Titel: | Ueber den Antimon-Zinnober; von Nicolae Teclu. |
Autor: | Nicolä Teclu |
Fundstelle: | Band 236, Jahrgang 1880, S. 336 |
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Ueber den Antimon-Zinnober; von Nicolae
Teclu.
Mit einer Abbildung.
Teclu, über den Antimon-Zinnober.
Die Ansichten über die Zusammensetzung des Antimonzinnobers sind trotz mannigfaltiger
Untersuchungen über diese Verbindung noch nicht übereinstimmend geworden. Man findet
in Handbüchern, welche in jüngster Zeit erschienen sind, wie z.B. in dem
Handwörterbuche der Chemie, in dem ausführlichen Lehrbuche von Roscoe und Schorlemmer den
Antimonzinnober unter den Oxysulfiden des Antimons aufgeführt, während die letzte
von Ackermann ausgeführte Untersuchung ihn als
Antimontrisulfid gekennzeichnet hatte. Ueberhaupt sind im Laufe der Zeit aus
verschiedenen Untersuchungen Resultate hervorgegangen, welche ein Mal auf ein
Oxysulfid, das andere Mal auf reines Trisulfid des Antimons, endlich auf ein Gemenge
von Trisulfid mit Oxyd oder Oxychlorid dieses Metalles hindeuten.
Bodo UngerPharmaceutisches Centralblatt, 1849 S.
713.entdeckte zuerst, daſs durch Einwirkung von unterschwefligsaurem
Natron auf Chlorantimon ein rother Niederschlag entsteht. PettenkoferPharmaceutisches Centralblatt, 1849 S.
713.verfolgte vom J. 1846 an diese Reaction und fand, daſs das
Product beim Erhitzen Chlorantimon abgibt, während ein Gemenge von Schwefelantimon
und Antimonoxyd zurückbleibt. StrohlPharmaceutisches Centralblatt, 1849 S.
713.nannte zuerst den aus Chlorantimon und unterschwefligsaurem
Natron erhaltenen Körper Antimonzinnober und schrieb ihm die Formel Sb2S3 + Sb2O3 zu. E. Mathieu-PlessyChemisch-pharmaceutisches Centralblatt, 1855 S.
905.gibt ein Verfahren zur Bereitung des Antimonzinnobers im
groſsen Maſsstabe an; er wäscht den bei der Einwirkung von Chlorantimon auf
unterschwefligsaures Natron entstehenden Niederschlag mit verdünnter Salzsäure und
findet bei der Analyse des so gereinigten Präparates die Zusammensetzung des
dreifach Schwefelantimons, das eine geringe Menge (etwa 1 Proc.) hygroskopisches
Wasser enthält. RieckherWagner's Jahresbericht, 1856 S.
389.sieht gleichfalls nach seinen Untersuchungen den Antimonzinnober als
Antimontrisulfid an. Rud.
v. WagnerWagner's Jahresbericht, 1858 S. 235.hat später den
Antimonzinnober aus Brechweinstein, Weinsäure und unterschwefligsaurem Natron in
wässeriger Lösung dargestellt und gefunden, daſs dem so bereiteten Präparate die
Zusammensetzung des Rothspieſsglanzerzes, nämlich 2Sb2S3 + Sb2O3 zukommt. Emil KoppChemisches Centralblatt, 1859 S.
945.schlägt vor, den Antimonzinnober aus rohem Chlorantimon und
unterschwefligsaurem Kalk zu bereiten und durch Behandeln mit verdünnter Salzsäure
zu reinigen; über die Zusammensetzung des so erhaltenen Präparates macht er keine
Angaben. AckermannWagner's Jahresbericht, 1862 S. 330 und
331.hat den Antimonzinnober durch Einwirkung von unterschwefligsaurem
Natron auf Chlorantimon dargestellt, durch Extraction mit verdünnter Salzsäure das
mechanisch beigemengte Antimonoxychlorid entfernt und durch Waschen des getrockneten
Pulvers mit Terpentinöl und Aether den freien Schwefel ausgezogen. Die so gereinigte
Verbindung ergab bei der Analyse Zahlen, welche dem dreifach Schwefelantimon
entsprechen. Dem gegenüber hält Rud. v. WagnerWagner's Jahresbericht, 1862 S. 330 und
331.die Resultate seiner Analyse aufrecht, nach welcher der
Antimonzinnober ein Oxysulfid ist.
