Titel: | Ueber die Construction von Sulfatöfen; von Georg Lunge. |
Autor: | Georg Lunge [GND] |
Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. CXV., S. 462 |
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CXV.
Ueber die Construction von Sulfatöfen; von Georg
Lunge.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Lunge, über die Construction von Sulfatöfen.
In meinem Aufsatze „über die Condensation der Salzsäure in
Sodafabriken“ (polytechn. Journal, 1868, Bd. CLXXXVIII S. 290) habe
ich es als meine Ansicht ausgesprochen, daß mit Rücksicht auf die Säurecondensation
die Muffelöfen den offenen Flammöfen für die Calcinirung des Sulfats vorzuziehen
seyen. Der größte Theil der bedeutenderen Sodafabrikanten in dem Districte von
Newcastle am Tyne ist anderer Ansicht und wendet Flammöfen an, während man
andererseits solche in Lancashire nur unter solchen Umständen findet, wo auf die
Fabrication von Chlorkalk verzichtet wird, und sonst allgemein Muffelöfen angewendet
werden. Auch die große Tennant'sche Fabrik in Glasgow hat
Muffelöfen. Schon dieser Umstand allein dürfte hinlänglich beweisen, daß für beide
Arten Oefen triftige Gründe sprechen, und beide auch wieder ihre Fehler haben. Es
dürfte also eine Discussion über diesen ungemein wichtigen Punkt wohl am Orte
seyn.
Die Vorzüge der Muffelöfen lassen sich auf folgende
Umstände zurückführen:
1) bessere Condensation der Säure;
2) größere Stärke derselben;
3) billigere Construction des Condensationsapparates;
4) Anwendung von Steinkohlen zur Feuerung.
Die Vorzüge der Flammöfen sind:
1) größere Production von Sulfat;
2) geringere Reparaturen;
3) Unmöglichkeit des Entweichens von Säuredämpfen unmittelbar in
den Schornstein, ohne durch den Condensator gegangen zu seyn;
4) leichtere Herstellung von hochgradigem Sulfat.
Selbstredend werden dieselben Umstände, welche als Vorzüge der Muffelöfen erscheinen,
als Nachtheile der Flammöfen auftreten, und umgekehrt. Die Vertheidiger beider haben
sich daher, und zwar in vieler Hinsicht mit Erfolg bemüht, die ihrem Systeme
anhängenden Uebelstände zu heben, und dieser Wettstreit ist natürlich nicht zum
Nachtheile der Technik ausgefallen, wie die folgende Betrachtung es näher erweisen
wird. Ich will die verschiedenen Punkte nun im Einzelnen beleuchten.
Condensation der Salzsäure. – Es liegt ganz auf
der Hand, daß es viel
leichter ist, das aus Muffelöfen entweichende, ziemlich concentrirte Salzsäuregas zu
condensiren, als das mit der ganzen Feuerluft zusammen entweichende, um sehr viel
verdünntere und namentlich heißere Gas der Flammöfen. Insbesondere erschien eine
auch nur einigermaßen ausreichende Kondensation in den früher allgemein angewendeten
Bonbonnes-Systemen ganz unmöglich. Bekanntlich sprach sich der Bericht der
belgischen Untersuchungscommission im Jahre 1856 im Hinblick auf diesen Punkt so
entschieden für Muffelöfen aus, daß diese durch ein Gesetz in Belgien obligatorisch
gemacht wurden. Heutzutage ist man freilich über diesen Standpunkt längst hinaus.
Man hat die Bonbonnes durch Kohks- (oder Ziegel-) Thürme ersetzt, in
welchen die engen Canäle der Condensation so viel günstiger sind, und vor Allem, man
hat erkannt daß der Grundstein und Eckstein jeder guten Kondensation eine möglichst
weit getriebene Abkühlung ist. Die Abkühlung hat einen
doppelten Nutzen. Erstens condensirt sich dabei das Gas schon in den Leitungscanälen
zum großen Theile mit dem stets hinreichend vorhandenen Wasserdampfe zu tropfbar
flüssiger oder mindestens nebeiförmiger Salzsäure; zweitens aber entsteht sowohl
durch die Abkühlung an sich, als auch durch die Kondensation von Gas zu Flüssigkeit
ein luftverdünnter Raum, welcher in dem Ofenraum einen starken Zug nach dem
Condensationsthurme bewirkt, und es gestattet, den Schornsteinzug, welcher einer der
größten Feinde der Kondensation ist, durch geringe Schieberöffnung sehr zu
verringern, oder auch wohl ganz davon zu dispensiren. Die Kondensatoren für die
Pfannensäure, welche bei Flammofen stets von den Kondensatoren der Ofensäure
getrennt sind, haben in allen guten Fabriken gar keine Verbindung mit dem
Schornsteine; ja es wird unten ein Beispiel näher beschrieben werden, wo selbst
Flammöfen außer aller Verbindung mit einem Schornsteine stehen. Man bewirkt die
vorherige Abkühlung der Säuredämpfe bei Muffelöfen durch Stränge von Thonröhren und
steinerne Tröge, bei Flammöfen durch horizontale oder senkrechte Mauercanäle (cooling shafts); in den letzten Jahren hat man auch mit
großem Erfolge gußeiserne Röhren z.B. von 2 Fuß 3 Zoll Weite) in Längen von bis 130
Fuß angewendet, welche auch von dem noch heißen Säuregase
gar nicht angegriffen werden; sie müssen freilich durch Mauercanäle dann abgelöst
werden, wenn sich schon flüssige Säure zu condensiren anfängt.In letzten (vierten) Berichte der englischen Inspection finden sich folgende
interessante Notitzen über die Abkühlungs-Wirksamkeit verschiedener
Arten der Gasleitung; nur übersetze ich die Fahrenheit'schen Grade in
Celsius'sche:a) Das Gas wird durch einen unterirdischen Mauercanal von 160 Fuß Länge und
1600 Kubikfuß Inhalt fortgeleitet. Temperatur am Eintritt 360° C., am
Austritt 300° C., also eine Abkühlung von 3,75° auf je 10 Fuß
Länge, oder 10° auf je 266 Kubikfuß.b) Das Gas wird durch einen oberirdisch, frei liegenden Ziegelcanal von 160
Fuß Länge und 1300 Kubikfuß Inhalt geleitet. Temperatur am Eintritt
360° C, am Austritt 88° C.; Abkühlung 17° auf je 10 Fuß
Länge, oder 10° auf je 48 Kubikfuß.c) Das Gas geht durch ein gußeisernes Rohr von 2' 3'' Weite und 130 Fuß Länge (518 Kubikfuß
Inhalt). Eintrittstemperatur 360° C, Austrittstemperatur 138°.
Abkühlung 17° auf je 10 Fuß Länge, oder 10° auf je 23
Kubikfuß.Alle drei Fabriken haben Röst-Flammöfen;
die Zahlen sprechen für sich selbst.
Wenn man nur eben hinreichende Kühl- und Condensationsfläche hat, und mit
Kühlwasser nicht spart, so kann man auch die Ofensäure der Flammöfen so gut wie
vollständig condensiren.
Daß dieses wirklich der Fall ist, wird durch die officiellen Berichte des Dr. Angus Smith über die
Condensation in den englischen Sodafabriken unumstößlich erwiesen. Dennoch scheint
es auch aus diesen auf den ersten Blick hervorzugehen, daß immerhin die Condensation
von Muffelöfen besser als die von Flammöfen ist. Man kann nämlich zu diesem Zwecke
den „westlichen“ und den „östlichen“
District vergleichen, weil in jenem (Lancashire) fast nur Muffelöfen, in diesem
(Newcastle) fast nur Flammöfen im Gebrauche sind. Ich will aus den bis jetzt
veröffentlichten vier Berichten eine kleine Tabelle zusammenstellen.
Durchschnitt des Verlustes an Salzsäuregasin den Fabriken
des westlichen
östlichen Districtes
1864
0,237 Proc.
2,060 Proc.
1865
0,1279 „
1,9631 „
1866
0,438 „
1,1259 „
1867
0,215 „
1,0950 „
Vor allen Dingen sieht man zunächst, daß im westlichen Districte der Verlust an
Salzsäure ziemlich stationär geblieben ist, während er im östlichen Districte auf
die Hälfte herabgesunken ist. 1864 condensirte (scheinbar, wie wir gleich sehen
werden) der westliche Bezirk acht- bis neunmal, 1867 nur fünfmal besser als
der östliche. Die Ursache dieser Verbesserung ist die, daß während dieser Jahre die
meisten Fabriken des Newcastler Districtes ihren Condensationsapparat bedeutend
vergrößert und namentlich die cooling shafts sehr
vermehrt haben. Auch das Jahr 1868 wird darin voraussichtlich wieder eine
Verbesserung aufzuweisen haben.
