Titel: | Versuche mit Strohfeuerung bei Locomobilen. |
Fundstelle: | Band 261, Jahrgang 1886, S. 222 |
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Versuche mit Strohfeuerung bei
Locomobilen.
Versuche mit Strohfeuerung bei Locomobilen.
Ueber Probeversuche bei zwei Locomobilen mit Strohfeuerung von Garrett und
Söhne in Leisten, von welchen die eine nach dem
Compoundsysteme, die andere mit einem Cylinder gebaut war (vgl. 1885 258 * 193), berichtet der Engineer, 1885 Bd. 60 * 177. Diese Mittheilungen zeigen
die Fortschritte in der Verwendung von Stroh als Brennmaterial in den letzten 8
Jahren; während im J. 1877 J. Head in einer Abhandlung
über die Verbrennung pflanzlicher Abfallstoffe den Verbrauch von Stroh zu 9k,5 für Stunde und Pferd angab, zeigten die
Versuche mit Garrett'schen Locomobilen bloſs ⅔ bis
weniger als die Hälfte dieses Betrages. Hiernach erscheint es möglich, das
Ausdreschen des Getreides mit Hilfe der Compoundmaschine mit etwa 5 Procent der
ganzen dabei sich ergebenden Strohmenge zu bewältigen.
Die allgemeine Einrichtung der Feuerung war die in D. p. J. 1882 244 * 12
beschriebene (vgl. auch Head, Ruston bez. Fowler 1874 211 * 251. *
335. * 337. Elsworthy 1882 245 * 317). Das Stroh wird durch eine breite, niedrige Oeffnung unterhalb
der Feuerthür von dem Feuermanne mit einer gewöhnlichen Heugabel eingeschoben; eine
besondere Klappe verhindert das Einströmen der Luft durch die Heizöffnung. Die
Arbeit des Stroheinschiebens ist weder schwer, noch unausgesetzt auszuführen; im
Gegentheile kann sie leicht genannt werden und der Feuermann hat Zeit genug, um nach
der Speisepumpe und Schmierung der Maschine zu sehen. Der Rost besteht nur aus
wenigen, weit von einander entfernten Stäben. Etwa in ¾ der Länge der Feuerbüchse
ist eine hohe Feuerbrücke erbaut, welche fast bis an die Decke der ersteren reicht.
Dieselbe besteht im unteren Theile aus Eisen und besitzt hier eine Anzahl von
Löchern, durch welche Luft einströmen kann; der obere Theil ist mit feuerfesten
Ziegeln gefüttert und zwingt die Flamme, sich erst dicht an die Decke anzulegen, ehe
sie in die Heizröhren gelangen kann. Die Compoundmaschine hat Cylinderdurchmesser
von 178 und 267mm und 254mm Hub.
Die Kurbelwelle wurde mit der Welle des Bremsdynamometers
unmittelbar gekuppelt; ein Zähler zeigte in üblicher Weise die Umdrehungszahl. Als
Brennmaterial wurden 317k Weizenstroh abgewogen;
der Wasserstand am Glase wurde markirt und, sobald der Druck 6,67k/qc betrug, der
Versuch begonnen. Man lieſs den Druck bis auf 7k/qc steigen und hielt denselben ziemlich
genau während des ganzen Versuches auf dieser Höhe. Es wurde dafür Sorge getragen,
den Wasserstand auf gleicher Höhe wie bei Beginn auch in dem Augenblicke zu haben,
in welchem alles Stroh verbrannt war; alsdann lieſs man den Druck wieder auf 6,67k/qc herabgehen
und in diesem Augenblicke wurde der Umlaufszähler ausgeschaltet und der Versuch
geschlossen. Die Speisepumpe saugte aus einem Fasse, welches bei Beginn wie bei
Schluſs des Versuches gerade bis zum Ueberlaufen gefüllt war. Das Speisewasser wurde
Eimer für Eimer gewogen und auch die Zahl der Eimer aufgezeichnet, die Temperatur
des Speisewassers alle 5 Minuten beobachtet und jede mögliche Vorsichtsmaſsregel zur
Gewinnung genauer Beobachtungswerthe angewendet. Genau in der gleichen Weise wurde
auch bei der Eincylindermaschine verfahren. Der Cylinder der letzteren hatte 254mm Durchmesser und 304mm Hub. Obschon eigentlich nur für 5,6k/qc Dampfdruck bestimmt, wurde sie doch
mit 7k/qc Spannung
betrieben, um von vornherein den Einwand auszuschlieſsen, daſs die Sparsamkeit der
Compoundmaschine zum guten Theile auf dem höheren Dampfdrucke beruhe. Doch muſste,
ehe der Druck gehalten werden konnte, erst ein Ring in das Blaserohr eingesetzt und
dadurch der Zug im Schornsteine auf 22mm
Wassersäule gebracht werden, während bei der Compoundmaschine bereits ein Zug von
13mm Wassersäule genügte. Dies wurde jedoch
ungefähr dadurch wieder aufgewogen, daſs die Röhren des Kessels der Compoundmaschine
ungefähr 254mm kürzer waren als bei der anderen
Maschine. Nachstehend folgen die wesentlichsten Versuchsergebnisse für beide
Maschinen:
Compound-
Eincylinder-
Dampfdruck
Maschine
Anfangs Während des
Betriebes Am Schlusse
k/qc
6,6787,0306,678
6,6787,0306,678
Zeitdauer des Versuches
Minuten
175
115
Gewicht des Strohes
k
317,52
317,52
„ der Asche
k
12,47
9,98
