Titel: | Analysen- und Experimentirwage zu Vorlesungszwecken. |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 47 |
Download: | XML |
Analysen- und Experimentirwage zu
Vorlesungszwecken.
Mit einer Abbildung auf Tafel 6.
Rueprecht's Analysen- und Experimentirwage.
Diese in Fig. 3 Taf.
6 veranschaulichte Wage hat, auſser ihrer Verwendung im Laboratorium für technische
Analysen, den Zweck, die Gewichts Verhältnisse gasförmiger, tropfbar flüssiger und
fester Körper gröſseren Zuhörerkreisen direct zur Anschauung zu bringen. Versuche
haben gezeigt, daſs sie bei einer Belastung von 5k
eine Gewichtsdifferenz von 0g,01, d.h. den 500000
Theil der wägbaren Last, auf eine Entfernung von weit über 50m, selbst im schwach erleuchteten Hörsaal,
deutlich sichtbar macht. Die Wage ist so eingerichtet, daſs sie leicht und sicher
von einem Ort zum anderen gebracht, ohne Umstände aus einander genommen und wieder
zusammengestellt werden kann.
Die Säule, auf welcher der breite durchbrochene Wagebalken ruht, hat die Form eines
Obelisken und ist nach vier Seiten offen. Zur Horizontalstellung dienen vier an den
Ecken des Sockels angebrachte Stellschrauben. Das Excenter zur Arretirung des
Wagebalkens befindet sich innerhalb des Sockels, von dessen Mitte ein niedriger
Cylinder mit der Elfenbeinscale a sich erhebt, über
welcher die Zungenspitze spielt.
Um die aus einander genommene Wage zusammen zu stellen, lüftet man zunächst eine vorn
am oberen Ende der Säule befindliche messingene Kopfschraube, welche das vordere
Schildchen für das Lager der Wagebalkenschneide und hierdurch das Lager selbst
fixirt, und nimmt das letztere aus der Säule heraus. Dann führt man die Zunge b in das Innere der Säule ein, setzt den Balken auf
seine Ruhepunkte C, schiebt das Lager wieder unter
seine Schneide und befestigt dasselbe mittels der erwähnten Kopfschraube.
Zum Zweck einer schnellen Tarirung trägt der Wagebalken oben in seiner Mitte eine
verticale Schraube, auf welche sich eine Kugel o
schraubt. Von der letzteren erstreckt sich seitwärts ein horizontales Gewinde,
welches eine Mutter m aufnimmt. Die gröbere Tarirung
geschieht durch Umdrehung der genannten Kugel, die feinere Einstellung mit Hilfe der Mutter m. Diese Vorrichtung kann auch für die Verrückung des
Schwerpunktes in verticalem Sinne Verwendung finden.
Die bügelformigen Gehänge d lassen sich, wie aus der
Abbildung ersichtlich, auf die Prismen der Wagebalkenenden schnell ein- und
aushängen. Sie tragen unten einen kleinen horizontalen Stahlcylinder, dessen Achse
der Kante des darüber befindlichen Wagebalkenprismas parallel ist, mit einer scharf
eingedrehten und rein auspolirten Rinne, welche im achsialen Durchschnitte des
Cylinders einen Winkel von 90° darstellt. In dieser Rinne spielt die scharfe
Schneide der Hakenöse, an welcher die Schalen hängen. Die Schwingungen der
Wagschalen erfolgen daher rechtwinkelig zu denen der Gehänge – ein Umstand, welcher
zur Erhöhung der Empfindlichkeit und richtigen Wirkung dieser Wage wesentlich
beiträgt. Die Basis der Wagschalenbügel ist durch einen horizontalen Ring r von rechtwinkeligem Querschnitte und 16cm Oeffnung vertreten, auf welchem zwei tarirte
runde Spiegelglasplatten liegen.
In der vorstehenden Zusammenstellung ist das Instrument im Laboratorium verwendbar.
Soll es auch zu Vorlesungsversuchen dienen, so wird es auf einen viereckigen
hölzernen Untersatz A gestellt, welcher mit drei Füſsen
auf dem Arbeitstisch ruht. Auf der dem Lehrsaal zugekehrten Seite des Untersatzes
ist auf eine weiſse Papierfläche ein spitzer Winkel x
gezeichnet, die Spitze nach oben gekehrt, dessen breite schwarzen Schenkel weithin
sichtbar sind. Der gleiche Winkel y, die Spitze nach
unten gerichtet, befindet sich am Rande eines Dreieckes von starkem weiſsem Papier,
welches an einen von der Zunge der Wage seitwärts abgebogenen Metallbügel befestigt
ist und als Verlängerung der Zunge betrachtet werden kann. Beide Winkel bilden in
der Gleichgewichtslage eine scharf markirte römische „Χ“. Die kleinste Abweichung der Wage aus der Gleichgewichtslage
macht sich nun durch die Verzerrung dieser Figur sofort weithin bemerkbar. Zur
Ausgleichung der Schwerpunkts Verschiebung in Folge jener Zungen Verlängerung dient
der oberhalb des Balkens aufzuschraubende Messingknopf s.
Zur experimentellen Darstellung der Gewichtsverhältnisse der Gase gegenüber der Luft
dienen zwei gleich schwere Glascylinder B von 2l Inhalt, welche man für Eingieſsen schwererer
Gase als Luft in die Ringe der Wagschalen, mit dem offenen Ende nach oben, einhängt,
während man dieselben zum Auffangen der in der Luft aufsteigenden Gase, mit dem
offenen Ende nach abwärts gekehrt, auf die flachen Ringe der Wagschalen aufstellt.
Um z.B. die Gewichtszunahme von Eisenfeilspänen in Folge der durch Erhitzung
hervorgerufenen Oxydation zu zeigen, werden zwei gleich schwere Hufeisenmagnete ohne
Anker an den zwei Haken g aufgehängt, mit Eisenfeile
gesättigt und ins Gleichgewicht gestellt. Die Wage senkt sich dann merklich nach der
Seite, auf welcher man die Eisenfeile mit einer Spirituslampe leicht erhitzt.
Eine für Vorlesungsversuche eingerichtete Wage sammt Untergestell liefert Rueprecht's mechanisches Atelier (Wien, IV
Favoritenstrasse Nr. 25) für den Preis von 100 fl., mit Nebenapparaten für 122 fl.
ö. W.