Von viel größerem Belange ist aber ein anderer Umstand, welcher bis auf die neueste
Zeit fast ganz übersehen, oder doch nie in Rechnung gezogen worden ist. Das ist das
Entweichen von Säuredämpfen aus dem Inneren des Muffelofens durch dessen Mauerwerk in den
Feuercanal und damit direct in den Schornstein. Der gewöhnliche Prüfungsapparat der
englischen Inspectoren gestattet eine Messung dieses Verlustes gar nicht; sie messen
eben nur, wie viel Gas in den Condensator geht, und wie viel davon wieder
herauskommt; wenn aber irgend ein Antheil des Gases eben gar nicht in den
Condensator gelangt, sondern sich mit den um die Muffel spielenden Feuergasen
mischt, so entgeht er den Inspectoren ganz. Viele Fabriken figuriren also mit 0,
d.h. vollständiger Condensation, in der Liste, bei denen ein sehr beträchtlicher
Säureverlust direct durch den Schornstein stattfindet. Sämmtliche über
Muffelöfen-Condensation gemachte Zahlenangaben in den Berichten von Dr. Smith sind daher ziemlich
werthlos, und es steht auch nicht im Mindesten fest, ob in der Wirklichkeit der
östliche oder der westliche District mehr Säure in die Luft gehen läßt. Am
allerwenigsten kann ich dem Urtheile von Freycinet
beistimmen, welcher sagt (Annales des mines, 1868, t. XIII p. 153):
„Die neueste Erfahrung hat erwiesen, daß man nur mit MuffelöfenFreycinet spricht immer von „fours à double
moufle.“ Das ist doch wohl sehr ungenau; die Oefen
haben ein doppeltes Gewölbe, aber doch keine
doppelte, sondern eine einfache Muffel. eine vollständige Condensation erwarten kann. Man führt freilich in dem
District von Newcastle, wo die Calcinirung gewöhnlich in offenen Oefen
geschieht, einige Beispiele von guter Condensation in einem besonderen
Condensator an; aber außerdem daß diese individuellen Thatsachen noch nicht
hinreichend festgestellt sind (?), scheinen sie sich im Uebrigen auf ein
Zusammentreffen von besonders günstigen Umständen zu beziehen (was bewegt F. zu
dieser Annahme?). Sie können also nicht den Schluß entkräften, welchen man aus
dem Ensemble der beobachteten Resultate ziehen muß, aus welchen folgt daß in
diesem selben Bezirke von Newcastle, wo die Oberfläche der Condensationsapparate
für die nämliche Quantität Salz größer als in Lancashire ist, die Menge der
nicht condensirten Säure verhältnißmäßig sechsmal so groß ist. Man muß es also
für gewiß halten, daß die Isolirung der Feuerungsgase die erste Bedingung für
die Wirksamkeit der Condensatoren ist.“ Dem muß ich eben nach dem
oben Gesagten widersprechen. Die Zahlenangaben in den Tabellen der englischen
Berichte beziehen sich eben, was Freycinet entgangen zu
seyn scheint, nur auf das in den Condensator gelangende, aber nicht auf das
anderweitig entweichende Säuregas. Die englischen Inspectoren haben sehr großen
Scharfsinn aufgeboten, um auch die anderen Verlustquellen, namentlich das Entweichen
durch das Muffel-Mauerwerk, und somit direct in den Schornstein, in Rechnung zu
ziehen. Sie haben sehr sinnreiche, selbstthätige Registrirapparate aufgestellt, die
Geschwindigkeit des Luftstromes am Schornstein gemessen u.s.f., aber sie haben doch
ihre Resultate nicht für sicher genug gehalten und das Verfahren auch nicht
allgemein genug angewendet, um in ihren Tabellen darauf Rücksicht zu nehmen. Aber wo
die Tabellen den Verlust mit 0 bezeichnen, da haben sie doch durch Untersuchung des
Schornsteines in der That 3,87 Proc.; 2,25 Proc.; 1,3 Proc.; 2,4 Proc.; 3,9 Proc.;
selbst 8,23 Proc. Verlust gefunden. Gerade durch die Untersuchungen des Dr. Smith und seiner Collegen
sind die Fabrikanten selbst erst auf diese Verlustquelle aufmerksam geworden, und
haben sich in Folge dessen bemüht sie zu vermeiden. Die Folge davon ist viel größere
Sorgfalt in der Construction der Muffelöfen gewesen, und man muß dafür den
Anstrengungen des Dr. Smith
sehr großen Dank zollen. Es wird später näher davon die Rede seyn, wie man beim Bau
von Muffelöfen und Zersetzungspfannen verfahren muß, um sie möglichst gasdicht zu
machen. Jetzt sey es nur betont, daß die vermeintliche vollständigere Condensation der Muffelöfen im Vergleich zu den Flammöfen
in diesem Augenblicke durchaus nicht als erwiesen anzunehmen ist. Nur so viel läßt
sich behaupten, daß bei sonst gutem Baue der Muffelöfen die Condensation leichter
als bei Flammöfen ist.
Stärke der condensirten Säure. – In den meisten
Fabriken stellt sich unter den gegenwärtigen Umständen das Verhältnis so, daß man
von Muffelöfen bedeutend mehr starke Säure als von Flammöfen erhält. Unter starker Säure verstehe ich hier und im Folgenden nicht
nur Säure von 20 bis 21° Baumé, wie sie Handelsartikel ist, sondern
überhaupt Säure von solcher Stärke, daß sie noch zur Chlorkalkfabrication verwendet
werden kann, d.h. durchschnittlich 17 bis 18° Baumé; keinesfalls
sollte sie für diese Verwendung unter 15° genommen werden. Säure von dieser
Stärke gewinnt man mit der größten Leichtigkeit aus den Zersetzungspfannen, und in
dieser Hinsicht waltet zwischen beiden Systemen keine Verschiedenheit ob, da auch
bei dem Flammofensysteme in der großen Mehrzahl der Fälle die Gase der Pfanne nicht
mit den Feuergasen gemischt, sondern für sich condensirt werden. Allerdings gibt es
einige Ausnahmen hiervon. So z.B. werden in den großen Fabriken von Hutchinson (in
Lancashire) und der Jarrow Chemical Company (im
Newcastler District) die Gase von der Pfanne mit den Feuergasen des offenen
Röstofens gemischt condensirt; aber diese Ausnahmen beruhen auf localen
Verhältnissen und bestätigen gerade die Regel, denn in diesen Fabriken verzichtet
man ganz auf die Chlorkalkfabrication. In den meisten Fällen handelt es sich also nur
um die aus dem Röstofen entweichende Säure. Wenn es ein Muffelofen ist, so wird das
Gas fast immer in denselben Apparaten mit der Pfannensäure condensirt. Man erhält
dann, bei guter Vorkühlung und passender Leitung des Wasserzuflusses im Kohksthurm,
den größten Theil der entweichenden Säure als starke
Säure; aus dem Waschthurme fließt die Säure nur 1° und weniger stark ab,
häufig zeigt sie am Aräometer 0°. Die Gase der Flamm-Röstöfen werden
dagegen immer in besonderen Thürmen condensirt, und dabei erhielt man früher nur
ganz schwache Säure, welche blos zur Herstellung von Kohlensäure (für
Bicarbonat-Fabrication)Neuerdings auch zur Schwefelregenerirung aus den Sodarückständen. benutzt werden konnte, aber doch nur zum geringsten Theile Verwendung fand
und fortlaufen gelassen werden mußte. In den letzten Jahren sind aber viele Fabriken
durch Vermehrung der Vorkühlung (vermittelst Kühlcanälen, eisernen Röhren etc.)
dahin gekommen, daß sie einen großen Theil der Ofensäure in hinreichender Stärke
bekommen, um, mit Pfannensäure gemischt, zur Chlorentwickelung brauchbar zu seyn.
Der Vorsprung, welchen hierin die Muffelöfen haben, ist somit von den Flammöfen
theilweise eingeholt worden. Immerhin aber werden doch wohl die Flammöfen kaum je
die Muffelöfen ganz erreichen können, d.h. sie werden, bei vollständiger Condensation, nicht so viel Chlorkalk als diese zu
produciren gestatten, wenn nicht etwa Clapham's Verfahren
allgemeiner werden sollte. Nach diesem läßt man gar keine schwache Säure weglaufen,
sondern verwendet sie zur Speisung theils der Pfannenthürme, theils anderer Thürme;
sämmtliche Säure wird also als starke gewonnen. Ich will das Verfahren später im
Detail beschreiben; an diesem Orte aber, um den Zusammenhang nicht zu unterbrechen,
will ich nur bemerken, daß die erste Anlage für das Verfahren ziemlich kostspielig
ist, und es auch beim Betriebe große Ueberwachung zu erfordern scheint. Es ist nur
in einer Fabrik im Betriebe, an welcher der Erfinder selbst betheiligt ist; seine
durch pecuniäre Resultate ausdrückbaren Vortheile müssen doch also nicht so sehr in
die Augen springend seyn, trotz der großen Plausibilität des Ganzen, weil sonst wohl
eine oder die andere der zwei Dutzend benachbarten Sodafabriken das Patentrecht
erworben haben würde.
