Titel: | Einfache Methoden und Instrumente zur Widerstandsmessung insbesondere in Elektrolyten; von F. Kohlrausch. |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 310 |
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Einfache Methoden und Instrumente zur
Widerstandsmessung insbesondere in Elektrolyten; von F. Kohlrausch.
Mit einer Abbildung auf Tafel 25.
F. Kohlrausch, über die Messung der elektrischen
Leitungsfähigkeit.
Das elektrische Leitungsvermögen einer Substanz gehört zu deren fundamentalen
Eigenschaften und es ist offenbar wünschenswerth, daſs, ähnlich wie etwa die
Dichtigkeit, das Lichtbrechungsvermögen, die specifische Wärme, so auch die
elektrische Leitungsfähigkeit eines Körpers eine leicht meſsbare Gröſse werde. F. KohlrauschSonderabdruck aus den Verhandlungen der
physikalisch-medicinischen Gesellschaft zu Würzburg, 1880 Bd.
15. hat hierfür den in Fig. 2 Taf.
25 dargestellten Apparat angegeben.
Stromerreger. Während der gewöhnliche Inductionsapparat
den Zweck eines möglichst plötzlich verlaufenden Oeffnungsstromes im Auge hat, ist hier vielmehr
ein möglichst gleichmäſsiger, nicht zu rascher Verlauf der Schlieſsungs- und
Oeffnungsströme wünschenswerth. Daher besitzt der Apparat anstatt des
Eisendrahtbündels einen soliden Eisenkern, einen
weichen Cylinder von 16mm Durchmesser und 100mm Länge. Auf diesen Kern ist der inducirende
Draht von 0mm,8 Durchmesser in 6 Lagen von
zusammen etwa 522 Windungen aufgewunden. Das eine Drahtende steht in bekannter Weise
mit einem Neeff'schen Hammer in Verbindung, dessen Unterbrechungsstelle um der
Sicherheit des Schlusses willen durch einen verstellbaren Quecksilbernapf n mit eintauchender scharfer Platinspitze gebildet
wird. Zur Vermeidung der Quecksilberdämpfe wird ein wenig destillirtes Wasser auf
das Quecksilber gegossen. Die Platinspitze sitzt in gewöhnlicher Weise an einem
federnden Stiel, der zugleich ein Stückchen Eisen als Anker trägt. Die Feder führt
etwa 100 Schwingungen in der Secunde aus, entsprechend also einem 200maligen
Stromwechsel in der Secunde. Bewegt wird der eiserne Anker vermöge der Anziehung von
einem Fortsatz des Eisenkernes. Ein Schräubchen mit feinem Gewinde läſst den Abstand
des Ankers von dem eisernen Fortsatz verstellen. Als inducirte Spule sind dann über
den inneren Draht etwa 2800 Windungen eines gut mit Seide isolirten, 0mm,4 dicken Drahtes gewickelt, getrennt in zwei
Abtheilungen, die mittels einer Stöpsel Vorrichtung wie zwei galvanische Elemente
einzeln oder hinter oder neben einander verbunden als Erreger der Wechselströme
gebraucht werden können. Als galvanische Säule für den inducirten Strom eignen sich
etwa 2 kleine Bunsen'sche, oder 3 Daniell'sche oder 6 bis 8 Smee'sche Becher.
Elektrodynamometer als Strommesser. Den eben
beschriebenen Inductionsapparat kann man gerade so wie den Rotationsinductor mit dem
Dynamometer in der Brücke verbinden. Es ist hier auf eine Fehlerquelle bei solchen
Bestimmungen hinzuweisen. Wenn nämlich die beiden Dynamometerrollen nicht senkrecht
auf einander stehen, so induciren die Wechselströme der einen Rolle auf die andere,
was beträchtliche Fehler in der Messung nach sich ziehen kann. Die genau senkrechte
Stellung läſst sich übrigens mit den Wechselströmen leicht prüfen. Man schlieſst zu
dem Zwecke die eine Rolle durch den Inductor, die andere aber einfach in sich
selbst. In der richtigen gegenseitigen Stellung darf alsdann keine Ablenkung
erfolgen.
