Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 219, Jahrgang 1876, Nr. , S. 274 |
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Miscellen.
Miscellen.
Ventildampfmaschine von C. Brown.
Vor Kurzem ist eine neue Dampfmaschine erfunden worden, welche ihrer hervorragenden
Vorzüge wegen selbst noch vor den besten und leistungsfähigsten ihrer
Concurrentinnen einen bedeutenden Vorsprung zu erreichen verspricht. Dieselbe rührt
von dem Erfinder der rühmlichst bekannten Sulzer-Ventildampfmaschine her und
wird in den Werkstätten der Schweizerischen Locomotiv- und Maschinenfabrik in
Winterthur ausgeführt.
Die Nachtheile, welche unsern jetzigen Dampfmaschinen auch in ihrer vollendetsten
Gestalt anhaften, sind bekannt. Vor Allem gestattet die Steuerung in den wenigsten
Fällen die volle Ausnützung der Dampfkraft, insofern als durch die schleichende
Canalöffnung der eintretende Dampf gedrosselt, die Expansionswirkung aber nicht
vollständig ausgenützt wird. Und doch läßt sich nur mit einer vollkommen fungirenden
Steuerung hochgespannter Dampf nutzbringend verwerthen und die so lästige und
umständliche Condensation entbehrlich machen. Die Corlißsteuerung nun, welche alle
die angeführten Nachtheile nicht besitzt, ist unter allen Umständen theuer in der
Anschaffung, mühsam in
der Erhaltung und bei vorkommenden Unfällen doppelt schwer zu ersetzen und zu
repariren. Dann aber hat sie noch den großen Uebelstand, daß mit derselben höhere
Geschwindigkeiten wie 60 Touren nicht zu erreichen sind. Dadurch wird die Maschine
Verhältnis mäßig größer und theurer, als sie sich bei höherer Kolbengeschwindigkeit
stellen würde, und selbst in ihren Bewegungsverhältnissen im Allgemeinen
ungünstiger.
Denn das alte Vorurtheil gegen Maschinen mit hohen Kolbengeschwindigkeiten ist schon
längst widerlegt worden, seitdem die mit exorbitanten Kolbengeschwindigkeiten
arbeitenden Locomotiven – bis zu 7m
pro Secunde – so günstige Resultate ergeben; und auch von wissenschaftlichem
Standpunkt aus ist der Vorzug hoher Kolbengeschwindigkeiten glänzend dargelegt
worden in dem bekannten Werke (Dampfmaschinen mit hoher Kolbengeschwindigkeit, vgl.
1870 197 465) von Professor Radinger. Er wies nach, daß für jede Dampfmaschine eine zulässige
Geschwindigkeit überhaupt und eine Geschwindigkeit für den ruhigsten Gang existirt,
und daß unsere sämmtlichen gewöhnlichen Maschinen um ein bedeutendes zu langsam
gehen, um diejenige Gleichmäßigkeit des Ganges zu erreichen, deren ihr Organismus
fähig ist. Er fand sich auch genöthigt, die Woolf'sche Maschine in Bezug auf die
Geschwindigkeit des ruhigsten Ganges als die ungünstigste zu bezeichnen, da meistens
im kleinen Cylinder mit Füllungen über 1/2 gearbeitet wird und in diesem Fall die
der Dampfspannung entsprechende Geschwindigkeit des ruhigsten Ganges nie erreicht
werden kann.
Constructiv ist schon längst solche Sorgfalt an die Ausführung der einzelnen
Maschinentheile, in Bezug auf günstige Beanspruchung des Materials und Ausgleichung
der durch Verschleiß eintretenden Aenderungen verwendet, daß in dieser Hinsicht
genug vorgearbeitet worden ist.
Wenn somit eine Steuerung gefunden werden kann, welche bei raschem Gang, hoher
Admissionsspannung und geringer Füllung der Maschine eine vollkommene
Dampfvertheilung gibt, und dabei ohne empfindliche und rasch sich abnützende
Bestandtheile ist, so unterliegt es keinem Zweifel, daß mit Hilfe derselben ein
epochemachender Fortschritt im Dampfmaschinenbau eingeleitet sein würde, der
definitive Uebergang von der umfangreichen, langsam
gehenden Watt'schen Maschine mit Spannungen von 1 und 2at, mit Condensation, zur compendiösen,
schnell gehenden modernen Dampfmaschine mit Kolbengeschwindigkeiten von 6m und mehr pro Secunde, Spannungen von 8
bis 10at Ueberdruck, ohne Condensation.
