Titel: | Zur Beurtheilung der Methoden der Wasseranalyse; von Ferd. Tiemann. |
Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. LXXIV., S. 432 |
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LXXIV.
Zur Beurtheilung der Methoden der Wasseranalyse;
von Ferd. Tiemann.Man s. die frühere Abhandlung des Verf. über denselben Gegenstand, mitgetheilt im
polytechn. Journal Bd. CCVIII S. 191 (erstes Maiheft 1873).
Aus den Berichten der deutschen chemischen
Gesellschaft zu Berlin, 1873, Nr. 13.
Tiemann, zur Beurtheilung der Methoden der
Wasseranalyse.
Bestimmungen der
Schwefelsäure.
I. Gewichtsanalytische Methode. Der Gehalt eines
natürlichen Wassers an Schwefelsäure ist sicher und durchaus nicht schwierig auf
gewichtsanalytischem Wege, durch Fällen der Schwefelsäure mittelst Baryumchlorids
und Wägen des ausgefällten Baryumsulfates zu ermitteln.
Die Resultate dieses Verfahrens, welches lange Zeit den Ruf der genauesten
gewichtsanalytischen Methode genoß, werden, wie sich später gezeigt hat, leicht
ungenaue, wenn die Fällung der Schwefelsäure in einer zu concentrirten Lösung
vorgenommen wird, und wenn man dazu eine zu starke Baryumchloridlösung verwendet.
Auch die Anwesenheit von größeren Mengen fremder Substanzen, namentlich von
Alkalien, Nitraten etc., wirkt störend, weil Theile derselben in den gebildeten
Niederschlag übergehen.
Finkener,Rose, analytische Chemie. Sechste Auflage, Bd. II
S. 455. welcher dieses Verhalten näher untersucht hat, gelangt dadurch zu dem
Ausspruche:
Der Niederschlag, welcher durch Baryumsalze in einer Lösung hervorgebracht wird, die freie
Schwefelsäure oder Salze derselben enthält, ist nie ganz reines Baryumsulfat.
Die Verhältnisse gestalten sich trotzdem für die Ausführung dieser Bestimmung bei
einem natürlichen Wasser besonders günstig, weil dieses von vornherein eine sehr
verdünnte Sulfatlösung ist oder bei gar zu großer Verdünnung doch leicht durch
geeignetes Eindampfen auf die erforderliche Concentration gebracht werden kann, und
weil die außer der Schwefelsäure noch vorkommenden, möglicherweise störend wirkenden
Verbindungen, selbst in den ungünstigsten Fällen, nur in solcher Menge vorhanden
sind, daß ein Mitniederfallen irgendwie erheblicher Quantitäten derselben bei der
Fällung der Schwefelsäure durchaus nicht zu befürchten ist.
Verfährt man genau nach der einmal als zweckmäßig erkannten VorschriftRose, analytische Chemie. Sechste Auflage, Bd. II
S. 456., fällt man also die Schwefelsäure aus dem schwach mit Salzsäure angesäuerten
siedenden Wasser mittelst einer sehr verdünnten heißen Baryumchloridlösung, indem
man dabei die Vorsicht gebraucht, von dem Fällungsmittel zuerst wenig, später einen
nicht zu starken Ueberschuß hinzuzusetzen; läßt man endlich dem gefällten
Baryumsulfat Zeit, sich vollständig abzusetzen, so wird dadurch, bei dem späteren
Filtriren, jedes Durchgehen von Theilchen des feinen Niederschlages durch die Poren
des Filters verhindert, das Auswaschen ist leicht und in kurzer Zeit ausführbar, und
die Resultate dieser Bestimmung dürfen als fast absolut richtige bezeichnet
werden.
Sind in 100,000 Theilen Wasser nur 4 Theile Schwefelsäure (SO³) enthalten, so ist die Bestimmung, bei Anwendung von 300 Kub.
Cent. dieses Wassers für den Versuch, ohne jedes vorbereitende Eindampfen noch
ausführbar; die in diesem Falle vorhandenen 0,012 Grm. Schwefelsäure werden ohne
Schwierigkeit aus der oben angegebenen Flüssigkeitsmenge vollständig ausgefällt und
die ihnen entsprechenden 0,0349 Grm. Baryumsulfat sind mit Sicherheit zu wägen.