Billigere Construction des Condensationsapparates.
– Ueber diesen Punkt kann kein Zweifel herrschen. Man braucht, für gleich
gute Condensation, einen weit weniger umfangreichen Apparat bei Muffelöfen als bei
Flammöfen. Den Apparat für Muffelöfen habe ich in diesem Journal (Bd. CLXXXVIII S.
304 ff.) genau beschrieben.
Bei Flammöfen muß man für die Pfannen besondere Steinthürme haben, und für die
Röstöfen selbst ein anderes System von Stein- oder Ziegelthürmen. Die
letzteren sind zwar an vielen Orten billiger, lassen sich aber nie so vollkommen
herstellen wie Steinthürme. Häufig baut man sie bedeutend niedriger als die
Pfannenthürme, aber mit mehreren Abtheilungen zum Auf- und Niedersteigen des
Gases. Im unteren Theile werden sie meist nicht mit Kohks, sondern mit feuerfesten
Steinen gefüllt, weil die Kohks einmal bei der viel größeren Hitze leicht Feuer
fangen könnten, und sich außerdem, trotz der Anwendung von Kohks zur Feuerung im
Röstofen, leicht mit Ruß und Flugasche vollsetzen. Beide Uebelstände werden durch
die neuere Einrichtung der langen Kühlcanäle allerdings bedeutend verringert,
indessen der zweite doch nie ganz vermieden. Die Anlage der Condensationsthürme ist
also bei Anwendung von Flammöfen jedenfalls kostspieliger als bei Muffelöfen, ganz
abgesehen von der noch viel kostspieligeren Einrichtung bei Clapham's Verfahren.
Anwendung von Steinkohlen zur Feuerung. – Dieß ist
in der That einer der bedeutendsten Vorzüge der Muffelöfen. Wie schon oben bemerkt,
ist man bei offenen Röstöfen gezwungen mit Kohks zu feuern, um Ruß und Flugasche
möglichst zu vermeiden. Dieß geschieht weniger der Qualität des Glaubersalzes wegen,
welches ja in den meisten Fabriken unmittelbar weiter verarbeitet wird, als weil bei
Anwendung von Steinkohlenfeuerung, trotz aller Vorcanäle, die Condensationsthürme
sich sehr bald durch Ruß und Flugstaub verstopfen würden. Man wäre also öfter zu der
ungemein lästigen und zeitraubenden Arbeit des Herausnehmens der alten und
Einbringens der neuen Füllung genöthigt. Man braucht auch wohl keine absolut größere
Wärmemenge zur Heizung der Muffel, denn obwohl man natürlich einen viel größeren
Wärmeeffect von der direct wirkenden Flamme der offenen Oefen gewinnt, so wird dieß
doch wieder dadurch aufgewogen, daß die Flamme hier nur auf eine kurze Strecke im
Ofen wirkt, während sie in dem Muffelofen einen mehr als doppelt so langen Weg
zurücklegt und viel mehr Wärme abgeben kann. In diesem Punkte (billigere Feuerung)
scheint der unbestrittenste Vorzug der Muffelöfen zu liegen. Nur sehr wenige
Fabriken heizen auch die Flammöfen mit Steinkohle; es kommt wohl in gut geleiteten
Fabriken nur dann vor, wenn nicht auf starke Säure gearbeitet wird.
Wir können nun zu den Punkten übergehen, worin die Flammöfen den Vorzug zu verdienen scheinen, und zwar zunächst zu der größeren Production an Sulfat. Diese ist ganz
unbestreitbar. Die Röstung im Flammofen ist in so kurzer Zeit vollendet, daß man damit so schnell fertig
ist, als die nächste Charge in der Pfanne zum Herüberschieben vorgerückt ist. Bei
dem Röstofen hingegen muß der Mann an der Pfanne warten, bis der Röster mit seiner
Arbeit fertig ist. Die Folge davon ist, daß man bei gleicher Größe der Pfanne eine
Mehrproduction von 1/4, 1/3 und selbst noch mehr Sulfat im Flammofen gegen den
Muffelofen hat. Man schont dabei auch die Pfanne, welche nicht so viele
Temperaturwechsel auszuhalten hat; denn man muß sie abkühlen lassen, wenn der
Röstofen noch nicht bereit ist die Charge zu empfangen, weil sie sonst in der Pfanne
zu fest werden würde. Das kommt eben bei Flammöfen nicht vor, und man kann daher bei
diesen meist viel mehr Sulfat aus einer Pfanne arbeiten, ehe sie zerspringt. Nur auf
eine Weise kann man sich bei Muffelöfen darin helfen, wenn man nämlich für eine
Pfanne zwei Röstöfen anbringt, wie es die Skizze in Fig. 18 zeigt. Man
schiebt hier die Chargen immer abwechselnd in den Röster zur Rechten und in den zur
Linken; beide werden dann vollkommen Zeit zur Verarbeitung ihrer Charge haben. Ich
halte dieses Hülfsmittel für das beste; es verlangt aber bedeutend mehr Raum,
bedeutend mehr Anlagekosten und doppelte Reparaturkosten.
In Bezug auf Productionsfähigkeit verdienen also die Flammöfen jedenfalls den
Vorzug.
Noth entschiedener ist dieß der Fall in Bezug auf Reparaturbedürftigkeit. Hierin liegt in der That der schwächste Punkt der
Muffelöfen. Es widerstreitet dem Zwecke der Muffel, sie in sehr solider Weise
aufzuführen; denn wenn ihr Mauerwerk zu dick wäre, so würde die Hitze viel zu
langsam und unvollkommen durch sie durchdringen. Die dünne Sohle, die vielen
Feuerzüge darunter, das dünne Zwischengewölbe – alles das sind
Constructionstheile, welche sehr viel schnellerem Verderben ausgesetzt sind, als die
solide Sohle und das Gewölbe des Flamm-Röstofens. Dazu kommt noch, daß man
irgend erheblichere Reparaturen des inneren (eigentlichen Muffel-) Gewölbes
nur dann erst vornehmen kann, wenn man vorher das äußere (Feuer-) Gewölbe
entfernt hat, mag dieses reparaturbedürftig seyn oder nicht; der Zwischenraum
zwischen beiden muß nothwendigerweise viel zu gering seyn, als daß ein Mann darin
arbeiten könnte; anderen Falles würde die Flamme an dem oberen Gewölbe hinstreichen
und dem unteren nur wenig Wärme mittheilen. Schon in früheren Jahren war es mithin
eine bekannte Thatsache, daß Muffelöfen viel öfter zur Reparatur kamen als
Flammöfen. In neuester Zeit hat sich aber das Verhältniß noch zu Ungunsten der
Muffelöfen gesteigert, seitdem man nämlich darauf aufmerksam geworden ist, wie
häufig aus der Muffel salzsaures Gas in den äußeren Feuerraum gelangt und dann natürlich
uncondensirt in den Schornstein entweicht; es wird darüber weiter unten noch Einiges
gesagt werden, aber hierher schon gehört die Bemerkung, daß man in Folge davon sehr
häufig die Arbeit einstellen und eine Reparatur, resp. sogar einen Umbau vornehmen
muß, lange noch ehe das Mauerwerk durch die Hitze zu sehr angegriffen worden
ist.
Indessen hat man auch wieder in der allerneuesten Zeit es dahin gebracht, den
Muffelöfen durch sehr sorgfältigen Bau und Verwendung sehr guten Materiales eine
weit größere Dauerhaftigkeit und Gasdichtheit zu geben; in diesem Punkte haben sie
sich also den Flammöfen wieder genähert.
Größere Sicherheit gegen das Entweichen von Säuredämpfen
direct in den Schornstein. – Wie mehrfach bemerkt, hat man den
berührten Uebelstand in den letzten Jahren immer mehr aufgefunden. Die Angaben in
den englischen Berichten sind deßhalb nur nominell, denn sie registriren nur was aus
dem Condensator, aber nicht was aus dem Schornstein und überhaupt aus anderen Ursachen entweicht.
