Titel: | Ueber Eieralbumin und Blutalbumin; von G. Witz. |
Autor: | G. Witz |
Fundstelle: | Band 219, Jahrgang 1876, S. 84 |
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Ueber Eieralbumin und Blutalbumin; von G. Witz.
Witz, über Eieralbumin und Blutalbumin.
Bei den anhaltend hohen Preisen des Albumins und bei dem neuerdings zunehmenden
Consum dieses Artikels in den Druckereien ist es nicht ohne Interesse, auf den
Gehalt an reinem Albumin der beiden einzigen, in größern Mengen hierfür verfügbaren
Rohmaterialien, des Blutes und der Hühnereier, zurückzukommen. Das Interesse bei den
letztern erhöht sich insbesondere dadurch, daß ihr Consum durch die Industrie
wesentlich dazu beiträgt, den Preis eines allgemein beliebten und für viele Kreise
geradezu unentbehrlichen Nahrungsmittels erheblich zu steigern.
Die bis jetzt bekannten Daten über die Bestandtheile der Eier gehen ziemlich weit aus
einander, je nach der Größe der letztern. Schon das Bruttogewicht eines Eies
schwankt zwischen 45 und 60g; ganz große
Sorten ergaben sogar ein Gewicht von 69g,
die Schale zu 8, das Eiweiß zu 41, das Eigelb zu 20g gerechnet. Auch das Verhältniß zwischen
Eiweiß und Eigelb ist wieder ein wechselndes, da im Frühjahr der Gehalt an ersterm,
im Sommer der Gehalt an letzterm zunimmt, und erklären sich hierdurch doppelt die
schwankenden Angaben über die Ausbeute der Eier an Eiweiß. Nach einigen Angaben
liefern schon 26, nach andern erst 49 Eier 1l Eiweißflüssigkeit. Dieselbe zeigt im frischen Zustand gemessen 6°
B., nach dem Absetzen von 10 Proc. Unreinigkeiten nur noch 5 1/2° B., und
liefert 1l von 12,5 bis zu 14 Proc. seines
Gewichtes an trocknem Albumin.
Indem nun G. Witz (Bulletin de
Rouen, 1875 S. 191) diese verschiedenen Angaben, nach welchen für die
Darstellung von 1k trocknem Albumin bald
189, bald 351 Eier erforderlich sind, einer Sichtung unterwirft, kommt er zu dem
Resultat, daß man ohne einen Unterschied zwischen großen und kleinen Sorten zu
machen, im Mittel
Tab. B., Le Tellier's Apparat zur Reinigung des Wassers
für Dampfkessel, Druckerei, Färberei etc. S. 84-85
annehmen dürfe: 331 Stück Eier, oder wenn man jene beim
Stehenlassen sich absetzenden 10 Proc. Unreinigkeiten mit in Rechnung bezieh. in
Abrechnung bringt, 366 Stück Eier liefern 1k reines trocknes Albumin. Aus derselben Anzahl werden gleichzeitig 4l,6 oder 4k Eigelb gewonnen, welches bekanntlich in
der Weißgerberei und überhaupt in der Lederindustrie eine ausgedehnte Anwendung
gefunden hat und gewissermaßen als werthvolles Abfallproduct von den Druckereien
betrachtet werden muß, insofern es allein noch den heutigen Marktpreis des
Eieralbumins zu 8 bis 9 M. pro 1k
ermöglicht.
Witz setzt den durchschnittlichen Verbrauch jeder der 80
Druckmaschinen Frankreichs an Albumin, wie ihn die heutzutage cultivirten
Druckartikel beanspruchen, zu 36k pro Tag,
entsprechend 1000 Dutzend Eiern, d.h. nach seiner Berechnung verzehrt jede dieser
Maschinen eben so viel Eier täglich, als deren laut einem officiellen Pariser
Marktbericht täglich von 25600 Einwohnern der Hauptstadt Frankreichs consumirt
werden. Die Zahl scheint sehr hoch gegriffen und würde, wenn die gesammten
Druckmaschinen Europas unter den französischen Verhältnissen arbeiten würden, einen
fast unerschwinglichen Consum derselben an Hühnereiern ergeben. Aber auch wenn man
eine bedeutend niedrigere Zahl setzt, wenn man der Wirklichkeit Rechnung trägt, daß
weit mehr als die Hälfte aller activen Maschinen mit dem Druck der ordinären
Massenartikel ohne Albuminfarben beschäftigt ist, so verbleibt den Druckfabriken
immer noch ein riesiger Eierbedarf. Schon im J. 1860 hatte sich der jährliche
Gesammtverbrauch an Albumin allein in der elsässer Druckindustrie mit circa 100
Maschinen auf 125000k, entsprechend
37500000 Eiern, dem Erzeugniß von 250000 Hennen, gesteigert, so daß die elsässer
Fabrikanten sich entschlossen, einen bedeutenden Preis für die Auffindung eines dem
Eieralbumin ebenbürtigen, dabei weniger kostspieligen Fixirungsmittels auszusetzen.
Das Problem ist bis heute noch nicht gelöst, Caseïn und Kleber liefern nur
wenig solide Farben; auch der Vorschlag von Leuchs (1862
165 317), das Eieralbumin durch Fischlaich zu
ersetzen, hat sich wegen der bedeutenden Verunreinigung desselben durch Fett und
andere Substanzen als unausführbar erwiesen. Nur die Anwendung des Blutalbumins hat
sich in großem Maßstab in den Fabriken eingebürgert; seine Einführung hat überdies
das Verdienst, der Industrie ein bisher werthloses Abfallproduct gewonnen zu haben,
aber als vollkommener Ersatz des Eieralbumins kann es nicht gelten, da es für die
Erzeugung ganz feiner Nüancen zu stark gefärbt ist.
Die Fabrikation und die Calculation des Blutalbumins ist schon in diesem Journal,
1869 193 245 ausführlich besprochen worden. Danach
liefert ein Ochse oder eine Kuh 4l Serum
oder 400g trocknes Albumin. Das Serum des
Kälberbluts liefert nur 82g trocknes
Akbumin pro 1l. Das Albumin aus Hammelblut
verdickt besser als das aus Ochsenblut bei gleicher Ausgiebigkeit des Serums, aber
es ist stärker gefärbt. 1k Albumin würde
schließlich 2 1/2 Ochsen oder 10 Hammeln oder 17 Kälbern entsprechen. Nach neuern
Angaben kann man aus einem Ochsen 750 bis 800g, aus einem mittelgroßen Kalb 350 bis 400g, aus einem Hammel 200g Blutalbumin darstellen. Diese Zahlen und
gleichzeitig einen Pariser Marktbericht zu Grund gelegt, könnte Paris mit 1851792
Einwohnern nach der Berechnung von Witz jedes Jahr
300000k Blutalbumin zu 4 M. der
Druckindustrie liefern und dadurch 72000000 Eier ihrer eigentlichen Bestimmung
zurückgeben. Man kann überhaupt rechnen, daß der jährliche Fleischconsum von je 6
Einwohnern einer großen Stadt die Production von je 1k Blutalbumin ermöglicht.
Kl.