Der Zeitverlust, welcher durch die Wägungen und das nothwendige Absetzenlassen des
gebildeten Niederschlages veranlaßt wird, ist, obschon er nur wenige Stunden
beträgt, der einzige stichhaltige Vorwurf, welchen man dieser Methode machen kann;
um diesen zu vermeiden, also nur um Zeit zu gewinnen, sind von Wildenstein
Zeitschrift für analytische Chemie, Jahrg. I, S. 323. und von Boutron
Trommsdorff, Zeitschrift für analytische Chemie, Jahrg. VIII, S. 340. und Boudet die folgenden Methoden in Vorschlag
gebracht und seitdem auch häufig angewandt worden.
II. Die Methode von Wildenstein. – Nach dieser
Methode wird die vorhandene Schwefelsäure durch eine im Ueberschuß hinzugesetzte
Baryumchloridlösung von bestimmtem Gehalt ausgefällt und der Ueberschuß an Baryum
durch eine mit der Baryumchloridlösung titrirte neutrale Kaliumchromatlösung
abgeschieden. Die Endreaction erkennt man an der eintretenden Gelbfärbung der über
dem Niederschlage befindlichen Flüssigkeit und Rückwärtsentfärbung der letzteren
durch einige Tropfen der Baryumchloridlösung.
Da größere Mengen von Calciumcarbonat störend einwirken, so ist es nothwendig das
Wasser bei dem Beginne des Versuches anzusäuern und später, vor dem Zusatz des
Kaliumchromats, wieder genau zu neutralisiren; das Resultat des Versuches wird ein
ungenaues, wenn man diese Bedingungen nicht streng inne hält.
Diese Schwierigkeiten werden beseitigt, wenn man an Stelle des ursprünglichen das
ausgekochte Wasser, welches durch destillirtes Wasser auf sein vorheriges Volum
gebracht worden ist, zu dem Versuche verwendet.
Ein Einwand läßt sich jedoch gegen die Anwendung des ausgekochten Wassers erheben,
nämlich der, daß möglicherweise erhebliche Mengen von Gyps gleichzeitig mit dem
durch Kochen gefällten Calciumcarbonat abgeschieden werden, daß also nicht unter
allen Umständen die Gesammtmenge der in dem ursprünglichen Wasser vorhandenen
Schwefelsäure sich in dem ausgekochten Wasser wiederfindet.
Meine dahin zielenden Versuche bestätigen diese Voraussetzung durchaus nicht; ich
habe in dem durch längeres Sieden entstandenen, gut ausgewaschenen Niederschlage,
wenn das bei dem Kochen verdampfte Wasser stets annähernd durch destillirtes Wasser
ersetzt wurde, in den meisten Fällen überhaupt keine Schwefelsäure nachweisen
können; nur einige Male wurden darin kaum erkennbare Spuren, nie aber bestimmbare
Mengen dieser Säure aufgefunden.
Ferner habe ich wiederholt Schwefelsäurebestimmungen in dem ursprünglichen und dem
ausgekochten Wasser nebeneinander ausgeführt, es ergaben sich dabei stets
vollständig übereinstimmende Zahlen; der Verwendung des ausgekochten Wassers für den
angeführten Zweck steht daher nichts im Wege.
Bei der Wildenstein'schen Methode ist ferner das Auffinden
der Endreaction, die Färbung und Entfärbung einer Flüssigkeit, in welcher sich
zugleich ein gefärbter Niederschlag befindet, mühselig und zeitraubend; dieser
Mangel läßt sich unschwer durch die folgende Abänderung dieses Verfahrens
beseitigen.
