Titel: | Die Fortschritte in der Stahlfabrication nach der internationalen Industrie-Ausstellung von 1867 zu Paris; von P. Tunner. |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. XXXVIII., S. 125 |
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XXXVIII.
Die Fortschritte in der Stahlfabrication nach der
internationalen Industrie-Ausstellung von 1867 zu Paris;
von P. Tunner.
Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen. 1867, Nr. 24.
Tunner, über die Fortschritte in der Stahlfabrication nach der
dießjährigen allgemeinen Industrie-Ausstellung zu Paris.
1. Das Bessemern in verschiedenen
Ländern.
Das Bessemern hat nicht allein in Frankreich, sondern noch mehr und früher in
England, und theilweise auch in Preußen, Schweden, Oesterreich, Belgien und in
Rußland die Stahlerzeugung gehoben, wenn man, wie das gewöhnlich geschieht, das
Bessemermetall in seiner ganzen Größe zur Stahlproduction rechnet. Selbst Italien
hat an zwei Stellen mit der Einführung des Bessemer-Processes begonnen,
wiewohl diese Methode der Stahlerzeugung dort bisher weniger gelungen zu seyn
scheint, als die gleichfalls erst seit Kurzem eingeführte
Puddlingsstahl-Manipulation.
In technischer Beziehung möchte ich bezüglich des
Bessemerns drei Umstände besonders bemerken. Der eine, bei der Ausstellung Nr. 150
der französischen Abtheilung, von Terre-Noire, in Zeichnungen ersichtlich
gemacht, besteht darin, daß man daselbst ursprünglich zwar das Roheisen im Flammofen
umgeschmolzen hat, jetzt aber meist direct vom Hohofen verwendet, welches
bekanntlich bei uns in Innerösterreich vom Anfange an die vorwaltende Methode war
und ist. Der zweite, in dem englischen Journal Engineering vom 5. April 1867 erörtert, ist darin gelegen, daß man in
England, bei Mersey Iron and Steel-works mit
Vortheil angefangen hat, das Umschmelzen des Roheisens statt im Flammofen im
Kupolofen vorzunehmen, was bei uns zu Turrach, Heft und Neuberg gleich im Beginn
eingerichtet worden ist. Endlich der dritte Umstand, welcher bei uns bisher zu wenig
beachtet wurde, ist die Erzeugung von Gußwaaren aus Bessemermetall, wie aus
Gußstahl, wovon in der französischen und preußischen Abtheilung der Ausstellung
mehrere Beispiele vorliegen. Einen Hauptartikel solcher Gußwaaren bilden Zahnräder,
insbesondere die sogenannten Krauseln, Kuppelungsräder bei den Walzwerken, welche
von besonderer Stärke seyn müssen.
So entmuthigend die Wahrnehmungen in der Ausstellung für den österreichischen
Hüttenmann in mancher Beziehung, wie namentlich in den quantitativen Fortschritten der Eisenproduction, seyn müssen, so ist doch
gerade die Exposition des Bessemermetalles in qualitativer und technischer Hinsicht für die betreffenden
österreichischen Hütten ein wahrer Glanzpunkt. Ohne Widerspruch wurde anerkannt, daß
die Ausstellung der Bessemerhütte zu Neuberg in dieser
Art die schönste und instructivste von allen ist, und daß man daselbst mit dem
technischen, wissenschaftlichen Theile dieses neuen und wichtigsten Processes des
Eisenhüttenwesens am weitesten vorgeschritten erscheint, die sicherste und beste
Qualität, wenigstens in den weicheren Sorten des Bessemermetalles, erzeugt. Auch die
Ausstellungen der Bessemerhütten von Heft, Turrach und Graz geben denselben ein
ehrenvolles Zeugniß.
Neben den innerösterreichischen Bessemerhütten, Neuberg am nächsten kommend, macht
sich die Ausstellung der schwedischen Bessemerhütte zu Fagersta, vornehmlich in den
härteren Sorten des Bessemermetalles, bemerkbar. An Stelle des Sortimentes nach
Nummern, wie dieses von den innerösterreichischen Hütten allgemein angenommen ist,
pflegen die schwedischen nur nach dem von jeder Charge bestimmten Kohlengehalte zu
sortiren. Offenbar ist jedoch das innerösterreichische Sortiment, bei welchen!