„ des wirklich verbrannten
Materials
k
305,05
307,54
Anzahl der Umdrehungen der Maschine (im
Ganzen)
31810
17577
„
„ „ „ „ in der Minute
181,7
152,87
Gesammtmenge des verdampften
Wassers
k
752,9826,4
747,53791,98
Gemessene Pferd am Bremszaume
e
24,32
24,38
Wassermenge für Stunde und
Bremspferd
k
10,611,65
149917,10
Strohverbrauch „
„ „ „
k
4,47
6,79
Wasser für 1k verbrauchtes Stroh
k
2,472,70
2,422,59
Indicirte Pferd
e
29,61
29,51
Wasser für Stunde und indicirtes
Pferd
k
9,52
13,21
Strohverbrauch für Stunde und indicirtes
Pferd
k
9,573,67
14,125,57
Rostfläche
qm
0,3883
0,5704
Stroh auf lqm Rostfläche und Stunde
k
280,37
290,5
Temperatur des Speisewassers: kalt
Grad
24,4
23,3
„ „ „ warm
„
78,9
62,8
Für das verdampfte Wasser sind in jedem Falle zwei Zahlen gegeben;
von diesen bezieht sich die kleinere immer auf das Gewicht des wirklich in das Faſs
gegossenen Wassers; da aber ein Theil des Abdampfes in das Faſs geblasen wurde, um
das Speisewasser vorzuwärmen, und sich darin condensirte, so ergab sich das Gewicht
des in dem Kessel gespeisten Wassers entsprechend gröſser. Betrachtet man die
Zahlen der Tabelle näher, so ergibt sich, daſs in der Compoundmaschine nur 9k,57 Dampf für Stunde und indicirtes Pferd
gebraucht wurden, in der That ein sehr gutes Ergebniſs. Mit 1k Stroh werden 2k,6 Wasser verdampft; es ist also für gewöhnliche fahrbare Maschinen 1k Kohle ungefähr gleichwertig mit 3k Stroh. Natürlich ändert sich dieses Gewicht
wesentlich mit der Trockenheit des Strohes; das bei den Versuchen verbrannte Stroh
war ungefähr von mittlerem Feuchtigkeitsgehalte und wahrscheinlich auch nicht
annähernd so trocken, wie es in Ungarn oder an anderen Orten sein würde, wo
Maschinen mit Strohfeuerung gebraucht werden dürften. Der hohe Heizwerth des Strohes
hängt aber ab von der Vollkommenheit, womit es verbrannt wird. Die ganze Hitze wird
durch die Flamme gewonnen; diese füllt die Feuerbüchse völlig aus und geht dann über
den oberen Rand der Feuerbrücke, um zu den Röhren zu gelangen; an dieser Stelle wird
sie von den Strömen erhitzter Luft getroffen, welche durch die Löcher in der
Vorderwand der Feuerbüchse eintreten (vgl. 1882 244 *
12). Es ist leicht, durch diese Löcher zu sehen und sich zu überzeugen, daſs die
Feuerbüchse mit einer starken weiſsen Flamme völlig ausgefüllt ist. Der Luftzug von
vorn bewirkt eine gewisse Art von Dämpfung und veranlaſst die Flamme, ein wenig
langsamer durch die tiefen Faltungen der Feuerbüchsdecke fortzustreichen. Die
Ergebnisse dieser Strohfeuerung können sehr zufriedenstellende genannt werden.
Bemerkenswerth ist auch, daſs der Unterschied zwischen indicirtem und Bremspferd nur
5,29 (18 Proc.) beträgt.
Die Eincylindermaschine bedurfte 14k,12 Wasser für das Pferd, also beinahe die Hälfte mehr als die
Compoundmaschine. Fast genau die gleiche Wassermenge brauchte Clayton und Shutthworth's Preislocomobile zu Cardiff
für das Bremspferd, trotzdem sie mit besonderer Expansionsvorrichtung und Dampfhemd
versehen war, ein Unterschied, welchen man zu Gunsten der Bewerbungsmaschine viel
gröſser hätte erwarten sollen. Bei beiden Locomobilen wurden die Rauchkammern sehr
heiſs; die Anstrengung der Maschine war eine beträchtliche zu nennen. Die
Compoundmaschine besaſs einen Pickering'schen Regulator
(vgl. 1884 254 357), welcher gut regulirte. Die
Eincylinderlocomobile aber besaſs einen vorzüglich arbeitenden Regulator. Obschon
von der gewöhnlichen Art mit zwei einfach aufgehängten Pendeln und ungefähr gleich
schnell laufend wie die Maschine, übte derselbe doch eine sehr kräftige regulirende
Wirkung in Folge einer einfachen Federbelastung aus. Nachdem die Versuche mit der
Maschine vorüber waren, wurden noch besondere Versuche über die Wirksamkeit dieses
Regulators angestellt. Während der Dampfdruck auf 7k/qc gehalten wurde und das Dampfventil
voll offen war, wurden von dem Bremszaume allmählich die Gewichte weggenommen, bis
die Leistung von anfänglich 33 Pferd auf Null fiel. Die Werthe waren dabei
folgende:
Gewicht an Bremse
Umdrehungender Maschine
Gebremste Pferd
186k
151
32,91
161
152
28,78
134
152
24,23
107
152
19,13
81
153,5
14,73
56
154
10,12
0
162
0
Berücksichtigt man, daſs diese Ergebnisse mit einer gewöhnlichen
Drosselklappe und einem langsam gehenden Regulator erzielt wurden, so ist man
versucht zu fragen, was denn eigentlich durch die neueren zusammengesetzten rasch
laufenden Regulatoren gewonnen werde.