Titel: | Ueber Hartgusswalzen. |
Autor: | –r. |
Fundstelle: | Band 232, Jahrgang 1879, S. 150 |
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Ueber Hartguſswalzen.
Ueber Hartguſswalzen.
In demselben Maſse, wie der Stahl in Folge seiner gröſseren Dauerhaftigkeit das Eisen
vom Markte verdrängt, mehren sich auch die Anforderungen an die Qualität der
Werkzeuge, welche zu seiner Herstellung benutzt werden. In Bezug hierauf bot die
Anfertigung der Walzen insofern nicht unerhebliche Schwierigkeiten14) , als die gröſsere Härte des Fabrikates auch ein besseres
Material verlangte und nebenbei, mehr für das Auge als zu praktischem Zwecke, eine glatte
Oberfläche beansprucht wurde. Um diesen beiden Erfordernissen zu genügen, nahm man
seine Zuflucht zum Hartguſs. Allein sehr bald zeigten sich auch hier nicht zu
unterschätzende Uebelstände.
Die unter Walzen zu erzeugenden Fabrikate zerfallen bekanntlich in Façonstäbe und in
Platten. Der Coquillenguſs bewirkt nun zwar eine harte Oberfläche des Guſsstückes;
allein diese Härte nimmt nach dem Inneren der Masse zu fortschreitend ab. Da nun
jede Walze, welche zur Stabfabrikation dienen soll, mehr oder weniger tiefe
Kannelirungen erhält, deren Zweck darin besteht, aus dem schweiſswarmen Block den
gewünschten Stab herauszupressen, so ist einleuchtend, daſs die vollgegossene
Hartguſswalze diesen Zweck nur sehr mangelhaft erfüllen kann, weil die ausgedrehten
Theile einen geringeren Grad von Härte besitzen als die Oberfläche. Eine weitere
Schwierigkeit in Bezug auf die Dauerhaftigkeit von Hartguſswalzen besteht darin,
daſs der äuſsere, beim Gieſsen abgeschreckte Theil sich plötzlich bis zu einem
gewissen Grade zusammenzieht und erstarrt, während die innere, flüssig bleibende
Masse ihr Volum zu bewahren bestrebt ist. Dadurch entsteht natürlich in der Walze
eine mehr oder weniger heftige Spannung, welche selbst unter geringer
Kraftäuſserung, häufig sogar schon beim Erkalten, ein Springen derselben veranlassen
kann. Dieser Uebelstand ist um so schwerwiegender, als das Schwindmaſs mit der
Stärke des Eisens wächst.
Für das Auswalzen von Stahlplatten stellen sich nun aber noch gröſsere
Schwierigkeiten ein. Zunächst wird während des Walzens der mittlere Theil der Walze
stets wärmer als die beiden Enden und dehnt sich in Folge dessen mehr aus als letztere. Dies
bedingt, daſs Blechwalzen nach der Mitte zu concav ausgedreht werden müssen, um nach
vollständiger Erhitzung gleich starke Bleche zu liefern. Hierbei läſst sich aber nie
umgehen, daſs die Walze zu Anfang und zu Ende der Walztour sich nur allmälig
erhitzt, bezieh. abkühlt und damit an Volum wächst und schwindet, was für das
Fabrikat die entsprechenden Uebelstände herbeiführt. Schlieſslich schädigt die stets
sich wiederholende hohe Erhitzung und darauf folgende Abkühlung der gehärteten
Oberfläche die Walze in weit höherem Grade als deren Inanspruchnahme durch das
Auswalzen selbst.
Sämmtliche oben angeführte Mängel lassen sich dadurch beseitigen, daſs man die Walzen
in der Coquille und auf eisernem Kern hohl gieſst (vgl. 1876 222 187) und gleich beim Guſs mit den dem Zwecke entsprechenden
Kannelirungen versieht. Es wird dadurch erreicht, daſs. das Guſsstück sich sowohl
von auſsen als von innen gleichmäſsig abkühlt und zusammenzieht, und somit jede
Spannung in der Masse selbst vermieden. Dadurch, daſs das Innere der Walze der
Berührung mit atmosphärischer Luft zugänglich wird, entsteht eine weniger hohe
Temperatur während des Walzprocesses und eine gleichmäſsige Ausdehnung in jedem
Querschnitt der Walze; letztere kann somit cylindrisch abgedreht werden und liefert
trotzdem Fabrikate von vorher genau bestimmbarem Querschnitt. Durch das Eingieſsen
der Kannelirungen werden sowohl deren Vertiefungen, als deren Erhöhungen gleich hart
und bieten daher keine Veranlassung zu einseitigem Verschleiſs. Abgesehen davon,
daſs die Dauerhaftigkeit hohl gegossener Hartguſswalzen bedeutend gröſser ist als
diejenige der voll gegossenen, ereignet es sich in Folge des gröſseren Gewichtes der
letzteren nicht selten, daſs sich deren Zapfen warm laufen, wodurch neben einem
vermehrten Kraftaufwand der Betriebsmaschine und gröſserem Schmiermaterialverbrauch
die Gefahr entsteht, daſs dieselben rissig werden und abbrechen. Bei hohl gegossenen
Walzen tritt dieser Fall höchst selten ein und ist selbst die gewöhnliche
Wasserbespülung nicht nothwendig.
Es erscheint auf den ersten Anblick nicht schwierig, den gestellten Ansprüchen
gerecht zu werden. Dagegen muſs indessen erwähnt werden, daſs während einer
Zeitdauer von etwa 20 Jahren in dem bezeichneten Sinne Versuche mit hohl gegossenen
Walzen gemacht worden sind, ohne zu dem gewünschten Resultate zu gelangen, weil
sämmtliche Walzen dieser Fabrikationsmethode im Betriebe zersprangen. Erst in der
neuesten Zeit ist es gelungen, diesem Uebelstände zu begegnen, und ein 12
monatlicher Betrieb (nähere Angabe fehlt in der Quelle) mit dem glänzendsten Erfolge
liefert hierzu den schlagenden Beweis. (Nach dem Iron
Age durch Iron, 1878 Bd. 12
S. 297.)
–r.