Titel: | Ueber die Zusammensetzung der Röstgase von Schwefelkiesöfen; von A. Scheurer-Kestner. |
Autor: | A. Scheurer‐Kestner |
Fundstelle: | Band 219, Jahrgang 1876, S. 512 |
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Ueber die Zusammensetzung der Röstgase von
Schwefelkiesöfen; von A.
Scheurer-Kestner.
Scheurer-Kestner, ü. Zusammensetzung der Röstgase von
Schwefelkiesöfen.
Im vorhergehenden Bande dieses Journals (1875 218 322)
veröffentlicht Hr. Friedr. Bode aus Haspe eine Kritik der
Notiz über Röstgase, welche ich vor einigen Monaten der Société chimique in ParisBulletin de la société chimique,
1875 t. 23 p.
437. vorgelegt habe.
Bode hat Recht, wenn er behauptet, daß schon lange vor Kuhlmann, auf welchen ich mich bezog, die oxydirenden
Eigenschaften des Eisenoxydes bekannt gewesen sind. Auch hat Bode Recht,
wenn er sagt, daß der zweite Theil meiner Versuche im Widerspruch mit den Versuchen
Plattner's steht, welche dieser bekannte Hüttenmann
in seinem vor 20 Jahren erschienenen Buche über RöstprocesseCarl Friedrich Plattner: Die metallurgischen
Röstprocesse. Freiberg 1856. veröffentlicht hat. Ich habe dieses Werk leider bis dahin nicht gekannt,
inzwischen aber Gelegenheit gehabt, den Werth desselben schätzen zu lernen. Dennoch
muß ich die Richtigkeit meiner Angaben vollständig aufrecht erhalten; während Plattner eine Zersetzung der schwefligen Säure in
Schwefel und Schwefelsäure beobachtet haben will, indem er schweflige Säure bei
Abschluß von Luft über rothglühendes Eisenoxyd leitete, findet nach meinen Versuchen
unter gleichen Umständen eine solche Zersetzung nicht
statt.
Im zweiten Theile seiner Kritik sucht Bode, ohne sich
übrigens auf irgend welchen eigenen Versuch zu stützen, zu beweisen, daß die
Berechnungen und Schlußfolgerungen, welche ich aus der von mir gefundenen
Zusammensetzung der Röstgase gezogen habe, falsch sind. Ich hatte die
Zusammensetzung der analysirten Gasprobe gefunden:
Schweflige Säure
4,34
Sauerstoff
11,18
Stickstoff
84,48
–––––
100,50
und ich fügte hinzu, daß, wenn nach der Bildung der
schwefligen Säure kein Sauerstoff mehr zur weitern Umwandlung der schwefligen Säure
in Schwefelsäure verwendet worden wäre, die Zusammensetzung der Gase bei dem
gefundenen Gehalt an schwefliger Säure hätte sein müssen:
Schweflige Säure
4,34Für diese und die folgenden Berechnungen habe ich der Einfachheit
halber die Zusammensetzung der Luft in runden Zahlen angenommen:
Stickstoff 79 und Sauerstoff 21.In Folge eines kleinen Rechenfehlers hat sich hier ein unbedeutender
Fehler eingeschlichen, den ich Gelegenheit nehme, zu corrigiren.
Anstatt der angegebenen Zahlen muß es heißen:Schweflige Säure4,34 Sauerstoff15,38 Stickstoff80,28 –––––––100,00.
Sauerstoff
15,41
Stickstoff
80,25
––––––
100,00.
Gegen diese Zahlen erhebt sich Bode, aber mit UnrechtVgl. Bode's eigene Berichtigung, in diesem Bande
S. 376. D. Red. Nach ihm müßte die Zusammensetzung der Gase so sein, daß man in denselben
allen ursprünglichen
Sauerstoff der Luft entweder in freiem Zustand oder als schweflige Säure vorfände,
und da 1 Vol. schweflige Säure = 1 Vol. Sauerstoff, so müßte nach Bode die Summe der schwefligen Säure und des Sauerstoffes
= 20,96, mithin die Zusammensetzung der Gase sein:
Schweflige Säure
4,34
Sauerstoff
16,62
Stickstoff
79,04
–––––
100,00.