Und diesen Bedingungen zu entsprechen, hat sich die neue Brown'sche Dampfmaschine zur Aufgabe gestellt.
In ihr soll der Dampf sich selbst den Weg zum Cylinder eröffnen und verschließen,
und dies unter Verhältnissen, welche ein im richtigen Sinne des Wortes spielendes
Eröffnen und Schließen der Ventile zur Folge haben; dies alles geschieht unbehindert
hoher Kolbengeschwindigkeit, kleinen schädlichen Raumes, starker und je nach Bedarf
selbstregulirter Expansion; die letzte erfordert außerdem nur ein Minimum an Kraft
an der Hülse des Regulators. Hohe Kolbengeschwindigkeit heißt: kleinere Dimensionen,
Ersparniß in den Anlagekosten; starke, selbstthätige Expansion heißt: bei jeder
Aenderung in Kraftbedarf den entsprechenden ökonomischen Verbrauch an Dampf und
Kohle erhalten. Die Einrichtung dieser durch das internationale Patentbureau zu
Görlitz in allen Staaten patentirten Maschine ist folgende.
Das Eröffnen der Dampfzutrittsventile, welche so nahe wie möglich am Cylinder
angebracht sind, und deren jedes einen kleinen Kolben trägt, geschieht durch eine
rechtzeitige Verbindung des Raumes über diesem Kolben mit dem einen Cylinderende,
welches den Dampf von Condensatorspannung oder atmosphärischer Spannung enthält. Der
frische Dampf, der sich unter diesem Ventilkolben befindet, öffnet durch den auf
diese Weise hergestellten Ueberdruck das Ventil. Eine durch den Regulator lenkbare
verticale Stange, die ihre Bewegung erhält von einem Excenter, welches auf der
Steuerwelle fest aufgekeilt ist, dreht mittels einer liegenden Stange eine kleine
Kurbel und dadurch einen kleinen Drehschieber (Schieber oder Hahn) und regulirt die
Oeffnungen, wodurch die erwähnte Communication zwischen dem Cylinder und dem Raum
über dem Ventilkolben hergestellt oder unterbrochen, also Dampfzutritt resp. Anfang
der Expansion bestimmt wird. Bei alledem steht das Ventil in geschlossenem Zustande
unter Dampfdruck und gibt nur bei bedeutendem Ueberdruck nach, so daß Dampfverluste,
wie bei equilibrirten Ventilen, nicht eintreten können. Das aus Gußeisen
hergestellte Ventil ist einsitzig und fungirt als Sicherheitsventil, wenn das
Condensationswasser sich
ansammelt. Die Austrittsventile werden auf ähnliche Weise wie bei der
Sulzer-Steuerung angebracht und durch Daumenwelle bewegt.
Die Ergebnisse praktischer Versuche, welche in der obengenannten Fabrik angestellt
wurden, haben gezeigt, daß die Construction allen in sie gesetzten Erwartungen
vollkommen entsprochen hat, und wir hoffen bald in der Lage zu sein, dieselbe
ausführlicher beschrieben und mit Zeichnungen erläutert in diesem Journale vorführen
zu können.
R. L.
Dampfkutsche.
In den Straßen von Paris circulirt seit einiger Zeit ein Fahrzeug, das den Namen
„Dampfkutsche“ mit vollem Recht beanspruchen kann, denn es
bewegt sich frei und beliebig über Straßen und Plätze, biegt um die schärfsten
Ecken, hält an, weicht aus, oder fährt in gleichem Schritt mit einer Reihe von
Fiakern und Omnibussen über Brücken und Passagen. Dieser Wagen wurde von Ingenieur
Bollée in Mans für seinen Privatgebrauch
construirt, wiegt mit Wasser und Kohlenvorrath 4000k ohne Passagiere, also mit seinen zwölf
Insassen etwa 4800k, welche Last auf die
vier Räder des Wagens folgendermaßen vertheilt ist.
Auf die zwei Treibräder von 1180mm
Durchmesser und 120mm Breite, welche hinten
angeordnet sind, entfallen 3500k, auf die
vorn befindlichen Steuerräder von 950mm
Durchmesser die übrigen 1300k. Letztere
sind vollkommen unabhängig von einander und können vom Maschinisten, der hier die
Stelle des Kutschers vertritt, zur Steuerung des Wagens beliebig verstellt werden.
