Titel: Ueber die Beurtheilung von Dampfkesselfeuerungen; von Ferd. Fischer.
Autor: Ferd. Fischer
Fundstelle: Band 245, Jahrgang 1882, S. 397
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Ueber die Beurtheilung von Dampfkesselfeuerungen; von Ferd. Fischer. (Schluſs der Abhandlung S. 357 d. Bd.) F. Fischer, über die Beurtheilung von Dampfkesselfeuerungen. Es ist jedenfalls eine genaue Brennwerthbestimmung nur mittels Calorimeter (1879 234 * 390) möglich, wie namentlich auch Scheurer-Kestner1) fand (vgl. 1870 196 * 22); diese Bestimmungen sind aber so schwierig auszuführen, daſs man bis auf Weiteres für praktische Zwecke wohl bei der Berechnung auf Grund der Elementaranalyse bleiben wird. Um so wünschenswerther ist es aber, daſs diese Berechnung weniger willkürlich ausgeführt würde, als es bisher geschieht. Zunächst ist bei der Berechnung der Kohlenanalysen die Vereinigung des Sauerstoffes mit der entsprechenden Menge Wasserstoff als „chemisch gebundenes Wasser“ entschieden falsch. Denn wenn der Sauerstoff bereits mit Wasserstoff zu Wasser verbunden vorhanden wäre, so müſste dieses bei der Destillation der Brennstoffe als solches entweichen. Thatsächlich enthält aber Steinkohlengas2) eine groſse Menge von Kohlensäure und Kohlenoxyd, Holzgas (1880 238 55) sogar bis 64 Proc. Kohlensäure und 31 Proc. Kohlenoxyd, das beim schwachen Erhitzen von Braunkohlen erhaltene Gas (nach Versuchen, mit denen ich noch beschäftigt bin) etwa 30 Proc. Kohlensäure und 20 Proc. Kohlenoxyd, so daſs der Sauerstoff dem Kohlenstoff offenbar näher steht als dem Wasserstoff und daher in den Analysen besser getrennt angegeben wird. Für den Brennwerth des Kohlenstoffes wird man, bis weitere Bestimmungen vorliegen, den Werth von 8080 nach Favre und Silbermann3) beibehalten oder den von Scheurer-Kestner4) gefundenen von 8103c bezieh. abgerundet 8100c und liegt keine Veranlassung vor, auf die Gruner'sche Hypothese einzugehen. Für Wasserstoff fanden Favre und Silbermann (a. a. O. S. 399) in 6 Versuchen 34340 bis 34576, im Mittel 34462c, J. Thomsen5) 34180c, Berthelot6) 34600c, C. v. Than (1877 224 657) 33982c, Schuller und Wartha (1878 227 616) 34126c, im Mittel 34266c. Neuerdings hat Than7) die genauer ermittelten Werthe umgerechnet unter Annahme der specifischen Wärme des Wassers bei 15° als Einheit:
Bei constantem Volumen bez. Druck Nach Than 33822c 34218c Andrews 33888 34230 Thomsen 33810 34297 Favre und Silbermann 33746 34154 Schuller und Wartha 33791 34199 –––––– Mittel 34220c
Der wahrscheinliche Werth für die Verbrennungswärme des Wasserstoffes zu flüssigem Wasser ist danach 34220c. Thatsächlich entweicht nun aber das Wasser aus unseren Feuerungen als Wasserdampf, so daſs man 9 × 637 in Abzug bringen muſs, wenn die Gase mit 100° entweichen, somit 34220 – 5733 = 28487c. Dann aber darf man den durch die höhere specifische Wärme der Rauchgase bewirkten Verlust für das hygroskopische und das bei der Verbrennung gebildete Wasser erst von 100° an rechnen. Bequemer für die spätere Verlustberechnung ist es, bei einer mittleren Kesselhaustemperatur von T= 20° nach Regnault8) 613°, oder was wohl richtiger erscheint, da die Gase bei Dampfkesselfeuerungen mit über 100° entweichen: 637 – (80 × 0,4805) = 