Bode begeht hier einen großen Irrthum, den er um so mehr
hätte vermeiden sollen, als er es sich zur Aufgabe gestellt hat, eine Kritik zu
schreiben. Er vergißt ganz, daß eine gewisse Quantität Sauerstoff zur Bildung von
Eisenoxyd verwendet wird und somit aus der Zusammensetzung der Gase verschwindet.
Die Quantität des zur Bildung von Eisenoxyd verwendeten Sauerstoffes findet man
durch folgende Gleichung:
2 FeS₂ + 11 O = Fe₂O₃ + 4SO₂
Von den 11 Vol. Sauerstoff, welche zu dieser Reaction nothwendig sind, verbinden sich
3 Vol. mit dem Eisen und 8 Vol. mit dem Schwefel, um 8 Vol. schweflige Säure zu
bilden. Also für je 2 Vol. Sauerstoff, welche 2 Vol. SO₂ bilden, werden 0,75
Vol. Sauerstoff sich mit dem Eisen verbinden. Wir sagen nunmehr:
2 : 0,75 = 4,34 : x: x = 1,62,
d.h. für die 4,34 schweflige Säure, welche ich in den Oasen
gefunden, haben sich 1,62 Sauerstoff mit dem Eisen der Abbrände verbunden.
Man rechnet nun auf folgende Weise die Zusammensetzung der Gase aus:
Schweflige Säure
4,34
Sauerstoff und Stickstoff
95,66
––––––
100,00.
Im Augenblick, wo die Gase aus dem Ofen treten, haben sie den Sauerstoff, welcher zur
Oxydation des Eisens gedient hat, verloren. Die Gesammtmenge des Sauerstoffes,
welcher ursprünglich in der Luft, die zur Verbrennung des Kieses gedient hat,
vorhanden war, findet sich also in folgenden Zahlen:
Schweflige Säure
4,34
Sauerstoff und Stickstoff
95,66
Sauerstoff, vom Eisen absorbirt
1,62
––––––
101,62.
Die Luft enthält 21 Proc. Sauerstoff. In 101,62 Th. Luft ist mithin 21,34 Sauerstoff
enthalten, von welcher Zahl man nur die schweflige Säure: 4,34, sowie den durch das Eisen
gebundenen Sauerstoff: 1,62, abzuziehen braucht, um den Sauerstoff zu finden,
welcher in den Gasen bei ihrem Austritt aus dem Ofen enthalten ist:
21,34
– 5,36
–––––
15,38.
Die Zusammensetzung des Gasgemenges würde mithin für den Fall, daß der Sauerstoff der
Luft nur zur Bildung von schwefliger Säure und Eisenoxyd verwendet worden wäre,
sein:
Schweflige Säure
4,34
Sauerstoff
15,38
Stickstoff
80,28
–––––
100.
Diese Erklärungen werden Wohl genügen, um zu beweisen, daß die Methode, welche ich
bei meinen Berechnungen angewendet habe, correct ist und Hr. Bode sich geirrt hat.
Vor einiger Zeit hat C. Büchner in diesem Jounal (1875 215 555. 216 96) einige
Analysen von Röstgasen veröffentlicht, bei welchen man, wie überhaupt bei allen
Analysen, welche wir kennen, einen großen Ueberschuß von Stickstoff und zu wenig
Sauerstoff findet.
Die eine der drei Analysen von Büchner gibt z.B.
Schweflige Säure
6,07
Sauerstoff
7,18
Stickstoff
36,74
–––––
99,99.
Wenn der Sauerstoff der Luft nur zur Bildung von schwefliger Säure und Eisenoxyd
verwendet wäre, hätte man bei einem Gehalt von 6,07 schwefliger Säure 13,13
Sauerstoff finden müssen:
Schweflige Säure
6,07
Sauerstoff
13,13
Stickstoff
80,80
––––––
100,00.