Für die Beobachtung dieser Wechselströme kann man dem Weber'schen Dynamometer eine
etwas handlichere Gestalt geben. Anstatt nämlich die Stromleitungen zu der
beweglichen Rolle durch zwei Aufhängedrähte zu vermitteln, welche immer eine
umständliche Aufhängung mit sich bringen, kann man sich auf einen Aufhängedraht
beschränken und die andere Leitung durch eine Elektrode erzielen, welche unten an
der Rolle angebracht ist und in ein Gefäſs mit Flüssigkeit (verdünnte Schwefelsäure) untertaucht.
Hierdurch entgeht man nicht nur der bifilaren Aufhängung, die manche Uebelstände,
auch in der Constanz der Einstellung, bietet, wenn die Drähte sehr nahe
zusammengelegt werden müssen, sondern man erzielt auch trotz dem ganz kurzen
Aufhängedraht eine gröſsere Empfindlichkeit des Instrumentes. Das Instrument wird
also leicht transportabel. Auch die Dämpfung der Schwingungen durch die Flüssigkeit
nimmt dem Dynamometer seine sonstige für die Beobachtung uubequeme Unruhe.
Kohlrausch hat die äuſsere feste Rolle aus zwei Hälften
zusammengesetzt, so daſs die innere Rolle viel leichter geworden ist und rascher
schwingt. Der Verlust an Empfindlichkeit durch die Durchbrechung des Multiplicators
läſst sich durch seine schmalere Gestalt wieder einbringen.
Bell's Telephon als Strommesser. Werden die
Wechselströme durch ein Telephon geführt, so tönt die angezogene Platte. Der
Sinusinductor bewirkt diese Töne verhältniſsmäſsig schwach. Die durch Unterbrechung
erzeugten Wechselströme aber verlaufen plötzlicher und das Telephon, in die Brücke
eingeschaltet, zeigt sich bei dem vorhin beschriebenen Inductionsapparat geeignet,
um sehr scharf zu beurtheilen, wann der Brückenstrom verschwindet. Unter günstigen
Bedingungen läſst sich das Entstehen eines Stromes schon hören, wenn zwei
Widerstände in den Verzweigungen um viel weniger als ein Tausendstel ungleich
gemacht werden. Da eine solche Empfindlichkeit für die meisten Zwecke genügt, so
haben wir also für die Wechselströme ein Prüfungsmittel, welches selbst die
gewöhnlichen Galvanoskope an Einfachheit übertrifft. Selbst für metallische
Widerstände, die nicht aufgespult sind, kann man die Wechselströme mit dem Telephon
vortheilhaft verwenden.Beobachtungen mit dem Telephon in der Brücke, wenn in einem Zweige eine
Flüssigkeitszelle eingeschaltet ist, hat schon Wietlisbach (1879) angestellt. Seine Wahrnehmung, daſs in diesem
Fall das Telephon durch keine Stellung des Contactes auf dem Meſsdraht zum
völligen Schweigen gebracht wird, hatte auch Kohlrausch unter Umständen, aber keineswegs unter allen, gemacht.
Sind die Elektroden gut platinirt, so lieſs schon bei einer Gröſse von
1000qmm das Verschwinden des Tones
nichts zu wünschen übrig. Auch bei blos metallischen Widerständen tritt
ähnliches auf. Im ersteren Falle ist die Polarisation, im zweiten jedenfalls
eine Selbstinduction von Drähten, welche nicht vollkommen bifilar aufgespult
sind, die Veranlassung, daſs der verschiedene Verlauf des Oeffnungs- und des
Schlieſsungsstromes das völlige Auslöschen des Tones
verhindert.