Man erhitzt 100 K. C. des ausgekochten, wie oben gezeigt, auf sein ursprüngliches
Volum gebrachten Wassers in einem Kochfläschchen, welches bei 150 K. C. eine Marke
trägt, zum Sieden und fügt 10 K. C., bei stark schwefesäurehaltigem Wasser
15–20 K. C. einer Baryumchloridlösung hinzu, welche im Liter 1/10 Aequivalent
dieses Salzes enthält. Man kocht einige Minuten und läßt darauf von einer
gleichwerthigen Lösung von neutralem Kaliumchromat eine solche Menge hinzufließen,
daß die über dem, sich für diesen Zweck genügend schnell absetzenden Niederschlage
stehende Flüssigkeit schwach aber deutlich gelb gefärbt erscheint. Nach dem
Erkalten, welches durch Einstellen des Kochfläschchens in kaltes Wasser beschleunigt
werden kann, füllt man mit destillirtem Wasser bis zur Marke auf, schüttelt um und
filtrirt durch ein ungenäßtes Filter.
100 K. C. des Filtrates werden in einen engen Cylinder von farblosem Glase gebracht,
in welchem diese Flüssigkeitsmasse eine 15 bis 20 Centimet. hohe Schicht einnimmt.
Darauf versetzt man 100 K. C. destillirtes Wasser in einem gleichen Cylinder mit so
viel der obigen Kaliumchromatlösung, daß die Flüssigkeitsschichten in beiden
Cylindern genau denselben Farbenton zeigen.
Es lassen sich die Farbentöne, welche durch 0,1–0,6 K. C. der 1/10
Kaliumchromatlösung in 100 K. C. Wasser hervorgebracht werden, genau
unterscheiden.
Die auf diese Weise bestimmte Menge überschüssig hinzugesetzter Kaliumchromatlösung,
mit 2/3 multiplicirt, wird von der, zu dem zu prüfenden Wasser gesetzten Menge
dieser Lösung abgezogen; aus der Differenz zwischen den noch übrig bleibenden K. C.
der Kaliumchromat- und den gebrauchten K. C. der Baryumchloridlösung
berechnet sich dann leicht der Gehalt des Wassers an Schwefelsäure.
Auch Alexander Müller
Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Jahrg. III S. 881. hat eine ähnliche Modification des Wildenstein'schen Verfahrens in Vorschlag gebracht.
III. Die Methode von Boutron und Boudet. – Bei
diesem Verfahren fällt man die Schwefelsäure aus dem gekochten Wasser von bekannter
bleibender Härte durch überschüssige Baryumchloridlösung, deren Titer auf
Seifelösung gestellt ist, filtrirt nach dem Absetzen von dem entstandenen
Niederschlage und bestimmt die im Filtrat noch vorhandenen Härtegrade durch
Seifelösung.
Addirt man zu den bleibenden Härtegraden des Wassers die Härtegrade welche der
hinzugesetzten Baryumchloridlösung entsprechen, und zieht man davon die in dem
obigen Filtrat wiedergefundenen Härtegrade ab, so erhält man in der Differenz einen
Werth, aus welchem sich der Gehalt des Wassers an Schwefelsäure leicht berechnen
läßt.
Von verschiedener Seite ist in Vorschlag gebracht worden, die Baryumchloridlösung
durch eine Lösung des bequemer abzuwägenden Baryumnitrats zu ersetzen; nach dem oben
erörterten Verhalten der Nitrate gegen sich abscheidendes Baryumsulfat ist dieß
unzulässig.
Auf Grund meiner früher mitgetheilten ErfahrungenBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Jahrg. VI S. 278. ziehe ich auch bei dieser Methode die Anwendung einer verdünnten der einer
concentrirten Seifelösung vor; man verfährt daher zweckmäßig wie folgt:
100 K. C. des ausgekochten Wassers werden in einem Kochfläschchen, das bei 150 K. C.
eine Marke trägt, zum Sieden erhitzt und mit einer Baryumchloridlösung, von welcher
jeder Kubikcentimeter einem deutschen Härtegrade entspricht, in geringem Ueberschuß
versetzt. Nach dem Absetzenlassen des Niederschlages und dem Erkalten der
Flüssigkeit füllt man mit destillirtem Wasser bis zur Marke auf, filtrirt durch ein
ungenäßtes Filter und bestimmt in 100 K. C. des Filtrates die noch vorhandenen
Härtegrade.
Bei der Bestimmung der Schwefelsäure nach den drei verschiedenen Methoden haben sich
bei einigen natürlichen Wässern die folgenden Werthe ergeben, welche, wenn man die
Resultate der Gewichtsanalyse als absolut richtige annimmt, den nebenstehenden
Procenten der wirklich vorhandenen Schwefelsäure entsprechen:
Theile Schwefelsäure (SO³) in
100,000 Theilen Wasser.