599 oder abgerundet 600°, somit 34220 – 5400 = 28820 oder rund 28800c als Brennwerth des Wasserstoffes in Rechnung zu setzen. Die Berechnung der latenten Siedewärme auch für das aus dem sogen, gebundenen Wasserstoff gebildete Wasser halte ich noch nicht für gerechtfertigt. Der Schwefel ist in der Kohle theils als Schwefelkies, theils in organischer Verbindung vorhanden; er verbrennt theils zu Schwefligsäure, theils aber zu Schwefelsäure, so daſs man wohl den Mittelwerth 2500c einsetzen darf. Es ergibt sich danach die Formel: W=8100c+28800(h1/8o)+2500s600w100 Ob es richtiger ist, für gewisse Brennstoffe den Brennwerth des gesammten Wasserstoffes in Rechnung zu setzen, oder den Sauerstoff als mit Kohlenstoff verbunden, somit: W=8100c+28800h+2500s600w100 oder W=8100(c3/8o)+28800h+2500s600w100, müssen weitere Forschungen ergeben. Völlig zutreffende Resultate sind durch diese Berechnungen natürlich nicht zu erreichen, da wir es in den Brennstoffen nicht mit einem Gemisch von festem Kohlenstoff, gasförmigen Wasserstoff und Sauerstoff, sondern mit chemischen Verbindungen zu thun haben, die zur Zeit noch unbekannt sind. Für praktische Zwecke wird man jedoch vorläufig damit zufrieden sein, oder aber sich auf calorimetrische Bestimmungen einrichten müssen. Die Dauer der Versuche am Dampfkessel darf nicht zu kurz bemessen werden; eine Beurtheilung der Feuerung läſst sich meist in 3 bis 4 Stunden erreichen, ein Verdampfungsversuch sollte jedoch mindestens 10 Stunden dauern. Die Temperatur der abziehenden Rauchgase wird mittels 75cm bis 1m langer Thermometer9) bestimmt, welche in den Rauchkanal vor dem Schieber so eingesetzt werden, daſs die Quecksilberkugel sich möglichst mitten im Gasstrom befindet. Die Ablesungen erfolgen so oft (oder halb so oft), als Gasproben genommen werden. Haben die Rauchgase eine Temperatur von über 360°, so ist für genaue Versuche die Bedienung der Feuerung fehlerhaft und entsprechend zu ändern. Zur Untersuchung der Rauchgase werden während des ganzen Versuches in gleichmäſsigen Zwischenräumen stündlich 5 bis 6 Gasproben durch ein luftdicht im Fuchs neben dem Thermometer eingesetztes Glasrohr, dessen untere Mündung möglichst mitten in den Gasstrom reicht, entnommen und deren Gehalt an Kohlensäure und Sauerstoff bestimmt (vgl. 1880 237 * 387), sowie auf etwaigen Gehalt an Kohlenoxyd geprüft. Enthalten die Rauchgase nennenswerthe Mengen von Kohlenoxyd – was nur bei mangelhaften Dampfkesselfeuerungen der Fall ist –, so ist die Bedienung der Feuerung entsprechend zu ändern, oder aber es sind Gasproben einzuschmelzen und im Laboratorium auf ihren Gehalt an Kohlenoxyd, Wasserstoff und Kohlenwasserstoff zu prüfen (vgl. 1880 237 * 391). Ferner wird stündlich der Feuchtigkeitsgehalt (vgl. 1879 234 * 46) und die Temperatur der in die Feuerung tretenden Luft bestimmt. Von den erhaltenen Resultaten wird das arithmetische Mittel genommen und den folgenden Berechnungen zu Grunde gelegt. Ergab die Gasanalyse k Proc. Kohlensäure, o Proc. Sauerstoff und n Proc. Stickstoff, so ist das Verhältniſs der gebrauchten Luftmenge zu der theoretisch erforderlichen, wenn die Verbrennungsluft x Proc. Sauerstoff und z Proc. Stickstoff enthält: v=xx(zo:n) oder nn(zo:x) bezieh. 