Stromverzweiger. Frühere Messungen wurden in der Weise
ausgeführt, daſs man den Rheostatenwiderstand, welchem der Flüssigkeitswiderstand
gleich war, aus zwei Beobachtungen des Dynamometerausschlages bei verschiedenen dem
gesuchten nahe gleichen Widerständen interpolirte. Wegen der an dem Dynamometer
fehlenden Dämpfung war dieses an sich schon empfehlenswerthe Verfahren auch das
bequemste. Bei dem Telephon nun fällt die Veranlassung und auch die Möglichkeit des
Interpolirens fort, woraus folgt, daſs hier dem Stöpselrheostaten eine
Widerstandsvorrichtung mit stetiger Aenderung, z.B. ein Schleifcontact in der
Wheatstone'schen Verzweigung, vorzuziehen ist. Dadurch wird zugleich der
kostspielige Widerstandssatz durch eine geringe Anzahl von Vergleichswiderständen
ersetzt. Nun hat man es bei Flüssigkeiten meistens mit ziemlich groſsen Widerständen
zu thun, also empfiehlt sich für die Messung auch in dem Verzweigungsdraht ein
gröſserer Widerstand als der auf den gewöhnlichen derartigen Vorrichtungen
gebrauchte. Beliebig dünn aber kann man den Draht wegen der Erwärmung und wegen des
unsicheren Contactes nicht anwenden; ein langer ausgespannter Draht bietet
andererseits groſse Unbequemlichkeiten.
Aus diesen Gründen hat Kohlrausch den Verzweigungsdraht
aufgewunden. Die so entstandene Brückenwalze B bewährt
sich als sehr bequem und scheint auch für andere Anwendungen Vorzüge vor dem gerade
gespannten Drahte zu besitzen. Die Walze besteht, um Temperaturänderungen rasch
auszugleichen, aus Serpentin. Dieselbe hat 45mm
Länge und 100mm Durchmesser. In die Cylinderfläche
ist in 10 Windungen eine Schraubenlinie leicht eingeschnitten, auf welche der
Meſsdraht (Neusilber 0mm,2 dick, 3m lang) aufgewunden ist. Der Gesammtwiderstand
dieses Drahtes beträgt etwa 25 Q. E. Als verstellbarer Contact dient wie bei dem
Siemens'schen Universalgalvanometer ein Röllchen. Dasselbe hat eine Bewegung auf
einem runden, der Cylinderachse parallel stehenden Stift s und wird mit diesem durch zwei Federn mit geeigneter Kraft gegen den
Walzendraht angedrückt. Vermöge einer feinen, auf den Umfang des Röllchens
eingeschnittenen Nuth folgt dasselbe den Bewegungen des Drahtes – so wie bei einer
bekannten älteren Jacobi'schen Rheostatenvorrichtung. Damit Thermoströme vermieden
werden, bestehen Röllchen und Achse aus Neusilber, welche Vorsicht für die
Wechselströme übrigens nicht nothwendig ist. Die Federn, welche die Achse des
Röllchens tragen, leiten zugleich den Strom von dem Röllchen weiter. Die beiden
Drahtenden auf der Walze stehen je mit einer messingenen Achse der Walze in
Verbindung, von welcher die Leitung zu den äuſsersten Klemmen geführt ist. Da nun
bekanntlich ein gewöhnliches Achsenlager keine sichere galvanische Verbindung
liefert, so wird die Ableitung von den Achsen durch einen Bürstencontact (wie bei
den modernen Inductionsmaschinen) aus 20 harten federnden Messingdrähten gebildet.
Diese Ableitung hat sich ausgezeichnet bewährt.
