Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. , S. 152 |
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Miscellen.
Miscellen.
Lehmann's Heißluftmaschine.Beschrieben im polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCIV S. 257.
Aus einem Prospecte der Berlin-Anhalt'schen
Maschinenbau-Actien-Gesellschaft zu Berlin-Moabit, welche diese
Maschine ausschließlich baut, theilt die deutsche Industrie-Zeitung, 1873 S.
218, nachstehende Angaben mit.
Als Vortheile der Maschine sind folgende hervorgehoben:
1) billigerer Betrieb gegen Handkraft;
2) gänzliche Gefahrlosigkeit, keine Explosionsgefahr, so daß die Aufstellung weder
durch baupolizeiliche Beschränkungen, noch durch ein Concessionsgesuch erschwert
wird;
3) da die Maschine vollständig gefahrlos und ohne Erschütterung arbeitet, so ist ihre
Aufstellung auch in bewohnten Räumen und höheren Stockwerken möglich. Ein
gewöhnlicher Schornstein (russisches Rohr) genügt für die Feuerung;
4) die Feuerungsanlage ist der Art, daß solche noch zu Nebenzwecken, als Trocknen,
Heizung des Locals etc. in vielen Fällen ohne größeren Brennmaterialaufwand mit
benutzt werden kann;
5) der Brennmaterialverbrauch ist ein äußerst geringer. Bei Verwendung von Gaskohks
hat sich für die einpferdige Maschine bei 10stündiger Arbeitszeit ein
Durchschnittsverbrauch von 1 Hektoliter herausgestellt!
6) die Bedienung der Maschine ist von jedem Arbeiter in wenigen Stunden zu
erlernen.
Preise, Dimensionen und Gewichte der
Maschinen.
Pferdestärken
1/8
1/3
3/4
Preis der Maschine in Thlrn. loco Dessau
190
390
510
Preis des Regulators extra
25
25
30
Preis der Kühlwasserpumpe extra
10
12
18
Preis der Verpackung extra
8
12
16
Anzahl der Umdrehungen in der Minute
120
100
100
Durchmesser der Riemenscheibe
9 Zoll
12 Zoll
18 Zoll
235 Millimet.
314 Millimet.
470 Millimet.
Ungefähres Gewicht
ca. 4 Ctr.
12 Ctr.
21 Ctr.
Länge der Maschine incl. Ofen
4 1/2 Fuß
7 Fuß
9 Fuß
1390 Millimet.
2170 Millimet.
2790 Millimet.
Breite der Maschine incl. Ofen
1 1/2 Fuß
2 1/2 Fuß
3 Fuß
460 Millimet.
770 Millimet.
930 Millimet.
Höhe der Maschine
2 1/4 Fuß
3 1/2 Fuß
4 1/2 Fuß
710 Millimet.
1100 Millimet.
1400 Millimet.
Pferdestärken
1
1 1/2
2
(mit zwei
(mit zwei
Cylindern)
Cylindern)
Preis der Maschine in Thlrn. loco Dessau
650
850
1020
Preis des Regulators extra
30
35
55
Preis der Kühlwasserpumpe extra
20
30
35
Preis der Verpackung extra
20
25
30
Anzahl der Umdrehungen in der Minute
90
90
90
Durchmesser der Riemenscheibe
21 Zoll
24 Zoll
30 Zoll
550 Millimet
628 Millimet.
785 Millimet.
Ungefähres Gewicht
ca. 33 Ctr.
44 Ctr.
55 Ctr.
Länge der Maschine incl. Ofen
10 1/2 Fuß
9 Fuß
10 1/2 Fuß
3250 Millimet.
2790 Millimet.
3250 Millimet.
1
1 1/2
2
(mit zwei
(mit zwei
Cylindern)
Cylindern)
Breite der Maschine incl. Ofen
3 Fuß
3 1/2 Fuß
3 1/2 Fuß
930 Millimet.
1080 Millimet.
1080 Millimet.
Höhe der Maschine
4 1/2 Fuß
4 1/2 Fuß
4 1/2 Fuß
1400 Millimet.
1400 Millimet.
1400 Millimet.
Verzinnte Gewebe.
Wie Richard Jacobsen in dem demnächst erscheinenden
neuesten Heft von Dr. E. Jacobsen's chemisch-technischem Repertorium mittheilt, kann man auf
folgende Weise leinene oder baumwollene Gewebe mit einem dichten, silberglänzenden
und biegsamen Ueberzug von Zinn versehen: man rührt zu dem Ende käuflichen Zinkstaub
mit einer Auflösung von Eieralbumin zu einem dünnflüssigen Brei an und trägt
letzteren mittelst Pinsel oder Walze auf die Leinwand u.s.w. auf. Nach dem Trocknen
fixirt man den Ueberzug, indem man das Albumin durch heiße Wasserdämpfe coagulirt
und bringt das Gewebe dann in eine Auflösung von Chlorzinn. Das Zinn schlägt sich in
höchst fein vertheiltem Zustande auf dem Zink nieder. Man wäscht hierauf das Gewebe
mit Wasser ab und bringt es nach dem Trocknen in die Satinirmaschine; durch das
Satiniren tritt das Zinn als glänzender Ueberzug auf dem Zeuge hervor. Es lassen
sich so durch Bedrucken oder Schabloniren von Zeugen sehr hübsche Effecte erzielen,
welche die Verwerthung dieses Verfahrens für decorative Zwecke nahe legen, auch wäre
solche verzinnte Leinwand u.s.w. als elegantes, widerstandsfähiges und wasserdichtes
Verpackungsmaterial dem Stanniol sicherlich in vielen Fällen vorzuziehen.