Ein Verlust an Säuredämpfen kann entweder aus der Pfanne oder bei dem Röster
stattfinden. In ersterer Beziehung existirt natürlich keine Verschiedenheit zwischen
den beiden hier behandelten Arten von Oefen, da ihnen die Pfanne gemeinschaftlich
ist, und es wird weiter unten bei der speciellen Beschreibung die Rede davon seyn,
wie man diesen Fehler bei der Construction und Einmauerung der Pfanne vermeiden
kann. Was dagegen die Röstöfen betrifft, so Verhalten sie sich sehr verschieden. In
dem Flammofen geht alles durch den Ofen passirende Gas,
sowohl Säure- als Feuerungsgas, durch den Condensator. Nur beim Oeffnen der
Arbeitsthüren und beim Ausziehen der Chargen kann etwas Säuregas in den Arbeitsraum
gelangen. Allein diese Menge ist sehr unbedeutend und fällt fast immer nur den
Arbeitern zur Last, welche deßhalb ihr Möglichstes thun werden, um diese
Verlustquelle zu vermindern. Auch kann man durch Gasfänge über den Arbeitsthüren den
Gasverlust aus dieser Quelle beinahe auf Null reduciren. Die Gasfänge sollten am
besten nicht mit dem Schornstein, sondern mit einem besonderen kleinen Kohksthurme
aus Thonröhren (vielleicht 2 Fuß weit und 20 Fuß hoch) in Verbindung stehen. Bei
Muffelöfen dagegen wird wohl immer der Zug in dem äußeren Feuerraum stärker als in
dem Inneren des Muffelraumes seyn. In Folge davon wird durch den geringsten Riß in
dem Gewölbe des Ofens eine, manchmal sehr bedeutende Menge Säuregas in den Feuerraum
gelangen und durch den Schornstein entweichen, ohne überhaupt den Condensator zu
passiren. Weniger gefährlich sind Risse in der Sohle des Ofens, weil sich diese mit
schmelzendem Sulfat ausfüllen und kein Gas durchlassen; freilich kommt es häufig
genug vor, daß ganze Ziegeln herausfallen, was natürlich einen großen Verlust
veranlaßt. Das Gewölbe dagegen, welches man aus dem oben angegebenen Grunde sehr
dünn machen muß, ist dem Reihen um so mehr ausgesetzt. Man kann sich mithin bei
Muffelöfen nie der Sicherheit hingeben, sondern muß täglich, am besten mehreremale,
den Feuercanal auf freie Säure probiren, indem man z.B. vermittelst eines Aspirators
eine bestimmte Luftmenge durch eine kleine Menge destillirten Wassers saugt, diese
dann mit einem Tropfen reinen kohlensauren Natrons neutralisirt und nach Zusatz von
chromsaurem Kali mit Silberlösung titrirt. Noth einfacher stellt man diese Prüfung
in dem Hauptcanale an, welcher sämmtliche Ofenzüge enthält. Findet man hier eine
auffällige Menge Salzsäure, so untersucht man die einzelnen Feuerzüge, und macht es
so ausfindig welcher einzelne Ofen angefangen hat undicht zu werden. Wenn man in
dieser Vorsichtsmaßregel nachläßt, so kann ganz unversehens eine bedeutende Menge
Säure entweichen, welche nachher zu Schadenersatz-Ansprüchen Veranlassung
gibt. Manche Personen wollen schon aus dem Aussehen des aus der Schornsteinmündung
strömenden Rauches, resp. Gases, einen Schluß darauf ziehen, ob Säurenebel darin
enthalten ist oder nicht; viel Zuverlässigkeit möchte ich dem, außer bei hohen
Graden von Verlust, nicht beimessen.
Hochgradigeres Sulfat. – In Folge der höheren
Temperatur des Flammofens ist es weit leichter das Sulfat gut abzurosten und das
Kochsalz vollkommen zu zersetzen. In Muffelöfen ist es nur dann möglich eine
ziemlich vollständige Zersetzung des Kochsalzes zu erreichen, wenn man einen nicht
unbedeutenden Ueberschuß von Schwefelsäure anwendet. Will man trotzdem das Sulfat
ziemlich neutral haben, so muß man auf das Abrösten lange Zeit verwenden. Bei Oefen
mit zwei Muffeln für jede Pfanne kann man das leicht thun.
Wie man sieht, sind die in Betracht kommenden Umstände sehr complicirt und es ist
häufig nicht ganz leicht, eine Entscheidung: ob Muffelofen oder Flammofen, zu
treffen. Ich muß gestehen, daß ich nicht mehr eine so große Vorliebe für Muffelöfen
habe, als vor einem Jahre, zur Zeit der Abfassung meines Aufsatzes über Condensation
der Salzsäure. Seitdem hat sich eben auf einer Seite der große Uebelstand des
leichten Undichtwerdens der Muffeln, und auf der anderen Seite die Möglichkeit eine
große Quantität starker Salzsäure selbst aus den Flamm-Röstöfen zu gewinnen,
herausgestellt. Ich möchte also meine Ansicht dahin zusammenfassen: Wo man
namentlich die Absicht hat, so viel wie möglich starke Salzsäure zu gewinnen, sey es zum Verkauf
oder zur Chlorentwickelung, da wende man Muffelöfen an, gebe sich aber Mühe sie sehr
sorgfältig zu construiren. Oefen mit doppelter Muffel sind den einfachen wegen ihrer
viel größeren Productionsfähigkeit vorzuziehen. Man wird dann auch ein etwas
geringeres Anlagecapital für die Condensationseinrichtungen gebrauchen. Man lasse
aber nicht ab, täglich die Gasdichtheit der Muffeln in der oben angegebenen Weise zu
controliren. Wo es dagegen weniger darauf ankommt, etwas mehr Capital auf die
Condensatoren zu verwenden, wo es vielleicht aber mehr darauf ankommt Raum zu
sparen, wo man ferner doch nicht alle Salzsäure verwenden kann, oder vielleicht
einen Theil derselben gerade in verdünntem Zustande gebraucht (z.B. zur
Bicarbonatfabrication oder Schwefel-Regenerirung), da baue man Flammöfen. Man
ist dann viel unabhängiger von der Geschicklichkeit des Ofenbauers, und hat zwar
mehr Sorgfalt auf den Wasserzufluß zu verwenden, braucht aber nicht zu besorgen, daß
man Gasverluste aus dem Röstofen erleide. Ich möchte behaupten, entgegengesetzt dem
Schlusse der belgischen Commission und Freycinet's,Auch in Muspratt-Strohmann's Chemie, zweite
Auflage, Bd. IV S. 229 findet sich noch diese, mit irrig scheinende Ansicht
ausgesprochen. Das angeführte Beispiel der Tennant'schen Fabrik in Glasgow spricht eher für das Gegentheil,
denn, wie mit persönlich bekannt ist, muß man hier unaufhörlich an den
Muffelöfen repariren (zwei Oefen stehen immer zur Reparatur bei einer
Gesammtzahl von 17), und trotz der größten Sorgfalt darin kann der
Gasverlust doch nicht vermieden werden. Die Stadt Glasgow hat deßhalb die
Fabrik gegen die Summe von 280,000 Pfd. Sterl. angekauft und die Eigenthümer
verpflichtet, sie nur noch eine kurze Reihe von Jahren zu betreiben, bis
ihre schon angefangene Verlegung nach dem Tyne vollendet werden kann. daß gerade in Fällen wo es auf die möglichste Verhütung alles Säureverlustes
ankommt, man mit Flammöfen sicherer als mit Muffelöfen geht, wenn man auch
vielleicht nicht so viel starke Salzsäure gewinnt. Man vergleiche übrigens in
letzterer Hinsicht noch das später bei Beschreibung von Clapham's Verfahren Gesagte.
Ich will mich nun im Folgenden mit der passenden Construction
von Sulfatöfen beschäftigen. Die Pfanne und ihre Einmauerung sind immer
dieselbe, welche Art der Röstung man auch vorziehen möge. Der Flammofen ist auch so
ungemein einfach, daß es kaum nöthig erscheint, näher auf ihn einzugehen. Dagegen
kommt es sehr darauf an, den Muffelofen richtig zu
construiren. Ich beschränke mich also im Folgenden darauf, Zeichnungen und
Beschreibungen für den letzteren zu geben, wovon der auf die Pfanne bezügliche Theil
eben auch für Flammöfen gelten würde.
In Fig. 1 bis
7 ist ein
Ofen mit einfacher Muffel dargestellt, wie ich mich dessen seit einer Reihe von
Jahren bedient habe. Fig. 1 ist ein Horizontalschnitt nach ABCD (Fig.
3); Fig.
2 ein solcher nach EFGH; Fig. 3 ein Längsschnitt
nach JKLM (Fig. 2); Fig. 4 ein Querschnitt
nach NO (Fig. 1); Fig. 5 ein solcher nach
PQ (Fig. 3); Fig. 6 ein solcher nach
RS (Fig. 3); Fig. 7 ein Aufriß der
Vorderseite. Die Maaße sind fast überall eingezeichnet.
