Titel: | Ivancich's Ordinatograph. |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 108 |
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Ivancich's Ordinatograph.
Mit Abbildungen auf Tafel
9.
Ivancich's Ordinatograph.
Unter dem Namen Ordinatograph sind schon mehrere
Instrumente bekannt, welche das Zeichnen von durch Coordinaten gegebenen Punkten mit
groſser Ersparniſs an Zeit und Mühe ermöglichen. Die Instrumente dieser Art bestehen
gewöhnlich im Wesentlichen aus einem Lineal und aus einem längs desselben
verschiebbaren Dreiecke oder Vierecke, mittels dessen die Coordinaten aufgetragen
werden können; sie haben den Nachtheil, daſs das Lineal an die Abscissenlinie
angelegt werden muſs; der Endpunkt derjenigen Schneide des Dreieckes, welche zum
Auftragen der Abscissen bestimmt ist, fällt somit auf die Abscissenlinie selbst und
kann, weil er durch den Gebrauch schadhaft wird, die Abscissen nur ungenau geben.
Dasselbe wiederholt sich bei jenem Nonius, welcher längs der Ordinatenlinie sich
verschieben läſst, so daſs auch das Auftragen der Ordinaten die erwünschte
Genauigkeit nicht vollständig gewährt. Andere Instrumente haben wohl auch eine etwas
verschiedene Einrichtung, z.B. jenes von PeltzZeitschrift für Vermessungswesen, 1874 S.
45., jenes von Engelke, verbessert
von HoyerHunäus: Lehrbuch der praktischen Geometrie
(Hannover 1868), S. 447., u.a.
Den erwähnten Ordinatographen gegenüber dürfte der nach Angabe von J. N. Ivancich in Leoben (Berg-
und hüttenmännisches Jahrbuch, 1877 S. 137) ausgeführte
Coordinaten-Auftragsapparat (Fig. 1 und 2 Taf. 9) einige Vortheile
bieten. Er besteht aus einem etwa 60cm langen
Messinglineal, welchem ein rechtwinkliges, längs des Lineals verschiebbares Dreieck
beigegeben ist. Das Lineal ist auf der einen Seite in Millimeter eingetheilt, das
Dreieck trägt an der kleineren Kathete einen zu dem Maſsstabe des Lineals gehörigen
Nonius; die längere Kathete ist ebenfalls in Millimeter eingetheilt und an ihr läſst
sich ein Nonius verschieben; bei beiden Nonien ist die Noniusangabe 0mm,02. Für die Ordinate = 0 coincidirt die Marke
z1 mit der Marke
z und beide befinden sich in der Abscissenlinie,
welche durch die Schneiden ab und cd geht. Das Dreieck trägt auch eine Schneide ef, welche in die Abscissenlinie ad fällt.
Beim Gebrauche des Apparates legt man die Schneiden ab
und cd an die gegebene Abscissenlinie an. Ist dies
wegen der unzureichenden Länge der Abscissenlinie nicht möglich, so benutzt man die
Schneiden ab und ef, bei
ganz kurzen Abscissenlinien wohl auch die Schneide ab
und die Marke z der Schneide mn. Man verschiebt dann das Dreieck so lange, bis man am Nonius die
gewünschte Abscisse abliest, darauf den Nonius lg bis
zur Ablesung der aufzutragenden Ordinate, pikirt mit Hilfe einer feinen Nadel den
Punkt, welcher vom Endpunkte der Marke z1 gegeben, hierauf eingeringelt und beschrieben
wird. Die Arbeit ist damit zu Ende.
Man hat während der ganzen Arbeit sowohl die Abscissenlinie ad, als die Ordinatenlinie mh immer frei vor
sich und nicht zu sehr in der Nähe der Maſsstabe. Den Nonius lh kann man leicht bei Seite geben, um den pikirten Punkt einzuringeln und
zu beschreiben, ohne das Dreieck oder das Lineal zu verschieben, so daſs nach dieser
Arbeit auch eine Controle durch eine zweite Messung leicht vorgenommen werden
kann.
