Titel: | Ueber die chemische Zusammensetzung des Chromeisensteines; von J. Clouet, Fabrikant von chromsaurem Kali in Havre. |
Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. XI., S. 34 |
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XI.
Ueber die chemische Zusammensetzung des
Chromeisensteines; von J. Clouet, Fabrikant von chromsaurem
Kali in Havre.
Aus den Annales de Chimie
et de Physique, 4. série, t. XVI p. 90;
Januar 1869.
Clouet, über die Zusammensetzung des Chromeisensteines.
Die als Chromeisenstein (Chromeisen, chromsaures Eisen,
Eisenchromit) bekannten und in der Technik zur Darstellung der verschiedenen
Chromsäuresalze und ihrer Abkömmlinge in so großen Mengen verwendeten Mineralien
kommen in fast allen größeren Ländergebieten vor. Auf allen ihren Lagerstätten
gehören sie sämmtlich derselben Formation an; sie erscheinen auf Stöcken, Nestern
und Bieren, in Trümern und Adern und in mehr oder weniger großen Massen eingewachsen
und mehr oder weniger fein eingesprengt im Muttergestein, niemals auf Gängen und
Lagern, und zwar eigenthümlicher Weise fast stets an Serpentin und die denselben
begleitenden Talk – und Chloritschiefer gebunden, welche immer zahlreiche
Thonerde-Doppelsilicate einschließen, wie Feldspathe, Steatit, Granat, Talk,
Amianth, Asbest etc.; auch besteht das Muttergestein, wie bemerkt, constant und
ausschließlich aus denselben Hauptbestandtheilen wie diese Mineralien, aus
Kieselsäure, Thonerde und Magnesia. Diese drei Körper sind dem Chromeisenstein
beständig beigemengt in Verhältnissen, welche auf den verschiedenen Lagerstätten,
und dem mehr oder minder sorgfältigen Aushalten der Erze auf der Grube entsprechend,
verschieden sind.
Das Muttergestein (die Bergart der Erze) ist meistens weißlich oder grau oder
verschiedenartig gefärbt, grün, roth, pfirsichblüthroth, violett, bläulich durch
etwas Chromoxyd, oder gelb, roth oder braun durch Eisenoxyd.
An manchen Stellen kommt der Chromeisenstein auf secundären Lagerstätten vor, in
losen Körnern und kleinen Geschieben und als mehr oder weniger feiner Sand
(Chromeisensand).
An anderen Fundstätten bildet das Muttergestein eine die metallischen Theilchen trennende Schicht von
verschiedener Mächtigkeit (die indischen und russischen Erze) oder einen Teig, eine
Grundmasse, in welcher der Chromeisenstein eingesprengt ist (Erze aus Kleinasien und
Australien).
Alle bisher analysirten Chromeisenstein-Varietäten
haben eine bestimmte chemische Zusammensetzung.
Ebenso wie ihre Bergart wesentlich aus Kieselsäure, Thonerde und Magnesia besteht,
ist der metallische Antheil der Erze stets eine Verbindung von
Eisenoxydul mit Chromoxyd, jedoch nicht immer nach gleichen Aequivalenten
beider Oxyde, sondern nach verschiedenen Verhältnissen derselben, je nach den
verschiedenen Localitäten wo die Lagerstätten auftreten.
Die chemische Zusammensetzung verschiedener, von den bekanntesten und wichtigsten
Fundorten stammender Chromeisenstein-Varietäten entspricht, abgesehen von der
Bergart, den nachstehenden Formeln:
FeO, Cr²O³
Rußland (Gouvernem. Orenburg), Smyrna, Norwegen (Drontheim),
Steiermark;
2FeO, Cr²O³
Ile-à-Vaches, St.
Domingo, Nordamerika, Norwegen (Christiania), Ungarn, Frankreich
(Var);
2FeO, 3 Cr²O³
Rußland (Gouvern. Wjalka);
4FeO, 5 Cr²O³
Banat (Alt-Orsowa);
8FeO, 5 Cr²O³
Indien;
6FeO, 5 Cr²O³
Shetlands-Inseln, Californien;
3FeO, 2 Cr²O³
Australien.
Die verschiedenen Chromeisenstein-Varietäten lassen sich als wirkliche
chemische Verbindungen betrachten, welche den Eisen- und Manganoxyden
entsprechen, in denen das Metall durch Eisenoxydul und der Sauerstoff durch
Chromoxyd ersetzt ist.