In dem hölzernen Fuſs des Instrumentes befinden sich die zur Vergleichung dienenden
vier Widerstände von 1, 10, 100, 1000 Q. E., und zwar zwischen den fünf mittleren
Messingklötzen, die durch Stöpsel verbunden werden können. Diese Auswahl von
Widerständen läſst für jeden zu messenden Widerstand zwischen 0,3 und 3000 Q. E. die
Möglichkeit zu,
stets einen Vergleichsdraht zu wählen, dessen Verhältniſs gegen den zu messenden
Widerstand im ungleichsten Falle 1 : √10 beträgt – ein für die genaue Vergleichung
noch recht günstiges Verhältniſs. Auſserhalb der genannten 5 Klötze stehen noch
zwei, an denen sich die äuſsersten Klemmen und die Leitungen von dem Walzendraht
befinden. Zwischen einen dieser Endklötze und seinen Nachbar schaltet man den zu
bestimmenden Widerstand und stöpselt auf der anderen Seite alles mit Ausnahme der
Widerstandsrolle, welche zur Vergleichung dienen soll. Galvanoskop oder Telephon
werden zwischen das Contactröllchen und den Klotz, an welchem der zu bestimmende
Widerstand hängt, mittels der betreffenden Klemmen eingeschaltet. Zur Elimination
von Ungleichheiten kann dies rechts oder links geschehen.
Widerstandsgefäſse. Als Gefäſse, welche die
Flüssigkeiten für die Widerstandsbestimmung aufnehmen, sind die in der Figur mit g bezeichneten in so fern vorzuziehen, als sie am
wenigsten Flüssigkeit bedürfen. Kohlrausch hat solche
Gefäſse jetzt mit Elektroden von 45mm Durchmesser
angewendet. Das Verbindungsrohr der beiden Trichter hat etwa 100mm Länge. Für verschiedene gut leitende
Flüssigkeiten sind natürlich verschiedene Weiten zweckmäſsig. Nimmt man für die
engste Röhre etwa 8mm lichten Durchmesser, so
geben die best leitenden Elektrolyte etwa 30 Q. E. Widerstand in dieser Röhre.
Verfügt man auſserdem über Rohrweiten von etwa 14 und 25mm, sowie für sehr schlecht leitende Flüssigkeiten noch über ein einfaches
gebogenes Rohr von 45mm Durchmesser, so wird man
allen Anforderungen genügt haben. Die Elektroden sind jetzt versuchsweise aus Silber
anstatt aus Platin hergestellt und gut platinirt. Die Stiele der Elektroden werden
in den Hartkautschukdeckeln festgeklemmt; Marken an den Gefäſswänden oder an den
Stielen selbst lassen die Tiefe des Eintauchens in die Gefäſse fixiren. Bei der
Messung, welche ja einer genauen Temperaturbestimmung bedarf, stehen die Gefäſse
natürlich in einem geeigneten Flüssigkeitsbade. Dabei werden sie von einem
Drahtgestell getragen. Wenn das Bad mit der Flamme geheizt wird, ist zur Vermeidung
heiſser Strömungen ein doppelter Boden erforderlich; am einfachsten durch ein in das
Bad gestelltes Tischchen aus durchbrochenem Blech oder Drahtnetz mit etwa 1cm hohen Füſsen gebildet.
Die Widerstandscapacität der Gefäſse ermittelt man dadurch, daſs man eine Flüssigkeit
von bekanntem Leitungsvermögen einfüllt und deren Widerstand bestimmt.
Es haben bei der Temperatur t das Leitungsvermögen K:
Wässerige Schwefelsäure von 30,4 Proc. H2SO4 und 1,224 sp.
G.
K = 0,00006914 + 0,00000113
(t – 18).
Gesättigte Kochsalzlösung von 26,4 Proc. NaCl und 1,201
sp. G.
K = 0,00002015 + 0,00000045
(t – 18);
Bittersalzlösung von 17,3 Proc. MgSO4 (wasserfrei) und 1,187 sp. G.
K = 0,00000456 + 0,00000012
(t – 18);
Essigsäure von 16,6 Proc. C2H4O2 und
1,022 sp. G.
K = 0,000000152 +
0,0000000027 (t – 18.).
Wenn die Flüssigkeit in dem Gefäſse einen Widerstand von W Q. E. zeigt, so ist die Widerstandscapacität des Gefäſses für
Quecksilber von 0° γ = W ×
K. Besitzt dann eine andere Flüssigkeit in dem Gefäſse den Widerstand w, so findet man ihr auf Quecksilber von 0° bezogenes
Leitungsvermögen k = γ :
w.