Titel: | Theorie des Riementriebes; von Gustav Schmidt. |
Autor: | Gustav Schmidt |
Fundstelle: | Band 231, Jahrgang 1879, S. 406 |
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Theorie des Riementriebes; von Gustav Schmidt.
G. Schmidt, zur Theorie des Riementriebes.
Nach den Mittheilungen Professors Radinger (1878 228
385) über die Philadelphia-Ausstellung 1876 ist in Amerika zur Bestimmung der
Riemenbreite b die Roper'sche Regel in Anwendung:
. . . . . . . (1)
wobei b die Riemenbreite und l den belegten Umfang der kleineren Scheibe in
Centimeter, P die Umfangskraft in Kilogramm bedeutet.
Nimmt man im Minimum an, unter D
den Durchmesser der kleinen Scheibe verstanden, so folgt:
. . . . . . . . (2)
welche Regel Radinger bei
Umfangskräften von und Riemenbreiten von
bestätigt gefunden hat. – Es handelt
sich um die theoretische Begründung dieser empirischen guten Regel.
Ist der Rollenhalbmesser, α der Mittelpunktswinkel in Bogenmaſs, auf welchem die Spannungsänderung
von der Spannung T1 des
passiven Riemenstückes in jene T2 des activen Riemenstückes vor sich geht, so ist
nur dann eine hinreichende Sicherheit wie in allen Maschinentheilen vorhanden, wenn
der Bogen R α nur ein aliquoter, z.B. der dritte Theil,
höchstens ⅔ von dem belegten Umfang l ist. Bei mfacher Sicherheit in diesem Sinne ist:
. . . . (3)
Zählt man den variablen Winkel φ von jener Stelle an, wo
die Veränderung der Spannung T beginnt, so entspringt
bekanntlich aus den beiden Spannungen T und
an den Enden des Bogenelementes
ein resultirender Radialdruck
und hieraus
eine Reibung wenn μ
der Reibungscoëfficient ist bei Ueberwindung der unvermeidlichen gleitenden Reibung
längs des Bogens R α, auf welchem die Spannungs- und
somit auch die Längenveränderung der Riemenelemente vor sich geht. Bisher hat man nun
irrthümlicher Weise gesetzt und hieraus:
oder
abgeleitet. Dabei wurde aber übersehen, daſs der sich
auflegende Riemen unter sich die Luft nach beiden Seiten ausquetscht und daher,
wenigstens in geringem Grade, der äuſsere Luftdruck wirksam werden müsse, worauf der
Verfasser dieser Zeilen schon in seinen Vorlesungen über Maschinenbau im
Studienjahre 1866,67 und in den folgenden Jahren aufmerksam gemacht hat, ohne jedoch
einen Calcul darauf zu basiren.
Dieser ist aber sehr einfach: Ist k Kilogramm für das
Quadrat-Zentimeter der wirksam werdende Luftdruck, so entfällt auf die elementare
Riemenfläche bRdφ der Normaldruck kbRdφ, welcher sich zu Tdφ
addirt, weshalb die richtige Differentialgleichung lautet:
woraus
folgt:
oder
Wegen darf man
hinreichend genau schreiben:
oder
Weil aber ist, folgt:
Nimmt man, wie dies üblich ist,
an, so folgt:
oder wegen
(3):
somit
Dies ist der Typus der Roper'schen Regel (1). Die
Constante C ist empirisch bestimmt = 31,4, der
Reibungscoëfficient μ beträgt bei fettigem Riemen
also folgt:
Wenn die Distanz der beiden Wellen 3,2 der Durchmesserdifferenz der Rollen beträgt,
so ist also
somit
endlich:
. . . . . (4)
wird dann beziehungsweise:
bei einem belegten Umfang von 162°.
Wenn sich der Riemen nicht mit der rauhen Fleischseite, sondern mit der glatten
Haarseite auflegt, wie dies mit vollem Bewuſstsein in Amerika bewerkstelligt wird,
so dürfte die Annahme k = 0k,12 für 1qc zulässig sein, daher der
Riementrieb schon zweifache Sicherheit besitzen, d.h. bei 162° belegtem Umfang
findet auf 81° kein Gleiten statt, und nur auf den anderen 81° erfolgt die
Spannungsänderung von T1 auf T2.
Ist hierbei E der Elasticitätsmodulus, λ die Ausdehnung einer Länge L bei der Spannungsvermehrung um und f der Riemenquerschnitt, so ist
und das Verhältniſs der
Peripheriegeschwindigkeiten v2 und v1 der
treibenden und getriebenen Rolle ist:
Ferner ist die im activen Riemenstück eintretende specifische
Spannung somit:
. . . .
. . . . (5)
Mit auf 1qc und auf 1qc folgt:
übereinstimmend mit der
Erfahrung.
Auch diese kleine Rechnung habe ich schon 1866 gemacht auf Grundlage eines
Briefwechsels mit Prof. J. Hrabák in Przibram, von
welchem ich darin zuerst die richtige Ansicht
vertheidigt fand, und ich habe jene Rechnung in der 31. Vorlesung des Studienjahres
1866/67 und später alljährlich vorgetragen. Dieselbe wurde aber, in der Wesenheit
übereinstimmend, von O. Reynolds (vgl. 1875 216 537) mitgetheilt.
