyd stattfindet. Der freie Wasserstoff und Stickstoff werden dann von dem in
groſsen Mengen entweichenden Kohlenoxyde mechanisch mitgerissen. Demgemäſs muſs man
es zu ermöglichen versuchen, Wasserstoff und Stickstoff beim Nachblasen durch das
Eisenoxyd auszutreiben und das Kohlenoxyd abzuscheiden. In Longwy erreicht man
diesen doppelten Zweck dadurch, daſs man mit einer Gruppe von sauren oder basischen
Birnen eine derselben parallele Gruppe von Flammöfen mit saurem Herd verbindet. Man
erzeugt in der Birne ein Eisen, welches hinreichend überoxydirt ist, um in einer
entnommenen Probe augenscheinlich den rothbrüchigen Charakter eines Eisenoxyd in
genügender Menge aufgelöst enthaltenden Eisens zu zeigen. Bei saurem Futter muſs das
Verfahren bis über die Entkohlung hinaus fortgesetzt werden, ohne daſs man jedoch
dabei das Futter zu sehr angreifen läſst, und bei basischem Futter verlängert man
das Nachblasen bis über die völlige Entphosphorung hinaus. In beiden Fällen muſs man
an den Proben erkennen, daſs das Eisenbad eine genügende Menge von Eisenoxyd in
Lösung enthält, durch welches nun der Wasserstoff und Stickstoff aus dem Metallbade
ausgetrieben wird, indem es die weniger widerstandsfähigen Wasserstoff und
Stickstoffverbindungen zersetzt. Wasserstoff und Stickstoff finden sich dann gegen Ende des Verfahrens
nur noch in sehr geringen Mengen vor im Vergleiche zu der beträchtlichen Menge,
welche vor der Bildung der Oxyde während der Entkohlung vorhanden war.
Für jedes Roheisen ergibt die Praxis die geringste Dauer für das Blasen, um in jedem
Falle in dem flüssigen Eisen die erforderliche Menge Oxyd zu lösen und die Mengen
der Verbindungen des Eisens mit Wasserstoff und Sauerstoff möglichst herab zu
ziehen. Das dergestalt überoxydirte und von Wasserstoff und Stickstoff befreite
Eisen bringt man nun aus der Birne in den Flammofen mit saurem Futter. In diesem
Ofen muſs die erreichbar höchste Temperatur entwickelt werden und es muſs derselbe
eine angemessene Menge flüssiger, an Silicium sehr reicher Eisenschlacke enthalten,
welche genügend sauer ist, um einen Theil der in der flüssigen Masse enthaltenen
Oxyde oder die Kalk haltigen Schlacken zu zersetzen, die beim Einbringen des
flüssigen Eisens in den Ofen mit übergeführt wurden. Man bedient sich am besten
hierzu einer Gieſspfanne, um nach Belieben das Ueberführen der Schlacke aus der
Birne in den Ofen mit saurem Futter unterbrechen zu können. Diese Vorsichtsmaſsregel
ist bei der Erzeugung von basischem Eisen wegen der sonst eintretenden
Wiedereinführung des Phosphors zu beachten: sie ist bei dem sauren Bessemerprozesse
weniger wichtig.
Das ganze Verfahren muſs auf alle Fälle so schnell wie möglich ausgeführt werden,
damit die in der Birne erhaltene Temperatur des flüssigen Eisens nicht wesentlich
sinkt und damit es nur möglichst kurze Zeit mit der stets mit mehr oder weniger
Wasserdampf erfüllten atmosphärischen Luft in Berührung bleibt. Befindet sich das
Eisen erst im Ofen, so ist es gegen Kohlenwasserstoffe und die Flamme durch die
Silicium haltige flüssige Schlackendecke geschützt und die Erfahrung lehrt, daſs
unter diesen Umständen eine nennenswerthe Aufnahme von Wasserstoff und Stickstoff
nicht eintritt. Während oder nach der Rückkohlung des Eisens im Ofen mit saurem
Futter ist wahrscheinlich eine solche Aufnahme auch nicht zu befürchten. Die
Rückkohlung geschieht in der bekannten Weise durch ein Silicium und Kohlenstoff
enthaltendes Roheisen, so lange Oxyd im Metallbade in Lösung verbleibt; man
vollendet dann die Entkohlung durch Einführen von Spiegeleisen oder Ferromangan.