Die Treibräder sitzen zwar auf einer gemeinschaftlichen Achse, sind aber nicht
festgekeilt auf derselben und empfangen ihre Bewegung von je einem
Dampfcylinderpaare, welche zwischen den Rädern angebracht sind und zunächst je eine
Zwischenwelle antreiben, von der aus die Bewegung mittels Kette auf das betreffende
Rad übergeht.
Die Cylinder haben 100mm Durchmesser und
160mm Hub, sie werden mit
Stephenson'scher Coulisse gesteuert, und die Dampfzuführung ist so angeordnet, daß
beim Befahren von Curven der Dampf für das auf der innern Curvenseite befindliche
Cylinderpaar ganz abgesperrt werden kann.
Der Kessel endlich, welcher sich am hintern Ende des Wagens befindet, ist nach
Field'schem System vertical mit 194 Hängeröhren von 27mm äußerem Durchmesser construirt, hat
800mm äußern Durchmesser und 1m Höhe.
Selbstverständlich sind alle Theile möglichst leicht und aus den besten Materialien
construirt, und nur hierdurch konnte das verhältnißmäßig geringe Gewicht des Wagens
erzielt werden. Der Wasserverbrauch beträgt (nach Angaben von Tresca in den Comptes rendus, 1875 t. 81 p. 762) 600l pro Stunde, bei voller Belastung und
einer Geschwindigkeit von 15km pro Stunde.
Mit einem Wasservorrathe von 1000k könnte
also diese Dampfkutsche zwei Stunden lang fahren und dabei 30km zurücklegen, ohne Wasser einzunehmen.
Der Kohlenverbrauch dürfte dabei etwa 80k
pro Stunde betragen, was beim Preise von 1 M. pro 50k für 30km Weg nur 3,2 M. Auslagen für Brennmaterial ergeben würde. Die Maschine
scheint also auch vom ökonomischen Standpunkte aus im Gegensatz zu so manchen andern
Straßenlocomotiven günstig zu arbeiten.
M.
Singer'sche Schlauchpumpe.
Dieselbe ist nach Angabe von Prof. Heeren (Mittheilungen
des Gewerbevereins für Hannover, 1875 S. 240) seit längerer Zeit in der großen
Eichel'schen Farbenfabrik in Eisenach in Verwendung, zum Heben von verunreinigten
sauren und ätzenden Flüssigkeiten, welche das Metall gewöhnlicher Pumpen angreifen
oder die Ventile verletzen würden. Zum Unterschiede von allen diesen hat die dem
Hrn. Singer in Berlin patentirte Pumpe überhaupt kein
Ventil, sondern besteht einfach aus einem kurzen Kautschukschlauche, an dessen eines
Ende das Saugrohr, an das andere Ende das Druckrohr angebracht wird. Dieser
Kautschukschlauch liegt in einem cylindrisch ausgebauchten Bette, über welchem (in
der Längsachse der Cylinderfläche) eine Welle gelagert ist, die zwischen zwei an den
Enden aufgesetzten Armkreuzen vier hölzerne Walzen gelagert trägt. Bei der Drehung
der Welle wird nun der Schlauch zwischen seiner cylindrischen Unterlage und abwechselnd einer der
vier Walzen zusammengequetscht; die im Schlauche befindliche Flüssigkeit wird vor
der Walze hinausgepreßt, hinter der Walze aber nimmt der gequetschte Schlauch wieder
seinen frühern runden Querschnitt an und saugt neue Flüssigkeit auf, welche dann bei
fortgesetzter Drehung der Welle durch die Wirkung der nächsten Walze in die
Druckleitung gepreßt wird. Zur Erhöhung des Förderquantums können natürlich beliebig
viele Schläuche neben einander angeordnet werden. In der genannten Fabrik besteht
die Pumpe aus 6 Schläuchen von 20mm innern
Durchmesser und ca. 600mm Länge; dieselben
müssen alle 2 Monate ausgewechselt werden, was aber bei deren kleinen Dimensionen
nur geringe Kosten verursacht.
So ist diese Pumpe für ihren speciellen Zweck ganz entsprechend, kann aber
selbstverständlich nur für mäßige Saughöhen verwendet werden.