(wenigstens in Neuberg) außer dem Härtegraden auch die absolute Festigkeit und die
Qualität in Beziehung auf die Zähigkeit berücksichtigt werden, für die Praxis das
vollständigere, verläßlichere und somit entsprechendere. In den ausgestellten
Bessemer-Producten der übrigen Länder ist von einem Sortimente nichts zu
bemerken, was jedenfalls als ein wesentlicher Mangel, als ein Hauptgrund der öfteren
Klagen über die Unzuverlässigkeit des Bessemermetalles erscheint. Sehr auffallend ist der Umstand,
daß von einigen Ausstellern, von denen es notorisch ist, daß sie das Bessemern in
großer Ausdehnung betreiben, die ausgestellten Gegenstände alle als
Tiegel-Gußstahl aufgeführt erscheinen.
Es dünkt mir von Interesse, eine beiläufige Uebersicht von der gegenwärtigen
Ausdehnung des Bessemerns in verschiedenen Ländern zu geben. Ich sage eine beiläufige Uebersicht, weil ich dieselbe nicht nach
voller Ueberzeugung, sondern nur nach verschiedenen, nicht immer ganz verläßlichen
Mittheilungen zu geben im Stande bin. Hiernach bestehen in:
England, bei
Converters
mit Chargenzu Tonnen
gibt per
WocheTonnen
Henry Bessemer und Comp. zu Sheffield
2
3
100
Bessemer, Gebrüder, in
London
2
3
100
John Brown und Comp. zu Sheffield
4
2 32 10
500
Carl Cammel und Comp. zu Sheffield
„ „
„
„ zu
Penictown
24
35
500–
Fox und Sohn zu Sheffield
2
3
100
Manchester Stahl-Compagnie in Manchester
2
5
200
Lancashire „
„ „
2
5
200
Bolton-Stahlwerke
„ „
2
5
200
Crewe-Werke in Crewe
4
5
400
Barrow-Stahlwerke in Barrow
10
4 56
7
2200
Roman und Comp. zu Glasgow
2
3
100
Chessey-Stahlwerke zu Liverpool
2
5
200
Dowlais-Werke zu Dowlais
6
5
600
Ebbw-Vale-Werke zu Ebbw-Vale
6
5
600
–––––––––––––––––––––––
welche zusammen eine
Productionsfähigkeit besitzen von wöchentlichen
6000
oder jährlich von 300000 Tonnen oder 6 Millionen
Zoll-Centnern. Im Jahre 1866 dürfte die wirkliche Production jedoch nicht
ganz 3 Mill. betragen haben.Nachdem die an H. Bessemer zu entrichtende
Patenttaxe in England per Centner einen halben
Gulden beträgt, so erhellt daraus, daß Bessemer
von seiner Erfindung eine Belohnung erntet, wie sie vor ihm vielleicht noch
kein Erfinder erhalten hat. Weiter in Preußen, bei
Converters
mit Chargenzu Tonnen
gibt per
WocheTonnen
Krupp in Essen (?)
10
3 – 5
700
Bochum
4
2 alte 32 neue 5
300
Hörde bei Dortmund
2
3
100
Pönsgen bei Düsseldorf
2
3
100
Königshütte in Oberschlesien
2
3
100
Oberhausen in Westphalen (im Bau)
2
4
160
–––––––––––––––––––––––
welche in vollem Betriebe
wöchentlich erzeugen können
1460
oder jährlich an 73000 Tonnen, d. i. 1460000
Zoll-Centner; allein im Jahre 1866 kann die Erzeugung nicht über 500000
Zoll-Centner betragen haben. Ferner in Frankreich,
bei
Converters
mit Chargenzu Tonnen
gibt per
WocheTonnen
Petin, Gaudet und Comp. (Loire)
2
6
220
Jackson u. Comp. zu
Imphy-Saint-Seurin
2
5
200
Terre-Noire
2
4
160
Gebrüder v. Dietrich in
Niederbronn
2
3
100
Ménans und Comp. zu Fraisens (Jura)
2
3
100
Châtillon und Commentry
2
3
100
–––––––––––––––––––––
welche zusammen eine
Productionsfähigkeit besitzen von wöchentlichen
880
oder jährlich von 44000 Tonnen, oder 880000
Zoll-Centnern. Im Jahre 1866 dürfte die wirkliche Production indeß nicht ganz
400000 Zoll-Centner erreicht haben. In Oesterreich, bei
Converters
mit Chargenzu Tonnen
gibt per
WocheTonnen
Südbahngesellschaft zu Graz (Steiermark)
2
3
100
Compagnie Rauscher zu Heft
(Kärnten)
schwed. Oef.3
2 31
3
120
Neuberg in Steiermark
Converters2
1 31
4
120
Turrach in Steiermark
3
2
60
Witkowitz in Mähren
2
3
100
Reschitza im Banate (im Bau)
2
5
150
––––––––––––––––––––
welche zusammen in vollem
Betriebe produciren können, wöchentlich
650
oder jährlich bei 32000 Ton., d. i. 650000
Zoll-Centner. Im J. 1866 dürfte sie aber nicht ganz 200000
Zoll-Centner wirklich dargestellt haben.