2121(79o:n) bei 21 Proc. Sauerstoff; 1k der Kohle mit c Proc. Kohlenstoff10) gibt = 1,854c : 100 = Kcbm Kohlensäure (von 0° und 760mm), Ko : k = Ocbm Sauerstoff und Kn : kz = Ncbm Stickstoff. Die Menge w1 des in den Rauchgasen enthaltenen Wasserdampfes wird berechnet aus dem Wassergehalt der Kohle (0,01 w), dem durch Verbrennung des Wasserstoffes gebildeten (0,09 h) und dem in der Verbrennungsluft enthaltenen (vLf).11) Die Gesammtmenge der Verbrennungsgase von 1k Kohle ist somit: 11/3c100+O1,430+N1,257+2s100+w1 Kilogramm, oder K+K(o+n)k+2s286,4+w10,805 Cubikmeter von 0° und 760mm. Enthalten die Rauchgase Kohlenoxyd und Kohlenwasserstoff, so ist zu berücksichtigen, daſs nach den Formeln C + O2 = CO2, C + O = CO und C + 2H2 = CH4 je 1cbm dieser Gase 0k,5395 Kohlenstoff enthält.12) Ergab nun die Analyse k Proc. Kohlensäure, d Proc. Kohlenoxyd, m Proc. Methan (CH4), h Proc. Wasserstoff, o Proc. Sauerstoff und n Proc. Stickstoff sowie in 1cbm r Kilogramm Kohlenstoff als Ruſs, so enthält 1cbm dieser Gase = 0,01 (k + d+m) 0,5395 + r Kilogramm Kohlenstoff und 1k Kohle gibt = 0,01c : [0,01 (k + d + m) 0,5395 + r] = Gcbm trockene Gase, darin: Gk100=Kcbm Kohlensäure, Kdk oder Gd100 Kohlenoxyd, Gm100 Methan,Gh100 Wasserstoff, Go100 Sauerstoff und Gn100 Stickstoff. Schwefligsäure (bezieh. Schwefelsäure) und Wasserdampf werden wie vorhin berechnet. Das Gewicht dieser Gase findet sich leicht mit Hilfe der kleinen Tabelle (1881 242 42). Der Brennwerth des Kohlenoxydes ist nach Favre und Silbermann13) 2389 bis 2417, im Mittel 2403c, nach Thomsen (1881 240 145) = 68370 : 28 = 2442c, nach Berthelot (1881 240 146) = 68300 : 28 = 2439c, im Mittel somit 2428c. Der Brennwerth des Methans ist nach Favre und Silbermann (a. a. O. S. 427) = 13063c, nach Thomsen = 213530 : 16 = 13346c, nach Berthelot = 213500 : 16 = 13344c, im Mittel 13251c, bezogen auf flüssiges Wasser. Nun gibt 1k Methan 2k,25 Wasser, so daſs unter Zugrundelegung von 20° Kesselhaustemperatur (vgl. S. 398) 1350 abzuziehen sind und nur 11900c gerechnet werden dürfen. Somit ergeben sich die Brennwerthe:
Bildung von flüssigemWasser bei 0° Bildung von Wasser-dampf bei 20° Gewicht von1cbm 1k 1cbm 1k 1cbm Kohlenoxyd (CO)   2428 3058   2428 3058 1,2593 Methan (CH4) 13251 9481 11900 8514 0,7155 Wasserstoff 34220 3060 28800 2580 0,0896
Der Verlust durch unvollkommene Verbrennung ergibt sich aus dem Brennwerth der unverbrannten Kohle in den Herdrückständen und dem der etwaigen brennbaren Bestandtheile (Kohlenoxyd, Methan, Wasserstoff, Ruſs) der Rauchgase. Ein Beispiel möge diese Berechnungen erläutern. Die verwendete Kohle bestehe aus:
Kohlenstoff 80 Proc. Wasserstoff 4 Sauerstoff 8 Stickstoff 1 Schwefel 2 Wasser 3 Asche 2 –––– 100
So ist der Brennwerth nach der S. 398 entwickelten Formel: W=8100×80+28800(48/8)+2500×2600×3100=7376c. Würde nicht die dem Sauerstoff äquivalente Menge Wasserstoff abgezogen, so erhielte man: W=8100×80+28800×4+2500×2600×3100=7664c. und, wenn der Sauerstoff mit Kohlenstoff verbunden würde: W=8100(803/8×8)+28800×4+2500×2600×3100=7421c. 1k dieser Kohle erfordert 8/3×80+8×4+28100=2k,393 oder 1cbm,673 Sauerstoff, somit 8/3×80+8×4+281,43×21=7cbm,97 Luft, wenn dieselbe 21 Proc. Sauerstoff enthielt. (Nachtrag folgt.)