Für sogenannten Silberdruck auf Hutfutter, Möbelstoffe u.s.w. ist Zinnpulver schon im
Jahr 1859, allerdings nach einem wesentlich anderen Verfahren als dem hier
vorgeschlagenen, von dem Chemiker O. Meister in Chemnitz
mit gutem Erfolg angewendet worden. Das Zinnpulver, welches Meister
„Argentine“ nannte, wurde mit einer ammoniakalischen
Caseïnlösung als Bindemittel aufgedruckt, sowohl zur Herstellung der
Druckfarbe, als auch der Schlichte. (Deutsche Industriezeitung, 1873, S. 209.)
Der Magnesitverband für chirurgische Zwecke; von E. Küster.
Das Material zu diesem Verbande bildet das gewöhnliche Wasserglas und möglichst fein
gepulverter MagnesitMeiner Beobachtung zufolge dürfte sich zu genanntem Zwecke fein gepulverter
Dolomit (eine Verbindung von kohlensaurer Magnesia und kohlensaurem Kalk)
gleichfalls ganz vortrefflich eignen. Dr. Rud.
Böttger. (natürliche kohlensaure Magnesia). Bringt man eine Wasserglaslösung mit
gepulvertem Magnesit zusammen, so daß ein dünner Brei entsteht, so bildet sich im
Laufe von circa 24 Stunden eine feste, steinharte Masse.
Der Verband wird in folgender Weise angelegt: Nachdem das Glied mit einer Unterlage
von Flanellbinden umwickelt ist, rührt man Wasserglaslösung, etwa 3 Theile, mit 1
Theil Magnesit so zusammen, daß in die Wasserglaslösung geringe Mengen des Pulvers
geschüttet und sofort umgerührt wird; auf diese Weise wird die Vertheilung
gleichmäßig, während wenn man die ganze Pulvermenge auf einmal zuschüttet, der Brei
klumpig und ungleichmäßig wird. Ist nun ein dünner Brei entstanden, so zieht man
durch denselben ein oder mehrere leinene Binden, welche vollkommen durchtränkt seyn
müssen, aber sofort wieder aufgerollt werden. Die so präparirten Binden werden nun
in doppelter, höchstens dreifacher Lage, über die Flanellbinde angelegt, und damit
ist der Verband fertig, welcher in 24 bis 36 Stunden eine fast steinartige
Festigkeit zu bekommen pflegt. Bis zur vollkommenen Erhärtung muß natürlich das
eingewickelte Glied ruhig gehalten werden, dann aber verträgt der Verband jede Last
und ist von einer solchen Dauerhaftigkeit, daß er nach Monaten noch dasselbe
Aussehen hat, wie zu Anfang. Gegen den Gypsverband bietet dieser Magnesitverband
nachverzeichnete Vortheile: 1) die größere Leichtigkeit des Verbandes; 2) die bedeutendere Haltbarkeit
des Verbandes; 3) die Reinlichkeit, Einfachheit und Schnelligkeit des Anlegens; 4)
die größere Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeit; 5) die Möglichkeit, das
Verbandsmaterial lange aufzubewahren; 6) die Billigkeit des Verbandes. (Deutsche
Klinik.)
Prüfung der Magnesia und des Zinkoxydes auf einen Gehalt an
Kohlensäure; von K. Calmberg in Darmstadt.
Die Prüfung oben genannter Präparate auf einen Gehalt an Kohlensäure wird oft
mangelhaft ausgeführt, ein Fehler, der hauptsächlich den betreffenden Lehrbüchern,
welche diese Methode zu oberflächlich behandeln, zuzuschreiben ist.
Man nehme eine Probe Magnesia oder Zinkoxyd und schüttle sie in einem Reagensglase
mit Wasser, einerlei, ob vorher in einer Reibschale angerührt oder nicht, man hört
das eigenthümliche Prickeln, welches also in diesem Falle nur von eingeschlossener
und eingeschüttelter Luft herrührt. Beim Zinkoxyd, welches sich vermöge seines
größeren specifischen Gewichtes schneller absetzt, wie die Magnesia, sieht man
verhältnißmäßig noch lange Zeit, wenn man das Reagensglas nach dem Schütteln etwas
schräg hält, die Luftbläschen von unten an bis oben hin steigen. Um demnach vor
Täuschung sicher zu seyn, reibe man die genannten Oxyde mit Wasser an, erwärme sie
etwas, zur noch vollständigeren Austreibung der atmosphärischen Luft, im
Reagensglase über der Spiritus- oder Gaslampe, gieße überstehendes Wasser bis
auf eine kleine Schicht ab und lasse nun erst die betreffende Säure zur Austreibung
der Kohlensäure am Rande des Glases einlaufen, schüttle durchaus nicht, sondern
bringe nur durch langsames Hin- und Herbewegen des Reagensglases die
hinzugeschüttete Säure mit dem Oxyde immer mehr in Berührung. (Wittstein's Vierteljahresschrift für praktische Pharmacie, Bd. XXII S.
292.)
