Titel: | Neuerungen an Dampfkesseln. |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 189 |
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Neuerungen an Dampfkesseln.
Mit Abbildungen.
(Patentklasse 13. Fortsetzung des Berichtes S. 107
d. Bd.)
Whage, über Neuerungen an Dampfkesseln.
Kessel mit Wasserröhren. (Tafel 13.)
In neuerer Zeit sehr verbreitet und für gewöhnlich auch wohl am zweckmäſsigsten sind
die in den mannigfaltigsten Anordnungen ausgeführten, aus gewöhnlichen
Cylinderkesseln und Wasserröhren zusammengesetzten Dampferzeuger. Sie haben vor den
Gliederkesseln (vgl. S. 11 und 108 d. Bd.) den Vorzug eines gröſseren Wasser- und
Dampfraumes, stellen
denselben aber hinsichtlich der Sicherheit bei hohen Spannungen im Allgemeinen nach.
Bei einigen der hierher gehörigen Constructionen, die auch noch den Gliederkesseln
zugezählt werden könnten, sind die Röhren unter sich nach Art der Gliederkessel
verbunden; bei anderen sind die Röhren in den Stirnwänden oder auch in den
Seitenwänden cylindrischer Kessel befestigt und bei einer Anzahl neuerdings sehr in
Aufnahme gekommener Anordnungen sind die Röhren in der Weise wie bei den alten
Albanischen Kesseln (vgl. 1849 112 * 1) zwischen zwei flachen Kasten angebracht.
Fast in allen Fällen sind die Röhren so angeordnet, daſs sie von den Heizgasen
gekreuzt werden, weil dann die Wärmeabgabe an die Röhren eine gröſsere ist, als wenn
letztere in der Längsrichtung von den Gasen umspült werden.
Zu der ersten Anordnung gehört der in Fig. 1 und
2 Taf. 13 dargestellte Kessel von A. Collet, L.
Ribourt und H. Giraldon in
Paris (* D. R. P. Nr. 2567 vom 7.
März 1878). Eine Anzahl über einander liegender, etwas gegen die
Horizontale geneigter Röhren A sind einerseits
geschlossen, andererseits in ein verticales Rohr B
eingesetzt; dieses ist unten geschlossen und mündet oben in den Kessel C. Um einen energischen Wasserumlauf herbeizuführen,
ist in jede Röhre A eine engere concentrische Röhre a, in B eine
halbcylindrische Scheidewand b und in C eine Mulde c in der aus
der Zeichnung ersichtlichen Weise eingelegt. Gewöhnlich sind mehrere Reihen solcher
Röhren A mit den zugehörigen Röhren B in C eingehängt. Die
Röhren A sind in die einseitig abgeplatteten Röhren B kegelförmig eingeschliffen und durch Anker, die sich
gegen die Scheidewand b stützen und gleichzeitig am
anderen Ende den Deckel halten, befestigt. Ein Verstopfen der Röhren ist wegen des
verhältniſsmäſsig groſsen Durchmessers und des lebhaften Wasserumlaufes nicht zu
befürchten. Das Auswechseln und Reinigen der Röhren ist leicht zu bewerkstelligen.
Der Schlamm kann sich in den unteren Enden der Röhren B
ablagern und von hier bequem entfernt werden. Es wird somit an der ganzen Anlage
wenig auszusetzen sein.
G. H. Pond und J. O. Bradford in
New-York (* D. R. P. Nr. 10603 vom 4.
Januar 1880) haben die an G. Hambruch in
Berlin (* D. R. P. Nr. 10020 vom 14.
Juni 1879) patentirte Verbindung von Wasser- und Feuerröhren (vgl. 1875
216 * 394) zur Herstellung von Röhrengruppen benutzt, welche, oben und unten durch
besondere Verschluſsköpfe vereinigt, in der in Fig. 3 Taf.
13 dargestellten Weise an einen Cylinderkessel angehängt sind. Die guſseisernen
Verschluſsköpfe (Fig. 4)
bestehen aus kugelförmigen, mit einander verbundenen und mit den passenden
Oeffnungen für die Röhren versehenen Zellen. In der Mitte haben die Köpfe Handlöcher
A, die groſs genug sind, um die Expansionshülse F (Fig. 5) zur
Dichtung der äuſseren Röhren einbringen zu können. Der Dorn G wird durch die Oeffnung J, welche die
innere Röhre aufzunehmen hat, eingeführt. – Es ist zu befürchten, daſs die engen,
zwischen Wasser- und Feuerröhren bleibenden Zwischenräume das Aufsteigen der
Dampfblasen erschweren und sich leicht verstopfen, um so mehr, als keine besondere
Vorrichtung zur Beförderung des Wasserumlaufes vorhanden ist.
Fig.
6 Taf. 13 zeigt einen hauptsächlich für kleine schnellgehende Dampfboote
bestimmten Kessel von H. Haedicke in
Berlin (* D. R. P. Nr. 2640 vom 24.
