Titel: | Ueber Green's Wasservorwärmer für Dampfkessel in der hannoverschen (Actien-) Baumwoll-Spinnerei und Weberei in Linden; von Professor Rühlmann. |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. V., S. 13 |
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V.
Ueber Green's Wasservorwärmer für Dampfkessel in der
hannoverschen (Actien-) Baumwoll-Spinnerei und Weberei in Linden; von
Professor Rühlmann.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
1867 S. 51.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Green's Wasservorwärmer für Dampfkessel.
Vor nicht ganz zwei Jahren gelangte eine englische (bei Jewsbury in Manchester 1865 gedruckte) Broschüre in meine Hände, welche
den Titel führt:
„Green's
improved Patent Fuel Economiser.“ Der
Zweck dieser Schrift war ein doppelter: erstens, das industrielle Publicum auf Green's Apparat zur Ersparung von Brennmaterial bei
Dampfkesselfeuerungen aufmerksam zu machen, und zweitens den Betheiligten eine Menge
englischer, schottischer und irischer Firmen vorzuführen, in deren Fabriken von Green's Apparate Gebrauch gemacht wurde.
Meine Nachforschung in der vollständigen Sammlung englischer Patent Specifications ergab, daß das dem Edward Green in Wakefield (Grafschaft York) unter Nr. 10986 ausgestellte Patent
bereits vom Jahre 1845 datirt. Die der Patentbeschreibung beigegebenen Zeichnungen
stimmen im Allgemeinen mit den Abbildungen in der gedachten Broschüre überein.
Doppelt interessant war mir daher die Nachricht im vorigen Jahre, daß unsere Lindener
Baumwoll-Spinnerei mit der Absicht umginge, einen Green'schen Vorwärmer bei ihren neuen großen Fairbairn-Dampfkesseln (jeder von 30 Fuß Länge und 7 Fuß
Durchmesser) in Anwendung zu bringen.
Jetzt erst legte ich einigen Werth auf das der gedachten Green'schen Broschüre beigegebene Verzeichniß von einigen hunderten englischer etc. Fabrik-Etablissements,
wo der Vorwärmer in Gebrauch seyn sollte, von denen ich hier nur folgende nennen
will, da sich diese durch die Zahl der Dampfkessel auszeichnen:
Rylands
& Sons, Gorton-Mills,
Manchester
für
10
St. Dampfk.
Thomas
Hoyle
& Sons, Print-Works,
Manchester
„
9
„ „
Platt, Brothers & C.,Oldham
„
15
„ „
JohnLeech, Stalybridge
„
16
„ „
Kershaw, Leese & C., Mersey Mills,Stockport
„
15
„ „
Hargreaves
Brothers,
Bolton
„
9
„ „
Taylor
& Brother,
Wigan
„
9
„ „
Simpson
Brothers & C.,
Preston
„
6
„ „
Eccles, Shorrock & C., New Mills,Blackburn
„
8
„ „
James
Wrigley
& Son, Paper Works,
Bury
„
8
„ „
Booth
& Hoyle,
Rochdale
„
6
„ „
Priestman
& C.,
Bradford
„
8
„ „
The Hull New Flax & Cotton Mill
Company,
Hull
„
7
„ „
The Great Western Cotton Works,
Bristol
„
10
„ „
Charles
Tod
& Higginbotham,
Glasgow
„
6
„ „
J. & P.Coats, Paisley
„
15
„ „
Blair, Reid & Steele, Sugar Works,Greenock
„
9
„ „
Hind
& Sons,
Belfast
„
8
„ „
Richardson, Sons & Owden, Glenmore and
Bessbrook, Belfast
„
11
„ „
etc., etc.,
etc.
Als vor Ende 1866 der von der Maschinenfabrik des Hrn. C. W. Moritz zu Neustadt a. R. ausgeführte Apparat in Betrieb gesetzt wurde,
verlangte Hr. Director Ahlers eine
sicherheitspolizeiliche Prüfung desselben, da die Wasserröhren, wie die Dampfkessel,
beim Arbeiten einem Ueberdrucke von 5 Atmosphären unterworfen sind und wozu auch der
Apparat mit Sicherheitsventilen und Feder-Manometern ausgestattet ist.
Die Prüfung fiel in jeder Beziehung, hauptsächlich aber in der Hinsicht
beachtenswerth aus, daß trotz der sehr vielen Flansch-Dichtungsstellen der
Röhren sich nirgends Lecke oder sonstige Uebel zeigten und demzufolge der Moritz'schen Ausführung ein besonderes Lob zuerkannt
werden mußte.