Diese Analyse hat demnach 5,95 Proc. Sauerstoff zu wenig und ebensoviel Stickstoff zu
viel ergeben.
Eine Analyse, welche ich von Röstgasen gemacht habe, die von einem Ofen herrühren,
worin man feinen Schwefelkies auf Etagen verbrennt, hat mir folgendes Resultat
gegeben, welches sich dem von Büchner erhaltenen
nähert:
Schweflige Säure
6,5
Sauerstoff
7,5
Stickstoff
86,0
–––––
100,0.
Diese Analyse hat 5,08 Proc. zu wenig Sauerstoff und ebensoviel Stickstoff zu viel
ergeben.
Diese Zahlen beweisen, in welchen bedeutenden Mengen sich Schwefelsäure bei der
Röstung von Schwefelkies bilden muß, und, entgegen der Meinung von Bode, beträgt im Vergleich hierzu das in den Abbränden
bleibende schwefelsaure Eisen einen nur verschwindend kleinen Theil. Die
Schwefelkiesrückstände, die von der Verbrennung der Kiese herrühren, welche diese
Röstgase gegeben haben, enthalten nur 1,5 bis 2 Proc. Schwefel, theils als
Schwefeleisen, theils als schwefelsaures Eisen. Wenn man z.B. die höchste Zahl: 2
Proc. Schwefel annimmt, und wenn man weiter annimmt, was übrigens nicht der Fall,
hingegen für die Annahme von Bode am günstigsten ist,
dieser Schwefel befinde sich gänzlich als schwefelsaures
Eisen in den AbbrändenDie Schwefelkiesrückstände enthalten stets etwas Schwefeleisen, namentlich
wenn die Luft in gewissen Theilen der Röstmasse gefehlt hat. (Vgl. Scheurer-Kestner und Rosenstiehl im Bulletin de la
société chimique, 1868 t.
9 p. 43.), so erkennt man doch gleich, daß der zur Bildung dieses Eisensulfats
absorbirte Schwefel nicht mehr als 0,35 betragen kann. Die zu diesem Versuch
verwendeten Kiese haben nämlich ungefähr 70 Proc. Rückstände gegeben, die unserer
Annahme zufolge 2 Proc. Schwefel enthalten, was mithin bei 70 Proc. Abbränden 1,4
Proc. Schwefel für den Kies macht. Da nun der Kies selbst 45 Proc. Schwefel
enthielt, so befinden sich etwa 3 Proc. des in dem Kies enthaltenen Schwefels als
schwefelsaures Eisen in den Abbränden. Das analysirte Gasgemenge enthält 6,5 Proc.
schweflige Säure, welche 97 Proc. des in dem Kies enthaltenen Schwefels
repräsentiren, d.h. der dreihundertste Theil von 6,5 repräsentirt das Volum
Sauerstoff, welches nöthig gewesen ist, um die 2 Proc. Schwefel der Abbrände in
schweflige Säure überzuführen, wozu noch die Hälfte desselben Volums hinzuzufügen
ist für den Sauerstoff, welcher die schweflige Säure in Schwefelsäure übergeführt
hat. Schließlich findet man durch die bekannte Rechnung noch den Sauerstoff, welcher
sich mit dem Eisen verbunden hat. Man erhält auf diese Weise:
Schweflige Säure des Gasgemenges
6,50
Sauerstoff, vom Eisen absorbirt
2,43
Sauerstoff des Eisensulfats,
1) um schweflige Säure zu
bilden
0,19
2) um letztere zu
oxydiren
0,09
3) um das Eisen zu
oxydiren
0,07
0,35
––––
Sauerstoff des Gasgemenges
7,50
–––––
16,78
Stickstoff des Gasgemenges
86,00.
