Titel: | Zur Herstellung und Verwendung von Leuchtgas. |
Fundstelle: | Band 236, Jahrgang 1880, S. 42 |
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Zur Herstellung und Verwendung von Leuchtgas.
(Fortsetzung des Berichtes von Bd. 235 S.
208.)
Mit Abbildungen auf Tafel 6 und 16.
Zur Herstellung und Verwendung von Leuchtgas.
Retortenofen mit Regenerativfeuerung. Für die Stadt
Beziers ist ein Ofen mit 8 Retorten nach dem System Lencauchez gebaut worden, welcher nach dem Moniteur industriel, 1879 S. 513 in Fig. 1 und
2 Taf. 6 in zwei Schnitten dargestellt ist. Das im Generator G dargestellte Gas tritt durch die beiden Kanäle C in den Ofen und trifft da an der Mündung mit der von
H aus in den Zwischenräumen der heiſsen Röhren F aufsteigenden und hier vorgewärmten, durch die Kanäle
D in den Ofen eintretenden Luft zusammen. Die
Feuergase umspülen die
Retorten A in der Pfeilrichtung und gehen dann durch
den Kanal B und das Röhrensystem F in den Schornstein.
Die Wärme der abziehenden Rauchgase wird hier offenbar sehr gut ausgenutzt, die
Mischung des Gases mit der erhitzten Luft ist aber weniger gut als bei den Schilling'schen Oefen (* 1880 235 209).
Retortenofen. F. Tonnar in
Dülken (* D. R. P. Nr. 1484 vom 15.
Juli 1877) will die Generatorgase durch die Hinterwand der Retortenöfen
in den Retortenraum einführen (Fig. 3 bis
8 Taf. 16). Die Rostthür d des Generators
A mit Aschenkasten a
und Rostträger b hat eine Klappe e, um bei Betriebsunterbrechungen den Aschenkasten zu
verschlieſsen und die Verbrennung zu hemmen. Der Füllkasten f ist so eingerichtet, daſs der Deckel g mit
einer Achse h (Fig. 3)
verbunden ist, deren Triebrädchen i in den
Zahnausschnitt k eingreift, an welchem der Hebel l befestigt ist. Soll Brennstoff aufgegeben werden, so
tritt man mit dem Fuſse auf den Hebel l, so daſs sich
der Deckel öffnet, und schüttet die Kohlen ein, welche zunächst auf der Klappe m liegen bleiben, bis dieselbe mittels des Hebels n geöffnet wird, um so zu verhüten, daſs die Gase den
bedienenden Arbeiter belästigen.
Das Generatorgas tritt nun in den kurzen Kanal o,
welcher sich bei p als schmaler Schlitz verengt; die in
der Vorderwand des Retortenofens B anfangenden
Luftkanäle q mit den Regulirklappen r gehen unter der Sohle des Ofens hindurch, dann in die
Höhe und münden als kleine Oeffnungen s in den Schlitz
p, um mit dem Generatorgase gemischt mit langer
Flamme in den mit Schaulöchern w versehenen
Retortenofen einzutreten. Die Flamme vertheilt sich durch den ganzen Ofen und tritt
durch die Oeffnungen t unter die seitlichen unteren
Retorten, um durch die Schieber u in den Hauptkanal v und zum Schornstein zu gelangen.
Soll der Rost von Schlacken gereinigt werden, so stöſst man bei x runde zugespitzte Stäbe durch die glühenden Kokes,
wodurch ein Nothrost gebildet wird, und nimmt die Roststäbe heraus, so daſs die
Schlacken leicht entfernt werden können. Nachdem dies geschehen, legt man die
Roststäbe wieder ein und zieht die Nothstäbe heraus.
Retortenfeuerung von G. A. F. Liegel in
Stralsund (* D. R. P. Nr. 31 vom 6.
Juli 1877). Als Ergänzung der früheren Mittheilungen (* 1877 223 482)
möge mit Hilfe der Fig. 9 bis
11 Taf. 6 die Feuerung eines Gasofens mit 8 Retorten eingehender
besprochen werden.