Unumgänglich nöthig ist es, daſs sich im Anfange Kohlenoxyd bildet, so daſs die
ganze Masse durchgearbeitet wird und die saure Schlacke das ganze Bad durchdringen
kann, alle sonst schwer löslichen Kalk haltigen Schlacken zersetzt werden und das
Entweichen des noch verbliebenen Wasserstoffes und Stickstoffes mechanisch befördert
wird. Endlich setzt man Spiegeleisen oder Ferromangan zu, um dadurch die bekannten
Erleichterungen für das Walzen u. dgl. zu schaffen.
Nach diesem Verfahren soll man Fluſseisenblöcke erhalten, welche, selbst wenn sie in
die kleinsten Formen eingegossen worden, völlig blasenfrei sind. Man
muſs zu diesem Zwecke für den Guſs nur den Augenblick benutzen, wo das leicht beim
Entweichen des Kohlenoxydgases sich abkühlende Bad völlig ruhig geworden ist und
nicht mehr aufwallt. In solchem Falle verbleibt das Eisen auch in der Form ruhig.
Der Patentanspruch lautet: Das Verfahren, ein – durch Ueberblasen ohne Zuschläge –
von Wasserstoff und Stickstoff mittels Einwirkung der gebildeten Eisenoxyde
befreites Eisen in einem Flammofen mit hoher Temperatur unter Anwendung einer sauren
Schlacke zu behandeln.
E. Baumann in Eberswalde (D. R. P. Nr. 34032 vom 23.
December 1884) wendet für feuerfeste, basische Steine
gebrannten Magnesit, Dolomit u. dgl. an. Das Bindemittel für diese Steine wird hergestellt, indem Thonerdesilicate
(z.B. Thon) mit einer dem Kieselsäuregehalte entsprechenden Menge eines
Fluormetalles, z.B. Fluſsspath, gemischt und bei Luftzutritt erhitzt werden. Hierbei
kann man sowohl Platten des Gemisches unmittelbar bei mäſsigerer Temperatur, oder
dasselbe in offenen Tiegeln oder Oefen erhitzen, oder aber Apparate verwenden, in
denen Luft wie beim Bessemerprocesse durch die geschmolzene Masse geblasen wird. Bei
genügend andauerndem Erhitzen erhält man dann Producte, welche angeblich völlig frei
von Fluor sind. Gleichzeitig wird durch die Einwirkung des Fluors eine entsprechende
Menge Kieselsäure zersetzt bezieh. als Fluorsilicium verflüchtigt. Das Verhältniſs
der anzuwendenden Fluorverbindungen regelt man nach dem Kieselsäuregehalte des
Silicates und verfährt so, daſs an Kieselsäure arme oder nahezu freie Producte
entstehen. Dieselben enthalten dann vorwiegend Aluminate und leisten als
Sintermittel, zu den genannten Rohstoffen hinzugefügt, gute Dienste. Zur Herstellung der Steine wird das gepulverte Sintermittel
in wechselnden Mengen, in der Regel nicht über 5 Proc., dem gebrannten und
gepulverten Magnesit, Dolomit u.s.w. zugesetzt. Das Gemisch wird dann mit so viel
Wasser versetzt, daſs eine knetbare Masse entsteht, welche geformt und gebrannt
wird. Die so gewonnenen Steine sollen im frischen Zustande durch Wasser nicht
angegriffen werden und eine ziemlich lange Dauer haben.
In Stahl und Eisen, 1885 S. 775 findet sich ein Bericht
von R. M. Daclen über den Betrieb der Gjers'schen Durchweichungsgruben (vgl. 1886 260 * 272) in
den Darlington Steel Works in Darlington.
Danach hat das Stahlwerk 2 Birnen mit einem Fassungsraume von je
6t (Hämatit-) Roheisen. Dasselbe wird in 2
Kupolöfen niedergeschmolzen. Die Birne wird in eine Pfanne entleert, welche an einem
Drehkrahne in Ketten hängt und ihren Inhalt durch Umkippen an eine auf einem
Gieſskrahne stehende Pfanne abgibt. Aus dieser wird das Metall ohne Benutzung von
Trichtern von oben in die Formen abgelassen; jede Post ergibt 8 bis 14 Blöcke von
280mm oder 320mm unterer Seitenlänge und 1220mm Höhe.
