Titel: | Ueber die fabrikmäßige Darstellung des Schwefelammoniums; von Peter Spence. |
Fundstelle: | Band 183, Jahrgang 1867, Nr. CVICVII., S. 397 |
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CVICVII.
Ueber die fabrikmäßige Darstellung des
Schwefelammoniums; von Peter
Spence.
Aus dem Mechanics' Magazine, November 1866, S.
307.
Spence, über die fabrikmäßige Darstellung des
Schwefelammoniums.
Schwefelammonium oder Ammoniumsulfid wird gegenwärtig hauptsächlich in Laboratorien als ein sehr
werthvolles Reagens bei Analysen von Metall- und anderen Verbindungen
angewendet, und es ist schon öfters der Gedanke aufgetaucht, daß diese Substanz eine
ausgedehntere Verwendung finden würde, wenn sie auf billigem Wege von guter Qualität dargestellt
werden könnte. Jetzt wird sie durch directe Behandlung von flüssigem Aetzammoniak
mit Schwefelwasserstoffgas gewonnen; dieses Verfahren ist jedoch sehr kostspielig
und der Umstand, daß das auf solche Weise erhaltene Präparat meistentheils nicht
völlig gesättigt ist, scheint darauf hinzudeuten, daß die Methode nicht ganz leicht
vollkommen auszuführen ist. Da ich vor einiger Zeit Veranlassung hatte, diese
Verbindung bei der Darstellung von Schwefelcyanammonium (Rhodanammonium) in größerem
Maaßstabe anzuwenden, so erdachte ich für mich selbst ein Verfahren, sie auf sehr
billige Weise und vollkommen mit Schwefel gesättigt, darzustellen. Ich theile dieses
Verfahren in der Hoffnung mit, daß es sich für die Chemiker, welche sich ihre
Reagentien wenigstens zum Theil selbst darzustellen gewohnt sind, als nützlich
bewähren möge.
Das Verfahren besteht darin, ein Ammoniumsalz, z.B. schwefelsaures Ammon oder
Chlorammonium, mit der zweifachen Gewichtsmenge von Sodarückständen oder von Gaskalk (beide
Substanzen sind zu diesem Zwecke geeignet) zu mengen, in das Gemenge einen
Dampfstrahl zu blasen und die dadurch entwickelten Dämpfe durch
Condensationsapparate zu leiten. Das Destillat besteht aus reinem Schwefelammonium.
Ebenso kann man beide Körper in einer Portion Wasser zusammenmischen; aber auch in
diesem Falle ist es, ebenso wie bei dem ersterwähnten Verfahren, durchaus
nothwendig, die Condensationsröhren sorgfältig zu überwachen, da das
Schwefelammonium viel flüchtiger als Wasser ist und daher am Anfange mit solcher
Heftigkeit übergeht, daß es sich in starrer Form condensirt.
Beinahe hätte ich in Folge dieses Umstandes einen ernstlichen Unfall gehabt, den ich
hier anführe, um eindringlich zur Vorsicht zu mahnen. Eines Tages trat ich, während
der Destillirapparat im Gange war, an denselben heran und bemerkte sofort, daß
irgend etwas nicht in Richtigkeit sey. Ich rief meinen Aufseher herbei und dieser
machte sich mit dem den Apparat bedienenden Arbeiter sogleich daran, die
Condensationsröhren genau zu untersuchen. Es ergab sich, daß dieselben verstopft
waren; als sie mit einem Eisenstabe geräumt wurden, schoß ein Strom Flüssigkeit
hervor, und es fand eine starke Gasexplosion statt. Letztere befürchtend, rief ich
dem Arbeiter zu, er möge den Apparat augenblicklich verlassen, allein er zögerte;
mein Aufseher ergriff ihn nun beim Arme und zog ihn weg, worauf er sofort umstürzte
und starr und steif dalag. Wir rieben ihm die Brust stark, um ihn wieder zum Athmen
zu bringen – denn die Respiration hatte gänzlich aufgehört – und ein
schleunigst herbeigerufener Arzt verordnete sogleich Uebergießungen von kaltem Wasser über den Kopf.
Jetzt wurde der Patient von sehr heftigen Krämpfen ergriffen, die über anderthalb
Stunden anhielten, nach welcher Zeit er allmählich wieder zu sich kam. Am anderen
Morgen war er wieder im Stande an die Arbeit zu gehen. Die Rettung seines Lebens
schreibe ich dem kräftigen Frottiren seines Brustkastens zu, da vollständige
Asphyxie mit Todtenstarre eingetreten war. Schon Schwefelwasserstoff für sich allein
wirkt auf das thierische Leben außerordentlich heftig ein; in Verbindung mit
Ammoniak aber scheint seine Wirkung noch wirksamer zu seyn. In beiden Formen zeigt
seine Wirkungsweise eine besondere Eigenthümlichkeit: wenn nämlich der so Vergiftete
mit dem Leben davon kommt, so verspürt er nachher keine weiteren üblen Folgen. Ich
selbst habe öfters an den Wirkungen des Einathmens dieser Substanz gelitten, immer
aber nur vorübergehend.Man vergleiche die Bemerkung von Dr. Lunge über die Wirkung des Schwefelwasserstoffs
auf den menschlichen Organismus, im polytechn. Journal Bd. CLXXX S. 490.