Nachdem ich mehrere tausend Kilogramme Chromerz von Ile-à-Vaches
erhalten hatte, gelang es mit, aus diesen großentheils abgerundeten, aber sehr
deutlich krystallinische Form zeigenden Körnern einige hundert Kilogr. vollständiger
Oktaeder von glänzendem Schwarz auszusondern. Die Analyse ergab nachstehende
Zusammensetzung derselben:
Chromoxyd
51,53
Eisenoxyd 53,85; Eisenoxydul
48,46
––––
99,99
Sie bildeten demnach ein ganz bestimmtes Eisenchromit (Protochromit): 2 FeO,
Cr²O³.
Diese Analysen führten zu den im Nachstehenden mitgetheilten Untersuchungen. Ich
verwandte die Körner zur Analyse, wie ich sie aus dem Muttergesteine
herausgeklaubt hatte, und fand stets das Verhältniß zwischen der Menge des
Eisenoxyduls und derjenigen des Chromoxyds = 1 : 1.
Indem ich nach und nach Chromeisenstein von verschiedenen Fundorten analysirte und es
mit dabei angelegen seyn ließ, Proben von sehr verschiedenem Ansehen und sehr
abweichendem Metallgehalte zu nehmen, ergab sich mit für das Erz von einem und
demselben Fundorte stets ein constantes Verhältniß zwischen
den beiden Oxyden.
Verfahren zur Analyse des
Chromeisensteines.
Der natürliche Chromeisenstein (auch der auf künstlichem Wege dargestellte, nach dem
Weißglühen) wird von Säuren, selbst von concentrirten und beim Erhitzen zum Kochen,
nicht angegriffen. Ebenso verhält sich das Muttergestein (Thonerde und
Magnesia-Silicat). Er muß daher für die Analyse mittelst kohlensauren Alkalis
aufgeschlossen worden, wodurch das Chromoxyd vom Eisenoxydul getrennt wird, indem
sich ein lösliches Chromsäuresalz bildet, während gleichzeitig das Silicat durch
Säuren zersetzbar wird.
Man mengt zu diesem Zwecke 5 bis 10 Grm. der sehr fein gepulverten und dann bis zur
Gewichtsconstanz getrockneten Probe mit der fünf – bis sechsfachen
Gewichtsmenge von reinem, geschmolzenem und gepulvertem kohlensauren Natron, und
erhitzt das innige Gemenge im Platintiegel fünf bis sechs Stundenlang zum
Hellrothglühen. Der Tiegel darf nicht hermetisch verschlossen werden, damit die Luft
während des Glühens zutreten kann.
Nach dem Erkalten wird der Tiegel nebst seinem Deckel in einer Porzellanschale mit
warmem destillirtem Wasser übergossen und dieses zum gelinden Sieden erhitzt, bis
die gelb, grün oder braun
Die grüne Färbung der Masse rührt von der Bildung einer geringen Menge von
blauem überchromsaurem Natron her, welche dem
gelben chromsauren Natron beigemengt ist; wahrscheinlich hat dieser Umstand
mehrere Chemiker zur Annahme eines Mangangehaltes
im Chromeisenstein veranlaßt. Bei meinen sehr Zahlreichen Analysen war es
mit niemals möglich, die Gegenwart dieses Metalles nachzuweisen. Uebrigens
gehört das Mangan bekanntlich nicht denselben Metallzonen an wie das Chrom,
folglich können in einem Naturproducte diese beiden Körper nicht zusammen
vorkommen. gefärbte Schmelze von den Tiegelwandungen sich losgelöst hat und vollständig
in Lösung gegangen ist; darauf spült man den Tiegel und seinen Deckel sorgfältig ab
und stellt ihn bei Seite, um später eine geringe Menge Eisenoxyd, welche gewöhnlich
daran haften bleibt, mittelst Salzsäure zu beseitigen. War bei sehr hoher Temperatur
und lange erhitzt worden,
so ist nicht allein das Chromoxyd in Chromsäure und das Eisenoxydul in Eisenoxyd
umgewandelt, sondern beide sind noch überoxydirt worden und es haben sich blaues
überchromsaures Natron und rothes eisensaures Natron gebildet, so daß die Schmelze
nicht, wie man erwarten mußte, gelb erscheint, sondern eine braungrüne Farbe zeigt.
Behandelt man sie dann mit Wasser, so wird das eisensaure Natron durch das
überschüssige Alkali ohne Veränderung in Form von schwarzen Flocken
niedergeschlagen. Verdünnt man die Lösung mit Wasser und erhitzt zum Kochen, so
entweicht Sauerstoff, während das überchromsaure und eisensaure Natron sich
reduciren; das entstandene Eisenoxyd erscheint dann mit seinem gewöhnlichen Ansehen
und die grüne Farbe der Lösung verschwindet.
Man erhält die Flüssigkeit im Sieden, bis sie eine rein gelbe Färbung zeigt;
vernachlässigt man diese Vorsicht, so erscheint die später auszufällende Thonerde in
Folge einer Beimengung von Eisenoxyd röthlich gefärbt.
