Titel: Bicheroux' Gasofen; von L. Taskin.
Fundstelle: Band 219, Jahrgang 1876, S. 220
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Bicheroux' Gasofen; von L. Taskin. Mit Abbildungen auf Taf. V [a/2]. Taskin, über Bicheroux' Gasofen. Der Ofen von Bicheroux, welcher in der letzten Zeit eine sehr große Verbreitung sowohl in Deutschland selbst, wo er zuerst auf dem Blechwalzwerk des Erfinders in Duisburg in Betrieb gekommen ist, als auch im Auslands gefunden, bietet bei einfacher Construction und leichter Bedienung die hauptsächlichsten Vortheile der Gasöfen. Im Princip unterscheidet sich dieser Ofen von den gewöhnlichen nur dadurch, daß an Stelle der ursprünglichen Feuerungseinrichtung ein Siemens-Gasgenerator getreten ist. Die abgehende Ofenwärme, welche von Siemens zur Erhitzung der Gase und der Verbrennungsluft benützt wird, gebraucht Bicheroux zur Heizung eines Dampfkessels; im Gegensatz zu den Siemens-Oefen treten die Gase mit einer solchen Temperatur aus dem Generator, daß sie sich bei ihrem Eintritt in den Ofen von selbst entzünden, sowie sie mit der kalten oder etwas erwärmten Verbrennungsluft zusammenkommen. Die nähere Disposition eines Bicheroux-Ofens ergibt sich aus Fig. 11 und 12. Die Wände des Generators A, welche aus feuerfesten Steinen hergestellt werden, sind vorn und hinten nach Innen geneigt; der dadurch gebildete Trichter ist unten durch einen Rost, oben durch ein Gewölbe abgeschlossen, in welchem vorn drei oder vier Oeffnungen zum Beschicken und Vertheilen der Kohlen angebracht sind; diese Oeffnungen werden entweder mittels starken Ziegelsteinen oder einfach durch Kohle geschlossen. Der Generator kann an einer beliebigen Stelle des Ofens aufgestellt werden; so hat man in einzelnen Fällen den erstern 12m bis 15m vom letztern ohne besondere Beeinträchtigung des Ofenganges entfernt. Immer empfiehlt es sich jedoch, wenn es sonst angeht, Generator und Ofen möglichst zu nähern; die Inbetriebsetzung erfolgt alsdann schneller und ist man weniger Wärmeverlusten und andern Schwierigkeiten ausgesetzt, welche mit langen Gasleitungen verknüpft sind. Die Verbindung des Generators mit dem Ofen geschieht durch einen rechtwinklig abgebogenen Canal BC, in dessen Mündung zwei Reihen kleiner Oeffnungen oder Düsen G angebracht sind, durch welche die zur Verbrennung nothwendige Luft ausströmt. Letztere wird, ehe sie mit den Gasen in Berührung kommt, vorher möglichst erwärmt dadurch, daß man sie unter dem Ofenherde und in Canälen, welche an den Wänden des Systems angebracht sind, circuliren läßt. Es kann dies auf sehr verschiedene Art und Weise ausgeführt werden; so tritt beispielsweise in Fig. 11 und 12 die Luft unter der Ofensohle durch zwei Oeffnungen D am Ofenrande ein, circulirt langsam unter der Sohle und tritt in einen hohlen gußeisernen Balken E, welcher die Feuerbrücke trägt; der Luftstrom theilt sich alsdann in zwei Richtungen den Seitencanälen F, F entlang, von wo aus die Luft durch die Düsen G, G ausströmt.Bei einem Ofen der Gesellschaft J. Cockerill in Seraing hat man den Generator dicht an den Ofen gestellt und in einem solchen Niveau, daß der Canal B vom Generator ab horizontal in C einmündet, während die Verbrennungsluft, nachdem sie die Sohle des Ofens bestrichen, durch die Feuerbrücke in zwei Canälen in eine Art Kammer mündet, welche in der vordern Wand R liegt. Aus dieser tritt sie quer in C aus durch den obern Theil der Wand R, welcher zu diesem Zwecke aus hohlen Ziegeln ohne