Titel: | Analyse einer alten Bronze und deren Patina; von J. Schuler. |
Autor: | J. Schuler |
Fundstelle: | Band 232, Jahrgang 1879, S. 333 |
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Analyse einer alten Bronze und deren Patina; von
J. Schuler.
Schuler's Analyse einer alten Bronze und deren Patina.
Die Gegenstände, welche vorliegender Untersuchung dienten, verdankte ich Hrn. Hofrath
Prof. Dr. F. v. Hochstetter; dieselben waren
Bruchstücke von Bronzeringen, die von der prähistorischen Feste Grad bei St.
Michael, unweit Adelsberg in Steiermark, stammen.
Die Patina. Die mit einer höchstens 3mm dicken Schicht von Patina bedeckten Stücke der
Bronzegegenstände zeigten äuſserlich eine graue Schicht, welche ohne scharfe
Trennung in eine lichtgrünliche, zerreibliche Schicht von 2mm Dicke überging. Die äuſserste graue Hülle wurde
möglichst vollständig und vorsichtig abgeschabt. Die qualitative Analyse derselben
ergab: Kieselsäure (diese in bedeutenden Mengen), Eisenoxyd, Thonerde, Kalk,
Magnesia, etwas Natrium, Wasser, endlich geringe Mengen von Ammoniak, Kupferoxyd und
Zinnoxyd. Die beiden letzteren Bestandtheile der grauen Schicht, welche – nach ihrem
Aussehen, sowie ihren Bestandtheilen zu schlieſsen – nur anhaftende Erde ist, sind
derselben nicht wesentlich und rühren von der zweiten Schicht her, von welcher eine
mechanische Trennung nur sehr unvollkommen bewirkt werden kann. Die lichtgrünliche
Schicht, die der Legirung unmittelbar aufsitzt, wurde durch Abklopfen getrennt,
wobei sie absprang, ein Mitablösen von Theilchen der Bronze hingegen verhütet wurde.
Diese Substanz, zerrieben von weiſslich grüner Farbe, ist zum gröſsten Theil in
Salzsäure löslich. Der unlösliche Antheil zeigte mit Ausnahme von Wasser, Ammoniak,
Kupferoxyd und Zinnoxyd dieselben Bestandtheile wie die graue erdige Schicht. Der in
Salzsäure lösliche
Theil enthielt: Kupferoxyd, Zinnoxyd, Bleioxyd, Eisenoxyd, Wasser, Kohlensäure,
geringe Mengen Kieselsäure und organischer Substanzen, Spuren von Kalk, Magnesia,
Ammoniak und Phosphorsäure.
Zur Vorbereitung für die quantitative Analyse wurde die lufttrockene Patina über
Schwefelsäure im Vacuum getrocknet, wobei sich, nachdem nach 36stündigem Stehen über
Schwefelsäure Gewichtsconstanz eingetreten war, ein Gewichtsverlust von 9,44 Proc.
ergab. Die Untersuchung selbst wurde in folgender Weise durchgeführt. Die mit
Salzsäure digerirte Patina wurde zur Trockne eingedampft, um etwa löslich gewordene
Kieselsäure abzuscheiden und mit dem unlöslichen Rückstand vereint zu wiegen. Die
trockene Masse wurde mit Wasser unter Zusatz von Salzsäure digerirt und hierauf von
dem unlöslichen Theil abfiltrirt. Im Filtrat wurden Kupfer, Blei und Zinn mit
Schwefelwasserstoff als Sulfide niedergeschlagen, während Eisen und Aluminium in
Lösung blieben. Die abfiltrirten Sulfide wurden mit Schwefelnatriumlösung digerirt,
wobei Schwefelzinn in Lösung ging, Schwefelkupfer und Schwefelblei zurückblieben.