Die Zahl der Posten beträgt 24 in 12 Stunden und wird zeitweise auf 28 bis 29
gesteigert, so daſs die Zahl der Blöcke 200 bis 400 beträgt bei einer Erzeugung von
150 bis 170t in der Schicht. Zwei kräftige
Blockkrahne bestreichen die Gieſsgrube und geben die heiſsen Blöcke an zwei kleinere
Erahne ab, durch welche dieselben einzeln auf Handwagen geladen werden. Jede Post
wird halb unter dem
einen und halb unter dem anderen Blockkrahne vergossen, so daſs das Ausheben der
ersten Hälfte der Blöcke etwa mit dem Gieſsen der zweiten beginnt und in Folge der
gemeinschaftlichen Thätigkeit der Krahne diese Arbeit in möglichst kurzer Zeit
beendet ist. Dieses Verfahren bietet für die Ausgleichungsgruben den groſsen
Vortheil, daſs alle Blöcke mit fast gleicher Temperatur an diese abgegeben werden.
Man sieht dabei weder heiſse Blöcke in der Nähe der Gieſsgrube lagern, noch Formen,
welche in Folge zu langer Dauer zwischen dem Gieſsen und dem Abstreifen rothwarm
geworden wären. Dieselben werden zu je zwei abgehoben, sobald die äuſsere Erstarrung
genügende Tiefe erreicht hat, worauf dann sofort das Aufladen der Blöcke erfolgt.
Auf diese Weise wird nicht nur die Verwerthung eines möglichst groſsen Theiles der
inneren Wärme zur Verarbeitung der Blöcke erzielt, sondern auch die Belästigung der
Arbeiter durch die ausstrahlende Wärme möglichst vermindert.
Um das Abheben der Formen möglichst zu beschleunigen, wird
besonders darauf geachtet, daſs nur Formen mit ganz ebenen Flächen in Verwendung
sind. Die Abnahme der Stärke des Blockes beträgt 30mm auf 1m Länge. Bis zu 360mm Seitenlänge wird das Gewicht einer Form so
bemessen, daſs dasjenige des Blockes nicht überschritten wird. Die Entfernung
zwischen dem Gieſsraume und den Ausgleichungsgruben beträgt etwa 50m. Bei diesen angelangt, bringt der Arbeiter den
Block durch Aufrichten der Stange des Handwagens in eine geneigte Stellung, so daſs
derselbe sofort, nach dem Angreifen der am Krahne hängenden Zange in die senkrechte
Stellung gelangt und nach erfolgter Schwenkung in die Grube gelassen werden kann.
Der Deckel derselben war vorher mittels eines auf zwei Rädern ruhenden Hebels
abgehoben worden; der Verschluſs wird in gleicher Weise bewirkt.
Die Erfahrung hat gelehrt, daſs weiches Material länger in den
Formen verbleiben muſs als härteres, wogegen bei ersterem die Dauer des Ausgleichens
in den Gruben möglichst beschränkt wird. Am meisten wird der Betrieb bei dem
unmittelbaren Auswalzen von Blöcken von 320mm
Seitenlänge zu Schienen beschleunigt, wobei gewöhnlich die erste Hälfte der Blöcke
bereits an die Gruben abgeliefert ist, wenn der letzte Block gegossen wird, während
bei der Erzeugung von Drahtknüppeln dann erst das Ausheben beginnt. Für letztere
ergab eine Post von 0,12 Proc. Kohlenstoffgehalt nachstehende Zeiteintheilung:
Das Entleeren der Birne, Zusetzen von
Ferromangan, Um- kippen der ersten Pfanne dauerte zusammen
4,5 Minuten.
Das Gieſsen von 13 Blöcken von 280mm Seitenlänge dauerte
9,5 „
Jeder Block blieb in der Form etwa
8 „
in der Ausgleichungsgrube
8 bis 12 Min.
Die Zeit vom Beginne des Gieſsens des ersten Blockes bis zur
Entnahme desselben aus der Ausgleichungsgrube betrug 18,5 und dieselbe für den
letzten Block 27 Minuten, so daſs nach 30 Minuten das Auswalzen der ganzen Post zu
Knüppeln von 50mm Seitenlänge beendet war.
Es sind 22 Ausgleichungsgruben von 480mm Seitenlänge vorhanden, welche sich jedoch selten sämmtlich in Betrieb
befinden, weil dieser auf eine möglichst geringe Zahl beschränkt wird. Meistens
werden nur 16 benutzt; wenn indessen schwere Blöcke eines Materials von hohem
Kohlenstoffgehalte verarbeitet werden, z.B. zur Herstellung von doppelköpfigen
Schienen doppelter Länge, so sind alle Gruben in Thätigkeit. Eisen mit 0,5 Proc.