D.
Gewichtsanalyse.
= Proc. N. Wildenstein
= Proc. N. B. u. B.= Proc.
Wasser
Nr. 1
43,10
100,0
43,60
101,1
42,69
99,0
„
Nr. 3
26,20
100,0
26,00
99,2
25,71
98,1
„
Nr. 9
8,40
100,0
7,80
92,9
6,86
81,7
„
Nr. 8
5,85
100,0
5,80
99,1
3,93
67,2
„
Nr. 4
3,20
100,0
3,00
93,8
0,95
29,7
Um einen sicheren Vergleich zu ermöglichen, habe ich bei den beiden zuletzt
angeführten Methoden stets 100 K. C. Wasser zu einem Versuche verwandt; die
gewichtsanalytischen Bestimmungen, bei denen es besonders auf absolute Richtigkeit
ankam, sind dagegen stets mit einer größeren Menge Wasser (bis zu 800 K. C.)
ausgeführt worden.
Die Resultate des gewichtsanalytischen und des Wildenstein'schen Verfahrens zeigen eine genügende Uebereinstimmung; auch
durch die Methode von
Boutron und Boudet findet
man nahezu dieselben Zahlen, so lange der Schwefelsäuregehalt eines Wassers nicht zu
gering ist und nach meinen bisherigen Erfahrungen mindestens 8 bis 10 Theile
Schwefelsäure in 100,000 Theilen Wasser beträgt; bei der Bestimmung kleinerer Mengen
erhält man stets mehr oder weniger zu niedrige Resultate. Der Grund hiervon ist
vornehmlich der, daß sehr kleine Quantitäten Schwefelsäure nur dann vollständig
durch Baryumchlorid aus der Lösung abgeschieden werden, wenn man den entstehenden
Niederschlag längere Zeit sich abzusetzen läßt, und wenn man einen größeren
Ueberschuß des Fällungsmittels anwendet, was in diesem Falle durch zu starke
Erhöhung der Härte nach einer anderen Richtung hin zu Unzuträglichkeiten führen
würde. Bei der Wildenstein'schen Methode befördert das
mitgefällte Baryumchromat die schnelle und vollständige Abscheidung selbst sehr
geringer Mengen von Baryumsulfat. Es sind daher nach Wildenstein noch 2 bis 3 Theile Schwefelsäure (wasserfrei gedacht) in
100,000 Th. Wasser zu bestimmen; will man aber so geringhaltige Wässer mit Hülfe des
Verfahrens von Boutron und Boudet untersuchen, so empfiehlt es sich, dieselben zuvor auf die Hälfte
oder ein Drittel ihres ursprünglichen Volumes einzudampfen; dabei muß natürlich die
bleibende Härte des concentrirten Wassers von Neuem durch den Versuch ermittelt
werden.
Die in dem, einem verunreinigten Untergrunde entstammenden
Wasser vorkommenden Verbindungen, speciell die Sulfate, Chloride und Nitrate,
und ihre Berechnung aus den durch die Analyse festgestellten Zahlen.
Im Anschluß an die vorstehende Notiz über Schwefelsäurebestimmungen sey es mir
gestattet, der Gesellschaft einige Beobachtungen mitzutheilen, welche ich bei dem
Zusammenstellen der durch die Analyse festgestellten Zahlen wiederholt und bei
verschiedenen Wässern gemacht habe. Die bleibende Härte des Wassers, der Gehalt
desselben an Schwefelsäure, Chlor, Salpetersäure, Alkalien und Ammoniak kommen
hierbei besonders in Frage.
Ich werde versuchen, meine Beobachtungen und die sich daraus ergebenden
Schlußfolgerungen an den, bei der genauen Analyse von vier Wässern gewonnenen
Resultaten zu erläutern:
Man pflegt die durch die Wasseranalyse ermittelten Werthe in der Weise
zusammenzustellen, daß man das gefundene Chlor an Alkalien bindet, den Rest der
letzteren als Sulfate berechnet und die übrigbleibende Schwefelsäure als
Calcium- oder Magnesiumsulfat in Rechnung bringt. Die Salpetersäure nimmt man an
Ammoniak, die darüber restirende an Kalk oder Magnesia gebunden an.