Bei dieser Sachlage schien es mir immerhin wünschenswerth, daſs eine neue sorgfältige
Untersuchung des Antimonzinnobers ausgeführt werde und dies besonders deshalb, um zu
entscheiden, ob das nach der Angabe von Rud. v. Wagner
aus Brechweinstein dargestellte Präparat in seiner Zusammensetzung verschieden sei
von dem aus Chlorantimon erhaltenen, oder nicht. Zu diesem Zwecke wurden zunächst
Präparate hergestellt, einerseits aus Brechweinstein, andererseits aus dreifach
Chlorantimon. Im ersten Falle wurde genau nach der von Wagner gegebenen Vorschrift verfahren, wonach eine Lösung von 4 Th.
Brechweinstein und 3 Th. Weinsäure in 18 Th. Wasser bei 60° mit einer Auflösung von
unterschwefligsaurem Natron gemengt und auf etwa 90° erhitzt wird. Im zweiten Falle
wurden nach Mathieu-Plessy 4 Vol. Chlorantimonlösung
von 1,19 sp. G. mit 10 Vol. Wasser und 10 Vol. einer Lösung von unterschwefligsaurem
Natron von 1,19 sp. G. gemischt und ganz allmählich auf etwa 55° erwärmt. Die in
beiden Fällen abgeschiedenen Niederschläge wurden andauernd mit Wasser gewaschen,
bis dasselbe nichts mehr auflöste, sodann getrocknet. Das aus Brechweinstein
erhaltene Präparat enthielt eine geringe Menge von freiem Schwefel beigemengt,
welcher durch Schwefelkohlenstoff entfernt werden konnte; das aus dem Chlorantimon
dargestellte Präparat enthielt neben freiem Schwefel noch wechselnde Mengen von
Antimonoxychlorid, die durch Behandeln mit einer warmen Lösung von saurem weinsauren
Kalium extrahirt wurden.
Die gereinigten Präparate wurden, bevor sie zur Analyse kamen, bei 100° bis zum
constanten Gewichte getrocknet; dabei konnte regelmäſsig beobachtet werden, daſs die
Farbe des Präparates beim Erwärmen sich ändert, indem das ursprüngliche Roth
allmählich in Grau und Braun übergeht; beim Abkühlen stellt sich aber nach und nach
das feurige Roth vollkommen wieder her. Dieselben Erscheinungen treten auch auf bei
Behandlung des Präparates mit kochendem Wasser auf. Die quantitative Bestimmung des
Antimons und Schwefels wurde stets mit besonderen Mengen des Präparates ausgeführt,
das Antimon durch Oxydation mit brauner Salpetersäure und Glühen des Rückstandes im
Porzellantiegel bis zum constanten Gewichte bestimmt, der Schwefel entweder durch
Oxydiren mit Brom in alkalischer Lösung und Fällen der mit Salzsäure angesäuerten
Flüssigkeit mit Chlorbarium bestimmt, oder es wurde der Antimonzinnober im
Chlorstrome zersetzt nach dem Verfahren von Berzelius
und H. Rose unter Anwendung der von L. SipöczVgl. über Miargyrit und Kenngottit in Tschermak's Mineralogischen
Mittheilungen, 1877 Heft 2.angegebenen Modification. Die
Versuche, den bei dieser Methode verwendeten Apparat zu vereinfachen, ergaben, daſs
bei Benutzung der nachstehend veranschaulichten Einrichtung selbst bei vollem Gang
des Chlorstromes nicht die geringste Menge von den bei solchen Bestimmungen
auftretenden weiſsen Nebeln der Absorption entgehen. A
ist ein Kolben, durch dessen doppelt durchbohrten Pfropfen ein Trichterrohr und ein
T-Rohr eingepaſst sind und in welchem aus Braunstein und Salzsäure Chlor entwickelt
wird. Das Chlor kann durch das T-Rohr einerseits in das mit Natronlauge gefüllte
Gefäſs B, andererseits nach C gelangen, in dessen beiden Röhren sich Glasperlen befinden, die mit
concentrirter Schwefelsäure benetzt sind. Das in C
getrocknete Chlor gelangt dann in die aus schwer schmelzbarem Glase gefertigte Röhre
E, welche in einem Porzellanschiffchen die zu
analysirende Substanz enthält; der Hahn D gestattet die
Regulirung des Chlorstromes. Die gebildeten Zersetzungsproducte kommen endlich in
den Absorptionsapparat N, der mit einer Auflösung von
Weinsäure in Salzsäure theilweise gefüllt ist. Der Schenkel M enthält Glasperlen, über welche aus dem kleinen Tropfapparate R die Lösung von Weinsäure in Salzsäure
herabrieselt.