Fig. 17 und
18
stellen den genannten Vorwärme-Apparat im Längendurchschnitte und Grundrisse
dar, wobei zunächst angeführt werden mag, daß derselbe unten aus zehn Reihen
horizontalliegender gußeiserner Röhren von 5 1/2 Zoll (engl.) innerem Durchmesser
und 30 Fuß Länge jeder Reihe (4 Röhren von je 5 Fuß Länge) besteht. Mit diesen
communiciren 200 Stück Verticalröhren b, b, jede von 6
Fuß Länge und von 4 Zoll innerem Durchmesser, während deren obere Enden in abermals
10 Röhren c, c von je 20 Fuß Länge und ebenfalls 4 Zoll
innerem Durchmesser, münden. Zufluß- und Abflußrohr des Speisewassers sind in
den Abbildungen hinlänglich hervorgehoben, so wie auch die gußeisernen Tragbalken
d, d für das Röhrensystem und die ebenfalls
gußeisernen Träger e, e und f,
f zum Verbande des dünnen Mauerwerkes g, g
keine besondere Erklärung nöthig machen dürften.
Um die Verticalröhren von Zeit zu Zeit rußfrei zu machen, sind Kratzer (scrapers) in der Gestalt von Drahtnetzen in Rahmen
vorhanden, deren Löcher die Röhren entsprechend zwischen sich hindurch treten
lassen. Die Rahmen hängen an Ketten l, l, welche über
entsprechende Scheiben m, m laufen und von p aus zeitweis durch Menschenhand oder durch die
vorhandene Dampfmaschinenkraft auf und ab gezogen werden können.
q, q sind Thüren oder Klappen, welche mittelst Ketten zu
bewegen sind und den Zweck haben, entweder den Canal t
zu schließen, wenn die Verbrennungsgase durch den Vorwärmer ziehen sollen, oder
diesen Gasen den Weg durch den Wärme-Apparat abzuschneiden, wenn man ihn
außer Thätigkeit setzen will.
Wie schon erwähnt, erfordert die gute Dichtung der vielen Flanschverbindungen
sorgfältige Construction und Ausführung Als elastisches Mittel zwischen den
Rohrflanschen u, u hat man zunächst Eisendrahtgewebe v, v,
Fig. 19,
verwandt, sodann aber die Flanschen mit Rinnen
w, w ausgestattet, welche zur Aufnahme von Eisenkitt
bestimmt sind, so wie endlich eine feste Verbindung durch 4 Schrauben (2)
hergestellt.
Jeder der neun vorhandenen großen Dampfkessel bedarf
täglich, bei 12 1/2 Arbeitsstunden, durchschnittlich 944 Kubikfuß Speisewasser, also
sämmtliche Kessel: 944 × 9 = 8496 Kubikfuß Wasser, was auch die von den
Dampfmaschinen bewegten Kolbenpumpen liefern.
Die unteren 10 Röhren a, a von 20 Fuß Gesammtlänge und 5
1/2 Zoll innerem Durchmesser haben 32,99 Kubikfuß Fassungsraum; sämmtliche 200
sechsfüßige Verticalröhren von 4 Zoll innerem Durchmesser nehmen 104,72 Kubikfuß
Wasser auf und die oberen 10 Röhren von 20 Fuß Gesammtlänge und ebenfalls 4 Zoll
innerem Durchmesser haben 17,45 Kubikfuß Inhalt. Der gesammte Wasserraum aller
Röhren beträgt darnach: 104,72 + 32,99 + 17,45, d. i. 155,16 Kubikfuß. Hiernach muß
also der Vorwärmer täglich 8496/155,16 = 54,7mal gefüllt werden und weßhalb folglich
das Wasser zum einmaligen Durchlaufen desselben an Zeit bedarf: (12,5 . 60)/54,7 =
13,7 Minuten.
Die Herstellungskosten des Apparates berechnen sich folgendermaßen:
1) die sämmtlichen Wasserröhren
2950 Rthlr.
2) Gestell für den Apparat, Rauchmantel,
Klappen, Rollen, Ketten
1150 „
3) Einmauerungskosten
200 „
4) Sicherheitsvorrichtungen und Insgemein
200 „
–––––––––
Summe
4500 Rthlr.
Hinsichtlich der Brennmaterial-Ersparung vermag ich zunächst nur über einen
einzigen vertrauenswerthen, vergleichenden Versuch zu berichten, wobei sich
Folgendes herausstellte:
Bei 12½stündigem Betriebe.
Deisterkohle als Brennmaterial, wobei das Wasser des
Leine-Flusses von 5° C. auf 75° C. vorgewärmt wurde.
Mit dem
Vorwärmer
Ohne den Vorwärmer
Nr. des Kessels:
am 29. Jan. 1867:
am 30. Jan. 1867:
1
133 Himten
155 Himten
2
133
„
155
„
3
150
„
198
„
4
nicht geheizt
5
164
„
192
„
6
172
„
196
„
7
172
„
188
„
8
168
„
180
„
9
161
„
182
„
–––––––––––––
––––––––––––
Summe
1253 Himten.
1446 Himten.
Mit Anwendung des Vorwärmers ergab sich also ein täglicher
Gewinn von 193 Himten, d. i. über 13 Procent Kohlen (den Himten zu 56 Pfund), d. i.
von 3 × 193 = 579 Groschen oder von 19,3 Thlr., wenn man annimmt, daß der
Himten Deisterkohlen 3 Groschen kostet.