Der Albrechts-Schacht in Przibram.
Wie verschiedene technische und andere Zeitschriften melden, hat der
Albrechts-Schacht des Silber- und Bleibergwerkes zu Przibram im Mai
1875 die senkrechte Tiefe von 1000m
erreicht – eine Tiefe, welche noch nirgend und zu keiner Zeit durch einen für
Förderung und Wasserhebung eingerichteten Schacht erreicht worden ist. Die
Bergwerksdirection hat zur Feier dieses Ereignisses eine Festschrift herausgegeben,
welche eine werthvolle Darstellung der Geschichte dieses Bergwerkes, seiner
geologischen Verhältnisse, seiner Ergiebigkeit etc. bildet. Der Festschrift sind
einige Karten und graphische Schilderungen beigefügt, welche zum Verständnisse des
Gelegenheitswerkes sehr viel beitragen. Interessant ist die in der Festschrift
enthaltene Uebersicht der größten Schachttiefen in den wichtigsten bergbautreibenden
Staaten. Es sind da folgende Schachttiefen aufgezählt: Württemberg, Salzbergwerk
Ingstfeld 166m; Rußland, Kupferbergwerk
Turjinsk 185m; Bayern, Steinkohlenbergwerk
Stockheim 262m; Portugal, Kupferbergwerk
Palhal 329m; Baden, Steinkohlenbergwerk
Hagenbach 330m; Niederlande,
Steinkohlenbergwerk Kerkrade 333m;
Schweden, Kupferbergwerk Bersbo 420m;
Italien, Lignitbergwerk Gavorrano 440m;
Spanien, Silberbergwerk Canada Vedata 472m;
Ungarn, Gold- und Silberbergwerk Schemnitz 540m; Norwegen, Silberbergwerk Kongsberg
570m; Frankreich, Steinkohlenbergwerk
St. Chaumont 683m; England,
Steinkohlenbergwerk Wigan 745m; Preußen,
Silberbergwerk St. Andreasberg 772m;
Sachsen, Steinkohlenbergwerk Zwickau 804m;
Belgien, Steinkohlenbergwerk Chilly 863m;
Oesterreich, Blei- und Silberbergwerk Birkenberg (Przibram) 1000m. Im J. 1779 war der
Albrechts-Schacht 20m,86 tief, im J.
1800 hatte er schon die Tiefe von 265m,7
erreicht. Von 1804 bis 1811 behielt er die Tiefe von 271m,51; dann nahm die Tiefe jährlich um 2 bis
19m zu bis 1844, in welchem Jahre sie
um 40m,2 wuchs, von 479m,44 auf 519m,64. Von 1855 bis 1863 blieb die Tiefe
ziemlich constant 686m,83 und 688m,73. Dann nahm sie aber rasch jährlich um
11m,4 bis 36m zu, bis sie im Mai 1875 1000m erreichte. In 149 Jahren, d. i. von 1726
bis 1874, betrug die Gesammtausbeutung des Przibramer Bergwerkes 13743235 fl. ö. W.,
wovon 1091886 fl. 19 kr. an die Privatmitgewerken ausgezahlt wurden.
Analysen von Banka-Zinn.
Blandeeren hat Zinn aus den verschiedenen Districten von
Banka mit folgenden Resultaten analysirt.
Namen der Districte.
Eisen.
Schwefel.
Djeboes
0,0087
0,0099
Blinjoe
0,0175
0,0030
Soengeiliat
0,0060
0,0040
Pangkalpinang
0,0060
0,0027
Merawang
0,0070
0,0090
Soengeislan
0,0196
0,0029
Arsen konnte nicht nachgewiesen werden, Spuren von Blei nur im Djeboes-Zinn;
Kohlenstoff war in allen Proben spurenweis vorhanden. (Berg- und
hüttenmännische Zeitung, 1875 S. 454.)
Zur Analyse des Cementkupfers.
R. Fresenius (Zeitschrift für analytische Chemie, 1876 S.
63) zeigt, daß sich aus Cementkupfer, welches aus feinem Pulver, mittelfeinem Pulver
und etwas gröbern Kupferstückchen besteht, auf gewöhnliche Weise keine genaue
Durchschnittsprobe nehmen läßt. Er hat daher bei einer Untersuchung eine größere
Probe mittels zweier Blechsiebe getrennt in
g
3197,5
feines Pulver
747,0
mittelfeines Pulver
414,2
gröbere Kupferstückchen.