Doppelt-schwefligsaures Natron als Antichlor bei
Bleichprocessen; von Dr. Theodor Schuchardt in Görlitz; (preuß. Schlesien.)
Von einem großen Theil der Industriellen ist bisher noch nicht die genügende
Beachtung den nachtheiligen Folgen zugewendet worden, welche verursacht werden durch
die Anwendung des unter dem Namen Antichlor bekannten unterschwefligsauren Natrons,
dazu dienend, den mittelst Chlor gebleichten Stoffen – Stroh, Holzmasse,
Papier, Lumpen, Gespinnste und Gewebe aus Jute, Hanf, Leinen, Baumwolle – das
in denselben zurückgebliebene Chlor zu entziehen; die nachtheiligste Folge ist
bekanntlich die unläugbar stattfindende Ausscheidung von Schwefel in Gestalt eines
äußerst zarten gelblichweißen Pulvers in feinster Zertheilung, welcher sich in den
Poren der gebleichten Stoffe so festsetzt, daß es fast unmöglich ist, denselben auf
mechanischem Wege durch Waschen zu entfernen. In dieser äußerst feinen Zertheilung
muß sich derselbe auf der Faser, sowie auch innerhalb der Papiermasse allmählich an
der Luft durch Aufnahme von Sauerstoff zu schwefliger Säure und nothwendig nach und
nach zu Schwefelsäure oxydiren, hierdurch also die Haltbarkeit und Anwendbarkeit der
Gespinnste und Gewebe ganz wesentlich beeinträchtigen. In der Papierfabrication muß
die naturgemäße Folge hiervon die sein, daß ein aus solcher Papiermasse gefertigtes
Papier brüchig wird, Schreibpapier für die gewöhnliche schwarze Eisentinte
untauglich ist, weil die Schriftzüge verbleichen müssen.
Diese Uebelstände können durch Anwendung des doppelt-schwefligsauren Natrons (Bisulfit) von Seiten der
intelligenten Fabrikanten sofort gehoben werden. Beim Gebrauch dieses Salzes ist
eine Ausscheidung von Schwefel ganz unmöglich. Man hatte bisher zu gleichem Zweck
mit gutem Erfolg das einfach-schwefligsaure Natron verwendet. Der große
Vortheil des doppelt-schwefligsauren Natrons gegen das einfache besteht
darin, daß bei Anwendung gleicher Gewichtsmengen derselben aus dem
doppelt-schwefligsauren Salz ein weit größeres Quantum schwefliger Säure
entwickelt wird und zur Wirkung kommt, als es bei dem einfachen Salz der Fall seyn
kann. Man ist deßhalb in der Lage, bei Anwendung des doppelt-schwefligsauren
Salzes größere Mengen der in Arbeit genommenen Waaren in kürzerer Zeit von Chlor zu befreien, als
mittelst des einfachen Salzes, obenein ist das doppelt-schwefligsaure Salz im
Verhältniß wesentlich billiger, als das einfach-schwefligsaure Salz.
Ich bin in der Lage, das reine doppelt-schwefligsaure Natron mit 50 Procent
schwefliger Säure in Gestalt eines weißen trockenen Salzes in den größten Mengen zu
liefern und zwar zu so niedrigem Preise, daß die Anwendung sowohl des
unterschwefligsauren, als auch des einfach-schwefligsauren Natrons als ganz
unvortheilhaft sich herausgestellt hat, und empfehle daher mein
doppelt-schwefligsaures Natron der Aufmerksamkeit der HHrn.
Industriellen.
Die ganz vorzügliche Wirksamkeit einer mit Schwefelsäure angesäuerten Lösung des
doppelt-schwefligsauren Natrons in den Etablissements zum Bleichen, Waschen
der Wolle (ungesponnene Wolle, Streichgarn, Kammgarn, Gewebe aller Art) setze ich
als bekannt voraus. Wollengarne und Wollengewebe, mittelst Bisulfit gewaschen und
gebleicht, erhalten in der Färberei die höchstmögliche Schönheit, Lebhaftigkeit und
Glanz der Farben, welche zu erreichen sind. (Böttger's
polytechnisches Notizblatt, 1873, Nr. 12.)
Ueber den Wassergehalt der caustischen Soda; von N. Glendinning und A. J. M. Edger
in Newcastle.
Wenn caustische Soda, welche außer dem Hydratwasser noch überschüssiges Wasser
enthält, aus dem geschmolzenen in den festen Zustand übergeht, so zerfällt sie in
Theile von ungleichem Alkaligehalt.
Bei der Fabrication dieses Artikels pflegt man die Masse, wenn sie hinreichend
abgedampft ist, im heißen Zustande in Fässer zu gießen, in denen sie beim Erkalten
erstarrt. Man bringt dabei eine Probe der Masse auf ein Silber- oder reines
Eisenblech, und nach dem Alkaligehalt dieser Probe bestimmt man den Preis der Waare.