Die in der Porzellanschale befindliche Flüssigkeit enthält nun das überschüssige
kohlensaure Natron, Natronaluminat und chromsaures Natron in
Lösung. Der ungelöst gebliebene Rückstand
besteht aus Eisenoxyd, kieselsaurer Magnesia und zuweilen etwas unzersetztem
Chromeisenstein.
Man läßt gehörig absetzen, decantirt dann mit Hülfe einer Pipette und filtrirt, indem
man es möglichst vermeidet, etwas von dem Abgesetzten mitzunehmen. Dieser Rückstand
wird wiederholt ausgewaschen und decantirt, bis das Waschwasser ungefärbt erscheint.
Die erhaltene Flüssigkeit (A) wird in einem Becherglase
bei Seite gestellt.
Man wäscht den Tiegel und das Filter mit Chlorwasserstoffsäure aus, so daß das etwa
anhaftende Eisenoxyd und Magnesiasilicat vollständig entfernt werden; gießt diese
Waschflüssigkeit in eine Schale, versetzt sie zuerst mit Wasser, dann mit verdünnter
Chlorwasserstoffsäure, fügt eine geringe Menge Salpetersäure hinzu und erhitzt nun
zum schwachen Sieden. Das Eisenoxyd löst sich sofort, aber in der Flüssigkeit
schwimmen graue, glänzende Theilchen von kieselsaurer Magnesia und trüben dieselbe;
sie gehen erst nach mehr oder weniger langer Zeit in Lösung, worauf dann die
Flüssigkeit ganz klar wird. Ist etwas Chromeisenstein unzersetzt geblieben, so fällt
derselbe in Folge seiner großen Dichtigkeit bald zu Boden und kann an seiner
dunkelschwarzen Farbe und seinem Metallglanze leicht erkannt werden; man filtrirt
ihn ab, wäscht und trocknet ihn und schmilzt ihn dann nochmals mit kohlensaurem Natron, worauf man die
bei dieser zweiten Schmelzung erhaltenen Producte mit denen der ersten
vereinigt.
Die klare, mit den verschiedenen Waschwässern vereinigte Flüssigkeit wird im
Wasser- oder Sandbade zur vollständigen Trockne verdampft, so daß die
Kieselsäure ganz unlöslich wird; der trockene Rückstand wird erst mit
Chlorwasserstoffsäure, dann mit Wasser behandelt, filtrirt, ausgewaschen etc.; man
erhält so die Kieselsäure; die eisen- und magnesiahaltige Flüssigkeit
versetzt man mit überschüssigem Ammoniak, um das Eisenoxyd auszufällen (das Eisen
kann man auch nach der Methode von Margueritte mittelst
einer titrirten Chamäleonlösung bestimmen); dann fällt man mit phosphorsaurem Natron
die Magnesia.
Hierauf verdünnt man die erste, kohlensaures und chromsaures Natron, sowie
Natronaluminat enthaltende Lösung (A) stark mit Wasser,
und setzt unter Umrühren mit einem Glasstabe vorsichtig Chlorwasserstoffsäure zu. Es
scheidet sich Thonerde aus und die Flüssigkeit trübt sich; man fährt mit dem
Säurezusatze fort, bis die Flüssigkeit wieder vollkommen klar wird und eine
entschieden rothe Färbung annimmt; man übersättigt darauf mit kohlensaurem Ammoniak,
erhitzt zum Sieden (um den Ueberschuß des Fällungsmittels, durch welchen ein wenig
Thonerde gelöst werden könnte, zu beseitigen), und filtrirt.
Vor dem Filtriren muß man die Flüssigkeit mit kochendem Wasser verdünnen, um das
Auswaschen der Thonerde, welche mit großer Hartnäckigkeit chromsaures Natron
zurückhält, zu erleichtern. Es gelingt am besten und schnellsten, den
Thonerdeniederschlag vollständig zu entfärben, wenn man denselben, während er noch
im Filter suspendirt ist, mittelst einer mit kochendem Wasser gefüllten Pipette
umrührt; indessen ist dieses sehr nothwendige Auswaschen in allen Fällen eine sehr
viel Zeit beanspruchende Operation. Das gelb gefärbte Filtrat und die Waschwässer
werden in einer Porzellanschale vorsichtig eingedampft; dann setzt man
Chlorwasserstoffsäure und Alkohol hinzu, um die Chromsäure zu reduciren, und fällt
hierauf das Chromoxyd durch Ammoniak.