–––––––
Zusammen
4358,7.
Von jedem Antheil wurde nun 1/10 genommen, also 3193,75 feines, 74g,7 mittelfeines Pulver und 41g,42 gröbere Stückchen, zusammen 4353,87.
Diese wurden in Salpetersäure und Salzsäure gelöst und ergaben im Mittel 75,24 Proc.
Kupfer.
Bereitung von Uchatiusstahl zu Wikmanshytte in
Schweden.
In Wikmanshytte werden als Materialien verwendet, granulirtes Roheisen und
feingepochtes bestes Biszberger Rösterz. Die Tiegel fassen ungefähr 25k Stahl und halten gewöhnlich 6
Schmelzungen von 3 1/2 Stunden Dauer aus. Bei Stahlsorten (Nr. 6) von 0,30 bis 0,45
Proc. Kohlenstoffgehalt dauert die Schmelzzeit 7 bis 8 Stunden, und hält der Tiegel
nur eine solche Schmelzung aus. Der Brennmaterialverbrauch stellt sich auf 4hl,2 Coaks für 50k Stahl.
Die Numerirung des Stahls ist folgende.
Nr.
Kohlenstoffgehalt
Verwendung.
3
0,70–0,85
Proc.
–
2
0,85–0,95
„
Steinbearbeitungswerkzeuge.
1
0,95–1,10
„
Schneidwerkzeuge. Prägstempel.
03
1,10–1,20
„
Schneidwerkzeuge.
02
1,20–1,30
„
Mühlhacken. Rasirmesser.
(Aus Jernkontorets Annaler 1874, durch Berg- und
hüttenmännische Zeitschrift, 1875 S. 349.)
Elektromagnetischer Regulator für den schwingenden Salon des
Bessemer-Schiffes.
Zur Bewegung des schwingenden Salons des Bessemer-Schiffes, dessen in diesem
Journale (1875 217 153) bereits gedacht wurde, sind zu
beiden Seiten der zur Längsachse des Schiffes parallelen Achse, an welcher der Salon
hängt, je ein hydraulischer Cylinder angebracht. Es kommt also darauf an, den
Vertheilungsschieber dieser beiden Cylinder zu bewegen – in dem Augenblicke,
wo der Salon seine horizontale Lage verläßt. Dazu hatte Bessemer einen eigenthümlichen (im Engineering, October 1874 beschriebenen) gyroskopischen Regulator angewendet.
Dieser versagte, da die Regulatorachse in Folge des Druckes, welchen sie auf den
Schieber ausüben mußte, schließlich aus ihrer verticalen Lage kam. Deshalb stellte
Bessemer einen Mann daneben, welcher die Achse bei
jeder merklichen Abweichung von der Verticalen wieder vertical stellte. Später
verwarf er den gyroskopischen Regulator ganz und übertrug die Steuerung einem
Manne.
An Stelle dessen schlägt nun Alb. PH. Kapteyn in Ede (Revue universelle, 1875 Bd. 37 S. 656 mit Abbildungen)
einen einfachen und ganz automatischen elektromagnetischen Regulator vor. Derselbe
besteht aus einem vierstrahligen Kreuze auf einer horizontalen Drehachse. Der nach
oben gerichtete Arm des Kreuzes bewegt den Vertheilungsschieber der Cylinder; die
beiden nach links und rechts laufenden Arme des Kreuzes tragen an ihrem Ende den
Anker je eines unter dem Arme stehenden aufrechten Elektromagnetes E₁ und E₂,
welche durch Anziehung ihres Ankers den Schieber mittels des obern Armes bewegen; am
Ende des nach unten gerichteten Armes endlich sitzt der Anker eines liegenden Magnetes E₃, welcher seinen Anker (nach links) anziehen
und das Kreuz in seiner der Horizontalstellung des Salons entsprechenden Mittlern
Normalstellung festhalten soll. Damit dies pünktlich geschehe, ist etwas oberhalb
E₃ ein stellbarer Anschlag für den untern Arm
vorhanden, welcher die Anziehung dieses Armes begrenzt. Die Elektromagnete E₁ und E₂
sollen natürlich zur Wirkung kommen, sobald der Salon nach links oder nach rechts
aus der Horizontalen herausgegangen ist. Damit nun der Anschlag links neben dem
untern Arme nicht die Wirkung des rechten Elektromagnetes E₂ auf das Kreuz verhindert, ist der untere Theil des nach unten
gehenden Armes mit einem Gelenk versehen. Die Art und Weise, wie die drei
Elektromagnete in Thätigkeit gesetzt und dadurch die Stellung des Kreuzes und durch
dieses mittels der Cylinder die Stellung des Salons regulirt wird, ist sehr einfach.