Aus der Schwefelnatriumlösung wurde das Zinnsulfid mit Essigsäure gefällt,
abfiltrirt, in Zinnoxyd übergeführt und als solches gewogen. Kupfer und Bleisulfid
wurden in Salpetersäure gelöst, das Blei mit Schwefelsäure abgeschieden und als
Sulfat gewogen. Das Kupfer wurde als Sulfür, Eisen und Aluminium als Oxyde bestimmt.
Die Kohlensäure wurde durch Freimachen mit Salzsäure und Auffangen im Liebig'schen
Kaliapparat bestimmt. Ferner wurde die Patina einer Elementaranalyse unterworfen;
hierbei ergaben sich die in derselben vorhandenen Mengen von Wasser und Kohlensäure,
vermehrt um jene Mengen dieser beiden Verbindungen, welche durch die Verbrennung der
organischen Substanz und des Ammoniaks der Patina gebildet werden. Die durch diese
Bestimmungen erhaltenen Zahlen sind folgende:
Zinnoxyd
49,13 Proc.
Kupferoxyd
22,46
Bleioxyd
3,53
Eisenoxyd und Aluminiumoxyd
1,75
Kieselsäure und Unlosliches
6,16
Direct bestimmte Kohlensäure
6,35
Durch Elementaranalyse gefundene Kohlensäure
9,15
Durch Elementaranalyse gefundenes Wasser
14,43
Aus der Menge der direct bestimmten Kohlensäure, ferner von Kupfer- und Bleioxyd
läſst sich berechnen, daſs diese beiden Metalle in der Form von basischen
Carbonaten, und zwar das Kupfer als Malachit (CuCO3.CuO2H2),
das Blei als Bleiweiſs ([PbCO3]2.PbO2H2) in der Patina enthalten sind. Nach dieser Annahme
kommen auf:
Berechnet
Gefunden
22,46
Proc.
CuO
Kohlensäure
6,22 Proc.
3,53
„
PbO
„
0,46
––––––––––
6,68 Proc.
6,35 Proc.
Von der durch die Elementaranalyse gefundenen Wassermenge kommt ein Theil auf das
basische Kupfercarbonat, ein Theil auf das basische Bleicarbonat, ein weiterer Theil
kommt auf das Zinnoxyd und und der Rest muſs auf Wasserstoff, von der organischen
Substanz und den geringen Mengen Ammoniak herstammend, umgerechnet werden. Das Zinn
ist in der ursprünglichen Patina als Zinnoxydhydrat (SnO4H4) vorhanden, nach dem Trocknen im
Vacuum über Schwefelsäure ist es in das erste Anhydrid (SnO3H2)
übergegangen.Dieses Verhalten zeigen beide Zustände des Zinnoxydrates. Weber und Fremy
haben hierfür die Beweise geliefert. Vgl. Kraut-Gmelin's Handbuch der anorganischen Chemie, 6. Auflage Bd. 3
S. 109. Demnach kommen auf:
3,53
Proc.
PbO
nach
der
Formel
(PbCO3)2.PbO2H2
0,09
Proc.
Wasser
22,46
„
CuO
„
„
„
CuCO3.CuO2H2
2,54
„
„
49,13
„
SnO2
„
„
„
SnO3H2
5,89
„
„
––––––––––––––––––––––––––
8,51
Proc.
Wasser.
Durch die Verbrennung wurden 14,43 Proc. Wasser gefunden; hiervon die 8,51 Proc. in
Abrechnung gebracht, bleibt ein Rest von 5,92 Proc. Wasser, dem 0,65 Proc.
Wasserstoff in der Patina entsprechen. Von der durch die Elementaranalyse gefundenen
Kohlensäuremenge (von 9,15 Proc.) die durch directe Bestimmung gefundene (6,35
Proc.) in Abzug gebracht, gibt jene Menge (2,80 Proc.), welche dem Kohlenstoffgehalt
der in der Patina vorhandenen organischen Substanz entspricht. Dies alles
berücksichtigt, wurden in 100 Theilen der im Vacuum getrockneten Patina
gefunden:
SnO2
49,13 Proc.