Die von mir bisher empfohlenen Regeln für den Riementrieb waren:
Bis
Für theile man P in 2 oder 3 Theile, so daſs
rechne mit Rücksicht auf nicht vollkommen
gleichförmige Vertheilung der Kraft und mache
dann beziehungsweise
Diese Regel ist auch immer brauchbar, wenn die getriebene Scheibe nicht
auſsergewöhnliche Verhältnisse gegen die treibende hat, daher die allgemeinere und
theoretisch richtigere, dabei noch einfachere Regel von Roper, bezieh. Radinger:
jedenfalls vorzuziehen ist.
Als Beispiel diene der von Director Schlink (1878 230 464) mitgetheilte Riementrieb
für ein Bandeisenwalzwerk, bei welchem die ganze Pferdestärke mit
Umdrehungen von dem Schwungrad mit 4m,7 Durchmesser mittels eines 47cm breiten Riemens auf die Rolle von D = 188cm übertragen
wird.
Die Umfangskraft ist
oder
auch aus der Peripheriegeschwindigkeit des Schwungrades gerechnet: Hiermit folgt: statt ausgeführt 47cm. Nach meiner bisherigen Rechnungsweise wäre gefolgt:
und ebenso wie nach Radinger; jedoch
paſst dies eben nur zufällig bei der Tourenzahl der Walzwerkswelle, während nach der Roper-Radinger'schen Formel für eine kleinere
Tourenzahl der getriebenen Welle, also gröſsere Riemenscheibe, die Riemenbreite
kleiner erfolgt. Hierbei ist aber zu bemerken, daſs Schlink die Pferdestärke der Maschine mit 63cm Cylinderdurchmesser, 78cm Hub, ohne
Condensation und mit halber Füllung bei 3at,5
Ueberdruck im Kessel wohl etwas hoch geschätzt hat und selbe bei 100 Touren nur
150e betragen dürfte, daher der 47cm breite Riemen eben noch ausreicht bei
Setzt man diese Werthe in die Formel:
so folgt: statt 25 nach Radinger,
also die Roper'sche Constante
statt 31,4 und hiemit:
statt Gleichung (4). Damit also 2fache
Sicherheit vorhanden sei, müſste für
1qc sein, während bei
immerhin noch folgt, der
belegte Umfang also um 77 Proc. gröſser ist, als für die Kraftübertragung ohne
Sicherheit gegen das Gleiten nöthig ist.
Die praktische Regel wäre also, daſs es gestattet sei
von:
von einer Welle mit
Umdrehungen auf eine solche mit
Umdrehungen zu übertragen. Die Rollendurchmesser
werden mit
gewählt. Hiermit folgt die Umfangskraft , somit im Minimum während ich nach meiner sonst ganz guten Regel für
kleinere Kräfte erhalten hätte.
Diese 16cm würden aber nach der Regel (6) nur
genügen für Durchmesser und
gleicher Umfangskraft also bei 3e,75 und
oder auch bei
nicht aber für die kleine Antriebsrolle von 80cm Durchmesser mit 2e. Demnach würde also D1 ganz unverhältniſsmäſsig groſs für einen Antrieb
von nur 2e. In einem solchen Falle geht man
entweder direct mit Zahnrädern von auf
herab, oder man geht, wenn dies wegen der Entfernung
der Wellen nöthig wäre,
mit dem Riementrieb zuerst ins Schnelle und dann mit Zahnrädern ins Langsame, etwa
so:
womit und
dann folgt die Zahnradübersetzung von auf
Bei provisorischer Förderung mit Kübeln, kommt der
Fall leicht vor.
Behalten wir die Umfangskraft und die
Tourenzahl der kleinen Rolle bei, ändern jedoch den
Durchmesser derselben, so folgt für:
constant
ergeben hätte. Ein solcher auch von Radinger gemachter Vergleich beleuchtet am deutlichsten
den Unterschied der beiden Regeln.
Man sieht, daſs die Pferdestärke bei gleicher
Umfangskraft der Geschwindigkeit direct oder dem Rollendurchmesser direct
proportional ist, wahrend die Riemenbreite dem Durchmesser
oder der Pferdestärke verkehrt proportional ist, was eben bisher nicht
beachtet wurde.
Für
k =
0,05
0,1
0,2
0k,3 auf 1qc,
folgt
m =
1,35
1,84
2,80
3,77
und α in Gradmaſs
bD = 25 P . . .
. . . . (2)
herab zu gehen bis auf
bD = 20 P . . .
. . . . (6)
aber nicht darunter.
Eine besondere Rücksicht erheischen Riementriebe mit Uebersetzung ins Langsame, da man hierbei gar zu leicht in den Fehler
geräth, zu kleine Rollen in Anwendung zu bringen.
Es seien z.B.
Antriebsrolle mit
30
Umdrehungen
D
=
150cm
Getriebene Rolle mit
50
„
D
1
=
90cm
Umfangskraft
D
1
=
60
80
100
120
150
200cm
N
=
1,33
1,78
2,22
2,67
3,33
4,44
b
=
21
16
13
11
8,5
6cm,5
während die Regel