Es ist nämlich eine an den Salon angebrachte, mit Quecksilber gefüllte Röhre
vorhanden, welche kreisförmig gebogen ist, damit sich das Quecksilber in ihr recht
sanft bewege; sollen die Schwankungen des Salons recht gering werden, so gibt man
der Röhre die ganze Breite des Salons. Die beiden obern Enden der Röhre sind offen
und in sie treten links die beiden isolirten Enden des den linken Elektromagnet E₁ und die zu ihm gehörige Batterie enthaltenden,
rechts die beiden Enden des den rechten Elektromagnet E₂ nebst seiner Batterie enthaltenden Stromkreises ein; von dem
Stromkreise aber, in welchem der untere Elektromagnet E₃ und seine Batterie liegt, tritt das eine Ende links, das andere
rechts in die Röhre ein. Durch Stellschrauben werden diese 6 Enden so eingestellt,
daß bei horizontaler Lage des Kreuzes und des Salons die beiden Enden des
Stromkreises von E₃ in das Quecksilber
eintauchen, also E₃ zur Wirkung kommt; daß
dagegen bei einer Neigung der Röhre und des Salons nach links oder nach rechts
beziehungsweise die beiden Enden des linken oder des rechten Elektromagnetes E₁ oder E₂ in
das Quecksilber eintauchen, somit E₁ oder E₂ zur Wirkung kommt und den linken oder rechten
Arm des Kreuzes nach unten bewegt, damit der betreffende Cylinder den Salon wieder
in die horizontale Lage zurückführe.
E–e.
Amerikanische Leistungen im Telegraphiren.
Die jüngste etwa 13000 Worte enthaltende Botschaft des Präsidenten der Vereinigten
Staaten wurde am 7. December 1875 von der Western Union
Company auf 18 Drähten zugleich in etwa 31 Minuten (also etwas über 23
Wörter auf 1 Draht in 1 Minute) für die Associated Press
von Washington nach New-York befördert. Für die American Press Association ward sie von der Atlantic and Pacific Telegraph Company auf blos 3 Drähten befördert, so
daß der Schluß der Botschaft nach. Verlauf von 77 Minuten zur Aushändigung bereit
war; dabei wurden etwa 9000 Wörter (117 in 1 Minute) auf 1 Drahte mittels eines
automatischen Apparates befördert, der Nest auf zwei mit Morsetelegraphen besetzten
Drähten (26 Wörter auf 1 Draht in 1 Minute). Es waren dabei 6 Telegraphisten, 9
Locher und 14 Abschreiber beschäftigt. In den Zeitungen der der Press Association erschien die Botschaft in richtiger
Gestalt, in denen der Associated Press sehr verstümmelt,
(Telegrapher 1875, Bd. 11 S. 299.)
E–e.
Die größte Inductionsspule.
Die bis jetzt hergestellte größte Inductionsrolle besitzt das Royal Polytechnic Institute in London. Die Länge der Spule mißt 9 Fuß 10
Zoll (3m), ihr Durchmesser 2 Fuß (610mm); ihr Gewicht beträgt 15 Ctr. (822k,4), mit Einschluß von 477 Pfd. (508k) Hartgummi. Der Kern ist 5 Fuß (1m,525) lang und 4 Zoll (102mm) im Durchmesser und besteht aus
Eisendraht (engl.) Nr. 16. Die primäre Spule besteht aus 145 Pfund (65k,7) – 3770 Yards (3447m) Draht Nr. 13. Die secundäre Spule
enthält 150 Miles (241400m), Draht von 606
Pfd. (275k Gewicht und 33560 Ohmads
Widerstand. Der Condensator hat sechs Theile, deren jeder 125 Quadratfuß (11qm,6) Zinnfolie enthält. Mit 5 großen
Bunsen'schen Elementen gibt dieser Inductor 12 Zoll (305mm) lange Funken, mit 50 Elementen aber
wächst die Funkenlänge auf 29 Zoll (737mm).