Mörtel aufgebaut ist. Dieser Wandtheil bildet gleichsam eine Art Filter, durch welches die Luft in feinen Strahlen austritt. Aus Fig. 13 und 14 ergibt sich eine Disposition der Bicheroux-Feuerung zur Dampfkesselheizung. Zur Erwärmung der Luft benützt man die in der vordern Kesselwand aufgespeicherte Wärme. Zu dem Zwecke hat man daselbst horizontale Canäle g mittels hohler Gußplatten angebracht, in welchen die Luft, ehe sie mit den Gasen zusammentrifft, einen zickzackförmigen Weg zurücklegt. Schließlich müssen wir noch hervorheben, daß man, um die Menge der eintretenden Gase reguliren zu können, einen Schieber sowohl im Luftcanal F als auch im Gascanal C anbringen muß. Der Betrieb eines solchen Ofens ergibt sich aus Obigem und weicht fast gar nicht von dem eines gewöhnlichen Ofens ab; nur der Gasgenerator ist vom eigentlichen Ofen getrennt, und gerade hierin liegt die ökonomische Seite des Systems. In Folge der Trennung des Feuerherdes vom Ofen kann man nämlich letztern so disponiren, daß er sich am besten für die Kohlensorte eignet, welche am leichtesten und billigsten zu beschaffen ist, was fast nie erreicht werden kann, wenn Feuerung und Ofen zusammenhängen. Man kann aus diesem Grunde wie beim Siemens'schen System den Generator so disponiren, daß jede Kohlensorte mit dem größtmöglichen Nutzeffect verwendet werden kann. Die großen Dimensionen, welche man dem Generator geben kann, folglich die große Masse stets glühender Kohlen, gestatten eine größere und regelmäßigere Erzeugung von Gas und daher auch einer größern und regelmäßigern Flamme und Wärme. Es ist allgemein bekannt, von welcher Einwirkung das Chargiren und Reinigen eines Rostes auf den Gang eines gewöhnlichen Ofens ist; bei großen Generatoren hingegen bleibt die Ofenwärme viel constanter. Ein anderer Vortheil des Systems beruht in der größern Arbeitstheilung, die durch Trennung des producirenden und consumirenden Gasapparates ermöglicht ist. Der Ofenarbeiter bedient ausschließlich seinen Ofen, während die Leitung der Regeneratoren besondern Arbeitern anvertraut ist. Es ist dieses ein Vortheil sowohl in Bezug auf die Brennmaterialersparniß als auf die Qualität und die QuantitätQuantiät der geleisteten Arbeit. Bei einem gewöhnlichen Ofen liegt die Bedienung der Feuerung und des Ofens in einer Hand und werden beide Arbeiten nach einander ausgeführt. Ist der Dienst am Ofen ausgeführt und der Arbeiter am meisten ermüdet, so muß er erst den Rost reinigen und das Feuer schüren; es kann unter solchen Umständen diese letztere Operation, so einflußreich sie auch auf den Kohlenverbrauch ist, nicht mit der nämlichen Sorgfalt ausgeführt werden, wie von Jemanden, der ausschließlich die Feuerung zu bedienen hat. Man kann sich hiervon leicht durch einen Vergleich der in beiden Fällen abfallenden Cinders überzeugen. Die Erfahrung hat alle oben angeführten Vortheile vollkommen bestätigt, insbesonders wurde auf dem Werke zu Ougrée gefunden: 1) daß die Qualität der verwendeten Kohlen eine viel geringere sein kann. In den alten Oefen konnte man kaum mit 30 bis 45 Proc. Stücke enthaltender Förderkohle arbeiten; beim Bicheroux-Ofen wendet man nur Kohlenklein an, das durch ein Sieb von 10mm Lochweite gegangen ist; 2) mit der nämlichen Kohlenmenge (Kohlenklein jedoch) ist in der gleichen Zeit die Production um 25 Proc. gestiegen; 3) die Erhitzung ist eine viel regelmäßigere und bessere, wie man sich schon beim blosen Anblick der aus dem Ofen kommenden Pakete überzeugen