Titel: | Ueber Gasentwickelungs-Apparate; mitgetheilt von Julius Löwe. |
Autor: | Julius Löwe [GND] |
Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. VIII., S. 25 |
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VIII.
Ueber Gasentwickelungs-Apparate;
mitgetheilt von Julius Löwe.
Löwe, über Gasentwickelungs-Apparate.
Die Gasentwickelungs-Apparate, welchen die Eigenschaft zukommt intermittirend
zu wirken, d.h. bald durch Oeffnung bald durch Schließung ihres Gashahnes das
gaserzeugende Säuregemisch je nach Erforderniß zum Zutritt oder zum Abfluß der
chemischen Verbindung oder des Metalles zu bringen, wie z.B. bei dem Kipp'schen Schwefelwasserstoff-Apparate, leiden
meistens an dem einen Uebelstande, daß die Zuleitungsröhre, die zugleich Abflußröhre für das
Säuregemisch ist, gern in Folge der Salzbildung, selbst wenn sie mäßig weit ist,
zukrystallisirt, so daß entweder eine Spannung innerhalb des Apparates sich
einstellt oder im anderen Falle das Säuregemisch unausgenützt vom chemischen
Gaserzeuger, selbst bei geöffnetem Hahne, getrennt bleibt, sobald nämlich der
Krystallansatz nach längerem Gebrauche bei geschlossenem Ventile erfolgte. Hierin
ist wohl der Grund gelegen, weßhalb z.B. der Kipp'sche
Apparat bei Vielen, namentlich für Erzeugung von Schwefelwasserstoffgas, außer
Gebrauch gekommen ist, indem der gebildete Eisenvitriol zu genanntem Uebelstande
hier namentlich gern Veranlassung bietet, denn wollte man auch die Krystallbildung
etwa durch die Löslichkeit der Krystalle d.h. durch größeren Wasserzusatz oder
vielmehr durch Verdünnung des Säuregemisches aufheben, so stünde diesem Vortheile
wieder die kürzere Wirkungskraft des Apparates entgegen, denn man bedarf um so
früher einer erneuten Füllung, die oft während einer chemischen Arbeit erforderlich
wird, bei welcher eine Unterbrechung des Gasstromes gerade nicht zulässig oder
wünschenswerth ist. In geringerem Grade kommt genannter Uebelstand bei diesem
Apparate zur Erscheinung bei Entwickelung von Wasserstoff aus metallischem Zink und
Schwefelsäure oder bei der Zersetzung von kohlensaurem Kalk mittelst Salzsäure, im
letzteren Falle nur in Folge der Gypsbildung, wenn die zur Verwendung gekommene
Salzsäure Schwefelsäure enthielt, wie dieses meist bei der rohen Salzsäure des
Handels zutrifft. Die verschiedene Löslichkeit des chemischen Productes, selbst bei
Gegenwart unverbrauchter Säure, gibt hier die Erklärung ab. In dieser Aufzählung
liegen die Motive so mancher im Laufe der Zeit vorgeschlagener Abänderungen, bei
welchen meistens auf eine Beseitigung erwähnter Erscheinung in anderer Construction
hingearbeitet ist, denn wenig Apparate haben für so viele Vorschläge und Neuerungen
Veranlassung geboten, wie gerade der Schwefelwasserstoff-Apparat, über
welchen sich fast eine Literatur zusammenstellen ließe. Dennoch muß ich sagen: ich
kenne keinen Apparat für Entwickelung von Schwefelwasserstoff, Kohlensäure,
Wasserstoff etc., welcher so viele Vortheile in sich vereinigt, wie gerade der Kipp'sche Apparat. Er ist wenig Raum versperrend, da er
in die Höhe aufgebaut ist, läßt sich mit den meisten Apparaten in leichte und
gefällige Zusammenstellung bringen, ermöglicht einen gasdichten Verschluß und eine
schnelle und leichte Beschickung und Füllung. In dieser Beziehung, sowie selbst was
seinen Preis anbelangt, steht er allein seinen Concurrenten nicht nach und der
Vorwurf, welcher ihn in Betreff der angeführten Krystallisation trifft, läßt sich,
was Zweck dieser Zeilen, in der That sehr leicht beseitigen, denn man darf nur die in die
untere Kugel mündende Spitze des oberen beweglichen Säurebehälters, in welchem das
Säuregemisch bei geschlossenem Hahne des Apparates gesammelt wird, bei geöffnetem
hingegen zum Abfluß kommt, innen und außen mit einer dünnen Talgschichte überziehen etwa bis
zur Hälfte der mittleren Kugel des ganzen Apparates, denn hier ist der Durchmesser
des conisch zulaufenden oberen Gefäßes schon so beträchtlich, um durch eine etwaige
Krystallablagerung nicht den Gang des Apparates zu hemmen. Mit dieser kleinen
Vorsicht vor der Füllung des Apparates ist dem ganzen Uebelstande gesteuert, denn da
die so zugerichteten Glasflächen in Folge des Fettüberzuges von der Flüssigkeit
nicht benetzt werden, so benehmen sie auch der Krystallablagerung die nöthigen
Punkte der Anhaftung. Seit 7 Jahren habe ich einen solchen Apparat für Entwickelung
von Schwefelwasserstoffgas mit bestem Erfolge im Gebrauch und kaum nach Monaten
schien es erforderlich die Fettschichte zu erneuern. Die gleich günstigen Erfolge
hat man mir von anderer Seite mitgetheilt, wo man sich des kleinen Kunstgriffes nach
meinem Vorschlage bediente und wo der gefüllte Apparat fast nur alle Monate in
Thätigkeit gesetzt wurde. Rathsam ist es ebenso den Stopfen des Tubulus der unteren
Kugel, woselbst die Salzlösung abgelassen wird, gleichfalls einzutalgen, damit
derselbe bei der Entleerung des Apparates leicht sein Lager verläßt; ein Gleiches
hat zu geschehen an der Stelle, an welcher das obere Gefäß in die mittlere Kugel
eingeschlissen ist. Schlägt man in Wintertagen den ganzen Apparat mehrmals zur
Verhütung der Wärmeausstrahlung in ein Tuch ein, so kann er schon an einem kälteren
Orte stehen, ohne daß die Gasentwickelung aufhört, der flüssige Inhalt gefriert oder
der Apparat eine Beschädigung erleidet. Größere Apparate nach dem System von Kipp in Blei ausgeführt, müßten bei Anwendung gleicher
Vorsicht sicherlich dieselben guten Dienste leisten und bieten den Vortheil größeren
Laboratorien zu dienen bei minderer Gefahr des Zerbrechens. So unbedeutend an sich
der Gegenstand ist, welchen ich hier zur Mittheilung bringe, ist er vielleicht
dennoch für Manchen, bei der vielfachen Anwendung welche das Schwefelwasserstoffgas
in der analytischen Chemie findet, ein erwünschter Fingerzeig zur Abhülfe. Frankfurt a. M., im Juli 1873.