86 Stickstoff entsprechen 22,86 Sauerstoff anstatt 16,78, die wir gefunden haben. Wir
haben mithin 6,08 Sauerstoff zu wenig. Nehmen wir nun an, dieser Sauerstoff sei zur
Bildung von schwefliger Säure, welche sich dann in Schwefelsäure verwandelte, und
zur Oxydation einer ensprechenden Menge Eisens verwendet, so finden wir, daß von den
6,08 Sauerstoff 3,24 verwendet sind, um 3,24 Vol. schweflige Säure zu bilden. Zur
Umwandlung dieser in Schwefelsäure wurden 1,62 Vol. Sauerstoff absorbirt, während
1,22 Vol. Sauerstoff sich mit der entsprechenden Menge Eisen verbunden haben.
Indem wir nun diese Resultate zusammenfassen, finden wir:
Schweflige
Säure,
als solche gefunden
6,50
„
„
in Schwefelsäure verwandelt
3,24
„
„
als schwefelsaures Eisenoxyd in den Abbränden
0,19
––––
9,93,
oder mit andern Worten und das Ganze auf 100 Th. Schwefel
ausgerechnet:
Schweflige
als
schweflige Säure
65,5
„
„
Schwefelsäure
32,5
„
„
schwefelsaures Eisenoxyd in den Abbränden
2,0
–––––
100,0.
Obgleich directe Bestimmungen bis dahin noch nicht so große Mengen Schwefelsäure in
den Röstgasen ergeben haben, als dies vorstehende Zahlen verlangenBulletin de la société chimique,
1868 t. 9 p. 44., so ist doch gewiß, daß fast alle Gasanalysen, welche wir kennen, ähnliche
Mengen Sauerstoff zu wenig ergeben haben, und diese Thatsache kann nicht anders als
durch die Annahme der Bildung einer entsprechenden Menge Schwefelsäure erklärt
werden.
Im Folgenden gebe ich zum Beispiel 6 Gasanalysen, welche an demselben Ofen, aber zu
verschiedenen Tageszeiten vorgenommen worden sind.
7 Uhr Morgens:
SO₂
6,5
10 Uhr Morgens:
SO₂
8,0
O
9,0
O
7,0
N
84,5
N
85,0
–––––
–––––
100,0
100,0
8 Uhr Morgens:
SO₂
6,5
3 Uhr Nachmittags:
SO₂
9,0
O
8,5
O
6,0
N
85,0
N
85,0
–––––
–––––
100,0
100,0
9 Uhr Morgens:
SO₂
6,0
4 Uhr Nachmittags:
SO₂
8,7
O
8,5
O
7,3
N
85,5
N
84,0
––––
–––––
100,0
100,0.
Die Probenahmen haben stets 1/2 Stunde nach dem Chargiren des
Ofens, welches jede Stunde geschieht, stattgefunden.
Bode bemerkt zum Schluß noch, daß, um genaue Resultate zu
erzielen, es nicht genügen würde, die Schwefelsäure in den Gasen direct zu
bestimmen, sondern man müßte auch noch die Schwefelsäure in den Abbränden bestimmen
und dürfte ferner nicht vergessen, daß sich die Schwefelsäure in den Abbränden auch
als schwefelsaures Eisenoxydul, anstatt an Eisenoxyd gebunden, finden kann. Das ist alles richtig.
Man könnte selbst noch hinzufügen, daß man den Schwefel, welcher sich als
Einfachschwefeleisen in den Abbränden findet, bestimmen müßte, denn dieser Schwefel
hat Anlaß zu einem geringern Verbrauch von Sauerstoff gegeben. Allein bei einem
guten Ofengang fallen alle diese Ursachen fast ganz fort, und sie können die
Resultate im Großen und Ganzen nicht wesentlich beeinflußen. Wir müssen deshalb die
durch die Gasanalysen erhaltenen Zahlen und die daraus gezogenen Berechnungen und
Schlüsse als richtig annehmen.
Thann, den 24. Januar 1876.