In Schweden, bei
Converters
mit Chargenzu Tonnen
gibt per
WocheTonnen
Gesellschaft von Högbo in Sandviken
2
4
160
C. Aspelin in Fagersta
3 schwed. Oef.
2
100
KarlsdahlSiljansforsKlosterGesellschaft von
Dannemora, zu DannemoraSöderanfors (Norland)
2
„2
„2
„2
„2
„
1 1/2–2
270
–––––––––––––––––––––
welche bei vollem Betriebe
wöchentlich erzeugen könnten an
530
oder jährlich 26500 Tonnen, d. i. 530000 Zoll-Centner.
Im Jahre 1866 hat die Production jedoch 150000 Zoll-Centner nicht
erreicht.
In Belgien
soll die einzige Bessemerhütte in Seraing bestehen, welche
vielleicht bei 100000 Zoll-Centner producirt. Und
in Italien
bestehen zwei Bessemerhütten, die von Novelle-Ponsard-Gigli zu Pisa, und jene von Perseveranza bei
Pisa; nach ihrer Ausstellung zu urtheilen, dürften dieselben, namentlich die
erstere, nicht weit gekommen seyn, und beide zusammen vielleicht noch nicht 50000
Zoll-Centner Jahresproduction erlangt haben.
In Nordamerika
ist erst im laufenden Jahre die Hütte zu Troy
(New-York) in Betrieb gekommen; aber es sollten Bessemerhütten zu Wyendotte
(Michigan), Harrisburg (Pennsylvanien), Cleveland (Ohio), Freeton (Pennsylvanien)
und zu Chester (Pennsylvanien) in der Errichtung begriffen seyn; auch war schon zu
Anfang des verflossenen Jahres ein deutscher Ingenieur zum Studium des Bessemerns
durch etliche Wochen in Neuberg, um dasselbe sofort in Nordamerika einzuführen.
Es zeigt sich demnach, daß die Bessemerhütten von Europa schon jetzt eine
Productionsfähigkeit von jährlichen nahezu 9 1/2 Millionen Zoll-Centnern
erreicht haben, wenngleich im letztverflossenen Jahre die wirkliche Production nicht
viel über 4 Millionen Centner betragen haben dürfte. Nahezu 2/3 Theile der
Productionsfähigkeit wie der wirklichen Erzeugung entfallen davon auf England, und
ist vorauszusehen, daß wir mit diesem Riesen in der Eisenproduction auch bezüglich
des Bessemermetalles nur in der Qualität, aber durchaus nicht in der Billigkeit der
Preise die Concurrenz werden bestehen können. Aus dieser Darlegung ist die
Wichtigkeit des Bessemerns recht deutlich zu ersehen, und schwer zu begreifen
bleibt, wie ein Eisenwerk, das die Franzosen zu ihrem größten und vorzüglichsten
zählen, wo nach ihrer Behauptung die Wissenschaft auf das Eisenwesen am meisten
Einfluß erlangt haben soll, welches sich insbesondere auf seine Eisenqualität viel
zu Gute thut und sich viel mit der Fabrication von Eisenbahnmaterialien und
Maschinen befaßt, noch immer keine Miene macht, diesen neuen Proceß einzuführen.
Leichter einzusehen, wenn auch gerade nicht zu loben, ist das Bestreben von einigen
Hütten und Kaufleuten, das erzeugte Bessemermetall für Tiegelgußstahl
auszugeben.
2. Martin's combinirter
Stahlproceß.