(Nach dem Journal of the Telegraph. 1875 Bd. 8 S.
261.)
E–e.
Bestimmung der Phosphorsäure im Guano.
Gilbert (1873 208 468) empfahl
bei Bestimmung der Phosphorsäure in den importirten Guanosorten diese zur Zerstörung
der organischen Stoffe mit Soda und Kaliumchlorat zu schmelzen, um die Bildung von
Pyrophosphorsäure zu verhindern. Schumann (Zeitschrift
für analytische Chemie, 1875 S. 301) hält dagegen die Zerstörung der organischen
Substanz für völlig überflüssig, sobald man sich der Molybdän-Methode
bediene. Er empfiehlt 10g der gepulverten
Substanz in einem 1/2l Kolben mit etwa
100cc Wasser und 40cc Salpetersäure von 1,18 bis 1,20 spec.
Gew. eine halbe Stunde zu kochen. Nach dem Verdünnen mit Wasser auf etwa 400cc läßt man abkühlen, füllt bis 500cc auf, filtrirt und bestimmt in 25cc des Filtrats die Phosphorsäure mit
Molybdänsäure in bekannter Weise. Da hierbei nur Spuren von Kieselsäure gelöst
werden, so ist das zeitraubende Eindampfen zur Abscheidung derselben nicht
erforderlich.
Als Beleg für die Genauigkeit dieses Verfahrens gibt er an, bei der Bestimmung mit
Molybdänsäure nach der Schmelzmethode und der directen Lösung mit Salpetersäure
folgende Resultate erhalten zu haben:
Schmelzmethode
Direct gelöst
Mejillonesguano
35,72
Proc.
35,67
Proc.
P₂O₅
Bakerguano
32,78
„
32,79
„
„
Enderburyguano
38,00
„
38,08
„
„
Maldenguano
34,35
„
34,30
„
„
Reductionen durch Fäulnißorganismen.
Meusel berichtet, daß die Nitrite im Brunnenwasser sehr
oft durch Reduction der Nitrate entstehen und zwar durch Vermittlung der Bakterien.
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1875 S. 1214.)
Nach Bechamp (1869 191 336)
wird Gyps nur dann zu Schwefelcalcium, Eisenvitriol zu Schwefeleisen reducirt, wenn
Fäulnißorganismen zugegen sind.
Cohn erkannte in den farblosen, schleimigen Massen, welche
den Felsgrund des Georgenbassins zu Landeck überziehen, Algen und brachte dieselben
in Beziehung zu dem Schwefelwasserstoff, welchen das Landecker Wasser in Flaschen,
die gleichzeitig diese Algen enthalten, durch den starken Geruch erkennen läßt.
Dieser Geruch verlor sich nämlich, als das Wasser zur Untersuchung der Algen in eine
offene Schüssel gegossen wurde, und erzeugte sich von neuem, nachdem die Algen in
die Flasche zurückgebracht worden waren. Auch die chemische Analyse der Landecker
Quellen ergab 5mal mehr Schwefelwasserstoff, wenn dasselbe zugleich mit den Algen 4
Monate lang in verschlossenen Glasgefäßen aufbewahrt worden war, als das frische
Thermalwasser, während dasselbe Wasser ohne Algen aufbewahrt geruchlos und frei von
Schwefelwasserstoff war.
Auch der schneeweiße schleimige Ueberzug, der sich in einem Seeaquarium auf dem mit
zersetzten Thier-Pflanzenresten und bedeckten Grunde desselben bildete und
reichlich Schwefelwasserstoff entwickelte, wurde von Cohn
als aus Algen, Beggiatoa, bestehend erkannt, welche zu
den Oscillarineen gehört. Diese weißen Schleimmassen der Beggiatoen sind in allen
Schwefelthermen (Warmbrunn in Schlesien, Aachen, Baden im Aargau, Bäder der Pyrenäen
u.s.w.) nachgewiesen worden, während sie in Quellen ohne Schwefelwasserstoff völlig
fehlen. Aller Schwefelwasserstoff in Mineralquellen wird demnach aus der Zersetzung
von Sulfaten und Sulfiden durch Beggiatoen und andern Oscillarineen herrühren.