Textabbildung Bd. 236, S. 338
Um die Oxydation mit Brom zu bewerkstelligen, wurde eine gewogene Menge des
Präparates in concentrirter Kalilauge gelöst, hierauf Seignettsalz und dann reines
Brom tropfenweise zugesetzt, bis letzteres im Ueberschusse vorhanden war; die mit
Salzsäure angesäuerte Flüssigkeit wurde nun durch Erhitzen vom überschüssigen Brom
befreit und mit
Chlorbarium gefällt; der schwefelsaure Baryt wurde durch Decantation mit heiſsem
Wasser, dem etwas Salzsäure zugesetzt war, gereinigt und, nachdem er, vom Filter
möglichst getrennt, geglüht war, mit verdünnter Salzsäure extrahirt. Die Analysen 4
und 6 wurden unter Anwendung von Brom durchgeführt. Die Analysen haben folgende
Resultate geliefert:
A) Präparate aus Brechweinstein.
1) 1g,0444
Antimonzinnober
gaben
0g,9419
antimonsaures
Antimonoxyd
2) 0g,6562
„
„
0g,5943
„
„
3) 0g,3629
„
„
0g,7466
schwefelsauren
Baryt
4) 0g,7116
„
„
1g,4431
„
„
B) Präparate aus Chlorantimon.
5) 0g,8155
Antimonzinnober
gaben
0g,7299
antimonsaures
Antimonoxyd
6) 0g,6658
„
„
1g,3453
schwefelsauren
Baryt
Diese Zahlen führen zu der Schluſsfolgerung, daſs der
Antimonzinnober nur Antimon und Schwefel enthält und daſs ihm die Zusammensetzung
des dreifach Schwefelantimons zukommt, wie die folgende Zusammensetzung zeigt:
Berechnet
Gefunden
1
2
3
4
5
6
Sb2 244 = 71,76 Proc.
71,45
71,75
–
–
70,90
–
S3 96 = 28,24 „
–
–
28,25
27,85
–
27,76.
Die Bildung des Antimonzinnobers geht nach folgenden Reactionsgleichungen vor
sich:
I) 2 C4H4KSbO7
+ 3 S2O3.Na2 + H2O
= Sb2S3 +
3 SO4Na2 +
2 C4H5KO6
Brech-weinstein
Unter-schwef Natron
Antimon-zinnober
Natrium-sulfat
Weinstein
II) 2 SbCl3 +
3 S2O3Na2 + 3 H2O =
Sb2S3 +
3 SO4Na2 + 6
ClH.
Das Auftreten der schwefligen Säure, welches man jedesmal bei der Darstellung des
Antimonzinnobers beobachten kann, und die Gegenwart von freiem Schwefel in dem
Schwefelkohlenstoff-Extracte der Präparate deuten auf den gleichzeitigen Vorgang
eines Nebenprocesses, welcher in der Zersetzung des unterschwefligsauren Natrons
durch Weinsäure bezieh. Salzsäure besteht.
Der Antimonzinnober stellt unter dem Mikroskope kleine, gleichartig aussehende
Körnchen dar, an denen sich keine krystallinische Structur nachweisen läſst;
Versuche, in denen die Antimonlösung und das unterschwefligsaure Salz durch eine
Membran getrennt waren, wobei also die beiden Reagentien nur sehr allmählich auf
einander wirken konnten, ergaben auch nur Präparate, an denen sich eine
krystallinische Structur nicht erkennen lieſs.
Der prächtige, feurige Farbenton des Antimonzinnobers, sowie dessen Beständigkeit
gegen Licht, Luft und Feuchtigkeit, ferner seine Beständigkeit beim Mischen mit
vielen als Farben verwendeten Metallverbindungen weisen diesem Präparate einen Platz
unter den brauchbarsten Malerfarben für Oel- und Aquarellmalerei an. Für Fresco- und
Wasserglasmalerei
ist dagegen der Antimonzinnober absolut nicht verwendbar, weil er durch Alkalien
sehr leicht zersetzt wird. Wien, im März 1880.