Meistens braucht man nur den Punkt selbst, und die Abscisse desselben wird in der
Zeichnung nicht ersichtlich gemacht. Wollte man aber mit demselben Apparate andere
Operationen durchführen, so z.B. auf einer geraden Linie bestimmte Längen auftragen,
eine gegebene Linie messen u.s.w., so gewährt der Apparat den Vortheil, daſs die
betreffende Gerade immer in einem gewissen Abstande vom Maſsstab sich befindet, zu
ihm parallel ist und von der Schneide mn, mit welcher
man alle diese Operationen durchführt, ganz durchschnitten wird, so daſs auch der durch den Gebrauch schadhaft
gewordene Endpunkt m auf die Genauigkeit der Arbeit
keinen Einfluſs hat.
Aus dem Vorhergehenden sieht man aber, daſs der Apparat ohne Zuhilfenahme des Nonius
lh als ein ganz gewöhnlicher Maſsstab zu den
verschiedensten graphischen Arbeiten benutzt werden kann, daſs man also einen
anderen Maſsstab, welcher doch zu vielen Arbeiten nothwendig ist, ganz gut entbehren
kann. Man kann aber auch nur den Nonius lh in
Verbindung mit dem Lineal, oder nur den Nonius lh mit
dem Dreiecke allein verwenden; man hat also im vorliegenden Apparate einen Ordinatographen
und zwei genaue, mit Nonien versehene Metallmaisstäbe.
Die Nothwendigkeit eines metallenen Maſsstabes (welcher bei einer
Länge von 1m auf 60 fl. o. W. zu stehen kommt)
vorausgesetzt, dürfte der Preis des hier beschriebenen Apparates, nämlich 100 fl.,
nicht als zu hoch angesehen werden. Schablaſs und Sohn,
Mechaniker in Wien, liefern sehr schön ausgeführte und mit äuſserst genauen
Theilungen versehene Apparate dieser Art um 120 fl. bei einer Länge des Lineals,
welche noch 1000mm abzuschieben erlaubt, und um
100 fl. bei einer Länge von 63cm, welche für sehr
viele Zwecke ausreichend ist.
Die Fälle, wo man Coordinaten aufzutragen hat, sind sehr häufig.
Der beschriebene Apparat kann vom Geometer nach einer mit dem Theodoliten
ausgeführten Terrainaufnahme, zum Auftragen des Details
in einem bestimmten Verhältnisse, mit groſsem Vortheile benutzt werden; für den
Markscheider hat er beim trigonometrischen Zulegen groſse Bedeutung, und er kann
auſserdem zu den verschiedenartigsten Arbeiten verwendet werden, wo man Längen genau
aufzutragen oder zu messen, oder Abscissen und Ordinaten auf Papier zu bringen
hat.
Die Punkte für die Richtigkeit des Apparates sind folgende: 1)
müssen die Theilungen präcis ausgeführt sein; 2) muſs die Ordinatenlinie ml genau senkrecht auf die Abscissenlinie ad sein, wenn das Dreieck mit der kürzeren Kathete an
dem Lineal anliegt. – Den ersten Punkt prüft man, indem man die Nonien an
verschiedenen Stellen der Maſsstäbe anlegt und nachsieht, ob immer den 50
Noniustheilen 49 Maſsstabtheile genau entsprechen. Den zweiten Punkt prüft man,
indem man mit Hilfe irgend einer geometrischen Construction in einem Punkte der
Abscissenlinie genau eine Senkrechte auf dieselbe errichtet und dann prüft, ob beim
Anlegen der kurzen Kathede des Dreieckes an den Maſsstab die Gerade ml mit der gezogenen Senkrechten zusammenfällt; dabei
soll die Marke z auf die Abscissenlinie fallen.
Der von der Lehrkanzel für praktische Geometrie an der k. k.
Bergakademie in Leoben von Schablaſs und Sohn bezogene
Apparat lieſs bezüglich seiner Richtigkeit nichts zu wünschen übrig und hat sich bei
Arbeiten, wo sehr viele durch Coordinaten gegebene Punkte aufgetragen waren, sehr
gut bewährt. Die zum Pikiren der Punkte nothwendige Pikirnadel kann zweckmäſsig über
dem Endpunkte des Zeigers z1 am Ende einer Feder F (Fig. 2 Taf. 9) fest
angebracht werden, so daſs man nur auf diese Feder zu drücken braucht, um den Punkt
auf dem Papier zu erhalten.