Wenn man nun später, nachdem die caustische Soda in dem Fasse erkaltet ist, eine
Probe derselben nimmt und alkalimetrisch untersucht, so kann es wegen des oben
erwähnten Zerfallens der Masse in Theile von verschiedenem Alkaligehalt vorkommen,
daß dieselbe in ihrem Alkaligehalt um mehrere Procent von der beim Eingießen der
Masse in das Faß genommenen Probe abweicht. Da dieser Umstand oft Streitigkeiten
zwischen Fabrikanten und Käufern veranlaßt hat, so haben die Verf. zu bestimmen
gesucht, wie die alkaliärmeren und die alkalireicheren Theile in dem Fasse vertheilt
sind, und aus welchem Theile des Fasses man eine Probe bekommen kann, welche den
durchschnittlichen Alkaligehalt der Waare repräsentirt. Ein Faß mit caustischer
Soda, welche nach der beim Eingießen in das Faß genommenen Probe 66,8 Proc. Natron
(NaO) und außer dem Hydratwasser noch ungefähr 6 Proc. Wasser enthielt, wurde in der
Mitte quer gegen die Achse durchgeschnitten, und von der Masse wurden folgende
Proben genommen: A von der Außenseite, nicht mehr als 1
Zoll nach der Mitte hin; B von einer Stelle, welche dem
Mittelpunkt um etwa 5 Zoll näher war; C aus der Mitte.
Der Halbmesser des Fasses betrug 11 Zoll. Die Untersuchung der Proben ergab, daß A 66,9, B 69,7, C 61,6 Proc. Natron enthielt. Die Probe von der
Außenseite stimmte hiernach im Alkaligehalt mit der beim Eingießen in das Faß
genommenen Probe nahezu überein.
Die Verschiedenheit des Alkaligehaltes in der Masse aus verschiedenen Theilen des
Fasses rührt, wie eine weitere Untersuchung ergab, hauptsächlich von einem
verschiedenen Wassergehalt, in gewissem Maaße aber auch von Chlornatrium und
schwefelsaurem Natron her, welche in der Probe C in
größter Menge gefunden wurden. Ob diese Verschiedenheit größer oder geringer ist,
hängt von dem Wassergehalt der Masse, von der Temperatur derselben beim Eingießen in
das Faß und von der Größe des Fasses ab. Caustische Soda von sehr niedrigem
Alkaligehalt hat, sofern derselbe durch Wasser bedingt wird, wahrscheinlich wenig
oder gar keine Neigung, sich in Theile von verschiedenem Gehalt zu sondern, da ihre
Temperatur beim Eingießen in das Faß verhältnißmäßig niedrig seyn, und deßhalb ein
rascheres Erstarren der ganzen Masse eintreten wird. (Chemical News, vol. XXVII p. 199.)
Ueber die Fabrication von schwefelsaurem Ammoniak aus den
Abfällen stickstoffhaltiger organischer Körper; von L. L'Hote.
Die Abfälle von Wolle, Häuten, Leder, Horn, Federn, Schwämmen etc., welche 6 bis 15
Proc. Stickstoff enthalten, werden hier und da zur Fabrication von Dünger verwendet,
vermodern aber im Boden nur sehr langsam. L'Hote schlägt
nun, indem er bemerkt, daß die Fabrication von schwefelsaurem Ammoniak eine
erhebliche Ausdehnung gewonnen habe, und daß dasselbe im Verein mit phosphorsauren
Salzen etc. zur Erzeugung eines künstlichen Guano zum Ersatz des selten gewordenen
peruvianischen Guano benutzt werde, vor, den Stickstoff der erwähnten Abfälle
mittelst derselben Reaction, auf welcher die Bestimmung des Stickstoffgehaltes
organischer Körper durch Natronkalk beruht, in schwefelsaures Ammoniak
überzuführen.
Wenn man diese Abfälle mit einer Lösung von caustischer Soda, wie sie jetzt im Handel
vorkommt, in dem 9- bis 10fachen Gewicht Wasser behandelt, und zwar, um die
Entwickelung von Ammoniak zu vermeiden, in der Kälte oder unter nur gelindem
Erwärmen, so werden die Abfälle theils aufgelöst, theils wird wenigstens der
Zusammenhang derselben vollkommen zerstört. Man vermischt die so erhaltene
leimartige Flüssigkeit mit gelöschtem Kalk zu einer teigartigen Masse und bringt
diese in eine eiserne Retorte, die mit Recipienten, welche Kammerschwefelsäure
enthalten, communicirt. Man bewirkt dann die Destillation der Masse bei möglichst
niedriger Temperatur, um die Dissociation des Ammoniaks zu verhüten; wenn die
Gasentwickelung aufgehört hat, erhitzt man die Retorte zum Rothglühen. Nach der
Operation findet man in der Retorte einen weißen, pulverförmigen Rückstand, der bloß
aus kohlensaurem Natron und Aetzkalk besteht. Behandelt man diesen Rückstand mit
Wasser, so entsteht wieder caustisches Natron, welches zu einer folgenden Operation
benutzt werden kann.
Das schwefelsaure Ammoniak, welches man mittelst dieses Verfahrens gewinnt, ist
gefärbt; man kann es durch Krystallisation reinigen.
Wenn man mit einem homogenen Gemenge der stickstoffhaltigen Abfälle mit den
alkalischen Stoffen operirt, so geht der gesammte Stickstoffgehalt der ersteren in
schwefelsaures Ammoniak über. (Comptes rendus, t. LXXVI
p. 1085.)
Parasiten-Erzeugung durch
Cloaken-Berieselung.
Für die Anhänger der Canalisation großer Städte und Berieselung von Wiesen oder
Ackerflächen durch die abgeleiteten menschlichen Auswurfsstoffe dürfte die im
„Centralblatt für Agriculturchemie“ von Dr. R. Biedermann, 1872 Heft
4, enthaltene Mittheilung von Interesse seyn, daß Dr. J.