Kohlenstoff erhärtet auſsen schnell, bleibt aber innen lange flüssig, so daſs ein
längeres Verweilen der Blöcke in den Gruben erforderlich ist, um eine gleichmäſsige
Erstarrung zu erzielen. Bei sehr angestrengtem Betriebe wird hierdurch eine so
groſse Wärmemenge an die Wandungen der Gruben abgeliefert, daſs der Aufenthalt in
letzterer verlängert werden muſs. In solchen Fällen hat man, um sich zu helfen,
bereits mit offenen Gruben arbeiten müssen; dies ist indessen ebenso wenig zu
empfehlen, als das Einsetzen der Blöcke zu verzögern; es ist vielmehr dann eine
Vermehrung der Zahl der Gruben geboten, denn es soll die Ausgleichung vollkommener
stattfinden und, je heiſser die Blöcke an die Gruben abgeliefert werden, desto
sicherer wird dies erzielt.
Die Zahl der Arbeiter zur Bedienung dieser Gruben beträgt 4, wovon
der erste den Block mittels Karren aufkippt, der zweite die Zange anlegt und den Krahn schwingt, der
dritte den Deckel mittels eines auf 2 Rädern ruhenden Hebels hebt und der vierte,
ein Junge, den hydraulischen Krahn steuert. Durch mechanische Vorrichtungen zum
Schwingen des Krahnes und zum Abheben der Deckel, wie solche in England bereits
mehrfach in Betrieb sind, kann diese Zahl auf 2 bis höchstens 3 Arbeiter vermindert
werden.
In Darlington läſst man den Block beim Einsetzen etwa 450mm hoch frei herunterfallen, indem sich die Hebel
der Zange auf den Rand der Grube aufsetzen. Dies ist bei Blöcken bis zu 800k zulässig; bei gröſserem Gewichte sollten indeſs
Zangen verwendet werden, welche sich erst beim Aufsetzen des Blockes auf den Boden
lösen, denn sonst wird dieser zu stark beschädigt. Die in den Gruben sich bildende
Schlacke wird mittels eines eisernen Löffels herausgehoben und der Boden bleibt
durch den Zusatz von Koke oder Kohle auf der richtigen Höhe erhalten. Niemals darf
ein Block in einer Grube, welche Schlacke enthält, erkalten, da diese nach dem
Erstarren an demselben haften und beim Herausziehen die Wandungen beschädigen
würde.
Das Verschlieſsen der Formen nach dem Gieſsen muſs bei den für die
Gruben bestimmten Blöcken stets mittels Sand geschehen, welcher vor dem Einsetzen
sorgfältig abgefegt wird. Die in den Wandungen der Gruben sich bildenden
Aushöhlungen werden sobald als möglich mit feuerfestem Thon ausgefüllt und zwar
geschieht dies in heiſsem Zustande der Gruben.
Die Inbetriebsetzung geschieht in der Weise, daſs zunächst durch
Einsetzen von dunkelroth warmen Blöcken in die offen bleibenden Gruben das Mauerwerk
ausgetrocknet wird. Hierauf werden heiſsere Blöcke eingesetzt, die Deckel aufgelegt
und es wird dieses Verfahren durch Auswechseln der bis zur Rothglut erkalteten
Blöcke fortgesetzt, bis die Wandungen die Temperatur der hellen Rothglut angenommen
haben, worauf der Betrieb beginnt. Das Austrocknen nimmt mehrere Tage in Anspruch
und das Anheizen ist erst dann als beendet zu betrachten, wenn das ganze Mauerwerk
eine hohe Temperatur angenommen hat; ein gleichförmiges Ausgleichen ohne Entziehung
zu vieler Wärme ist vorher nicht möglich.
Vor einer Betriebsunterbrechung von 1 bis 2 Tagen werden die
leeren Gruben verschlossen und mit einer Schicht Asche bedeckt, welche 120 bis
150mm stark die Ränder der Gruben um etwa
500mm überragt und vor dem Wiederbeginne der
Arbeit entfernt wird. Die Platten und Deckel sind dann ebenso wie das Innere der
Gruben rothglühend und es können bereits die ersten Blöcke unmittelbar verwalzt
werden, wenn sie möglichst warm eingesetzt und rechtzeitig herausgezogen werden. In
Darlington wird in dieser Weise am Ende der Woche nach 30 stündiger Pause verfahren
und in einigen Fällen hat dieselbe sogar 3 Tage gedauert, ohne daſs eine Aenderung
des Verfahrens erforderlich war.
