Titel: | Professor Dr. Zängerle's patentirte Hydro-Petrol-Lampe (Wasseraufgußlampe). |
Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. XLV., S. 260 |
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XLV.
Professor Dr. Zängerle's patentirte Hydro-Petrol-Lampe
(Wasseraufgußlampe).
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Zängerle's patentirte Hydro-Petrol-Lampe.
Diese Lampe, in Fig.
20 im Durchschnitt gezeichnet, ist mit Ausnahme des Dochtbehälters aus
Blech, hat die Form einer Moderateurlampe und besteht aus folgenden Theilen:
1) einem cylindrischen Gefäße C zur
Aufnahme des Oeles;
2) einem cylindrischen Gefäße B zur
Aufnahme des Wassers, mit einem Eingußtrichterchen m
und einer Ausflußöffnung n: m kann mittelst eines
durchlöcherten Deckelchens, n mittelst eines
Schraubenstöpsels geschlossen werden;
3) dem Dochtbehälter A von Glas mit
dem aufgeschraubten Brenner D. Das Oelgefäß C steht durch ein enges Röhrchen o mit dem Dochtbehälter A in Verbindung; vom Wassergefäß geht ein ebenfalls enges Röhrchen p durch das Oelgefäß hindurch bis nahezu auf den
Boden des letzteren herunter.
Bedienung. – Bei dem erstmaligen Füllen der Lampe
gießt man durch m 1 1/4 Liter Wasser ein; hierauf nimmt
man bei n den Schraubenstöpsel ab und läßt das
überschüssige Wasser ablaufen. Man schließt nun die Ausflußöffnung n und gießt bei abgeschraubtem Brenner in den
Dochtbehälter das Leuchtöl ein, wodurch das Wasser aus dem Gefäß C in das Gefäß B gedrängt
wird. Mit dem Eingießen des Leuchtöles hört man erst dann auf, wenn das Oelniveau
die Brennerfassung nahezu erreicht hat und constant bleibt. Ist nach mehrstündigem
Brennen das Niveau des Leuchtöles im Dochtbehälter gesunken, so wird bei m Wasser aufgegossen, bis der Dochtbehälter wieder mit
Leuchtöl gefüllt ist. Wenn durch Aufgießen von Wasser bei m das Leuchtöl nicht mehr in den Dochtbehälter gehoben wird, ist eine
frische Füllung der Lampe vorzunehmen. Zu diesem Zwecke läßt man bei n das überschüssige Wasser ablaufen und verfährt dann
wie oben angegeben.
Der Docht muß vor dem jedesmaligen Anzünden mit einem um den Finger gewickelten
Läppchen gleichmäßig abgestreift werden; erst nach längerem Gebrauche der Lampe ist
der verkohlte Theil des Dochtes abzuschneiden.Aus den Zeichnungen Fig.
21–25 ersieht man,
daß die Lampe auch als Hängelampe gebraucht
werden kann.
Die Vorzüge der Hydro-Petrol-Lampe sind
folgende:
1) Verhinderung der Bildung explosiver Gasgemische und der
damit verknüpften Gefahren (Explosionen, Feuersbrünste).
Bei der Reinigung des Petroleums werden jährlich Tausende von Centnern flüchtiger
Producte von 0,70–0,75 spec. Gewicht erhalten. Dieselben können in den
gewöhnlichen Lampen nicht gebrannt werden, weil sich durch die wärmeleitende Kraft
des Brenners das Oel alsbald erhitzt, wodurch der Oelbehälter mit Dampf angefüllt
und beim Hinzutritt der Luft Anlaß zu einer Explosion gegeben wird. Da diese
Producte neuerdings geringere Verwendung finden wie früher, so werden sie
nachgewiesenermaßen zur Verfälschung des Petroleums verwendet und wird dadurch die
Gefährlichkeit desselben in hohem Grade vermehrt und Veranlassung zu den in der
Neuzeit so häufigen Unglücksfällen gegeben. Wird nämlich derart verfälschtes
Petroleum in den gewöhnlichen Lampen gebrannt, so erhöht sich die Temperatur der
Vase und des Inhaltes bald auf die Entzündungstemperatur der flüchtigsten Producte
(20° C.) und es tritt dann ein Zurückschlagen der Flamme und eine
explosionsartige Entzündung ein, insbesondere beim Leerwerden des Oelgefäßes oder
beim Auslöschen der Lampen. Gesetze und Verordnungen zum Schutze der Consumenten des
Petroleums gegen Explosionen und daraus resultirende Schadenfälle existiren in
Deutschland noch nicht und haben sich in den Staaten wo sie erlassen wurden, als
völlig ungenügend erwiesen.