Spencer Cobbold die Berieselung der Wiesen mit diesen
Stoffen für gefährlich erklärt, weil aus der allgemeinen Einführung derselben, wie
sie namentlich in England, Holland und in Berlin von Hobrecht befürwortet wird, die Wahrscheinlichkeit, wenn nicht Gewißheit,
einer raschen Zunahme von Parasiten unter Menschen und Thieren entsteht. Wenn auch
die auf den überrieselten Flächen weidenden Thiere nicht so leicht mit Parasiten
sich anstecken werden, wie dieß auf experimentellem Wege möglich ist, so ist doch
die Gelegenheit, die verschiedenartigsten Parasiten zu bekommen, sehr günstig. Nach
der Mittheilung von Dr. Menning verlor ein Oekonom in Portobello bei Edinburg, der seine Kühe auf
überrieselten Wiesen weiden ließ, binnen drei Jahren 92 Stück, und einer der größten
Viehzüchter in Schottland verkauft seine Kühe stets nach drei Monaten, da er aus
Erfahrung weiß, daß sie bei längerem Weiden auf den berieselten Wiesen die
Lungenseuche bekommen würden. Besonders groß soll die Uebertragung von Finnen seyn,
da die Bandwürmer höchst unempfindlich gegen Trockenheit und Kälte sind und sich
besonders leicht in unreinem Wasser entwickeln; ebenso unempfindlich sind die
Embryonen von Ascariden. (Apotheker-Zeitung.)
Ueber die Aufbewahrung und Haltbarkeit des
Wasserstoffsuperoxydes; von Prof. Böttger.
Man nahm bisher an, daß das Wasserstoffsuperoxyd eine sehr leicht zersetzbare
Verbindung des Wasserstoffes mit Sauerstoff sey, die sich, besonders im ungesäuerten
Zustande, nicht aufbewahren lasse, ohne sich zu zersetzen. Wir haben indeß gefunden,
daß ein absolut säurefreies und besonders für
medicinische Zwecke sich eignendes Wasserstoffsuperoxyd, selbst in mit gewöhnlichen
Korkpfropfen verschlossenen Gläsern, wochen-, ja monatelang sich völlig
unzersetzt aufbewahren lasse, ja daß man dasselbe anhaltend
der Siedehitze aussetzen könne, ohne an Wirksamkeit im mindesten zu
verlieren, denn vermischt man ein so behandeltes Präparat im wiedererkalteten
Zustande mit jodcadmiumhaltiger Stärkelösung unter Hinzufügung eines kleinen
Krystallfragments von Eisenvitriol, so sieht man dasselbe augenblicklich, gerade so
wie ein nicht zuvor erhitzt gewesenes Wasserstoffsuperoxyd, sich tief lasurblau
färben, zum Beweis, daß es unzersetzt geblieben. Wir möchten hierbei erinnern, wie
höchst wünschenswerth es sey, daß dieses so außerordentlich sauerstoffreiche, in
völlig chemisch reinem Zustande gegenwärtig aus der chemischen Fabrik auf Actien in
Berlin, deren technischer Dirigent Hr. Commerzienrath E. Schering ist, in jedwedem Quantum zu billigem Preise zu beziehende
Präparat in den Arzneischatz allgemein aufgenommen werde. (Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1873, Nr. 13.)
Der Weinbau in Frankreich und die von der Wurzellaus des
Rebstockes angerichteten Verwüstungen.
Die Verwüstungen, welche ein Schmarotzer-Insect, Phylloxera vastatrix, auch im Jahre 1872 wieder an den Reben Frankreichs
angerichtet hat, sind so bedrohlicher Art, daß der französische Weinbau dadurch
ernstlich gefährdet ist. Die Phylloxera gehört zu den Blattläusen, schmarotzt an den
Wurzeln und ist nicht größer als der Punkt am Schlusse dieses Satzes. Sie vermehrt
sich in unglaublich kurzer Zeit millionenweise und wurde zuerst im Jahre 1863 in der
Provence bemerkt, sicher nachgewiesen aber erst im Jahre 1866 an den Rebenwurzeln
bei Arles. Die Weinblätter begannen dort schon im Juni und Juli zu vergilben, die
Ranken hörten auf zu wachsen, das Laub war im August abgefallen, und die Trauben
erreichten ihre Reife nicht. Nun starben auch die Schößlinge ab, und gegen Ende des
Jahres war der ganze Stock so gut wie vernichtet; nur wenige zeigten im folgenden
Jahre frische Triebe. Im Jahre 1867 stellten sich dieselben Erscheinungen ein, und
jetzt fand man, daß die Wurzeln mit eigenthümlichen Knötchen bedeckt waren und wie
verbrannt aussahen.
Unter die Weinbergbesitzer fuhr ein großer Schrecken; denn die Verwüstungen waren
größer als diejenigen, welche der berüchtigte Oidiumpilz früher angerichtet hatte.