kann; 4) endlich ist die Dampfentwicklung in den Kesseln, welche durch die abgehenden Gase erhitzt werden, mindestens um 50 Proc. gestiegen. Dieses letztere Resultat, sowie der bessere Ofengang lassen sich leicht durch die regelmäßigere Heizung erklären sowie durch den Umstand, daß die Flamme noch unverbrannte Gase enthält, welche sich bei ihrem Fortströmen entzünden, wo sie der durch Thüren, Ritze und durch den Canal eindringenden Luft begegnen. Die Flamme verlängert sich auch viel weiter unter die Kessel als in den gewöhnlichen Oefen. Vergleichen wir den Bicheroux-Ofen mit den Oefen von Siemens und von Ponsard (vgl. S. 125), so finden wir den einzigen Unterschied in der Art und Weise der Lufterhitzung. Es kann deshalb auf den Brennstoffverbrauch, das Ausbringen und die Qualität nur letzterer Umstand einwirken. Als einzigen und unbestreitbaren Vortheil der beiden letztern Oefen lassen wir den gelten, daß durch Anwendung vollständiger Lufterhitzungsapparate die Luft auf eine höhere Temperatur erhitzt und folglich im Ofen eine stärkere Hitze erzeugt wird; oder es wird wegen der stärkern Erhitzung der Verbrennungsluft eine bestimmte Wärme mit einer geringern Gasmenge erzielt und folglich an Brennstoff gespart. Was aber den ersten Vortheil, den einer größern Hitze, anlangt, so sind die Fälle, in denen man zu einer auf kostspielige Weise erhitzten Luft greifen muß, sehr selten. Für den Schweißofenbetrieb und zum Schmelzen des Bessemer-Roheisens im Flammofen ist die im Bicheroux-Ofen erzeugte Hitze eine mehr als genügende, und dürfte auch zum Schmelzen des Siemens-Martin-Stahls und des Tiegelstahls der Bicheroux-Ofen eine mehr als hinlängliche Hitze geben, zumal festgestellt worden ist, daß im Bicheroux-Ofen die Temperatur an der Feuerbrücke zuweilen so groß ist, daß die feuerfesten Steine erweichen und schmelzen. Was die Brennstoff- resp. Gasersparniß durch höhere Lufterhitzung anlangt, so ist es allerdings wahr, daß im Princip diese Ersparniß proportional sein muß dem Verhältniß an dem Ueberschuß an Luftwärme in einem und dem andern Falle und der durch die Verbrennung erzeugten Temperatur. Denn wenn z.B. in beiden Fällen der Unterschied der Lufttemperaturen 100° oder 200°, die bei der Verbrennung erzeugte Temperatur 1500° beträgt, so würde dieses Verhältniß und folglich auch die Ersparniß wie 100 : 1500 und 200 : 1500 oder 6,6 Proc. und 13 Proc. sein. Aber beim Bicheroux-Ofen werden die gebildeten Gase sofort verbrannt und nicht so bedeutend abgekühlt, wie es beim Siemens-System der Fall ist. Und wäre auch diese problematische Kohlenersparniß wirklich vorhanden, so würde sie durch andere Vortheile, welche der Bicheroux-Ofen den Regenerativsystemen gegenüber besitzt bei weitem aufgehoben. Denn die Construction und der Betrieb dieses Ofens ist bedeutend einfacher und billiger; man kann denselben in schon bestehenden Werken einführen, ohne deshalb schon getroffene Einrichtungen umändern zu müssen, was in Bezug auf die Benützung der abgehenden Wärme zur Kesselheizung von besonderm Belang ist; und endlich läßt sich die Umänderung gewöhnlicher Oefen zu einem Aufwande ausführen, der kaum 25 Proc. der Kosten anderer Systeme beträgt, wobei die Betriebsunterbrechung nicht länger dauert als in dem Fall, wo es sich um eine gewöhnliche Herd- oder Gewölbereparatur handelt. (Nach der Revue universelle, Bd. 36 S. 139. Engineering, December 1875 S. 495.) P. M.

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