Titel: | Wochenmayr's Backofen. |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. LVI., S. 190 |
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LVI.
Wochenmayr's Backofen.
Mit einer Abbildung.
Wochenmayr's Backofen.
Hr. W. F. Exner, Professor an der
Landes-Oberrealschule zu Krems, erstattet in der „Wochenschrift des
nieder-österreichischen Gewerbevereins“ folgenden Bericht über
den von Hrn. Wochenmayr, Bäckermeister in Krems,
construirten Backofen, welcher wegen seiner vorzüglichen Eigenschaften unter den
Fachmännern Aufsehen erregt hat.
„Die gegenwärtige Construction des Wochenmayr'schen Ofens ist das Resultat jahrelanger Bemühungen und großer
Geldopfer. Erst nachdem Hr. Wochenmayr die
persönliche Ueberzeugung von der Rentabilität und Zweckmäßigkeit seiner
Erfindung gewonnen hatte, wendete er sich an die Wiener Bäckergenossenschaft mit
dem Ersuchen, aus ihrer Mitte eine Commission zur Prüfung des Ofens nach Krems
abzuordnen. Die Leistungen der Wiener Bäcker übertreffen bekanntlich weitaus
jene ihrer Gewerbsgenossen in der ganzen Welt. Die von der Bäckergenossenschaft
Wiens gebildete Commission, bestehend aus den beiden Vorständen und 15
Mitgliedern, unter denen sich auch der in der Backofenconstruction vielerfahrene
Hr. Leopold Wimmer befand, kann daher wohl als die
competenteste Richterin in dieser Angelegenheit angesehen werden.
Die Commission widmete sich mit dem größten Interesse 24 Stunden hindurch der
Prüfung des Ofens und das Resultat der vorgenommenen Versuche, auf die ich
später zurückkomme, fand in dem Berichte der Commission folgenden Ausdruck:
1) Das Backen kann zu beliebiger Zeit und so oft es gewünscht wird, unabhängig
vom Heizen vorgenommen werden; ein sogenanntes Vorschußgebäck ist nicht
nothwendig, sondern es kann sogleich die Beschickung mit Weißgebäck vorgenommen
werden, Vortheile, die für größere Geschäfte von höchster Wichtigkeit sind.
2) Reinlichkeit der Backfläche.
3) Ersparung an Brennmaterial und Verwendung beliebiger Brennstoffe.
4) Einfachheit in der Manipulation.
5) Die technische Ausführung ist vorzüglich, da der Ofen nicht nur äußerst solid
construirt ist, sondern auch alle Verhältnisse glücklich gewählt sind. Die
einfache Vorrichtung der Schwelleinrichtung entspricht den größten
Forderungen.
6) Die Ziegel und Platten des Ofens, von Hrn. Wochenmayr selbst erzeugt, sind vorzüglich, und der Raum zur
Aufstellung des Ofens, sowie zur Manipulation bei demselben ist auf ein Minimum
reducirt.
Diese gewiß höchst günstige Beurtheilung, welche den sogleich an Hrn. Wochenmayr ergangenen Auftrag einen Ofen seiner
Construction in Wien aufzustellen, zur Folge hatte, lenkte bereits die
Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf dessen Leistung und wird die nun folgenden
Daten als für den Fachmann erwünscht hinstellen.
Textabbildung Bd. 185, S. 191
Die vorstehende Figur ist ein Längen schnitt des Ofens, in 1/40 der natürlichen
Größe gezeichnet.
Die Einschußöffnung a, von der üblichen Größe und
durch ein Thürchen gewöhnlicher Art verschließbar, gestattet die Communication
des äußeren mit dem inneren Arbeitsraume. Der äußere Arbeitsraum
(Manipulationsraum) liegt an der einen Stirnseite des Ofens, in unserer Figur
rechts, an den drei übrigen Seiten der rechteckigen Grundriß-Hauptform
braucht der Ofen nicht freizustehen. Der Backraum b,
b ist durch zwei geneigte Flächen c, c und
d, d unten und oben eingeschlossen. Die untere,
die Backfläche, ist eben und mit sehr genau gearbeiteten, aus feuerfestem Thone
angefertigten Platten gepflastert. Die obere Fläche ist eine Tonne von ziemlich
großem Radius. Der Backraum ist 10 Fuß lang, 7 Fuß breit, rückwärts und zu
beiden Seiten geradlinig begrenzt, jedoch so, daß die geraden Linien nicht zum
Durchschnitt gelangen, sondern in den beiden rückwärtsliegenden Ecken in
kleinere, und in den beim Einschußthürchen gelegenen in größere Viertelkreise
übergehen. Diese rechteckige, an den Ecken abgerundete Form macht eine
Beschickung des Backraumes in allen seinen Theilen möglich und setzt die
gewöhnliche Manipulation beim Einschieben voraus.
2 1/2 Fuß unter a befindet sich der Heizraum e mit einer 2 Quadratfuß großen Rostfläche. Der
eiserne Rost ist für Kohlenfeuerung eingerichtet. Unter demselben ist der
Aschenfall. Die Flamme streicht in der Richtung des Pfeiles durch einen Raum,
der durch einen 18 Zoll dicken Mauerkörper g, g
(Schutzgewölbe) von der Backraumsohle geschieden ist. Die Flamme selbst
bestreicht also nicht die Backraumsohle, sondern erst der heißen Luft ist es
gestattet, durch die Züge h sich der Richtung des
Pfeiles nach fortbewegend, die Heizung des Backraumes zu besorgen.
