Titel: | Th. Grahams Versuche über das Verschlucken von Gasen durch Metalle. |
Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. XLIV., S. 211 |
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XLIV.
Th. Grahams Versuche
über das Verschlucken von Gasen durch Metalle.
Graham, über das Verschlucken von Gasen durch Metalle.
Die neueren Versuche Th. Graham's über diesen Gegenstand
haben bemerkenswerthe Thatsachen zu Tage gefördert (Proceedings of the Royal Society, vol. XVI p.
422).
Wenn eine Zinkplatte in verdünnter Schwefelsäure steht, so verschluckt sie von dem an
ihr frei werdenden Wasserstoff nichts, bringt man aber dazu ein dünnes
Palladiumblech und zwar in Berührung mit dem Zink, so saugt das Palladium bei
12° C. in 1 Stunde sein 173faches Volum an Wasserstoff in sich auf. Noch
auffälliger wurde die Absorption, wenn man Palladium zur negativen Elektrode in
einer sechszelligen Bunsen'schen Batterie mit
angesäuertem Wasser machte; dann erschien in den ersten 20 Secunden gar kein
Wasserstoff und schließlich hatte das Palladium sein 200,4faches Volum Wasserstoff
aufgenommen.
Obwohl das Gas das Palladium ganz durchdrungen haben muß, so hat ersteres doch gar
keine Neigung das Metall zu verlassen, denn eine so beladene Palladiumplatte,
gewaschen, mit einem Tuch abgerieben und in ein luftleeres Glas eingeschmolzen,
hatte nach 2 Monaten nicht eine Spur Gas abgegeben, das Vacuum war vollständig
geblieben. Erst bei 100° und darüber wurden 333 Vol. abgegeben. Ferner drang
durch einen hohlen Palladiumcylinder, der als negative Elektrode diente, keine Spur Wasserstoff in's
Innere, obwohl man letzteres durch einen Sprengel'schen
Aspirator evacuirte.
Augenscheinlich ist der verschluckte Wasserstoff kein Gas mehr, wie man auch seinen
physikalischen Zustand sich vorstellen möge.
Der absorbirte Wasserstoff wird leicht vom Palladium abgegeben, sobald man dessen
Stellung in der Batteriezelle umkehrt, und an der Atmosphäre wird das Metall
manchmal heiß in Folge der Oxydation des Wasserstoffes.
Platin nimmt in einer Volta'schen Zelle etwa sein
2,19faches Volum Wasserstoff auf und verliert es auf ähnliche Weise wie Palladium,
durch Hitze kurz unter der Rothgluth, leicht durch Umkehrung in der Zelle.
Weiches Eisen nimmt in verdünnter Säure 0,57 Vol. Wasserstoff auf und dieses
entweicht selbst im Vacuum erst nahe bei Rothgluth. Es läßt sich schließen, daß
Eisen in der Kälte nicht vom Gas durchdrungen wird.
Positive Elektroden nehmen niemals Sauerstoff auf. Ein Platinblech, welches als
solche mehrere Stunden gedient hatte, gab beim Erhitzen im Vacuum eine Spur
Kohlensäure, keinen Sauerstoff.
Die bekannte Eigenschaft des Platinschwammes, Wasserstoff zu entzünden, scheint nur
vom Einfluß des Metalles auf den verschluckten Wasserstoff abzuhängen. Der
Wasserstoff scheint polarisirt und seine Anziehung zum Sauerstoff beträchtlich
erhöht zu seyn. Wenn man das Gasmolecül des Wasserstoffes als Association zweier
Atome betrachtet, so ist es die Anziehung des Platins zum negativen Atome, welche
letzteres an das Platin kettet, es ist die Tendenz zur Bildung eines Platinhydrürs
vorhanden. Demnach ist das Wasserstoffmolecül polarisirt, d.h. mit seinem positiven
Atom nach auswärts gekehrt und dieses hat eine lebhaftere Affinität zum Sauerstoff.
Allerdings sind die beiden Atome Wasserstoff untrennbar ein Molecül, aber man kann
sich denken, daß ein solches weggenommenes Atom durch ein anderes von nebenliegenden
Molecülen ersetzt wird. Man muß nur annehmen, daß ein Paar neben einanderliegender
Wasserstoff-Molecüle zusammen auf ein einziges Molecül des äußeren
Sauerstoffes wirken.
Auf ähnliche Weise erklärt sich die katalytische Wirkung des Platins gegen Alkohol,
Aether u.s.w.
Das Schmiedeeisen enthält von seiner Bereitung her eine ziemliche Menge Kohlenoxyd
verschluckt (es kann bis zu 4 Vol. aufnehmen, weit mehr als vom Wasserstoff).
Befreit man es von diesem Gas und läßt durch ein Eisenrohr in's Vacuum Kohlenoxyd
treten, so passirt durch das Rohr von 1,7 Millim. Dicke nicht merklich an Gas, bis
die Temperatur die volle
Rothgluth erreicht hat, dann gehen pro Minute 0,284 K.