Bei der Hydro-Petrol-Lampe ist das Leuchtmaterial stets von einer
großen Wassermenge umgeben und wird von demselben abgekühlt. Ferner ist das
Oelniveau beinahe constant, der Raum zwischen diesem und dem Brenner ein sehr
geringer und somit keine Gelegenheit geboten, daß sich eine größere Menge von Dampf
oder einem explosiven Gasgemisch ansammeln kann. Es können daher in dieser Lampe
verfälschtes Petroleum sowie die flüchtigsten Oele, wie Ligroin etc. etc. ohne
Gefahr gebrannt werden.
Bei einem etwaigen Umstoßen der Lampe fließt nur eine kleine Quantität Oel aus und
folgt hierauf das schwerere Wasser, welches die Flamme des Dochtes auslöscht. Es
gewährt die Lampe also auch in dieser Hinsicht eine größere Sicherheit wie die
gewöhnlichen Lampen.
2) Beträchtliche Ersparniß an Beleuchtungsmaterial und
gleichmäßige Helligkeit der Lichtflamme.
Die flüchtigen Oele brennen nur bei einem bestimmten Abstand zwischen der Flamme und
dem Oelspiegel mit voller Leuchtkraft. Um eine zu große Erwärmung des Leuchtöles und
in Folge dessen die Bildung explosiver Gasgemische zu verhüten, muß der Abstand
zwischen der Flamme und dem Oelspiegel bei allen flüchtigen Leuchtstoffen möglichst
groß genommen werden. Selbst die besten der bis jetzt gebräuchlichen Petroleumlampen
geben daher nur im frischgefüllten Zustande auf kurze Zeit die volle Leuchtkraft des
Oeles. Bei längerer Brenndauer sinkt der Oelspiegel beträchtlich und in demselben
Maaße, wie dieses Sinken erfolgt, nimmt die Leuchtkraft des Oeles ab. Dazu kommt,
daß in Folge des Sinkens des Oelspiegels der Docht mehr und mehr verkohlt und sich
Schnuppen bilden, welche zu einer gelben qualmigen Flamme Anlaß geben.
Bei der Hydro-Petrol-Lampe sinkt das Oelniveau für je eine Stunde
Brenndauer nur um 1/2 Centimeter und außerdem kann dasselbe jederzeit auch während des Brennens der Lampe durch Nachfüllen von
Wasser bei m auf den normalen Stand gebracht werden. Es
ist daher begreiflich, daß bei dieser Lampe zur Herstellung einer bestimmten
Lichtmenge eine geringere Quantität Petroleum erforderlich ist als bei den
gewöhnlichen Lampen und daß dieselbe eine schöne weiße, selbst bei mehrstündigem
Brennen sich vollständig gleichbleibende Lichtflamme gibt.
3) Sehr lange Brenndauer, ohne eine frische Füllung vornehmen
zu müssen.
Bei den gewöhnlichen Petroleumlampen ist der Oelbehälter klein und ist ein Nachgießen
von Oel während des Brennens der Lampe, ohne sich den größten Gefahren auszusetzen,
nicht möglich. Diese Lampen müssen daher, wenn sie gut brennen sollen, nach
jedesmaligem Gebrauche wieder gefüllt werden. Bei dem durchdringenden Geruch des
Petroleums und ähnlicher Leuchtstoffe ist dieses häufige Füllen der Lampe äußerst
lästig.