Die Ursache der Krankheit entdeckte am 15. Juli 1868 zuerst Professor Planchon zu Montpellier. Er fand an den Wurzeln eines
kranken Weinstockes das Schmarotzer-Insect, welches die abgestorbenen Stöcke
verließ und sich zu den benachbarten gesunden wendete. Die Phylloxera erscheint
unter dem Mikroskop eiförmig, ambrafarbig, hat sechs Füße, zwei Fühler und einen
zugespitzten Saugrüssel. Bei weitem die meisten Individuen sind ungeflügelt; nur
einige wenige haben Flügel. Ob dieß die Männchen sind, weiß man noch nicht mit
Bestimmtheit. Vom Mai bis September legen die Weibchen rings um die Weinstockwurzeln
ihre Eier, und in jedem bald darauf auskriechenden durchscheinenden Thierchen kann
man mit Hülfe des Mikroskops bereits wieder drei Eier unterscheiden. Nach
jedesmaligem Eierlegen macht das Insect eine Pause von acht Tagen; dann beginnt es
dieses Geschäft von Neuem. Mit wahrem Heißhunger fallen die auskriechenden Jungen
über die Wurzeln her, bohren ihren kleinen Saugrüssel ein und nähren sich von dem
Safte. Es liegt auf der Hand, daß bei der ungeheuren Menge dieser Thierchen, die am
Stocke saugen, dieser selbst bald zu Grunde gehen muß. Schlimm ist auch, daß diese
Insecten von der Winterkälte nicht zerstört werden; sie verfallen in einen
Erstarrungszustand und leben im Frühjahr wieder auf. Woher die Phylloxera so plötzlich kam, weiß
man nicht, und eben wenig hat man bisher ein Mittel gegen sie aufgefunden.
Die französische Akademie der Wissenschaften hat ein eigenes
„Phylloxera-Comité“ niedergesetzt, welches
sich mit dem Studium des Insectes und den Mitteln zu dessen Vertilgung befassen
soll. Am 9. September 1872 erklärte Dumas vor der Akademie, daß das Insect in der
Provence grauenvolle Fortschritte mache und die ganze Ernte zu vernichten drohe; im
Departement Vaucluse nahm es gleichfalls zu, während sich im Departement
Hérault eine Verminderung zeigt. Alle Mittheilungen stimmen darin überein,
daß jede Hülfe unnütz sey, wenn eine Pflanze einmal angegriffen ist, und daß man der
Invasion des Insectes nur dadurch entgegen zu wirken vermöge, daß man die Umgebung
der erkrankten Pflanzen völlig unter Wasser setze. Das Insect wandert über dem Boden
von Rebstock zu Rebstock; auch wird es vom Winde weiter geführt. Ein Marseiller,
d'Armand, verlangte, daß der Staat einen Preis von
einer Million Francs auf die Erfindung eines Mittels setze, welches geeignet sey,
die Wurzellaus zu vernichten; denn Frankreichs Nationalwohlstand werde durch dieses
Insect gefährdet.
In Portugal hat diese Pest auch schon um sich gegriffen, zumal in der Umgebung
Oporto's, bei Villa Real, Santarem, längs dem Douro u.s.w. Die portugiesische
Regierung hat auch eine wissenschaftliche Commission niedergesetzt, welche sich mit
der Phylloxera-Frage befassen soll.
Unter solchen Umständen müssen wir natürlich die Frage auswerfen: wird die Phylloxera
auch nach Deutschland einwandern und unsere Weinberge bedrohen? Die Gefahr liegt
nahe, und deßhalb hat auch die Section für Obst- und Gartenbau der 28.
Versammlung deutscher Land- und Forstwirthe zu München sich mit der
Phylloxera beschäftigt und auf Antrag des Referenten, Professor Dr. Holzner aus
Weihenstephan, einstimmig beschlossen: Das Deutsche Reichskanzleramt zu ersuchen: 1)
durch namhafte Gelehrte die Krankheit und ihre Ursache an Ort und Stelle zu
untersuchen und eine genaue Beschreibung des Insectes, sowie bessere Abbildungen
desselben anfertigen zu lassen; 2) diese Abhandlungen unter den deutschen
Weinbergbesitzern möglichst zu verbreiten; 3) Vorschriften, analog dem Bundesgesetz
vom 7. April 1869, Maßregeln gegen die Rinderpest betreffend, vorzubereiten, um
gegebenen Falles das Uebel sofort energisch und wirksam bekämpfen zu können,
inzwischen aber (Antrag von Golsen) auf dem
Verordnungsweg ein Einfuhrverbot von Reben aus allen inficirten Gegenden im
Einvernehmen mit den benachbarten Regierungen schleunigst zu erlassen.