C. durch den Quadratmeter.
Palladiumschwamm nahm 655 Vol. Wasserstoff auf und gab nichts davon im Vacuum ab, bis
die Temperatur nahe auf 100° gebracht wurde. Gehämmertes Palladium nahm
ebenso viel auf. Am wirksamsten aber ist dieses Metall, wenn es aus seiner
Chloridlösung (mit 1,6 Proc.) durch den Strom in Gestalt von compactem Metall
gefällt wird. Eine einzige Zelle schlägt es in glänzenden Blättern auf dünnem
Platindraht nieder, von welchem sie nach einiger Zeit abfallen. Die dem Platin
zugekehrte Seite ist weiß metallglänzend, die andere Seite matt dunkel wie Arsen.
Solches Palladium enthält keinen verschluckten Wasserstoff; erhitzt man es auf
100° in Wasserstoff und läßt es darin 1 Stunde erkalten, so nimmt es 982,14
Vol. Gas (bei 11° C. und 756 Mm. gemessen) auf. Das ist die größte Menge
absorbirtes Gas. So beladenes Palladium hatte (1,0020 Grm.) an Wasserstoff (0,0073)
für 100 Theile der Verbindung 99,277 Palladium und 0,723 Wasserstoff = 1 Aeq. Pd + 0,772 Aeq. H (Pd = 106,5, H = 1). Der
Vorstellung einer chemischen Verbindung zwischen beiden steht mancherlei entgegen.
Zunächst sieht man keine äußerliche Veränderung am Metall, wie andere Hydrüre
zeigen. Man kann aus Palladium ein Hydrür bereiten, wenn man das angesäuerte Sulfat
desselben mit unterphosphorigsaurem Natron fällt. Dieses Hydrür ist schwarz pulverig
und entwickelt schon bei 0° viel Wasserstoff, indem es schwarzes
Palladiumpulver hinterläßt und was sehr auffällig ist, dieses Palladium enthält
keinen verschluckten Wasserstoff und absorbirt auch nachmals in Wasserstoff erhitzt
keine merkliche Menge des letzteren.
Der Vf. neigt zu der Ansicht, daß dem Durchgang von Wasserstoff durch eine
Metallplatte stets die Kondensation oder Verschluckung des Gases vorangegangen seyn
muß; aber die Schnelligkeit des Durchdringens steht nicht im Verhältniß zu dem
verschluckten Gasvolum; sonst müßte Palladium mehr bei niederer als bei höherer
Temperatur durchdringbar seyn.
Eine Mischung von gleichen Raumtheilen Wasserstoff und Kohlensäure wurde durch ein
Palladiumrohr von 3 Mm. lichtem Durchmesser und 0,3 Mm. Wandstärke durchgetrieben.
Die Außenfläche des Rohres, die im Vacuum sich befand, ließ in Rothgluth 1017,54 K.
C. reines Wasserstoffgas pro Minute und Quadratmeter
Fläche durchschwitzen. Noch schneller war der Durchgang durch ein Palladiumrohr von
1 Mm. Dicke bei einer dem Schmelzpunkt des Goldes nahen Temperatur, nämlich 3992,2
K. C. pro Minute und Quadratmeter, dagegen für
265° C. nur 327
K. C. pro Minute und Quadratmeter. In derselben hohen
Temperatur passirten nur 1,86 K. C. Kohlensäure pro
Minute und Quadratmeter, d.h. 1/20000 von der Wasserstoffmenge.
Eine Kautschukplatte von 0,1 Mm. Dicke, die mit Wasserstoff imprägnirt ist, verliert
das Gas gänzlich beim Aussetzen an die Luft auch nur während eines Augenblickes;
eine Röhre von 2 Mm. Dicke, durch welche 1 Stunde lang Gase geleitet werden, hält
von Wasserstoff 0,0113 Vol., von Kohlensäure 0,220 Vol. zurück. Dagegen geht der
Wasserstoff schneller hindurch als die Kohlensäure, nämlich in dem Verhältniß von 1
Wasserstoff zu 2 1/2 Kohlensäure. Der Diffusionsunterschied dieser Gase ist aber 1
Kohlensäure: 4,7 Wasserstoff. Der schnelle Durchgang des Wasserstoffes durch
Kautschuk erklärt sich theilweise durch die Schnelligkeit, mit welcher das Gas an
die eine Fläche des Blattes antritt und von der anderen Fläche fortgeschafft wird
vermittelst Gasdiffusion. Andererseits gehen beide Substanzen durch den Kautschuk
vermöge ihrer Diffusion als Flüssigkeiten, und wenn man annimmt, flüssiger
Wasserstoff habe ein ebenso vielmal größeres Diffusionsvermögen gegenüber der
flüssigen Kohlensäure, wie die Gase unter einander, so ist der rasche Durchgang des
Wasserstoffes durch Kautschuk leicht erklärt.
Diese flüssige Diffusion mag auch beim Durchgang des Wasserstoffes durch weiche
Metalle wie Palladium in hoher Temperatur eine Rolle spielen.
Außer für Wasserstoff und Kohlenoxyd scheinen die Metalle für andere Gase kein
merkliches Durchdringungsvermögen zu besitzen. (Journal für praktische Chemie, 1868,
Bd. CV S. 293.)