Titel: | Neuerungen in der Construction von Dampfmaschinen. |
Fundstelle: | Band 236, Jahrgang 1880, S. 276 |
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Neuerungen in der Construction von
Dampfmaschinen.
Mit Abbildungen auf Tafel 24.
Renard und Raze's Neuerungen an Dampfmaschinen.
J. F.
Renard Sohn und P. J. Raze in
Lüttich bezieh. Esneux (* D. R. P.
Kl. 14 Nr. 6857 vom 20. Februar 1879) haben eine Dampfmaschine patentirt,
bei welcher der einseitige Dampfdruck auf den Cylinder und die damit verbundenen
Erschütterungen des Gestelles vermieden werden sollen.
Zur Erreichung dieses Zweckes kommen zwei offene Dampfcylinder je mit Doppelkolben
und zwei gekuppelte Betriebswellen in Verwendung (vgl. Fig. 6 bis
9 Taf. 24). Die gleichzeitig als Führungen dienenden langen Kolben sind
durch die Pleuelstangen direct mit den Kurbelkröpfungen der Antriebwellen verbunden
und an die Schwungradarme ist eine Kuppelstange angebolzt, welche die
Arbeitsleistungen der beiden Treibcylinder vereinigt und die Kolbenbewegung
regulirt. Zur Abschwächung der Beanspruchung dieser Stange ist noch ein Riemen über
die beiden Schwungräder gelegt.
Die Steuerung, in Form eines rotirenden Wilson-Hahnes, welcher durch Kegelräder und
Kurbelscheibe von der Kuppelstange bethätigt wird, liegt zwischen den Cylindern.
Die Wirkungsweise der Maschine ist eine sehr einfache: Der Dampf tritt aus dem mit
Kanälen versehenen Hahn zwischen die beiden Kolben eines Cylinders und zwingt sie zu
einer entgegengesetzten Bewegung; dieselbe wird durch die an die Kolben angelenkten
Pleuelstangen auf die Kurbeln der zweifach gekröpften Schwungradwellen übertragen
und versetzt dieselben in Umdrehung. Die Kurbelkröpfungen je einer Welle sind unter
einem Winkel von 180° gestellt, so daſs sich die Kolben des einen Cylinders von
einander entfernen, während sich die des andern einander nähern. Der Steuerhahn ist dann so
gestellt, daſs der von unten in denselben eintretende frische Dampf durch die
Hahnkammer in den treibenden Cylinder gelangt und der gebrauchte Dampf durch eine
andere sich etwas erweiternde Kammer im Kegel in das Ausströmungsrohr entweichen
kann.
Damit ein Aufsteigen des Steuerhahnes vermieden wird, ist derselbe durch ein Gewicht
belastet, welches mittels Stahldorn den Kegel niederhält.
Wie aus der Zeichnung ersichtlich ist, macht der Hahnschieber bei jedesmaliger
Umdrehung der Maschine ebenfalls eine Umdrehung und wechselt die Dampfwege; es kommt
dann ganz auf die relative Stellung des Schiebers zu den Kolbenstellungen an, welche
Füllung man erreichen will; kurz es ist auch jede beliebige Füllung möglich. Soll
die Maschine zum Vorwärts- und Rückwärtsgang befähigt sein, so wird die Verbindung
der beiden Antriebwellen durch Zahnräder anstatt durch Kuppelstange hergestellt; der
Drehschieber erhält dann durch diese und ein verstellbares Vorgelege seine
Bewegung.