Titel: | Die Reinigung der Säfte in der Zuckerfabrikation; von L. Misiagiewicz in Rytwiany. |
Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. XXXVI., S. 151 |
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XXXVI.
Die Reinigung der Säfte in der Zuckerfabrikation;
von L. Misiagiewicz in
Rytwiany.
Aus Kohlrausch's Organ des Vereins für
Rübenzucker-Industrie, 1874 S. 199.
Misiagiewicz, über die Reinigung der Säfte in der
Zuckerfabrikation.
Allgemein bedient man sich zweier Operationen, nämlich der Saturation und der
Filtration, um die Rübensäfte von ihren organischen und unorganischen
Nichtzuckerstoffen, von den färbenden und schleimigen Bestandtheilen zu befreien, um
Säfte zu erhalten, die bei möglichst heller Farbe eine leichte Krystallisation
gestatten. Diese zwei Operationen, die von einander wesentlich verschieden sind,
machen die Rübensäfte durch, doch nicht immer mit dem gewünschten Erfolg. Die Säfte
befinden sich oft schon im Stadium des zweiten Reinigungsprocesses, wo der erste
noch viel zu leisten hätte. Man filtrirt über Spodium, wo vielleicht eine
wiederholte Scheidung mit Saturation eine bedeutende Wirkung nicht verfehlt hätte.
Mit einem Worte: es schien mir fraglich, ob die Reinigungsoperationen rationell
betrieben werden. Wären die beiden Reinigungsmethoden im Kostenpunkt einander
gleich, so läge wenig daran, welcher wir mehr Arbeit aufbürden, wenn nur das
Endresultat den Anforderungen entspräche. Allein dem ist bekanntlich nicht so, denn
die Kohlenfiltration bildet, was den Kostenpunkt anbelangt, die Achillesferse der
Zuckerfabrikation.
Die Spodiumfrage ist, trotzdem sie von Sachkundigen stets mit großem Eifer verfolgt
wird, noch bei weitem nicht gelöst; unsere Kenntnisse über die Wirkung der
Knochenkohle, sowie der Erscheinungen, welche bei der fabrikmäßigen Filtration
platzgreifen, reichen kaum hin, um die Rentabilität des Verfahrens festzustellen; es
ist aber nicht constatirt worden, ob die Filtrationskosten der Saturation gegenüber
nicht zu groß seien. Um so näher rückt uns die Frage, je deutlicher sich die
Brauchbarkeit der Saturation herausstellt, für welche die Wissenschaft sowohl wie
die Praxis sich so günstig aussprechen.
Ein directer Vergleich beider Reinigungsoperationen schien mir daher angezeigt, und
erlaube ich mir in Folgendem die Resultate derselben mitzutheilen. Ein aus der
Fabrik entnommener, einmal saturirter und mechanisch abfiltrirter Dünnsaft wurde
folgenden Vergleichsversuchen unterworfen. Ein Theil desselben wurde der Wirkung der
Knochenkohle (2 Stunden lang) ausgesetzt, ein anderer (nach erneuertem Kalkzusatz)
saturirt; ein dritter Theil des Saftes wurde noch zweimal saturirt, erfuhr also eine
dreifache Saturation.
Die Resultate einiger stets analogen Versuche sind in der am Schluß beigefügten
Tabelle angeführt.
Vom praktischen Standpunkte stellen sich einer dreimaligen Saturation nur wenige oder
gar keine Schwierigkeiten entgegen, da sich die Procedur sehr gut in den Gefäßen für
die zweite Saturation ausführen läßt, indem man den Saft mit Kalk saturirt,
aufkocht, abermals eine Portion Kalk dazusetzt und wieder bis auf den gewünschten
Alkalitätsgrad fertig saturirt. Diese Erfahrung ist übrigens noch keineswegs
geeignet uns vom
Gebrauche des Spodiums zu dispensiren, wohl aber um demselben die Arbeit wesentlich
zu erleichtern, eine längere Wirksamkeit und demgemäß auch geringere
Widerbelebungs- und Verlustkosten herbeizuführen.
Es sei mir nun noch gestattet, eines höchst mißlichen Umstandes bei der Filtration zu
gedenken, des zu starken Absüßens. In vielen Fabriken süßt man die Filter so lange
ab, bis das Ablaufwasser nahe an 0° spindelt. Diese übermäßige
Gewissenhaftigkeit ist nun durchaus nicht am Platze; folgende Analyse gibt hierfür
einen schlagenden Beweis. 4 Liter Absüßwasser von der Polarisation 2°
Ventzke, bis zur Syrupconsistenz im Wasserbade verdampft, ergaben 28,90 Grm.
Füllmasse, welche auf 100 Theile Zucker 21,8 Nichtzucker enthielt.
Nach 35 Minuten wurden demselben Filter abermals 4 Liter Wasser, das 1,1° V.
polarisirte, entnommen und abermals abgedampft; doch resultirte jetzt eine
Füllmasse, die schwer krystallisirte und auf 100 Zucker 26,0 Nichtzucker
enthielt.
Man sieht auf den ersten Blick, daß dieses munitiöse Absüßen das Auswaschen der von
der Knochenkohle bereits aufgenommenen Nichtzuckerstoffe bewirkt; es wäre also
rathsam, auch der übermäßigen Verdampfungskosten halber eine Maximalgrenze
festzusetzen, außerhalb welcher das Filter-Absüßen nicht mehr fortgetrieben
werden sollte.
SaturirterDünnsaft.
Nach derBehandlungmit 15
Proc.Spodium.
Nach der zweitenSaturationmit 1
Proc.CaO.
Nach der drittenSaturationmit 1
Proc.CaO.
I.
ZuckerNicht-ZuckerAlkalitätQuotient
12,77
1,43 0,093
89,5
12,09
0,91
0,061 93,0
12,20
1,10
0,091
91,7
12,15 0,79 0,072 93,9
II.
ZuckerNicht-ZuckerAlkalitätQuotient
12,47
1,53 0,105
89,0
12,05
1,22
0,072 92,9
12,19
1,39
0,082
89,7
12,01 1,21 0,080 90,8
III.
ZuckerNicht-ZuckerAlkalitätQuotient
11,53
2,17 0,087
84,1
11,66
1,64
0,051 87,6
12,15
2,05
0,107
85,5
12,22 1,93 0,093 86,3
IV.
ZuckerNicht-ZuckerAlkalitätQuotient
11,61
2,09 0,091
84,9
11,69
1,70
0,056 87,3
12,02
2,02
0,090
85,5
12,49 1,71 0,053 88,0
Das zu den Versuchen verwendete Spodium enthielt: 8,164 Proc. Kohlenstoff, 9,730
Proc. kohlensauren Kalk und 0,353 Proc. schwefelsauren Kalk.