Diese Zusammenstellung trifft in allen ihren Theilen bei der Mehrzahl der Wässer,
welche dem Untergrunde namentlich stark bevölkerter Orte entstammen, durchaus nicht
zu.
Wenn die Voraussetzungen, welche die obige Zusammenstellung rechtfertigen, der
Wirklichkeit entsprechen, so muß die Gesammtmenge der fixen Basen und des Ammoniaks,
welche zur Sättigung der gleichzeitig anwesenden Schwefelsäure,
Chlorwasserstoffsäure und Salpetersäure erforderlich sind, in dem ausgekochten
Wasser vorhanden seyn und in ganz bestimmter Beziehung zu der durch den Versuch
ermittelten bleibenden Härte des Wassers stehen.
Berücksichtigt man die längst bekannteA. W. Hofmann, Journal of
the Chem. Soc. 1852 IV. XVI, 381. Birnbaum, die Brunnenwässer der Stadt Carlsruhe S. 8. Thatsache, daß sich Calciumbicarbonat durch Kochen
nicht vollständig abscheiden läßt, daß selbst nach Austreibung aller sogen.
halbgebundenen Kohlensäure noch 3,5 Th. Calciumcarbonat in 100000 Th. Wasser gelöst
bleiben, welche somit 2 deutsche Grade von der bleibenden Härte jedes ursprünglich
Calciumbicarbonat enthaltenden Wassers ausmachen sollten, so muß sich, immer unter
der Annahme daß die ebenbezeichnete Gruppirung der einzelnen Bestandtheile die
richtige sey, die bleibende Härte eines Wassers leicht berechnen lassen, wenn der
Gehalt desselben an Alkalien, Ammoniak, Schwefelsäure, Chlorwasserstoffsäure und
Salpetersäure bekannt ist.
Diese Rechnung ist bei den folgenden vier Beispielen ausgeführt worden und sind die
berechneten und direct gefundenen Werthe zum Vergleich nebeneinandergestellt. Bei
Wasser Nr. 1 hat man die durch Seifelösung bestimmte bleibende Härte durch die
Kalk- und Magnesiabestimmung in dem ausgekochten Wasser controllirt und
richtig befunden; die bleibende Härte der übrigen drei Wässer ist wiederholt und
übereinstimmend mit Hülfe derselben Seifelösung ermittelt worden.
Bleibende Härte.
= Theile Kalk in 100,000 Theilen Wasser.
Berechnet.
Gefunden.
Wasser Nr.
1
28,70
21,52
„ „
2
2,00
1,90
„ „
3
20,23
15,00
„ „
4
3,62
3,20
Nur bei Wasser Nr. 2 und 4, von denen Nr. 2 weder Schwefelsäure noch Salpetersäure,
Nr. 4 nur sehr geringe Mengen Schwefelsäure enthält, ergibt sich zwischen beiden Werthen eine
genügende Uebereinstimmung; die bei den stärker verunreinigten Wassern Nr. 1 und 3
durch Rechnung erhaltenen Zahlen sind dagegen durchaus abweichende und ganz
abnorme.
Dieselben zeigen unzweifelhaft, daß bei diesen Wässern die vorhandenen fixen Basen
und das Ammoniak zur Sättigung der gleichzeitig anwesenden Säuren nicht ausreichen,
und da sowohl die ursprünglichen, wie die ausgekochten Wässer vollständig neutral
reagirten, so gelangt man ungezwungen zu der Annahme, daß der durch die Analyse
festgestellte Ueberschuß von Säuren an organische Basen gebunden seyn muß.
Welche Säure aber mit letzteren in Verbindung vorhanden ist, läßt sich mit
Bestimmtheit nicht entscheiden; man kann in Bezug hierauf nur mehr oder weniger
begründete Vermuthungen hegen.
