Titel: | Zur Kenntniss der Krappfarbstoffe. |
Autor: | Kl. |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 263 |
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Zur Kenntniſs der Krappfarbstoffe.
Zur Kenntniſs der Krappfarbstoffe.
Das Pseudopurpurin, neben dem Alizarin quantitativ der wichtigste Farbstoff im Krapp,
wurde bisher als Tetraoxyanthrachinon betrachtet und ihm als solchem die Formel C14H8O6 zugetheilt. Nunmehr hat Rosenstiehl, wie er in den Comptes rendus,
1877 Bd. 84 S. 560 mittheilt, gefunden, daſs das Pseudopurpurin, für sich allein
erhitzt, bei 180° Kohlensäure entwickelt, indem es unter gleichzeitiger Bildung von
Purpurin 14,4 Proc. an seinem Gewicht verliert. Er gibt daher dem Pseudopurpurin die
Formel C15H8O7 und erklärt diese Zerlegung durch die Gleichung
C15H8O7 = CO2 + C14H8O5, nach welcher sich 14,66 Proc. Kohlensäureverlust
berechnet. Das Pseudopurpurin ist somit Purpurincarbonsäure, und wenn man das
erstere vor der Analyse von seiner letzten Spur beigemengten Purpurins befreit, so
stimmen auch die Resultate dieser Analyse, welche Rosenstiehl nachträglich ausgeführt hat, mit der neuen Formel des
Pseudopurpurins überein. Auch die früher (1874 214 486) angegebene Zersetzung des
Pseudopurpurins durch kochenden Alkohol oder durch heiſses Wasser läſst sich mit der
neuen Formel in Uebereinstimmung bringen; sie erhält sogar durch dieselbe eine
ungezwungenere Auslegung, als durch die von der alten Formel verlangte Abspaltung
eines Sauerstoffatoms. Es erklärt sich so namentlich leicht die Umwandlung des
Pseudopurpurins in Purpurin durch die Einwirkung einer kalten Alkalilösung, sofern
letztere sehr leicht die Elemente der Kohlensäure in sich aufnimmt, und es ist jetzt
auch erklärlich, warum es Rosenstiehl nie gelungen ist,
das Pseudopurpurin durch Oxydation des Purpurins zu erhalten.
Kurze Zeit nachher, aber unabhängig von Rosenstiehl's
Untersuchungen, hat Plath nach den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1877
S. 614 dieselbe Zerlegung des Pseudopurpurins beobachtet und in Gemeinschaft mit Liebermann (daselbst, 1877 S. 1618) näher geprüft. Die
früheren Analysen des Pseudopurpurins weichen von der berechneten Zusammensetzung
desselben nach der neuen Formel um den Mehrgehalt von 1 Proc. Kohlenstoff ab. Auch
Plath und Liebermann
sind der Ansicht, daſs diese Differenz nur der Anwesenheit von Purpurin
zuzuschreiben ist, welches sich schon durch jedes höher- siedende Lösungsmittel in
gröſserer oder kleinerer Menge aus dem Pseudopurpurin bildet. Sie ziehen deshalb das
Rohpseudopurpurin zuerst mehrmals mit Chloroform aus und krystallisiren hernach den
Rest aus diesem Lösungsmittel um. Sie erhielten auf diese Weise eine in kleinen,
rothen, bei 218 bis 220° schmelzenden Blättchen krystallisirende Substanz, deren
Analyse in zwei verschiedenen Darstellungen ergab:
I
II
Berechnet fürC15H8O7
Alte Analyse vonSchutzenberger
C
60,44
59,82
60,00
61,00 Proc.
H
3,04
2,89
2,66
3,00 „
Die Zerlegung des Pseudopurpurins geschah in einem U-Rohr, durch welches ein
trockener und kohlensäurefreier Luftstrom strich. Das Rohr wurde im Oelbade 3
Stunden lang auf 180 bis 195° erhitzt und die entwickelten Gase durch ein gewogenes
Chlorcalciumrohr und einen Kaliapparat geleitet. Das Chlorcalciumrohr zeigte nicht
die mindeste Zunahme, der Kaliapparat hatte 13,91 Proc. der angewendeten Substanz an
Kohlensäure aufgenommen, während die Substanz selbst einen Gewichtsverlust das eine
Mal von 14,06 Proc. und bei einem zweiten Versuche von 14,54 Proc. erlitten hatte,
womit die obigen Zahlen Rosenstiehl's zu vergleichen
und leicht zu vereinigen sind. Der im Glasrohr zurückbleibende Rückstand zeigte alle
Eigenschaften und den Schmelzpunkt des Purpurins 251 bis 253°; ohne weiteres
analysirt ergab er die Zahlen für Purpurin, nämlich:
gefunden
berechnet
C
65,87
65,62 Proc.