Von Wichtigkeit sind die Producte eines seit mehr als zwei Jahren angewendeten
Stahlprocesses, welche unter Katalognummer 165 ausgestellt sind. Es ist dieß der von
Hrn. Emil Martin erfundene, oder richtiger gesagt, combinirte Proceß, denn derselbe enthält durchgehends bereits bekannte, in
gewissem Grade erprobte Vorgänge und erregt eben dadurch von vorneherein mehr
Vertrauen auf seine Brauchbarkeit. Im Wesentlichen entlehnt dieser Martin'sche Proceß den chemischen Vorgang von dem Uchatius'schen Verfahren der Gußstahlerzeugung,
ausgeführt jedoch ohne Tiegel, wodurch er um vieles billiger wird. Anstatt im
Tiegel, führt Martin den Schmelzproceß in einem Gasofen
mit Siemens'schen Wärme-Regeneratoren durch, die
bekanntlich eine so hohe Temperatur geben, daß man in verhältnißmäßig kurzer Zeit
und in größeren Quantitäten nicht nur Stahl, sondern selbst Stabeisen in Tiegeln zu
schmelzen im Stande ist. Auch das Stahlschmelzen ohne Tiegel ist nicht mehr neu,
denn dieß ist bereits auf Veranlassung S. M. des Kaisers Napoleon des III. von 1860 und 1861 zu Montataire nicht ohne Erfolg
versucht worden; allein damals, so wie später an einem anderen Orte in Frankreich,
hat man schon fertigen Stahl, also ein kostspieligeres Material, umgeschmolzen, und
dabei denn doch die Qualität nicht gut einhalten können; – wahrscheinlich hat
man damals überdieß keine entsprechenden Regeneratoren zur Erhitzung der Luft und
der Gase angewendet.
Ich halte diese Martin'sche Methode gerade für unsere
halbirten und weißen Roheisensorten in Innerösterreich und Ungarn von besonderer
Wichtigkeit, – um so mehr, als dieselbe im Vergleich mit dem Bessemern mit
viel geringeren Vorauslagen und bei einer mäßigeren Erzeugung vortheilhaft
durchzuführen seyn dürfte. So viel ich von dem Detail dieses Processes in Erfahrung
bringen konnte, zweifle ich nicht im Geringsten an der praktischen, ökonomisch
vortheilhaften Durchführung, auch ohne alle fremde Beihülfe. – Bei geeigneten
Roheisensorten, und bei einer größeren Erzeugung ist der Bessemer-Proceß dem
von Martin jedenfalls vorzuziehen: allein in vielen
Localitäten, wo das Bessemern nicht wohl anzuwenden ist, da dürfte Martin's Methode am Platze seyn. Wie die Ausstellung
zeigte, und wie aus der Natur die Sache selbst einleuchtet, kann nach dieser Methode
nicht bloß Stahl, sondern selbst Stabeisen, mindestens Feinkorneisen, in vollkommen
flüssigem Zustande erhalten werden, und können aus den etwas härteren Sorten auch
verschiedene Gußwaaren dargestellt werden, so wie dieß in neuester Zeit bei dem
Bessemermetall vielseitig ausgeführt ist.
Ein Hauptartikel der bisherigen Erzeugnisse nach Martin's
Methode sind die Gewehrläufe, wovon durch die Regierung
in letzterer Zeit wieder 150000 Stück bestellt wurden, und die Anfangs Mai auch
schon größtentheils abgeliefert waren. Das dazu verwendete Material zeichnet sich
durch seine Zähigkeit aus, und ist als Beleg dafür unter anderen ein Lauf
ausgestellt, der bei den damit vorgenommenen Sprengproben nicht gesprungen, sondern nur an
einer Stelle geplatzt ist, ohne irgend einen Splitter hintanzuschleudern. Die
Methode ist in Frankreich patentirt, und hat in neuester Zeit Hr. Verdié für die Werke in Firminy das Patent
gekauft, wo dieselbe in größerer Ausdehnung betrieben werden soll, während bisher
bei Hrn. Martin nur monatlich an 2000 Centner erzeugt
worden seyn sollen.
3. Werkzeug-Stahl von Bury und
Comp. in Sheffield.