Zum Auswalzen der Blöcke sind 2 Walzenstraſsen vorhanden; die
Blockwalze besteht aus einem Dreiwalzengerüste, der Ballendurchmesser beträgt 700mm, die Umdrehungszahl 80 in der Minute und die
Kaliberzahl 8. Durch einen hinter den Walzen angebrachten Hebetisch wird die
Behandlung des Blockes so erleichtert, daſs für dieselbe 2 Walzen genügen. Beim
Verlassen dieser Walze wird der Block mittels eines hydraulischen Krahnes auf die
zur Vorwalze führenden Leitrollen befördert, welche, mit der Fertigwalze in einer
Straſse liegend, durch eine Umkehr-Zwillingsmaschine mit unmittelbarem Angriffe
betrieben wird. Der Ballen hat 650mm Durchmesser,
die Umdrehungszahl beträgt bis zu 140 in der Minute. Für Knüppel von 50mm Seitenlänge beträgt die Zahl der Kaliber auf
der Vorwalze 7, auf der Fertigwalze 8. An der Vorwalze sind 2, an der Fertigwalze 4
bis 6 Arbeiter beschäftigt, deren Antrengung nicht sehr erheblich ist, weil die
Zuführung mechanisch geschieht. In der Regel wird auf der Vor- und der Fertigwalze
gleichzeitig gewalzt, indem der kürzere Stab auf ersterer nach jedem Durchgange
zurückgehalten wird, bis der längere auf letzterer durchgewalzt ist; in Folge der
groſsen Geschwindigkeit ist die Verzögerung nicht erheblich. Der Durchmesser der
Dampfcylinder ist 1m,270, der Kolbenhub 1m,370; die Maschine ist von Davy Brothers in London geliefert und soll bis zu 200
Umdrehungen minutlich machen können.
Zum Nachwärmen derjenigen Blöcke, welche sich nach dem Vorwalzen
etwa zu kalt
erweisen sollten, sowie für vorgewalzte Blöcke, welche dem Lager entnommen werden,
sind zwei Wärmöfen in Betrieb, in welche jedoch niemals ein roher Block eingesetzt
wird. Das Tagesausbringen an Schienen und Knüppeln beträgt 250t, wovon etwa 20 Proc. durch Nachwärmen erzielt
werden.
Der durch Abbrand herbeigeführte Verlust der Gesammterzeugung von
3 Monaten, während welcher etwa 70 Proc. Schienen, 20 Proc. Knüppel und 10 Proc.
verschiedene Profile gewalzt wurden, betrug 1,2 Proc. Unter Berücksichtigung des
gröſseren Antheiles der nachgewärmten Blöcke bleibt hiervon für die unmittelbar
ausgewalzten Eisensorten ein Verlust von 1 Proc. Weitere Ermittelungen haben
ergeben, daſs derselbe für die durch Ausgleichen und Vorwalzen in der Blockwalze
erzielten Halbfabrikate nur 0,5 Proc. beträgt.
Bei der Vorarbeitung schwerer Blöcke durch Wärmeausgleichung ist
der Verlust durch Abbrand noch wesentlich geringer, wie aus Angaben über den Betrieb
der Stahl-Werke in Blochairn hervorgeht, welche früher bei der Herstellung von
Brammen zu Blechen aus Blöcken von 1,5 bis 3t
Gewicht 2,5 bis 2,75 Proc. Verlust hatten und diesen durch Ausgleichen der Wärme
anstatt Wärmen in Oefen auf 0,02 Proc. vermindert haben. Es ist indessen
unzweifelhaft, daſs die Ausgleichung auch mit Blöcken mittlerer Gröſse von 280 bis
300mm Seitenlänge, welche auf den kleinen
Querschnitt von 50mm Seitenlänge heruntergewalzt
werden, erfolgreich betrieben werden kann. Die hierbei erzielten Stangen haben eine
Länge von etwa 40m und werden warm in Stücke von
1,5 bis 2m zerschnitten, was wegen der hoch
bleibenden Temperatur ohne Schwierigkeit ausgeführt wird.
Die Vortheile des Wärmeausgleichungsbetriebes bestehen in der
Verminderung des Verlustes an Abbrand, des Kohlenverbrauches, der Löhne und des
Materialverbrauches gegenüber dem Ofenbetriebe, sowie des Verschleiſses an Formen
und sind namentlich mit Rücksicht auf den heutigen geringen Verkaufspreis so
bedeutend, daſs die Einführung derselben dadurch wohl begründet ist.