H
3,44
3,12 „
womit auch der zweite Theil des Beweises für den angegebenen
Zerfall des Pseudopurpurins erbracht ist.
Liebermann und Plath fügen
bei dieser Gelegenheit zu den bereits bekannten leichten Uebergängen des
Pseudopurpurins in Purpurin noch die zwei folgenden hinzu: 1) Kocht man
Pseudopurpurin kurze Zeit mit Kalilauge, so geht es vollständig in Purpurin über,
das man durch Fällen mit Säure und Krystallisiren aus verdünntem Alkohol in den
charakteristischen Krystallwasser haltigen Nadeln C14H8O3 +
H2O sogleich rein erhält. Diese Reaction gibt
zugleich nach den Verfassern ein Mittel, aus dem rohen (Kopp'schen) viel Pseudopurpurin enthaltenden Purpurin in der einfachsten
Weise groſse Mengen reinen Purpurins darzustellen. 2) Versetzt man Pseudopurpurin
oder Kopp'sches Purpurin, welches in Wasser suspendirt
ist, mit Brom, so erhält man unter starker Kohlensäure-Entwicklung sofort
Monobrompurpurin mit 23,79 Proc. Brom (berechnet 23,88 Proc), welches in hübschen
rothen, bei 2750 schmelzenden Nadeln krystallisirt. Die Reaction geht nach folgender
Gleichung vor sich: C15H8O7 + Br2
= C14H7BrO5 + CO2 + HBr.
Endlich hat Plath (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft,
1877 S. 614)
Pseudopurpurin mit Essigsäureanhydrid auf 180° erhitzt und kleine orangegelbe, in
verdünntem Alkali unlösliche, warzenförmig geordnete Nädelchen vom Schmelzpunkt 190
bis 192° erhalten, welche mit dem von Liebermann und
Giesel aus Purpurin dargestellten Triacetylpurpurin
identisch sind. – Derselbe Autor gibt an derselben Stelle eine Methode an, nach
welcher es gelingt, aus dem käuflichen rohen Purpurin 10 bis 20 Proc. der von Schunck und Römer
dargestellten Purpuroxanthincarbonsäure (1877 224 659) zu gewinnen. Zu diesem Zweck
wird das Rohpurpurin in Eisessig suspendirt und zum Kochen erhitzt, nachdem einige
Tropfen rauchende Salpetersäure zugefügt worden. Es tritt, während sich Alles zu
einer dunkelrothen Flüssigkeit löst, schwache Gasentwicklung ein. Die langsam
erkaltete Lösung läſst auf Zusatz von Wasser Xanthopurpurincarbonsäure fallen, die
man durch wiederholtes Krystallisiren aus Chloroform reinigt, und deren Analyse und
Vergleich mit Schunck und Römers Purpuroxanthincarbonsäure ihre Identität mit letzterer vollkommen
bestätigen. Auch aus Pseudopurpurin erhält man, wenn auch weniger glatt, unter
denselben Bedingungen dieselbe Purpuroxanthincarbonsäure.
Rosenstiehl hat nach Comptes
rendus, 1877 Bd. 84 S. 599 gefunden, daſs der Körper, welchen er früher aus
Pseudopurpurin durch bloses Kochen mit Wasser neben dem eigentlichen Purpurin
erhalten und welchen er als eine Isomerie des letztern (als s Purpurin) aufgefaſst hatte (vgl. 1877 223 539), sich wie die soeben
angeführte Purpuroxanthincarbonsäure von Schunck und
Römer in Kohlensäure und Purpuroxanthin spalten
läſst. Aus diesem Grund, sowie in Anbetracht des sonstigen chemischen Verhaltens des
neuen Körpers, hält er ihn sowie das Krapporange von Runge nunmehr für identisch mit eben jener Purpuroxanthincarbonsäure,
wonach ihm die Formel C15H8O6 (anstatt C14H8O5)
zukommt. Endlich ist Rosenstiehl der Ansicht, daſs
diese Carbonsäure sich ebenso durch Reduction von dem Pseudopurpurin, d.h. der
Purpurincarbonsäure, ableiten lasse, wie das Purpuroxanthin vom Purpurin nach den
Gleichungen:
C15H8O7 –
O
=
C15H8O6
Pseudopurpurin
Krapporange
C14H8O5 –
O
=
Cl4H8O4
Purpurin
Purpuroxanthin.
Kl..