Die Ansicht, welche ich mir aus den angestellten Versuchen und gemachten
Beobachtungen gebildet habe, ist die folgende:
Die in den, einem verunreinigten Untergrunde entstammenden Wässern vorhandene
Salpetersäure ist, wie nach einer anderen Richtung hin ein Theil der darin
vorkommenden Kohlensäure, das Endproduct eines oxydirend wirkenden
Verwesungsprocesses stickstoffhaltiger organischer Substanzen. Dieser repräsentirt
jedoch erst die zweite Phase von Umwandlungen, welche letztere erleiden, sie sind
vorher bereits durch einen vorzugsweise reducirend wirkenden Fäulnißproceß chemisch
verändert worden.
Als Endproduct dieses ersten Umwandlungsprocesses tritt Ammoniak auf; es bleibt
jedoch die Möglichkeit durchaus nicht ausgeschlossen, sondern es ist vielmehr
wahrscheinlich, daß zwischen Ammoniak und den ursprünglichen, stickstoffhaltigen,
organischen Stoffen eine Reihe von Uebergangsproducten bestehen, welche als mehr
oder weniger hochconstituirte, substituirte Ammoniake aufzufassen sind und mit mehr
oder weniger basischen Eigenschaften begabt seyn werden.
Da nach eigenen und den mir vorliegenden Analysen die in derartigen Wässern
beobachteten Mengen Ammoniak zu keiner Zeit in einem Verhältniß zu der darin
(gleichzeitig oder später) aufgefundenen Salpetersäure stehen, so ist die Annahme
einer directen Bildung der Salpetersäure aus den so eben erwähnten
Uebergangsproducten gerechtfertigt. Da diese Körper basische Eigenschaften haben
werden, so kann es nicht auffallen, wenn sie bei einem raschen Auslaugeproceß, wie
er im Boden vor sich geht, in Verbindung mit Salpetersäure bleiben und so in die
Brunnenwässer gelangen.
Es ist durchaus kein Grund vorhanden, weßhalb in dem Brunnenwasser, das doch stets
nur eine verdünnte Lösung der verschiedenen Stoffe ist, sofort und selbst durch
Kochen eine Umsetzung zwischen den Ammonium- und substituirten
Ammoniumnitraten auf der einen und den gleichzeitig gelösten Erdalkalibicarbonaten
auf der anderen Seite eintreten soll.
Das Vorhandenseyn starker Basen oder basischer Carbonate wirkt bei der
Salpeterbildung vielleicht nur dadurch fördernd, daß diese Substanzen bei längerer
Berührung die organischen Basen aus ihrer Verbindung mit Salpetersäure frei machen,
sie so immer von Neuem der oxydirenden Wirkung der Luft preisgeben und dadurch die
weitere, partielle Oxydation derselben zu Salpetersäure veranlassen.
Es kann gegen die Annahme des Vorhandenseyns derartiger organischer Basen im
Brunnenwasser der Einwand erhoben werden, daß dieselben bei den jetzt üblichen
Methoden zur Bestimmung des Ammoniaks (Neßler's Probe)
als Ammoniak gefunden werden müssen.
Dahin zielende Versuche haben jedoch ergeben, daß nur Ammoniak mit Neßler's Reagens die charakteristische rothe
Farbenreaction gibt. Außer Ammoniak werden allerdings auch die mono- und
trisubstituirten Ammoniake der Fettreihe durch alkalisches
Quecksilber-Kalium-Jodid gefällt, beide jedoch mit viel hellerer,
letztere mit fast weißer Farbe, die disubstituirten und sehr hoch constituirten
Ammoniake der Fettreihe, die Amine der aromatischen Reihe Strychnin, Morphin,
Chinin, reiner Harnstoff, frische Eiweißlösung geben dagegen in verdünnten Lösungen
mit Neßler's Reagens weder einen Niederschlag, noch
veranlassen sie irgend eine charakteristische Farbenreaction.
Ist Salpetersäure wenigstens theilweise in Verbindung mit organischen Basen
vorhanden, so erklärt sich auch die sonst auffallende Erscheinung, daß in stark
salpetersäurehaltigem Brunnenwasser fast ausnahmslos auch größere Mengen organischer
Stoffe gefunden werden.
Vernachlässigt man bei der Berechnung der bleibenden Härte von Wasser Nr. 1 und 3 die
Salpetersäure und das Ammoniak, so erhält man Zahlen, welche sich in folgender Weise
mit den direct gefundenen Werthen von diesen und den bereits angeführten von Wasser
Nr. 2 und 4 vergleichen lassen:
Bleibende Härte
= Theile Kalk in 100,000 Theilen Wasser.