In der englischen Abtheilung ist von Bury und Comp. in
Sheffield in Tiegeln geschmolzenes Stabeisen ausgestellt, welches sofort zu
verschiedenen Werkzeugen, wie z.B. für Schraubenschneidzeuge, verarbeitet und
schließlich durch Cementation an der Oberfläche in Stahl verwandelt wird. Dieser
eigenthümliche Vorgang soll bezwecken, daß man ein gleichförmiges, möglichst hartes
Werkzeug erhält, indem die aus hartem Gußstahl erzeugten Werkzeuge bei voller
Härtung zu spröde werden, sonach im Gebrauche leicht springen. Würde hierzu ein
Stabeisen, ohne durch das Umschmelzen im Tiegel in eine gesunde, homogene Masse
verwandelt worden zu seyn, verwendet werden, so möchten die fertigen Werkzeuge nicht
dieselbe Sicherheit bieten, indem sie gleich den aus hartem Gußstahl dargestellten
oft schon beim Härten, oder aber im Gebrauche öfters springen, ausbrechen.
4. Uchatius'sche Methode der
Stahlerzeugung.
In der schwedischen Abtheilung, unter Katalognummer 67, ist von Wikmanshyttan, so wie
dieß im Jahre 1862 bei der Londoner Ausstellung der Fall war, Gußstahl zur
Anschauung gebracht, welcher nach der dort in beständiger Anwendung verbliebenen
Methode von Uchatius dargestellt wurde. Durch die dieser
Hütte zu Gebote stehenden vorzüglichen, reichen und reinen Magneteisensteine von
Bisberg scheint dort dieser Proceß eine befriedigende Sicherheit erlangt zu haben,
und soll der erzeugte Stahl bei seiner Härte einen hohen Grad von Zähigkeit
besitzen. Es wird davon alljährlich ein nicht unbedeutendes Quantum in Stäben von
verschiedenen Dimensionen und zwar nach den Dimensionen loco Gefle der Zoll-Centner um 63 bis 71 Franken verkauft. Die
Münze in Stockholm soll zu ihren Prägestempeln und Walzen diesen Stahl allen anderen
vorziehen.
Bei Durchführung der Uchatius'schen Methode Stahl zu
erzeugen, ohne dabei Schmelztiegel zu gebrauchen, wie es Martin macht, ergibt sich nebst anderen der wesentliche Vortheil, daß die
entstandene Schlacke abgezogen und eine neue Partie Erze oder Roheisen nachgetragen
werden kann, je
nachdem dieß die genommene Probe als nöthig oder wünschenswerth erscheinen läßt.
Deßwegen ist das Princip der Uchatius'schen
Stahlerzeugungsmethode bei der Durchführung ohne Tiegel von viel allgemeinerer
Brauchbarkeit, als bei der Tiegelschmelzerei.
Weiter zeigt in der schwedischen Abtheilung der Ausstellung, unter Katalognummer 70,
die Bessemerhütte der vereinigten Dannemora-Werke insofern einen
bemerkenswerthen Fortschritt, als diese die Bahn betreten hat, an Stelle des
altberühmten durch die Wallonschmiede dargestellten Cementstabeisens, Bessemerstahl
zu setzen, welcher zur Darstellung der vorzüglichsten Gußstahlsorten, nach einem
vorhergehenden genauen Sortimente, in Tiegeln auf den englischen Gußstahlhütten
umgeschmolzen wird. Die bedeutenden Kosten der viel Holzkohle consumirenden
Wallonschmiede, wie die Cementation werden hierdurch größtentheils in Ersparung
gebracht.
5. Glisenti's Gußstahl, durch
Zusammenschmelzen von Spiegeleisen und Stabeisen erzeugt.
In der italienischen Abtheilung, unter Katalognummer 163, ist von Glisenti in Pisogne ein hauptsächlich zur Anfertigung von
Revolvern verwendeter Gußstahl ausgestellt, welcher
nach der jetzt schon allgemein bekannten und verbreiteten Methode durch
Zusammenschmelzen von Spiegeleisen und Stabeisen erzeugt wird. Das Eigenthümliche
dabei besteht jedoch darin, daß für diesen Stahl, sowie überhaupt wenn eine bessere
Stahlqualität dargestellt werden soll, das von den Hohöfen erhaltene Spiegeleisen
vorerst, bei einem Zusatze von 5 Proc. Mangan (nach Heath's Verfahren), durch Umschmelzen in Tiegeln gereinigt wird. Es sieht
dieses raffinirte Spiegeleisen sehr schön aus, und erscheint dieser Vorgang unter
besonderen Umständen als zweckdienlich.
6. Die große Zunahme der Stahlproduction
in Preußen, England und Frankreich, in Folge der Verwendung mineralischer
Brennstoffe bei der Darstellung des Roheisens.