Man bemerkt zunächst, daß die Pfanne auf einem vielfach durchbrochenen Gewölbe steht,
welches besonders in den Figuren 3 und 4 deutlich
erscheint. Man sieht auch wie dieses gegen die Außenwand durch einzelne Steine
abgesteift ist, namentlich in Fig. 1, wo jedoch die
Durchbrechungen des Gewölbes der Deutlichkeit wegen nicht angedeutet und nur die
senkrechten Strebemauern gezeichnet sind. Zwischen der Pfanne und dem Gewölbe läßt
man einen Spielraum von einigen Zollen. Das aus den Füchsen des Gewölbes
hervorbrechende Feuer umspült zunächst die Mitte des Pfannenbodens und geht dann,
wie man namentlich aus Fig. 2 sieht, auch um die
Seiten herum. Um es nicht nach einer Seite allein hinzulenken, sind in der dünnen
Scheidemauer zwei Oeffnungen angebracht, von denen die dem Schornsteine näher
liegende kleiner als die andere ist. Es kommt sehr viel darauf an, daß die Pfanne
überall gleichmäßig erhitzt werde; jedem Praktiker wird es bekannt seyn, daß man
manchmal durch eine Verengerung oder Erweiterung eines Fuchses um einen einzigen
Zoll an's Ziel kommt. Selbst genaue Zeichnungen vermögen hier nicht so viel, als der
praktische Blick eines erfahrenen Ofenbauers. Ob die Pfanne ungleichmäßig erhitzt
werde, kann man leicht daran sehen, daß die Salzmischung darin an einer Seite fest
anbäckt, und daß diese Seite dann nach dem Ausräumen stärker glühend erscheint als
die anderen Theile der Pfanne. Man kann dann häufig den Fehler noch verbessern. In
Fig. 2
sieht man übrigens, des besseren Verständnisses halber, die Pfanne und ihre
Arbeitsthür punktirt angedeutet; in Wirklichkeit fallen sie über die Ebene der
Zeichnung.
Die Pfanne ruht theils auf den dünnen Zwischenmauern, theils auf der, oben noch
übergekragten Außenmauer auf, und wird ihrerseits wieder von einem Gewölbe
überspannt, welches nur 4 1/2 Zoll stark ist. Es spannt sich von der einen
Längsseite des Ofens zur anderen, und wird, obwohl die Widerlagsmauer nur sehr
schwach ist, doch durch Gußeisenplatten (wovon die vordere in Fig. 7 sichtbar ist) und
starke Ankersäulen sicher festgehalten, so daß es von der Pfanne selbst unabhängig
ist, und man diese hinein- und herausbringen kann, ohne das Gewölbe und den
auf ihm stehenden Säurecanal abzutragen. Auf dem Rande der Pfanne ist dann noch eine ringförmige
Mauer aufgeführt, welche oben an das Gewölbe anstoßt, um zu verhindern daß es in den
Feuerzug entweicht. Man muß in Beziehung hierauf bei der Einmauerung mit großer
Sorgfalt verfahren, und es kommt für einen guten gasdichten Schluß auch sehr viel
auf den Bau der Pfanne selbst an. Dr. Smith erörtert diesen Punkt in dem vierten Report p. 46 ff. sehr ausführlich, mit Beifügung von
Zeichnungen. Ich gebe aus diesen nur den wesentlichsten Theil, nämlich einen
Durchschnitt des obersten Theiles der Seiten, in den beistehenden Skizzen
wieder.
Textabbildung Bd. 193, S. 474
Die bisher weitaus gewöhnlichsten Formen zeigen die Skizzen a und b. Gerade die schlechteste Form a ist die allerverbreitetste. Die Pfanne hat bei dieser
Form gar keinen Flantsch, und ruht mit ihrem Oberrande etwa 9 Zoll auf dem,
natürlich sich ihrer Rundung anpassenden Mauerwerke auf. Wenn nun entweder die
Pfanne selbst oder das Mauerwerk irgend welche Bewegung machen, so entsteht ein
Zwischenraum zwischen beiden, durch welchen hindurch Säuredampf aus dem Raum
oberhalb der Pfanne in den Feuerzug und von da direct in den Schornstein gesaugt
wird. Selbst wenn die Verbindung zwischen Pfanne und Mauerwerk von vorn herein sehr
gut gemacht worden ist, und sich auch nicht durch die abwechselnde Erhitzung und
Abkühlung des Ofens öffnet, so kann doch ein Riß entstehen, wenn die saure Mischung
in der Pfanne über deren Rand herüberkocht, ein sehr häufig eintretender Fall; die
siedende Mischung von Schwefelsäure und Salzsäure löst den Mörtel oder Thon auf und
bahnt sich einen Weg in den Feuerraum darunter, wohin ihr das saure Gas bald genug
nachfolgt.
Die Skizze b zeigt schon eine Verbesserung durch den
rings um die Pfanne laufenden Flantsch, wodurch die Berührungsfläche zwischen dem
Metall und dem Mauerwerk vergrößert und somit deren Verbindung dauerhafter gemacht
wird; jedoch bietet auch diese Form durchaus keine Sicherheit dar. Dagegen ist
dieses der Fall mit den Formen c und d. Hier ist es ganz unmöglich, daß das Gas sich einen
Weg nach dem Feuerraum bahnen sollte. Bei c erhebt sich
das Deckgewölbe kegelförmig von dem Rande der Pfanne aus; bei d steigt eine gerade Mauer auf, welche entweder mit einer horizontalen
Eisenplatte überdeckt, oder mit einem Gewölbe überspannt ist. Die Form c scheint unzweckmäßig, weil es dabei ganz unmöglich
ist, eine gesprungene Pfanne auszuwechseln, ohne das obere Mauerwerk mit allem
senkrechten Röhrenwerk abzutragen. Auch wenn man bei der Pfannenform d eine Schlußplatte anwendet, so hat man immer noch die
Unannehmlichkeit der Entfernung der senkrechten Thonröhren. Ich finde aber, daß man
sehr gut so verfahren kann, wie es in dem einen von mit gezeichneten Ofen
veranschaulicht ist, nämlich das Gewölbe über der Pfanne von derselben unabhängig zu
machen, und auf dem Pfannenrande eine ringförmige Mauer aufzuführen, welche an das
Gewölbe anstößt. Wenn eine Pfanne springt, so braucht man nur die halbziegelige
Mauer, welche vom Pfannenrande bis an das Feuer Gewölbe reicht und die Vordermauer
einer Seite abzutragen, kann dann die Pfanne an der stets zu diesem Zwecke
angebrachten Oese herausziehen und eine neue Pfanne einsetzen, worauf man eine neue
Vordermauer baut und auch die dünne Mauer auf dem Flantsche der Pfanne wieder
aufführt. Man muß diese freilich so gut wie möglich mit dem Gewölbe verbinden, und
in sofern ist nicht solche absolute Sicherheit vorhanden, als wenn das Gewölbe auf
dem Pfannenrande selbst aufruht; aber die Verbindung ist doch sehr viel sicherer,
als in dem Fall b, da ein Aufschäumen so hoch hinauf
nicht leicht eintritt. Die specielle Form der Pfanne findet sich in Fig. 16 und 17 mit den
Maaßen gezeichnet. Man sieht, wie der senkrechte Rand an vier Stellen unterbrochen
ist, um diese Stellen als Arbeits- oder Ueberschiebe-Oeffnungen zu
benutzen.
Ganz verschieden von der von mit gezeichneten Art der Einmauerung ist die von Muspratt in seinem Wörterbuche beschriebene und
gezeichnete. Hier ist die Pfanne mit einem eisenblechernen domförmigen Deckel
versehen, welcher mit einer Ziegelschicht bedeckt ist. Die Flamme streicht erst über
diesen Deckel hin, und geht dann erst unter den Boden der Pfanne. Ich habe diese
Einrichtung nur an einem Orte in LancashirWie ich höre, ist sie auch an diesem Orte seit einigen Jahren aufgegeben
worden. und in keiner einzigen Fabrik am Tyne gefunden. Ich kann nicht absehen, was
für einen Zweck die Erhitzung von oben haben soll, außer vielleicht den, die
Stichflamme von dem Boden der Pfanne abzuhalten; dieß wird aber durch das
Schutzgewölbe unter dieser ganz ebenso erreicht. Durch die Feuerung von oben wird
der ganze Bau viel complicirter, und der schmiedeeiserne Deckel wird jedenfalls
immer nur sehr kurze
Zeit halten; auch muß die Durchführung des Säureabzugsrohres durch den oberen
Feuerraum nicht leicht seyn. Auch in Hofmann's
Report of the Juries (1862) ist die Construction mit
Oberfeuerung irrigerweise als die herrschende beschrieben. In Lancashire fand ich
allerdings in mehreren Fabriken, welche bloß Unterfeuerung hatten, gußeiserne Dome
über den Pfannen; am Tyne ist selbst dieß nirgends gebräuchlich. Wenn man sich eben
darauf einrichtet, das Deckelgewölbe unabhängig von der Pfanne und somit bleibend zu
machen, so liegt kein Grund vor, es anders als aus Mauerwerk zu construiren.