Unterdessen verbreitet sich über Frankreich immer größerer Schrecken; was soll daraus
werden, wenn dort die Weincultur in Frage gestellt wird? Was diese für das Land
bedeutet, erkennen wir aus einem Vortrage, welchen Drouyn de
Lhuys im Jahre 1869 auf dem Congreß der französischen Weinbauer zu Beaune
hielt. Er sagte: „Von den Pyrenäen bis zum Rheine erstreckt der Weinbau
seine Herrschaft über 79 Departements, und aus aller Herren Länder, fragt man
bei uns nach den feuerigsten Weinen, Trotz der Verheerungen des Oidiums, von
denen der Weinbau sich kaum zu erholen begann, als eine neue Landplage sich über
die Weincultur des Südens ergoß, trotz alledem erhebt sich heute unsere
Weinproduction auf nahezu 71 Millionen Hektoliter, deren Durchschnittspreis 23
Frcs. beträgt, und die somit einen Gesammtwerth von 1 Milliarde 600 Millionen
repräsentiren. Nimmt man an, daß die Familie jedes Weinbauers vier Köpfe stark
ist und etwa 1000 Frcs. verausgabt, so finden wir, daß dieser Culturzweig die
Bedürfnisse von mehr als 1,600,000 Familien oder von 6 1/2 Millionen Einwohnern
befriedigt. Wenn man dieser Zahl noch diejenige von nahezu 2 Millionen
Fuhrleuten, Gewerbtreibenden und Kaufleuten hinzufügt, die alle ihren Antheil an
dem entfallenden Gewinn haben, so kann man ohne Uebertreibung behaupten, daß der Weinbau den fünften Theil der Gesammtbevölkerung
des Reiches ernährt, und daß er rund zwei Milliarden einträgt, d.h. den
vierten Theil aller ackerbaulichen Einkünfte Frankreichs. Und wie bescheiden
gegenüber so wunderbaren Ergebnissen ist der Weinstock! Nimmt er doch nur 2 1/2
Millionen Hektaren ein, d.h. weniger als den zwanzigsten Theil des bebauten
Landes, und überall begnügt er sich mit den Bodenarten, die für jeden anderen
Culturzweig unbrauchbar wären; dabei hat er nicht einmal eine ausschließliche
Vorliebe für gewisse Bodenbeschaffenheiten. Wenn man unsere berühmtesten Gewächse in's Auge
faßt, so gewahrt man, daß der Weinstock am Cap Breton und auf dem quarzhaltigen
Dünensande der Landes fortkommt, daß er in
Médoc auf ähnlichem, mit Kiesel und Kieselgestein gemischtem Sande, in
Anjou auf thonhaltigem Erdreich, in der Champagne auf Kreidefelsen wächst. Die
Rebenstöcke der Eremitage befinden sich auf Granitgestein und die von Burgund
auf Kalkfelsen und sumpfigem Erdreich. Und auf der anderen Seite, welche
wunderbare Mannichfaltigkeit der Erzeugnisse entspricht diesen abweichenden
Bodenverhältnissen! Graf Odart zählt in seiner
Ampelographie nicht weniger als 880 in Frankreich angebaute Rebenvarietäten
auf.“
Aus dem Angeführten erkennt man, welche ungemeine Wichtigkeit der Weinbau für
Frankreich hat, und wie man dort allerdings in der kleinen Phylloxera ein
Schreckgespenst sehen kann. Aber auch wir haben alle Ursache aufzupassen, daß dieser
böse Gast nicht über unsere Grenze gelangt. Es steht zu hoffen, daß das
Reichskanzleramt dem Antrage der deutschen Land- und Forstwirthe nachkommen
wird. (Globus.)
Zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Krapps und
„der Krapp der Zukunft.“
Der Krapp ist bislang neben der Indigopflanze die wichtigste Farbepflanze und seit
der ältesten geschichtlichen Zeit bei den Culturvölkern in Gebrauch gewesen. Der
Krapp kommt schon unter den Farbepflanzen vor, welche zur Zeit Karls des Großen und
auf dessen Empfehlung gebaut wurden. Die Anregung zu umfassenderer Cultur in Europa
scheint jedoch erst durch die Kreuzzüge gegeben worden zu seyn. Die Pflanze (Rubia tinctorum = Färberröthe) ist im Orient heimisch,
wo sie regelmäßig gebaut wird und am reichsten an Farbstoff ist. (Von dem arabischen
Worte alizari kommen die Benennungen der Krappwurzel im
Oriente und am Mittelmeer: Alizzari, Lizzari; ferner Alizarin).
Ihr Anbau ist jedoch auch weit über Europa verbreitet, wo sie besonders in Holland,
Frankreich und Italien gebaut wird. In Deutschland wird u.a. in der Provinz
Schlesien Krapp gebaut und machen die Jahresberichte der Handelskammer zu Breslau
interessante Mittheilungen über diesen Gegenstand. Nach dem Berichte für 1870 wurde
der Ertrag von Krapp und Röchen in der Provinz Schlesien, der sich bei dem Mangel an
statistischen Grundlagen nur annähernd angeben läßt, auf etwa 10,000 Ctr. geschätzt.
Dieser Bericht bedauert, daß die unbedeutenden Fortschritte im Anbau nur von den
kleineren Producenten ausgehen, während die größeren Grundbesitzer dem Artikel ihre
Aufmerksamkeit nicht aufs Neue widmen mochten, weil sich die
Concurrenz-Verhältnisse schon oft ungünstig gestaltet haben. Nach dem
Berichte der Handelskammer zu Breslau vom Jahre 1871 wurde der Anbau in Folge der in
den letzten Jahren bezahlten hohen Preise wieder im verstärkten Maaße betrieben. Im
Elsaß ist die Cultur von Kaiser Karl V. eingeführt. Dort wurden im Jahre 1778 50 Millionen
Pfund Krappwurzeln erzeugt. In der neueren Zeit ist der Krappbau eingeschränkt, weil
derselbe zu viel Arme erfordert und unter der Concurrenz des Anilins leidet, hat man
sich mehr dem Hopfenbau zugewandt. Im Jahre 1862 waren im Elsaß 273 Hektaren mit
Krapp bestellt, während in ganz Frankreich auf 20,488 Hektaren Krapp gebaut wurde.