Einige Flaschen mit Wasser aus mehreren mit Thieren und Wasserpflanzen belebten
Lachen von der Seeländischen Küste entwickelten beim Oeffnen einen sehr starken
Geruch nach Schwefelwasserstoff. Das Wasser enthielt zahlreiche Beggiatoen, Monaden
und Spirillen von ungewöhnlicher Größe, welche in ihrem Innern zahlreiche Körnchen
von regulinischem Schwefel enthielten.
Ein großer Theil der Organismen, welche in sulfathaltigem Wasser auf modernden
Pflanzen leben, besitzt eine ausfallende pfirsichblüthrothe Farbe. Fortgesetzte
Untersuchungen Cohn's (Beiträge zur Biologie der
Pflanzen, 3. Heft S. 156 bis 180) zeigen, daß diese Gebilde theils zu den Algen, theils
zu den Bakterien gehören, wie die Beggiatoen in schwefelwasserstoffhaltigem, also
sauerstofffreiem Wasser leben und Körner von regulinischem Schwefel enthalten.
F.
Verbrauch alkoholischer Getränke in Großbritannien und
Irland.
Auf Veranlassung des Hauses der Gemeinen ist im vereinigten Königreiche eine
Statistik über den Consum geistiger Getränke aufgestellt; die
„Statistische Correspondenz“ entnimmt diesem Berichte
folgende Angaben.
An ausländischem Spiritus und Branntwein wurden verbraucht Gallonen (à 4l,543) in:
Jahr.
England.
Schottland.
Irland.
Zusammen.
1869
7081033
693360
401422
8175815
1871
7770181
668287
488151
8926619
1873
8692901
978769
587758
10259428
Der Verbrauch des im Inlande dargestellten Spiritus und Branntweins betrug Gallonen
in:
Jahr.
England.
Schottland.
Irland.
Zusammen.
1869
11501901
5285329
4934860
21621590
1871
12874782
5671677
5617435
24103644
1873
15851906
6832487
6224108
28908501
Ausländische Weine wurden verbraucht Gallonen in:
Jahr.
England.
Schottland.
Irland.
Zusammen.
1869
12402360
907502
1416765
14726627
1871
13488885
1030749
1621049
16140683
1873
14916441
1252587
1731904
17900832
Die Größe des Consums inländischer Biere läßt sich daraus berechnen, daß im
Vereinigten Königreiche i. J. 1869 52578339, i. J. 1871 54160917 und i. J. 1873
sogar 63496785 Bushels (à 36l,35) Malz zur Bierfabrikation verwendet
wurden.
Die gesammten Landeseinnahmen, einschließlich der Steuern, aber ausschließlich der
Zölle, betrugen in dem Finanzjahre 1873/74 zusammen 46679674 Pfd. St. Die Steuern
von Wein, Spiritus, Liqueuren, Branntwein, Bier etc. erreichten in demselben Jahre
den Betrag von 25203008 Pfd. St., d.h. letztere machten 54 Proc. der gesammten
Einnahme aus. Die Zölle brachten 20593641 Pfd. St. ein, davon entfielen 7096053 Pfd.
St. oder 34 Proc. auf die alkoholhaltigen Getränke einschließlich des Bieres.
Die gesammten Einnahmen des gedachten Finanzjahres betrugen 74478398 Pfd. St. Hiervon
brachten allein die Steuern und Zölle aus Spirituosen, Bier und andere
alkoholhaltige Flüssigkeiten 32299062 Pfd. St. oder 43 Proc. auf.
Dampfwinde und Drahtseil-Straßenbahn, erfunden von W.
Eppelsheimer.
Wir haben im vorigen Jahrgange dieses Journals nach dem Engineer die Beschreibung einer „Amerikanischen Dampfwinde“ (1875 217 8) gebracht, welche wir nachträglich als Erfindung (amerikanisches
Patent vom 5. October 1869) eines Deutschen, Ingenieur W. Eppelsheimer, derzeit in Kaiserslautern, bezeichnen können.
Ebenso gebührt unserm genannten Landsmanns an der Erfindung und Construction der Drahtseil-Straßbahn (1875 216 186), welche die amerikanische Zeitschrift Scientific American nur mit dem Namen des Drahtseilfabrikanten A. S. Hallidie vorgeführt hat, nach uns nachträglich
vorgelegten Documenten ein solch hervorragender Antheil, daß derselbe in diesem
Journal durch eine besondere Mittheilung gewahrt zu werden verdient. Redaction von
Dingler's polyt. Journal.