Die Figuren 1
bis 7 stellen
uns den einen Fall dar, wo die Arbeitsthür der Pfanne der Verbindungsthür mit dem
Röstofen gerade gegenüber liegt. Die Einfeuerung kann man dabei natürlich von jeder
der beiden anderen Seiten machen, am besten aber in der gezeichneten Weise, das
heißt auf der den Arbeitsthüren des Röstofens gegenüberliegenden Seite. Häufig muß
man jedoch die Arbeitsthür der Pfanne auf dieselbe Seite mit derjenigen des
Röstofens verlegen; die sich daraus ergebenden Aenderungen in der Einmauerung der
Pfanne sind für jeden Praktiker selbstverständlich. Die Feuerung kommt dann meist an
das Ende des Ofens. Wenn man dagegen eine Pfanne mit zwei Röstöfen verbindet, wie es
in Figur 18
skizzirt ist, so kommt ihre Arbeitsthür nach vorn, auf dieselbe Seite mit den
Arbeitsthüren der Oefen, und die Einfeuerung auf die gegenüberliegende
(Hinter-) Seite. Wie ich früher ausführte, halte ich es, wenn es nur der Raum
gestattet, für das Zweckmäßigste, eine Pfanne mit zwei Muffelöfen zu verbinden.
In manchen Fällen muß man die Pfanne, statt an das Ende des Röstofens, an die Mitte
seiner Hinterseite verlegen.
Ich zeichne auch noch eine mit als praktisch mitgetheilte Construction in Fig. 9 bis 12. Hier hat
die Pfanne kein besonderes Feuer, sondern wird durch das verlorene Feuer des
Röstofens mit geheizt. Man sieht, wie dasselbe erst unter die Mitte der Pfanne geht,
sich alsdann theilt, um die Seiten herumgeht und schließlich wieder in einem
Abzugscanale vereinigt abgeleitet wird. Obwohl die Skizze von einer praktisch
ausgeführten Ofenzeichnung entnommen ist, würde ich mich doch mit dieser
Construction nicht befreunden können. Man muß jedenfalls den Röstofen sehr
überhitzen, um Wärme genug für die Pfanne übrig zu haben. Man kann diese dann
reguliren, indem man nöthigenfalls einen Theil des Feuers durch den in Fig. 9 vorn
sichtbaren directen Canal fortgehen läßt, statt ihn erst unter die Pfanne zu führen;
aber unmöglich kann diese Regulirung so leicht als durch ein directes Feuer unter
der Pfanne geschehen. Häufigeres Springen derselben dürfte die Folge davon seyn. In keiner einzigen
der vielen mit durch Augenschein bekannten Fabriken sind die Pfannen auf die
verlorene Feuerung der Röstöfen angewiesen. Allerdings werden die Pfannen bei Huschinsons durch das Feuer je zweier Flammöfen, aber nur
von oben, bestrichen; aber die Haupterhitzung
geschieht doch durch ein besonderes Feuer unter den
Pfannen. Auch in den Jarrow Chemical Works hat jede
Pfanne das Feuer eines Flammofens von oben, und ein besonderes Feuer von unten. Wie
bemerkt, mischen sich in diesen beiden Fällen alle
Säuregase mit Feuergasen, und kann in Folge dessen keine starke Säure erhalten
werden. Man verwechsele nicht diesen Fall mit dem vorhin aus Muspratt und Hofmann angeführten, wo das Feuer
über den Pfannendom oder Deckel streicht, also eine wirkliche Muffel entsteht.
Man bemerke schließlich noch die Gestalt der in Fig. 8 besonders
gezeichneten Arbeitsthür der Pfanne. Sie besteht aus zwei getrennten, besonders
einzusetzenden Theilen, mit einer kreisförmigen Oeffnung zum Durchgehen des
Gezähe-Stieles. Man hebt nur den oberen Theil ab, wenn man das Gezähe
ein- oder ausführen will. Den oberen Theil der Thür macht man besser von Blei
als von Gußeisen, weil sie sich sehr schnell abnutzt; noch besser ist Schiefer.
Manche Fabriken haben sogar nur eine Schiefertafel lose vor die Arbeitsöffnung
gestellt, und bewirken den Verschluß bloß durch Dagegenhäufen von Salz, welches
übrigens auch bei der Thür Fig. 8 angewendet
wird.
Die Zersetzungspfannen müssen mit der größten Sorgfalt
hergestellt werden. Sie sollen nicht nur häufigen Temperaturwechseln, sondern auch
den Angriffen der Schwefelsäure und Salzsäure längeren Widerstand leisten. Die
Erfahrung hat gezeigt, welche Eisensorten sich dazu am besten eignen; die beste
Mischung wird in England als Fabrikgeheimniß betrachtet, und in Wirklichkeit
genießen in England nur zwei Gießereien unweit Liverpool (die eine in St. Helens,
die andere in Widnes) das Vertrauen der chemischen Fabrikanten. Sämmtliche am Tyne
gebrauchte Pfannen werden von dorther bezogen. Jene beiden Fabriken gießen sie,
statt gemauerter Dammgruben, in gußeisernen Schalen mit Lehmverkleidung, und mit
vielen Löchern zum Entweichen des Gases, mit dem Boden nach oben, und mit einem
verlorenen Gießtopfe von etwa 9 Zoll Durchmesser und 2 Fuß Höhe. Die Stärke der
Schalen selbst wird von verschiedenen Fabrikanten verschieden bestellt; an Rande ist
sie gewöhnlich 2 Zoll, am Boden aber 4 bis 7 Zoll. Am gebräuchlichsten ist eine
Bodenstärke von 5 Zoll, wobei eine Pfanne nach Art der in Fig. 16 und 17
gezeichneten etwa 120 Centner wiegen wird.
Der Calcinirofen ist stets so eingerichtet, daß das Feuer
die Muffel erst von oben
bestreicht, und dann unter dem Boden derselben zurückkehrt. Was die Feuerungen
selbst betrifft, so können darin die Engländer, wenigstens die englischen chemischen
Fabrikanten, viel mehr von den deutschen lernen, als umgekehrt, woran eben gerade
die größere Billigkeit des Brennmateriales in England Schuld seyn mag. Ich habe die
Feuerungen nur so gezeichnet, wie man sie wirklich in England anwendet, aber die
meisten deutschen Fabrikanten werden wohl Treppenroste, Gasfeuerungen u. dgl.
vorziehen.
Es folge zunächst eine Beschreibung des in Fig. 1 bis 7 gezeichneten Ofens. Das
Gewölbe der Muffel ist hinter der Feuerbrücke, wo es von der Stichflamme getroffen
wird, einen vollen Ziegel stark und außerdem noch mit 1 1/2 Zoll starken dünnen
Ziegeln (split bricks) belegt; diese werden in dem
zweiten Drittel der Länge fortgelassen, und das letzte Drittel ist nur einen halben
Ziegel stark. Das ganze Gewölbe ist mit einer zolldicken Schicht feuerfesten Thones
bedeckt, welcher mit schwacher Sodalauge angefeuchtet ist; dieß geschieht, um sie
zum leichteren Fritten zu bringen und die Gasdichtheit des Mauerwerkes zu
verstärken. Es braucht wohl kaum erst erwähnt zu werden, daß das Muffelgewölbe aus
den besten feuerfesten Steinen, mit möglichst engen Fugen hergestellt und auf das
Allersorgfältigste und Festeste gemauert werden muß. Als Gewölbehöhe empfiehlt sich
9 bis 10 Zoll; mehr darf man nicht nehmen, weil sonst die strahlende Wärme zu wenig
auf die Charge wirkt, und sehr verringern kann man die Höhe nicht, um nicht die
Solidität des Gewölbes zu beeinträchtigen. Die verticalen Seiten sind 12 Zoll hoch,
so daß vom Scheitel des Gewölbes bis zur Sohle 21 bis 22 Zoll Abstand sind. Das
obere Gewölbe ist an der weitesten Stelle einen Fuß von dem Muffelgewölbe entfernt;
an der engsten (vorn am Ofen) nur 6 Zoll. Beide Gewölbe stützen sich als Widerlager
auf gußeiserne Platten, welche die Außenfläche des Ofens bekleiden und natürlich
durch Ankersäulen und Zugstangen zusammengehalten werden. An der Vorderseite nimmt
man sie am besten 3 Fuß hoch, wo dann die Arbeitsthür-Oeffnungen in ihnen
ausgespart sind; an der Hinterseite genügen 2 Fuß. Auch die Stirnwand der Feuerungen
ist am besten so geschützt. Bei den gezeichneten Dimensionen genügen Gußeisenplatten
von 1 Zoll Stärke, für jede Längsseite 10 Ankersäulen (vierzöllige
Eisenbahnschienen) und Zugstangen von 3/4 Zoll Quadrateisen oder 7/8 Zoll Rundeisen.
Das Mauerwerk ist, wie überhaupt bei englischen Oefen, viel schwächer als es in
deutschen chemischen Fabriken gebräuchlich ist; die Armirung gewährt doch die
nöthige Sicherheit. Die Flamme der beiden Feuerungen zieht sich auch über dem
Gewölbe noch durch eine dünne Mauer getrennt hin (sichtbar in Fig. 6, aber nicht
gezeichnet in Fig.