Wie aus den vorausgeschickten Daten über das Bessemern erhellt, hat dieser Proceß in
Preußen sehr bedeutende Fortschritte wenigstens in
der Quantität gemacht. Ueberhaupt hat die Stahlerzeugung in Preußen in den letzten
Jahren ganz außerordentlich in allen Sorten, mit alleiniger Ausnahme des
Herdfrischstahles, zugenommen. Nach der sehr instructiven Ausstellung der
statistischen Daten über die Werthe der preußischen Metall-Production hat der Werth
derselben betragen im Jahre:
1860 die Gesammt-Production an 47 1/4 Mill.
Thaler, davon das Eisen bei 26 Mill. Thlr., der Stahl bei 3 Mill. Thlr.
1861 die Gesammt-Production an 49 1/4. Mill.
Thlr., davon das Eisen bei 24 1/4 Mill. Thlr., der Stahl bei 5 Mill. Thlr.
1862 die Gesammt-Production an 56 1/2 Mill.
Thlr., davon das Eisen bei 28 1/2 Mill. Thlr., der Stahl bei 5 1/2 Mill. Thlr.
1863 die Gesammt-Production an 61 Mill. Thaler,
davon das Eisen bei 30 Mill. Thlr., der Stahl bei 7 Mill. Thlr.
1864 die Gesammt-Production an 71 Mill. Thaler,
davon das Eisen bei 33 1/2 Mill. Thlr., der Stahl bei 13 Mill. Thlr.
1865 die Gesammt-Production an 79 Mill. Thaler,
davon das Eisen bei 35 Mill. Thlr., der Stahl bei 15 1/4 Mill. Thlr.
Es ist demnach der Werth der Eisenproduction im Verlaufe von 5 Jahren, von 1861 bis
einschließlich 1865, dem Werthe der Production nach um 1/4 gestiegen, während der
Werth der Stahlproduction in demselben Zeitraume 5mal so groß geworden ist!
Um die Möglichkeit dieser im Vorhergehenden angeführten, enormen Zunahme in der Stahlproduction in England, Preußen und Frankreich
zu begreifen, braucht man nur zu wissen, in welchem Maaßstabe in England die
Gewinnung der Hämatit-Erze (reine Roth- und Brauneisensteine), in
Preußen die Ausbeute an Spatheisenstein des Siegener Landes, und in Frankreich die
Zufuhr der reinen Erze aus Algerien, von der Insel Elba und aus Sardinien in den
letzten Jahren zugenommen hat, und daß als Brennstoff hierbei fast durchgehends
Kohks und Steinkohlen verwendet werden. Was hingegen die Consumtion dieser
vermehrten Production betrifft, so sind es die zunehmenden Eisenbahnen, das
wachsende Maschinenwesen und die immer mehr Boden gewinnende Verwendung des Eisens
bei den Schiffbrücken und Hochbauten; der vermehrte Bedarf an Kriegsmaterial hat
dabei wohl den geringsten Einfluß. Aber es wäre diese vermehrte Consumtion in diesem
Maaße nicht möglich, wenn nicht zugleich die Preise des Eisens und speciell des
Stahles gegen früher bedeutend gefallen wären, was wieder nur bei Verwendung des
mineralischen Brennstoffes zu erreichen ist. Alle jene Länder, welche ihre
Eisenproduction, insbesondere die Darstellung des Roheisens, noch vornehmlich auf
vegetabilischen Brennstoff basirt haben, wie
Oesterreich, Schweden, Rußland, konnten an diesem riesigen Aufschwunge der letzteren
Jahre keinen nennenswerthen Antheil nehmen, ungeachtet sie durch die Beschaffenheit
und Menge ihrer Eisenerze vorzugsweise berufen erscheinen, an der hauptsächlich der
Stahlproduktion angehörigen Zunahme in der Eisenindustrie im großen Verkehre zu participiren. Es
kann daher nicht oft genug wiederholt werden, daß jeder Freund des inländischen
(österreichischen) Eisenwesens Alles aufbieten soll, um die Darstellung eines
billigen Kohks- oder Steinkohlen-Roheisens zu fördern, neben welcher
die beschränkte Erzeugung an Holzkohlenroheisen, wie in Frankreich und Preußen zu
sehen, noch immer fortbestehen wird, besonders dann, wenn zu diesem Zwecke bloß die
für anderweitigen Gebrauch weniger werthvollen Hölzer verkohlt, also allerdings in
beschränkter Menge billige Holzkohlen erzeugt werden.