Bei guter Ausführung der Analyse findet man bei der Addition der gefundenen
Gewichtsmengen von Kieselsäure, Magnesia, Thonerde, Chromoxyd und Eisenoxyd eine
höhere Zahl, als der zur Analyse angewandten Substanz entspricht; berechnet man aber
das erhaltene Eisenoxyd auf Oxydul, so ergibt sich genau die Gewichtsmenge des
analysirten Chromeisensteines.
Analysen.Die im Nachstehenden mitgetheilten Analysen geben den Chromoxyd-Gehalt
oder den technischen Werth der verschiedenen im Handel vorkommenden
Chromeisensteinsorten nicht mit absoluter Genauigkeit an, weil dieser Gehalt
so zu sagen bei jedem Handstücke von einer und derselben Grube schwankt; sie
repräsentiren aber den Durchschnitt der zahlreichen Analysen, welche ich
größtentheils mit Proben von Hunderttaufenden von Kilogrammen
Chromeisenstein ausführte, die ich seit etwa zwanzig Jahren zu meiner
Verfügung hatte.
1. Chromeisenstein von der
Zusammensetzung 2FeO, Cr²O³ (Eisenprotochromit).
Textabbildung Bd. 193, S. 38
Chromeisenstein von:;
Bestandtheile; Ile-à- Vaches (ektaëdrische Körner);
Baltimore (in Stücken); Wilmington (Körner); Christiania, Norwegen. (Körner);
Bar in Frankreich (in Stücken); Ungarn (in Stücken); Bergart; Kieselsäure;
Thonerde; Eisenoxyd; Chromoxyd
2. Chromeisenstein von der
Zusammensetzung 2FeO, Cr²O³ (Bichromit).
Textabbildung Bd. 193, S. 38
Chromeisenstein von:;
Bestandtheile; Jekaterinenburg, Ural; Orenburg, Rußland; Karahissar, Kleinasien;
Drontheim, Norwegen; Steiermark; Bergart; Kieselsäure; Thonerde; Magnesia;
Eisenoxydul; Chromoxyd
3. Chromeisenstein von der
Zusammensetzung 2FeO, 3Cr²O³ (Trichromit).
Erz von Wjalka in Rußland.
Bergart
KieselsäureThonerdeMagnesia
2,2010,0011,62
Eisenoxydul
18,18
Chromoxyd
58,00
–––––
100,00
4. Chromeisenstein von der
Zusammensetzung 4FeO, 5Cr²O³.
Erz von Alt-Orsowa im
Banat:
Bergart
KieselsäureThonerdeMagnesia
5,2612,6015,09
Eisenoxydul
18,33
Chromoxyd
48,72
––––––
100,00
5. Chromeisenstein von der
Zusammensetzung 8FeO, 5Cr²O³.
Erz aus Indien.
Bergart
KieselsäureThonerdeMagnesia
1,509,306,00
Eisenoxydul
35,70
Chromoxyd
47,50
––––––
100,00
6. Chromeisenstein von der Zusammensetzung 6FeO,
5Cr²O³.
Textabbildung Bd. 193, S. 39
Erz; aus Californien; von den
Sheetlands-Inseln; Grube H; Grube B; Bergart; Kieselsäure; Thonerde;
Magnesia; Eisenoxydul; Chromoxyd
7. Chromeisenstein von der
Zusammensetzung 3FeO, 2Cr²O³.
Erz aus Australien.
Bergart
KieselsäureThonerdeMagnesia
8,0018,0017,40
Eisenoxydul
23,40
Chromoxyd
33,20
––––––
100,00
Darstellung von Chromeisenstein auf
künstlichem Wege.
Die künstliche Darstellung der sämmtlichen im Vorstehenden besprochenen natürlichen
Eisenchromite hat keine Schwierigkeiten. Zu diesem Zwecke vermischt man eine
concentrirte Lösung von reinem schwefelsaurem Eisenoxydul
mit einer eben solchen von reinem Chromchlorid in den
Verhältnissen, welche der Zusammensetzung der darzustellenden Verbindung
entsprechen. Hierauf versetzt man das Gemisch beider Lösungen mit Ammoniak in
geringem Ueberschuß, filtrirt möglichst rasch und bei Luftabschluß, und erhitzt den
Niederschlag mit etwas kohlensaurem Ammoniak und Borax im Platintiegel zum
Hellrothglühen. Auf diese Weise erhält man den Chromeisenstein mit allen
physikalischen und chemischen Charakteren der entsprechenden natürlichen Verbindung:
Farbe, Glanz, specifischem Gewichte und Unlöslichkeit in heißen concentrirten
Säuren.
Erhitzt man die auf diese Weise dargestellte, dem natürlichen Protochromit
entsprechende Verbindung in Borax, so kann man sie wie das Mineral von
IIe-à-Vaches in
Oktaëdern krystallisirt erhalten.