3), und vereinigt sich erst am Ende der Muffel, um in mehreren Füchsen
herabzufallen. Hier ist auch der Verbindungscanal (gangway) zwischen Pfanne und Röstofen mit seinem Schieber angebracht.
Diese Theile des Ofens müssen mit besonderer Sorgfalt gebaut seyn, da er hier der
Abnutzung und mithin dem Undichtwerden sehr ausgesetzt ist.
Der gangway besteht aus einem Bogen mit darüberliegender
Gußeisenplatte; auch seine Seiten werden am besten mit solchen Platten ausgesetzt.
Der (gußeiserne) Schieber hat, wie man aus Fig. 3 sieht (wo übrigens
seine Kette und Gegengewicht ausgelassen sind, sichtbar in Fig. 7), oben einen
vorstehenden Rand, mit welchem er in einen Sandverschluß eingreift. Er nutzt sich
natürlich ziemlich schnell ab. Unter dem gangway
vereinigen sich die Füchse wieder zu einem einzigen Quercanale (am besten sichtbar
in Fig. 1 und
3); von da
geht das Feuer in sieben engen Canälen unter der Sohle der Muffel wieder nach vorn
zurück, vereinigt sich wieder in einem Querzuge und wird dann endlich zum
Schornstein abgeführt. Diese Construction ist gewählt, um die Sohle der Muffel aus
gewöhnlichen feuerfesten Ziegeln bauen zu können, welche man flach, also nur in 2
1/2 Zoll Dicke, anwendet. Noth besser legt man dünne Ziegeln (split bricks) von nur 1 1/4 Zoll Stärke in zwei sich kreuzenden Schichten
übereinander. Die Zwischenmauern darf man nicht schwächer als eine Ziegelstärke (9
Zoll) nehmen, weil sie sonst zu schnell verbrennen. Die Feuercanäle sind nur 5 Zoll
weit, um auf beiden Seiten Auflage für die Ziegeln der Ofensohle zu haben; sie
setzen sich nach vorn in Ausräum-Oeffnungen fort, welche für gewöhnlich mit
halben Ziegeln versetzt sind. Die Sohle dieser Feuerzüge neigt sich von einem
Querzuge nach dem anderen ziemlich stark (Fig. 3), um das Ausräumen
zu erleichtern. Man bemerke schließlich noch den seitlichen Ausführungsgang für das
Säuregas, welcher dann in die Höhe steigt und sich über der Pfanne mit dem aus
dieser emporsteigenden Rohre vereinigt.
Manche Fabriken bringen statt dessen ein gußeisernes Rohr an, innen und außen durch
Verkleidung mit Ziegeln geschützt, welches von dem inneren Gewölbe durch den oberen
Feuerraum und das Außengewölbe geht; aber dieses Rohr wird trotz der Verkleidung
schnell zerstört, und kann auch durch seine Volumenänderungen Risse im Muffelgewölbe
verursachen.
Statt die Ofensohle aus den gewöhnlichen neunzölligen Chamott-Ziegeln zu
machen, wenden sehr viele Fabriken Platten von feuerfestem Thon, bis zu 2 Fuß im
Quadrat an. Dann verringert sich natürlich die Anzahl der Züge unter der Sohle sehr,
und wird in einem Ofen der gezeichneten Größe auf vier reducirt. Ein gutes Beispiel
dieser Art ist der im ersten englischen Berichte abgebildete Ofen, welcher in Fig. 13 bis
15
wiedergegeben worden ist. Man sieht, wie das Feuer erst über das Muffelgewölbe geht,
dann nach unten fällt, in zwei Canälen seitlich unter der Ofensohle hinstreicht und
in zwei anderen Canälen in der Mitte zurückkehrt. In dem Fig. 9 bis 12 skizzirten Ofen mit
drei Zügen läßt sich der Gang des Feuers ohne weitere Erklärung verfolgen. Wenn man
Chamottplatten von ganz ausgezeichneter Qualität haben kann, welche
Temperaturwechseln sehr gut widerstehen, so ist die Construction in Fig. 13 bis 15 derjenigen
in Fig. 1 bis
7
vorzuziehen, denn die weiteren Züge sind viel leichter auszuräumen. Aber man findet
nicht an vielen Orten 2 Fuß lange und breite Chamottplatten von solcher Güte, daß
sie nicht springen, wenn rothglühend, wie sie nach dem Ausziehen einer calcinirten
Charge sind, ein verhältnißmäßig kalter Brei von Säure, Salz und Bisulfat aus der
Pfanne auf sie gebracht wird.
Den Ziegelsohlen schadet dieses gar nichts. Die viel geringere Anzahl der Fugen bei
den Plattensohlen gibt eine größere Garantie der Gasdichtheit; dieß hat jedoch nicht
viel zu sagen, weil einmal das auf der Sohle befindliche Sulfat selbst einen
einfachen Ziegelboden sehr gut schützt, und man zweitens einen ganz tadellosen
Schluß erzielen kann, wenn man, wie oben bemerkt, die Ofensohle aus zwei sich
kreuzenden Schichten von Halbziegeln (9 × 5 × 1 1/4 Zoll)
herstellt.
Clapham's Verfahren zur Condensation der
Salzsäure.
Ich habe oben dieses Verfahren berührt, wo ich erwähnte, daß man bei Anwendung
desselben es auch mit Flammofenröstern erreichen kann, ausschließlich starke Säure
zu produciren. In der That ist der Vortheil dabei noch größer als es je bei den
Muffelröstern der Fall ist; denn auch bei der besten Condensation und Muffelöfen
kann man es unmöglich vermeiden, in den Waschthürmen etwas Säure zu verlieren, was
außerdem eine große Menge Wasser kostet. Man könnte dieß eben nur dann verhindern,
wenn man auch hier, nach Clapham, die schwache Säure zum Speisen der eigentlichen
Condensatoren verwendete, aber Niemand wird es einfallen, dieß bei Muffelöfen zu
thun, da man ja dann gerade ebenso gut die einfacheren Flammöfen anwenden kann.
Am Schlusse meines Aufsatzes über die Condensation der Salzsäure in Sodafabriken
(dieses Journal Bd. CLXXXVIII S. 322) wies ich schon auf das Clapham'sche Verfahren hin, welches zu Walker unweit Newcastle in Betrieb
ist. Ich habe keinen Grund zu widerrufen, was ich dort sagte, nämlich daß die
praktische Ausführung des Verfahrens große Schwierigkeiten hat und dasselbe meines Wissens nur
in einer einzigen Fabrik (an welcher der Erfinder selbst betheiligt ist) in
Ausführung steht. Ich habe inzwischen jene Fabrik besucht und mit dabei die
Ueberzeugung verschafft, daß das Verfahren allerdings in der Praxis sehr gut wirkt;
doch ist freilich die erste Einrichtung sehr kostspielig, und dieß sowohl, als auch
vielleicht hohe Forderungen des Patentträgers, haben bis jetzt seine weitere
Verbreitung gehindert. Ganz und gar abgeschnitten würde diese seyn, wenn es sich
bestätigen sollte, daß in einer oder der anderen Fabrik das Flammofengas, auch ohne
Aufpumpen von schwacher Säure, bloß durch starke Vorkühlung, vollständig zu starker
Säure condensirt wird. Wenn sich dieses durch längere Erfahrungen bestätigt, ohne
daß dadurch die Vollständigkeit der Kondensation beeinträchtigt würde, so werde ich
nicht verfehlen den Lesern dieses Journales Mittheilung darüber zu machen.