Der untere sowie der obere Zug hat im Grundrisse die Form des Backraumes; beide
sind mit sogenannten Flammentheilern versehen, welche die Heizluft zwingen, mit
möglichster Gleichmäßigkeit die den Backraum oben und unten abschließenden
schwebenden Mauerkörper zu bestreichen. Der untere Zug ist 4 Zoll und der obere
3 Zoll hoch; der erstere communicirt mit letzterem seitlich des Backraumes in
der Nähe der Einschußöffnung, in der Figur, wo die Pfeile k stehen. Nachdem die erhitzte Luft den größten Theil ihrer Wärme
abgegeben, ist es ihr gestattet, durch den Fuchs, der in gewöhnlicher Weise
hergestellt ist, in den Schornstein zu entweichen. l,
l ist ein starkes Gewölbe, mit 9zölliger Aufmauerung, das den oberen
Zug begrenzt und deßhalb so bedeutende Dimensionen hat, damit ein Abgehen der
Wärme nach außen hin möglichst verhindert wird. Zu demselben Behufe finden bei diesem
Mauerkörper schlechte Wärmeleiter Verwendung.
Besondere Schwierigkeiten machte Hrn. Wochenmayr die
technische Ausführung der Mauerkörper, welche unten und oben den Backraum
abschließen; er hat jedoch diese Schwierigkeiten vollkommen besiegt. Der untere
Mauerkörper von nahezu 70 Quadratfuß Fläche und nur wenigen Zollen Dicke, ein
schweres Ziegelpflaster tragend, nur an dem Umfang unterstützt, ist nur mit
Hülfe des Eisens denkbar. Das Eisen aber mit Mauerwerk in Verbindung zu bringen
an einem Orte, wo Temperaturdifferenzen von über 300° eintreten, ist
nicht leicht zu bewerkstelligen. Hr. Wochenmayr
verfertigte sich Tförmige feuerfeste Ziegel, welche
eine rechteckige, sie der ganzen Länge nach durchdringende Oeffnung haben. Diese
Ziegel schob er der Reihe nach auf eine hochkantig stehende schmiedeeiserne
Stange, deren Querschnitt etwas kleiner ist als jener der Oeffnung im Ziegel.
Solche einer Perlenschnur vergleichbare Ziegelreihen, von den Stangen getragen,
legte nun Hr. Wochenmayr 10 an der Zahl der Breite
nach über den unteren Zugraum. Zwischen den einzelnen Reihen blieben noch
streifenförmige Lücken, die durch Falzziegelreihen ausgefüllt wurden. Auf einer
darüber gelagerten Kieselschuttschichte liegt endlich das mehrfach erwähnte
Pflaster.
Die Construction der Backraumdecke beruht auf demselben Principe. Modificationen
sind, daß die eisernen Träger flachkantig liegen und daß sie gekrümmt sind.
Ein Metallthermometer gestattet eine genaue Bekanntschaft mit der im Ofen
herrschenden Temperatur.
Es erübrigt nur noch, das Wasserreservoir r, aus dem
durch das Rohr s Wasser in den Backraum gelangen
kann, zu erwähnen, und meine Schilderung des Ofens der Hauptsache nach ist
beendet.
Die Anlage und vorzügliche Ausführung des Ofens machten es möglich, daß die mit
demselben durch die Commission angestellten Versuche vollständig gelangen. Ich
will dieselben noch zum Schlusse anführen.
Die erste Probe wurde mit dem bereits geheizten Ofen um 3 Uhr Nachmittags
vorgenommen, welche darin bestand, daß mehrere Quantitäten Weißgebäck nach
einander ausgebacken und dabei die Temperatur des Ofens beobachtet wurde. Die
Temperatur war die erforderliche, das Backproduct von vorzüglicher Güte und
Schönheit. Nach dieser Probe wurde das Heizthürchen verschlossen und ein Siegel
angelegt. Bei der zweiten Probe, welche um 7 Uhr Abends stattfand, sollte
nämlich vor Allem die Heizung untersucht werden. Nach Entsiegelung der Heizthür wurden 150
Pfd. Steinkohle geringer Qualität zum Brennen gebracht und in kürzester Zeit
erwies sich die Temperatur als eine mehr denn hinlängliche. Nun wurde die
Heizthür abermals unter Siegel gebracht. Hierauf wurden in verschiedenen
Perioden 1600 Stück aller Arten von Weißgebäck ausgebacken, wobei ein
Commissionsmitglied selbst manipulirte. Die späteren Backresultate gaben den
zuerst gewonnenen an Vortrefflichkeit nichts nach. Der letzte Versuch, welcher
zugleich die Beschaffenheit des Ofens am evidentesten controlirte, wurde am
darauffolgenden Tage um 10 Uhr Morgens angestellt.
Nachdem man das Gebäck der unmittelbar vorangehenden Beschickung aus dem Ofen
geholt und den im Backraum vorhandenen Wasserdampf durch Oeffnen der Dippel
entfernt hatte, ließ man durch die
„Schwell“-Vorrichtung den nöthigen Dampf einströmen
und legte an 12 verschiedene Punkte der Backfläche je ein Stück Weißgebäck. Der
Schwellapparat erwies sich als vollständig entsprechend und in kürzester Zeit
konnte das Gebäck, nämlich alle 12 verschieden postirten Stücke, als gleichmäßig
schön ausgebacken herausgenommen werden. Wenn man bedenkt, daß diese 12 Stück
Gebäck in einem Ofen gar gemacht wurden, der Tags zuvor
geheizt wurde, in dem die Nacht hindurch 1600 Stück Weißgebäck angefertigt wurden und in dem die
„Schwell“
durch Zuführen von Wasser erneuert worden war
– so muß man sich unbedingt der großen
Anerkennung anschließen, welche die Mitglieder der Commission bei Beendigung
dieser Probe aussprachen.“