Berechnet.
Gefunden.
Wasser Nr.
1
24,01
21,52
„ „
2
2,00
1,90
„ „
3
17,33
15,00
„ „
4
3,62
3,20
Die berechneten Werthe sind bei Wasser Nr. 1 und 2 noch unbedeutend zu hoch; aber es
ist auch fraglich, ob größere Mengen vorhandenen Gypses oder Magnesiumsulfates nicht
die Löslichkeit des Calciumcarbonats beeinträchtigen, so zwar, daß dadurch eine
vollständigere Abscheidung der Erdalkalibicarbonate bei längerem Kochen bewirkt
werde.
Bisher hat es mir an Zeit gefehlt, diese Frage durch Versuche endgültig zu
entscheiden; aus den wenigen bisher gemachten Beobachtungen und Versuchen glaube ich
jedoch folgern zu dürfen, daß bereits 20–22 Theile Gyps (entsprechend 12
Theilen Kalk) in 100,000 Theilen Wasser eine nahezu vollständige Abscheidung des
Calciumbicarbonats beim Kochen veranlassen.
Die berechnete, bleibende Härte von Wasser Nr. I und 3 stellt sich, nach Abzug von 2
für gelöstes Calciumcarbonat früher in Rechnung gebrachten Härtegraden, im Vergleich
mit der direct gefundenen Härte dieser und derjenigen der reineren Wässer Nr. 2 und
4 wie folgt:
Bleibende Härte
= Theile Kalk in 100,000 Theilen Wasser.
Berechnet.
Gefunden.
Wasser Nr.
1
22,01
21,52
„ „
2
2,00
1,90
„ „
3
15,33
15,00
„ „
4
3,62
3,20
Die so berechneten Zahlen stimmen, wie ersichtlich, nahezu mit den durch den Versuch
gefundenen überein und zeigen nur geringe Abweichungen wie sie sich innerhalb der
Beobachtungsfehler auch bei den reineren Wässern Nr. 2 und 4 ergeben.
Wenn es somit im höchsten Grade wahrscheinlich ist, daß die Salpetersäure in den
verunreinigten Brunnenwässern im Allgemeinen nicht als Calcium- oder
Magnesiumsalz vorkommt, so bleibt doch der Fall nicht ausgeschlossen, daß Nitrate,
ja auch Chloride der letztgenannten Metalle auf irgend eine Weise in ein solches,
wie überhaupt in ein natürliches Wasser gelangen können; dieselben geben sich aber
sofort durch eine entsprechende Erhöhung der bleibenden Härte zu erkennen. Durch
wiederholte Versuche, bei denen ich stark verunreinigte Wässer mit sehr kleinen
Mengen dieser Salze versetzte, habe ich dieß unzweifelhaft nachweisen können.
Wenn man ferner annehmen darf, daß die große Mehrzahl der verunreinigten Wässer ihre
bleibende Härte, so lange dieselbe hoch ist und 12 Härtegrade übersteigt, fast
ausschließlich gelösten Sulfaten des Calciums und Magnesiums verdankt und daß auch
die niederen permanenten Härtegrade darin nur durch diese Salze und sehr geringe Mengen von Calciumcarbonat
(bis 2 Th. Kalk entsprechend) veranlaßt werden, so kann man doch aus der bekannten
bleibenden Härte durchaus nicht die Gesammtmenge der vorhandenen Schwefelsäure
erschließen; dieß erhellt z.B. aus folgenden Zahlen:
Theile Schwefelsäure (SO³) in 100,000 Theilen Wasser.
Aus der bleibenden Härte berechnet,bei 4
nach Abzugvon 2 Härtegraden fürCalciumcarbonat.
Gefunden.
Wasser Nr. 1
30,7
43,1
„
„ 2
21,4
26,2
„
„ 4
1,8
3,2
Wohl aber erlaubt die Differenz zwischen der so berechneten und wirklich gefundenen
Schwefelsäuremenge in den meisten Fällen einen berechtigten Schluß auf die Menge der
vorhandenen Alkalisulfate und speciell des Kaliumsulfates.