Inzwischen wird aber Manchem eine Beschreibung des Clapham'schen Apparates nicht unwillkommen seyn. Für diejenigen, welche
sich näher dafür interessiren, bemerke ich, daß der vierte englische Bericht (Report of the Inspector under the Alkali Act) eine Reihe
von Zeichnungen und Plänen enthält, welche sich auf den besprochenen Apparat
beziehen. Dort sind auch folgende Angaben eines der Besitzer der betreffenden Fabrik
angeführt:
„1) Der totale Vor-Kühlraum für Gas beträgt 244 Kubikfuß für jede in 24
Stunden zersetzte Tonne Salz;
2) der totale Condensationsraum
beträgt 1190 Kubikfuß für dieselbe Einheit;
3) der einzige Ort, wo Wasser angewendet wird, ist in den
Ofencondensatoren Nr. 3 und 4; die schwache Säure von diesen wird nach oben
gepumpt, um den Pfannen-Condensator Nr. 1 und die
Ofen-Condensatoren Nr. 1 und 2 zu speisen; man gebraucht daher bei
dieser Arbeitsmethode nur 570 Gallons (= 2582 Liter) Wasser per Tonne Salz in 24 Stunden, während bei dem
gewöhnlichen Verfahren die vierfache Menge Wasser gebraucht
wird.“
„Die Stärke der erzeugten starken Säure ist 25° Twaddle (1,125
spec. Gew.) und es läuft überhaupt gar keine schwache Säure unbenutzt
fort.“
„Die Condensation wird ohne Schwierigkeit ausgeführt, da das System
überhaupt gar keine Verbindung mit einem Schornstein hat; Alles ist mithin dem
Blicke frei ausgesetzt, und wenn ein Fehler vorfiele, wüßte er sofort entdeckt
werden.“
Dimensionen:
Pfannen-Condensator Nr. I
65' 0'' × 8' 6'' × 6' 3''
Ofen-Condensatoren Nr. 1 und 2
50' 6'' × 6' 2'' × 5' 2''
„ „
Nr. 3 und 4
34' 0'' × 4' 6'' × 4' 6''
„Der nöthige Zug wird durch die vollkommene Verdichtung des Gases in den
Condensatoren hervorgebracht.“
„Die Pfanne ist überwölbt, und an einer Seite ein Loch über der Pfanne zum
Chargiren mit Salz gelassen; oben darüber ist eine Cisterne mit dem Maaße der
Säure für je eine Charge; das Einlaufloch wird mit Salz geschlossen und
überschüttet. Auf der anderen Seite ist eine Oeffnung mit einem Register, welche
in den Röstofen führt; wenn Salz und Säure in dem richtigen Zustande sind, wird
das Register gehoben und die Mischung aus der Pfanne in den Röstofen gekrückt,
worauf der Schieber geschlossen wird.“
„Das Gas aus der Pfanne ist leicht zu behandeln, da es ganz kalt ist im
Verhältniß zu dem aus den Röstern kommenden; es geht direct von der Pfanne in
den Condensator. Es kann auf keine Art und Weise in den directen Feuerzug
gelangen, da die Pfanne mit einem breiten Flantsch auf dem Mauerwerk aufruht;
das während des Ueberkrückens aus der Pfanne in den Röstofen entweichende Gas
geht in den Ofen-Condensator.“
Es sollen nun einige Einzelheiten über das System, wie es in Walker am Tyne
ausgeführt ist, angeführt werden. Man sieht schon aus dem obigen Citate, daß nur
zwei der „Ofenthürme“ (Roaster
condensers) mit Wasser gespeist werden. Dieß sind die Thürme, welche die Gase zuletzt zu passiren haben. Man halte fest: das Pfannengas geht in zwei Condensatoren (aus
Steinplatten), in welchen es vollständig absorbirt wird; gespeist werden diese mit
schwacher Säure von den Ofenthürmen 3 und 4. Das Ofengas
geht erst in die beiden Ofenthürme 1 und 3, welche auch mit schwacher Säure von den
Ofenthürmen 3 und 4 gespeist werden, und dann in diese letzteren selbst, welche eben
mit frischem Wasser gespeist werden. Die am Fuße der Thürme ankommende Säure wird
von den Pfannenthürmen und den Ofenthürmen 1 und 2 gemeinsam als starke Säure in 3 Steinkästen von
je 14 Fuß Länge und 8 Fuß Breite aufgefangen, und sämmtlich zur Chlorbereitung
verwendet. Die aus den Ofenthürmen 3 und 4 ablaufende Säure dagegen zeigt nur wenige
Grade, und wird in folgender Weise behandelt: Sie läuft durch ein beiden Thürmen
gemeinsames Thonrohr in vier steinerne Sammelcisternen von je 6 Fuß Länge und 4 Fuß
Breite, in welchen sie sich schon etwas abkühlt. Man kann vermittelst Thonhähnen jede Cisterne für
sich allein füllen oder ablassen, und ermöglicht dadurch regelmäßigere Abkühlung.
Das allen Cisternen gemeinschaftliche thönerne Ablaufrohr spaltet sich, zur
Vermehrung der kühlenden Oberfläche, in zwei Röhren, welche dann durch einen
Wassertrog von 40 Fuß Länge und 11/2 Fuß Breite laufen, mit dessen Hülfe die Säure
beliebig abgekühlt werden kann. Dieß ist eben die Bedingung für das Gelingen des
Verfahrens, weil außerdem die darauf folgenden, mit Gutta-percha
ausgekleideten Apparate überhaupt gar nicht in brauchbarem Zustande zu erhalten
wären. Aus demselben Grunde sind auch die oben erwähnten Cisternen und eine
bedeutende freie Länge der Leitungsröhren vorgesehen (über 150 laufende Fuß, außer
den 80 Fuß im Kühltroge).
Die hinreichend abgekühlte Säure wird nun periodisch in zwei liegende Cylinder von
Gußeisen (5 Fuß lang, 3 Fuß Durchmesser) gelassen, welche inwendig mit
Gutta-percha ausgekleidet sind, so daß das Metall mit der Säure überhaupt
nicht in Berührung steht.
Textabbildung Bd. 193, S. 483
Die Cylinder sind folgendermaßen construirt. Der Cylindermantel und der eine
Boden sind aus einem Stücke gegossen; das offene Ende ist mit einem Flantsch
versehen. In diesen Körper ist ein eng anliegender ganz ähnlicher Cylinder von
Gutta-percha, ebenfalls mit Boden und Flantsch, ohne alle Nuthe,
eingelegt. Das offene Ende wird nun mit einer Platte von Gutta-percha,
und diese wieder mit einer Gußeisenplatte bedeckt, welche letztere durch
Schraubenbolzen an den Flantsch des ersten Gußstückes angepreßt wird. Auf der
beistehenden Skizze ist das Eisen schräg, die Gutta-percha gerade
schraffirt angedeutet.
Sobald ein Cylinder voll ist, wird er durch einen Hahn abgeschlossen, und nun durch
eine Luftpumpe comprimirte Luft darein geblasen, welche den flüssigen Inhalt des
Cylinders durch ein Steigrohr in die Höhe treibt. Einer der Cylinder bedient die
Pfannenthürme, der andere die Ofenthürme 1 und 2. Auf der Höhe der Thürme befinden
sich wieder mit Gutta-percha ausgekleidete Behälter, welche wie gewöhnlich
zum Berieseln der Thürme dienen. Die Anordnung dieser Druckcylinder ist genau
dieselbe wie diejenige der Schwefelsäure Cylinder bei der Anwendung von Gay-Lussac's Thürmen, und in der That dient in
Walker dieselbe Luftpumpe für beide Zwecke. Der einzige Unterschied ist der, daß für
Salzsäure statt des Bleies eine Auskleidung mit Gutta-percha gewählt werden muß, was
natürlich eine sorgfältige Abkühlung nothwendig macht.
Man findet eine besondere Annehmlichkeit dieses Systemes darin, daß sich das sehr mit
schwimmenden Körpern (Laub u. dgl.) verunreinigte Wasser des Tyne-Flusses in
den Wasserthürmen filtrirt, und die mit schwacher Säure gespeisten Thürme also nie
an Verstopfung der Vertheilungsröhren leiden.
Das ganze System steht mit einem Schornstein gar nicht in Verbindung. Wie schon oben
in dem Citate angedeutet, genügt die Verdünnung der Luft in den
Condensationsthürmen, in Folge der Absorption der Salzsäure, um in den Flammöfen den
nöthigen Zug hervorzubringen. Die Verbindung mit der Atmosphäre wird einzig und
allein durch je ein 12 Zoll weites Thonrohr auf der Spitze der Ofenthürme
hervorgebracht, und es wurde mit von Hrn. Clapham
versichert, daß sich selbst dieses zum großen Theile verschließen lasse, ohne
Nachtheil für den Ofengang.
Es sey übrigens hier bemerkt, daß die Fabrik in Walker drei Sulfatöfen und eine
Wochenproduction von etwa 150 Tonnen Sulfat hat. Durch das Wegfallen der Verbindung
mit dem Schornstein ist eine bedeutende Quelle von Säureverlust vermieden.
Clapham's Verfahren scheint allerdings zwei Probleme zu
lösen, welche sonst nur einzeln für sich mit Leichtigkeit zu bewältigen sind,
nämlich: 1) möglichst vollständige Condensation des Salzsäuregases aus Flammöfen und
2) Gewinnung von ausschließlich starker Säure aus denselben. Jedoch ist die
Einrichtung kostspielig und fortwährender Ueberwachung bedürftig. Dieser Vorwurf
fällt ganz fort, wenn man die schwachen Thürme so hoch anlegen kann, daß ihre Säure
unmittelbar in die starken Thürme abfließen kann. Dieß ist in der That in einer
englischen Fabrik der Fall, welche die schwachen Thürme auf einem Hügel von
Sodarückstand stehen hat. Aber eben nur unter solchen ausnahmsweisen
Niveauverhältnissen ist diese unstreitig vollkommenste
Condensator-Einrichtung leicht thunlich.