Februar 1878), bei welchem der Dampfraum nach unten verlegt ist. Auf
einem guſseisernen oder schmiedeisernen Kasten sind verticale Doppelröhren
aufgesetzt derart, daſs die äuſseren, oben geschlossenen Röhren in dem oberen Boden
des Kastens, die inneren, oben offenen Röhren in einem Zwischenboden desselben
befestigt sind. Letzterer theilt den ganzen Kasten in zwei Räume, von denen der
untere a der Dampfraum, der obere f der Wasserraum ist. Die äuſseren Röhren sind fast bis
obenhin gleichfalls mit Wasser gefüllt; die inneren leiten den Dampf von oben nach
unten. Der vordere Theil e der oberen Kammer ist durch
eine senkrechte Wand von dem übrigen Raum abgetrennt und nimmt eine Anzahl Röhren
g auf, welche, durch innere Röhren h mit dem Dampfraum verbunden, dazu dienen, den Dampf
zu trocknen, bezieh. zu überhitzen. Die Feuerung ist eine vorgelegte. – Wenn auch
eine Verankerung mittels durch die Röhren gehender Zugstangen vorhanden ist, so
erscheint doch der untere Kasten, zumal wenn aus Guſseisen hergestellt, für hohe
Dampfspannungen nicht sehr geeignet.
Der recht einfache aufrechte Kessel von Heinr. Stähler in
Haardt a. d. Sieg (* D. R. P. Nr.
7075 vom 9. April 1879) ist für Feuerung durch die Abhitze von Schweiſs-
und Puddelöfen bestimmt. Derselbe ist in Fig. 7 und
8 Taf. 13 dargestellt und besteht aus einem unteren und einem oberen
Cylinder, die mit den nöthigen Stutzen für die Armaturstücke versehen sind, ferner
aus einem mittleren engeren Cylinder und einem den letzteren umgebenden
Wasserröhrenkranz. Die Heizgase treten tangential an den unteren Cylinder und werden
durch eine an der Ummauerung angebrachte Zunge in Schlangenwindungen um den Kessel
herumgeführt, damit sie die Röhren möglichst in der Querrichtung umspülen. – Das
Auswechseln der Röhren könnte hier einige Schwierigkeiten machen.
Köbner und Kanty in Breslau (* D. R. P. Nr. 1856 vom 17.
Juli 1877) haben kurze, radiale, am äuſseren Ende geschlossene Röhren in den
aufrechten Kessel (Fig. 9 und
10 Taf. 13) eingesetzt. In jede dieser Röhren ist ein Blechstreifen
eingelegt, der zur Aufnahme des Kesselsteins dienen soll und von einem seitlichen
Mannloch des Kessels aus leicht ausgewechselt werden kann. Die Röhren müssen
jedenfalls gut befestigt
sein. Die Feuergase werden durch die Einmauerung gezwungen, zunächst an der
Vorderseite des Kessels aufwärts und dann an der Hinterseite abwärts zu strömen. Der
Schlamm kann sich auf dem unterhalb des Rostes auf Mauerwerk ruhenden Boden
ablagern, ohne daſs ein Durchbrennen des letzteren möglich ist.
Jos. Prégardien in Deutz baut sowohl liegende, wie
stehende Kessel mit Flammröhren, welche von einer groſsen Zahl paralleler Querröhren
durchsetzt werden (vgl. Fig. 11 bis
14 Taf. 13). Die Flammrohre haben da, wo die Röhren eingebaut sind, einen
viereckigen Querschnitt mit abgerundeten Ecken. Die beiden die Röhren aufnehmenden
Wände sind eben und nur durch die Röhren versteift; die beiden anderen Wände sind
aus Wellblech (vgl. * S. 25 d. Bd.) hergestellt, das jetzt auch in Deutschland beim
Kesselbau mehr Eingang zu gewinnen scheint. – Bezüglich der Festigkeit gibt diese
Form des Flammrohres doch zu Bedenken Anlaſs.
Ein nicht eingemauerter aufrechter Kessel von Prégardien (* D. R. P. Nr. 6257 vom 7. Januar 1879) ist
in Fig. 11 und 12
dargestellt. Die Verbrennungskammer A ist cylindrisch
und das sich an diese anschlieſsende Flammrohr von nahezu quadratischem
Querschnitte. Die cylindrische Kesselwand D läſst sich
behufs Reinigung der Röhren abschrauben und in die Höhe ziehen. Der Raum zwischen
D und dem Schutzmantel E wird mit schlechten Wärmeleitern ausgefüllt. Die Röhren sind zur
Erzielung einer Wasserströmung ein wenig gegen die Horizontale geneigt.
Bei dem in Fig. 13 und
14 gezeigten liegenden Prégardien'schen
Kessel (* D. R. P. Nr. 7421 vom 2. Mai 1879) münden die beiden cylindrischen, den
Rost enthaltenden Flammrohre a hinten in den
gemeinschaftlichen Röhrenkasten b von rechteckigem
Querschnitt. Die obere und untere, aus Wellblech hergestellte Wandung von b ist hier durch Flach- und T-Eisen noch versteift. Die
Röhren sind wie beim aufrechten Kessel etwas geneigt. Die Theile a und b lassen sich
ebenfalls mit der vorderen Stirnwand ausziehen. Die Dichtung an den Stellen, wo die
Theile mit einander verschraubt sind, ist durch Ringe von Gummi oder Asbest
hergestellt, welche in eingedrehte Nuthen eingelegt sind.
(Fortsetzung folgt.)