Diese Voraussetzung steht im Einklange mit der bisherigen
Berechnungsweise, wornach das gefundene Chlor als Alkalichlorid, der Rest der
Alkalien als Sulfate berechnet werden. Die Rechnung selbst ist nur umgekehrt, da sie
bei den Erdalkalisulfaten beginnt; sie wird durch folgende Zahlen gestützt:
Theile Kaliumsulfat in 100,000 Theilen Wasser:
Aus der obigenDifferenz berechnet.
Aus dem nicht an Chlorgebundenen Kalium
berechnet.
Wasser Nr.
1
26,9
25,4
„ „
2
10,4
9,4
„ „
4
2,1
1,9
Ein bedeutender Unterschied zwischen der gefundenen und der aus der bleibenden Härte
berechneten Schwefelsäuremenge, das heißt also ein bedeutender Gehalt an
Kaliumsulfat, zeigt sich gewöhnlich nur bei stark verunreinigten Wässern; man darf
daher eine große derartige Differenz rückschließend als eines der Zeichen für die
Verunreinigung eines Wassers gelten lassen.
Eine frühere Annahme, wornach dem gefundenen Chlor die Gesammtmenge der vorhandenen
Alkalien entsprechen soll, trifft bei reineren Wässern zu; aber schon die zuletzt
angeführten Zahlen zeigen, daß sie bei den verunreinigten Brunnenwässern absolut
falsch ist. Dich erhellt noch mehr aus einem Vergleich der durch die Analyse direct
gefundenen Werthe, mit den aus dem vorhandenen Chlor berechneten Zahlen:
Theile in 100,000 Theilen Wasser.
Gefundene Gesammtmengeder Alkalien als
Natriumchloridberechnet.
Gesammtmenge der Alkalienaus dem vorhandenen
Chlorals Natriumchlorid berechnet.
Wasser Nr.
1
51,1
33,9
„ „
2
4,6
4,1
„ „
3
15,1
8,7
„ „
4
6,5
5,2
Auch hier zeigen die verunreinigten Wässer Nr. 1 und 3 die größten Abweichungen.
Dagegen entspricht das gefundene Chlor sehr annähernd dem durch die Analyse direct
ermittelten Gehalt eines Wassers an Natriumchlorid, wie folgende Zahlen zeigen:
Theile Natriumchlorid in 100,000 Theilen Wasser.
Direct gefunden.
Aus dem Chlorgehalt berechnet.
Nr. 1
33,4
33,9
„ 2
4,4
4,1
„ 3
8,8
8,7
„ 4
5,3
5,2
Man kann daher bei der Berechnung des Kaliumsulfats aus dem gefundenen Kalium die
geringen, an Chlor zu bindenden Antheile des letzteren meist vernachlässigen.
Es darf nicht auffallen, daß ich die gemachten Beobachtungen und daraus gezogenen
Schlüsse mit verhältnißmäßig nur wenigen Zahlen belegt habe; sollen aber bei der
Kleinheit der hier in Frage kommenden Werthe derartige Schlüsse überhaupt eine
Berechtigung haben, so kann dieß nur dann der Fall seyn, wenn, wie bei den
angeführten Beispielen, die Bestimmung jedes einzelnen in Frage kommenden
Bestandtheiles wiederholt und wenn irgend möglich auf verschiedene Weise controllirt
worden ist, so daß die angeführten Werthe als absolut richtige bezeichnet werden
dürfen. Obgleich ich dieselben Beobachtungen auch in anderen Fällen gemacht habe, so
fehlte mir doch die Zeit zur Aufstellung größerer, eben so sicherer Versuchsreihen.
Ich kann daher nicht den Anspruch erheben, die zuletzt angeregten Gegenstände
vollständig erschöpfend behandelt zu haben, sondern möchte vielmehr im Vorstehenden nur einen Beitrag zu den auch von anderer
Seite gemachten Beobachtungen geliefert und die Aufmerksamkeit der in gleicher
Richtung arbeitenden Chemiker von Neuem auf die besprochenen, jedenfalls nicht ganz
uninteressanten Verhältnisse gelenkt haben.