CuO
22,46
PbO
3,53
Fe2O3 + Al2O3
1,75
CO2
6,35
H2O
8,48
C
0,76
H
0,65
Unlösliches
6,16
Mit Zugrundelegung dieser Zahlen und nach Abzug aller unwesentlichen Bestandtheile
wurde berechnet, daſs die im Vacuum über Schwefelsäure getrocknete Patina
enthält:
SnO3H2
60,92 Proc.
CuCO3.CuO2H2
34,55
(PbCO3)2.PbO2H2
4,51
Die Legirung. Von dem metallischen Kern, welchen alle
Stücke aufwiesen, wurde ein Theil behufs Vornahme der Analyse durch Abfeilen der
anhaftenden Patina vollkommen blank gemacht. Die Legirung hat eine licht kupferrothe
Farbe. Mit dem Meiſsel in Stücke getheilt, splittern die Kanten etwas, während die
Trennungsflächen vollkommen eben sind und einer Schnittfläche gleichen. Die
Bruchfläche ist feinkörnig von röthlich grauer Farbe. Beim Erhitzen über 110° läuft
die Legirung schön goldgelb an. Die qualitative Analyse ergab Kupfer, Zinn, Blei,
Kobalt, Nickel, Eisen. Bei Ausführung der quantitativen Analyse wurde das Zinn nach der von BrunnerFresenius: Anleitung zur quantitativen chemischen
Analyse, 6. Auflage S. 624. empfohlenen Methode als
Zinnoxyd getrennt und als Zinnoxyd gewogen. Die Trennung von Kupfer und Blei, von
Kobalt, Nickel und Eisen wurde mit Schwefelwasserstoff durchgeführt. Aus den in
Salpetersäure gelösten Sulfiden des Bleies und Kupfers wurde ersteres als Sulfat
getrennt und gewogen, das in Lösung gebliebene Kupfer, als Sulfid abgeschieden und
in Sulfür übergeführt, gewogen. Kobalt und Nickel wurden von Eisen mit Ammoniak
getrennt, beide als Sulfate, das Eisen hingegen als Oxyd gewogen. Die Analyse ergab
folgende Zahlen:
Cu
89,78 Proc.
Sn
6,83
Pb
1,85
Co und Ni
0,90
Fe
0,28
Zum Schlusse sei noch auf die beachtenswerthe Aenderung der Mengenverhältnisse der
Metalle zu einander, welche beim Vergleiche der für die Patina und die Legirung
gefundenen Zahlen ersichtlich werden, aufmerksam gemacht. Während der Kupfergehalt
der Legirung ein hoher (89,78 Proc.), der Zinngehalt ein niedriger (6,83 Proc.) ist,
zeigt sich der Kupfergehalt der Patina (metallisches Kupfer 19,84 Proc.) verringert,
der Gehalt an Zinn (metallisches Zinn 42,67 Proc.) bedeutend erhöht. Auch der Gehalt
an Blei ist in der Patina etwas gestiegen. Wasser mit einem Gehalt an freier
Kohlensäure, welches die Fähigkeit besitzt, basisches Kupfercarbonat zu lösen,
während Zinnoxydhydrat in denselben unlöslich ist, dürfte eine der Ursachen dieser
Aenderung der Mengenverhältnisse zu einander sein. Eine andere Ursache mag in der
Einwirkung von im Wasser gelöstem Ammoniak und kohlensaurem Ammonium, beide
hervorgegangen durch Verwesung organischer stickstoffhaltiger Substanzen, zu suchen
sein. Für die Berechtigung dieser Annahme spricht das Vorhandensein von geringen
Mengen Ammoniak in der Patina. Es lassen sich auch andere Ursachen vermuthen, deren
Erfolg der war, daſs ein groſser Theil des Kupfers, ferner die geringen Mengen
Kobalt und Nickel gelöst und weggeführt wurden, während Zinnoxydhydrat zurückblieb
und sich hierdurch anreicherte.
Laboratorium von Prof. Dr. A. Bauer in
Wien, April 1879.