Bei der Hydro-Petrol-Lampe ist der Oelbehälter so groß, daß er mehr wie
ein Liter Petroleum faßt. Die Lampe bedarf daher bei einer täglichen Brennzeit von 3
Stunden erst nach drei Wochen einer neuen Füllung.
4) Schutz des Leuchtöles vor Verharzung.
Bei längerem Stehen der flüchtigen Oele in den gewöhnlichen Lampen werden dieselben
gelb, verharzen. Die Verbrennung solcher Oele findet nur unvollkommen statt, die
Flamme rußt und der Docht verkohlt dabei.
Bei der Hydro-Petrol-Lampe befindet sich das Petroleum unter Wasser und
ist auf diese Weise vor der Einwirkung der atmosphärischen Luft und des Lichtes
vollkommen geschützt, weßhalb nie eine Verharzung eintreten kann.
5) Verwendbarkeit für alle flüchtigen
Leuchtmaterialien.
Der Abstand zwischen der Flamme und dem Oelspiegel, bei welchem die Leuchtöle mit der
größten Leuchtkraft verbrennen, ist für Oele von verschiedenem spec. Gewichte ein
verschiedener. Es können deßhalb in einer gewöhnlichen Petroleumlampe
Leuchtmaterialien welche ein von dem Petroleum verschiedenes spec. Gewicht besitzen,
wie Solaröl, Photogen, (Ligroin abgesehen von der großen Flüchtigkeit des letzteren)
nicht gebrannt werden.
Bei der Hydro-Petrol-Lampe können durch Aufgießen von Wasser alle
flüchtigen Leuchtmaterialien auf die für ihre Verbrennung vortheilhafteste Höhe
gehoben werden. Schraubt man einen für das betreffende Leuchtmaterial geeigneten
Brenner auf, so können in dieser Lampe Petroleum, Solaröl, Photogen, Ligroin,
Mischungen der vorgenannten Oele, Lösungen von Paraffin oder Naphtalin in Ligroin
u.s.w. gebrannt werden. Die Lampe gibt demnach die Möglichkeit, ohne weitere Kosten
von einem Leuchtmaterial auf das andere überzugehen, wie dieß gerade die
Preisverhältnisse oder andere Umstände erfordern.
––––––––––
Der Ausschuß des polytechnischen Vereines in München hat die beschriebene Lampe einer
Prüfung unterstellt und auf Grund des Referates des Hrn. Dr. Schilling, Directors der Münchener
Gasfabrik, ein ausführliches Gutachten über dieselbe abgegeben, welches die von dem
Erfinder angegebenen Vortheile durchaus bestätigt und sich dahin ausspricht:
„daß die Anwendung von Wasser zur Hebung des Oeles
mancherlei Vortheile gewährt, welche die Hydro-Petrol-Lampe des
Hrn. Prof. Dr. Zängerle
als einen wirklichen Fortschritt in der Construction der Petroleumlampen
erscheinen lassen; und daß dieselbe zweckmäßiger und gefahrloser als die
gewöhnlichen Petroleumlampen ist, und daher als rationell empfohlen zu werden
verdient.“
Prof. Dr. Zängerle hat
sich die Lampe in den meisten Staaten Europa's patentiren lassen und hat das
Recht der Anfertigung und des Verkaufes derselben für Baden, Bayern,
Elsaß-Lothringen und Württemberg der Lampenfabrik C. Beuttenmüller u. Comp.
in Breiten in Baden übertragen. Muster und Preiscourante versendet auf
Verlangen gern genannte Fabrik und E. Lacher in
München (Kaufingerstraße), welcher letztere auch über den Verkauf von
Patenten für die Lampe Auskunft ertheilt.
Von der internationalen Jury der Welt-Ausstellung zu
Wien wurde dem Erfinder für die Hydro-Petrol-Lampe die große Verdienst-Medaille ertheilt.