Unter den bis auf eine Mauersteinlänge ganz durch den Ofen hindurchreichenden
Retorten befindet sich der Feuerungsraum ab, dessen
untere Hälfte a den Raum (Generator) für Aufnahme der
Kokes, dessen obere Hälfte b den Raum für die
Verbrennung des gebildeten Kohlenoxydes zu Kohlensäure bildet. Der Feuerungsraum,
durchweg aus kleinen Steinen treppenförmig gemauert, erweitert sich von oben nach
unten allmählich bis
auf etwa ¾ seiner ganzen Höhe; im letzten Viertel zieht er sich hingegen schnell
zusammen und endet in einem langen, schmalen horizontalen Schlitze c, durch welchen die zum Vergasen der Kokes
erforderliche Luft einzieht. Die Verbrennung des gebildeten Kohlenoxydes zu
Kohlensäure erfolgt durch oberhalb der Brennschicht einströmende frische Luft,
welche durch die mit Stellschieber g versehenen
Eingangslöcher d eintritt, den Kanälen e entlang zieht und durch die Löcher f in den Regenerationsraum ausmündet. Die Feuergase
verlassen den Ofen durch die Vorderzüge y und
Hinterzüge z und ziehen in den Rauchkanal h. Die Füllung des Generators geschieht vom Flur x des Retortenhauses aus durch den Tassenrahmen i mit Wasserverschluſsdeckel. Die durch den Schlitz
fallenden Kokes- und Schlackentheile, sowie die Asche gelangen auf den Hilfsrost k, woselbst die ersteren verbrennen, die zweiten mit
einem Schürhaken in den Aschenkasten l gerissen werden
und die letztere durch die Rostspalten in eben diesen Kasten fällt. Links und rechts
vom Rost sind zwei Einbauten n, die mit den
Seitenmauern fest verbunden sind und einen Raum m
zwischen sich und diesen Mauern offen lassen, durch welchen seitlich Luft in die
Höhe und in den Schlitz zieht. Die mittelste dem Feuer zunächst ausgesetzte Retorte
ruht auf einer geschlossenen Unterlage o aus Platten,
welche durch die Bogen p getragen werden.
Fig.
12 bis 16 Taf. 6
zeigen einen Gasofen mit Theerheizung. Der auf einem Untergestell b stehende Kasten a von
Holz oder Blech wird voll Theer gehalten, welcher durch eine Dampfschlange c vorgewärmt wird. In einer Ecke ist ein dreieckiger
Raum durch ein Sieb d abgetrennt, in welchem sich, wie
die Draufsicht Fig. 14
andeutet, eine kleinere Dampfschlange e mit sehr vielen
Windungen zur stärkeren Erhitzung des Theeres befindet. Der durch den Absperrhahn
g des gebogenen Rohres f abflieſsende Theer ergieſst sich in den Trichter h mit hydraulischem Verschluſs k und von hier
durch das Rohr i und das Loch e in den Verbrennungsraum m, schlägt dabei
auf die Sohle n, wo er eine schaumige, kokesartige
Masse bildet, von welcher von Zeit zu Zeit mittels eines Hakens die Bank o vollgezogen wird. Die Verbrennungsluft zieht durch
eine lange und schmale Oeffnung in die Thür p über die
Theerkoke hinweg, verbrennt diese und gelangt so in erhitztem Zustande in den
eigentlichen Verbrennungsraum m, um hier den Theer
rauchlos zu verbrennen. Der Luftzutritt wird durch einen mittels Schrauben
stellbaren Schieber q in der Thür p geregelt.
Verhütung von Theerverdickungen. Zur Beseitigung von
Theerverdickungen in der Vorlage muſs man nach A. Klönne in
Dortmund (D. R. P. Nr. 6784 vom 25.
Februar 1879) möglichst viel Condensationsproducte von leichterem
specifischem Gewicht durch dieselbe hindurchleiten. Entweder werden diese aus der
Theergrube in die Vorlage
gepumpt, oder aber es wird das Rohgas durch höher als die Vorlage gelegte
Condensationsapparate geleitet, so daſs die verdichteten Flüssigkeiten von selbst
durch die Vorlage flieſsen und diese spülen können. Um ferner ein möglichst reiches
Leuchtgas zu bekommen, empfiehlt es sich, die Vorlage warm zu legen.
Theerbestandtheile. Nach einer Mittheilung von Rütgers in der Chemischen
Industrie, 1879 S. 282 werden aus 100k
Theer der Berliner städtischen Gasanstalten durchschnittlich gewonnen:
Benzol und Toluol zur Anilinfabrikation
0,80k
Die übrigen wasserhellen Oele, Toluol, Cumol
0,60
Krystallisirte Carbolsäure
0,20
Cresol u. dgl. zur Desinfection
0,30
Naphtalin
3,70
Anthracen (rein)
0,20
Schweres Oel zur Holzimprägnirung
24,00
Steinkohlenpech zu Asphalt und Briquettes
55,00
Wasser und Verlust
15,20
––––––
100,00.
Bei der Gasfabrikation werden als Nebenproduct im Durchschnitt 5 Proc. Theer
gewonnen. In den verschiedenen städtischen Gasanstalten Berlins werden jährlich etwa
300 Mill. Kilogramm Kohlen destillirt, demnach etwa 15 Mill. Kilogramm Theer
gewonnen. Für die Qualität des Theeres ist hauptsächlich der Ursprung der Kohlen
maſsgebend. Von den deutschen Kohlensorten geben die oberschlesischen den besten
Theer, während die westfälische Gaskohle nur einen geringwerthigen Theer
liefert.
(Forts. folgt.)