Die mittlere Ernte wurde im Elsaß auf 25,96 metrische Centner zu 200 Pfd., in ganz
Frankreich zu 26,43 metrische Centner pro Hektare
gerechnet. Krapp wird in Frankreich nach drei, im Elsaß der Fröste halber schon nach
2 Jahren aus der Erde gezogen. (Das neue deutsche Reichsland Elsaß mit
Deutsch-Lothringen in der Zeitschrift des königl. preußischen statistischen
Bureaus 1571, Heft 1 und 2.)
Im Königreich Württemberg wird eben die Probe von Krapp
gebaut; so wurden im Jahre 1870 auf 3 Morgen Wau und Krapp, der erstere aber weit
überwiegend, im Jahre 1871 auf 4 Morgen Waid, Wau und Krapp gebaut. (Jahresberichte
der Handels- und Gewerbekammern in Württemberg.) Im Ganzen ist der Anbau in
Deutschland nicht bedeutend, ein Umstand, der mit Rücksicht aus das Folgende
hervorgehoben werden muß.
Man hat nämlich entdeckt, daß sich aus dem Anthracen – einem bei einer
Erhitzung von 210° Celsius aus dem Steinkohlentheer gewonnenen Oele –
künstliches Alizarin herstellen lasse und es gelang bald, diese Erfindung, welche
sich erst nur im Klemm theoretisch bewährt hatte, im großartigen Maaßstabe in den
praktischen Consum einzuführen, so daß Köchlin zu
Mülhausen im Elsaß schon vor einigen Jahren das künstliche Alizarin „den
Krapp der Zukunft“ genannt hat. In Deutschland wandten sich u.a. die
im Wupperthale mit der Fabrication von Anilinfarben und sonstiger dem Theer
abgewonnener Producte beschäftigten Etablissements mit Enthusiasmus dem neuen
Artikel zu und werden die dort hergestellten Quantitäten für die ersten 6 Monate des
Jahres 1872 auf 600 bis 1000 Pfd., vom August ab auf 1800 bis 2400 Pfd. pro Tag geschätzt. Ein großer Theil des Rohmaterials
– Anthracen – wird bis jetzt aus England bezogen; man geht jedoch auch
in Deutschland zusehends mit der Destillation größerer Quantitäten vor, und wird
voraussichtlich bald genug im Lande produciren.
Der Bedarf an Alizarin war bis zu Ende des Jahres 1872 so rege, daß nicht sämmtlichen
Aufträgen seitens der Etablissements im Wupperthal entsprochen werden konnte. Die
Preise hielten sich deßhalb so hoch, daß die consumirten Quantitäten nur für Druck verwandt wurden, da sie für Färberei noch
zu theuer waren. In den ersten Monaten des Jahres 1873 traten mit einer bedeutend
gesteigerten Production auf die Hälfte reducirte Preise ein, wodurch sofort fast das
ganze Gebiet der Türkischroth-Färberei erobert wurde.
Die jetzige vervollkommnete Fabricationsmethode liefert ein künstliches Alizarin, das
an Aechtheit und Verwendbarkeit den früher aus Krapp erzielten Nuancen unbedingt
gleichkommt, mit Rücksicht auf Feuer und Schönheit der Farbe aber bei weitem bessere
Resultate erzielt.
Es ist daher nur noch eine Frage der Zeit, wann Krapp vom künstlichen Akizarin
gänzlich aus dem Handel verdrängt wird.
Der Import von Krapp und Garancin von Frankreich und Italien nach Deutschland wird
auf 5 bis 6 Millionen Thaler pro Jahr geschätzt. Es wird
demnächst nicht allein diese erhebliche Summe dem Inlande erhalten bleiben, sondern
künstliches Alizarin wird, wie dieß jetzt bereits der Fall ist, auch einen
bedeutenden Export artikel bilden.
Unter diesen Umständen ist es nicht zu verwundern, daß in Avignon und Neapel,
Stapelplätzen des Krapp- und Garancinhandels, zu Ende des Jahres 1872 eine
vollständige Panik entstand.
Die Handelskammer zu Barmen befürchtet, daß man bei neu abzuschließenden
Handelsverträgen mit Frankreich und Italien in jenen Ländern dem unangenehmen
Eindrucke, welchen der Verlust eines für diese Länder so bedeutenden Exportartikels
gemacht hat, Rechnung tragen und einen hohen Eingangszoll auf Alizarin legen werde
und bezeichnet eine Pression der deutschen Regierung im entgegengesetzten Sinne als
sehr wünschenswerth. (Hannoversches Wochenblatt für Handel und Gewerbe, 1873, Nr.
25.)
Berichtigungen.
In dem Aufsatz von Dr. A. Heintz
„über Athmung und Binnenluft der guckerrüden“
in Bd. CCVIII S. 381 (erstes Juniheft 1873) sind folgende Druckfehler aus den
Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin in das polytechn. Journal
übergegangen:
Seite
382,
Zeile 1 von oben, lies: „insolirten“ statt
„isolirten.“
„
384,
Zeile 7 von oben, lies: „34,3“ statt
„43,3“.
„
384,
Zeile 11 von unten, lies: „Binnenluft“ statt
„Zimmerluft.“
„
385,
Zeile 16 von oben, lies: „64,34“ statt
„64,31.“