Titel: | Signal-Codex für die telegraphische Zeichen-Sprache; von F. J. Bolton, Capitän in der Grafschaft Middlesex in England. |
Fundstelle: | Band 183, Jahrgang 1867, Nr. LXXXIXXC., S. 337 |
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LXXXIXXC.
Signal-Codex für die telegraphische
Zeichen-Sprache; von F. J.
Bolton, Capitän in der Grafschaft Middlesex in England.
Auszugsweise nach Armengaud's Génie industriel, December 1866, S.
316.
Bolton's Signal-Codex für die telegraphische
Zeichen-Sprache.
Um die Schnelligkeit der Transmission der Depeschen bei
Zeichen-Drucktelegraphen und ähnlichen telegraphischen Verkehrsmitteln zu
erleichtern, und die Veranlassung zu Fehlern beim Uebersetzen der Depesche in die
gewöhnliche Sprache vollkommen zu beseitigen, hat der Verfasser ein System von
Signalregistern construirt, das sich auf die Combination der gewöhnlichen Ziffern 1,
2... 0 basirt, und mittelst welchem man durch Gruppen bestimmter Figuren jeden
Buchstaben, sowie jedes Wort der englischen oder irgend einer anderen Sprache, in
welcher die englische Schrift angewendet wird, auszudrücken im Stande ist. Die bei
der Herstellung des Codex zu Grunde gelegten telegraphischen Symbole sind dieselben,
wie in der Morse'schen Schrift-Sprache, nämlich
der Punkt und der Strich; einzeln bedeuten sie die Ziffern, und durch ihre
Combinationen werden alle Schriftlichen u.s.w. hergestellt. Der Construction sind
die folgenden Bezeichnungen zu Grunde gelegt: 1 wird durch einen Punkt, 2 durch
zwei, 3 durch drei, 4 durch vier, 5 durch fünf Punkte, 6 durch einen Strich, 7 durch
zwei, 8 durch drei, 9 durch vier und 0 durch fünf Striche bezeichnet.
Der ganze Codex ist in fünf Abtheilungen eingetheilt: Die erste Abtheilung ist aus
110 numerischen Signalen zusammengesetzt und dient dazu, die Buchstaben des
Alphabetes auszudrücken; von denselben bilden 10 eine Figur, die übrigen 100 sind
durch zwei Figuren dargestellt (oder deutlicher gesprochen: diese Abtheilung enthält
10 einstellige und 100 zweistellige Complexionen). Die zweite Abtheilung umfaßt 1000
Signale, in drei Figuren eingetheilt (d.h. zu je drei Complexionen); sie bildet den
Buchstabir-Codex (code épelant), durch
welchen man jedes Wort irgend einer Sprache sylbiren oder zusammensetzen kann. Die
dritte Abtheilung umfaßt 10000 Zeichen, die in 4 stellige Figuren abgetheilt sind
und einen Specialcodex bilden für commercielle und politische Mittheilungen, ferner
zur Bezeichnung der am häufigsten vorkommenden Ortsnamen, des Monates, eines Tages, einer Woche oder
Stunde (des Datums überhaupt); diese in vier Reihen enthaltenen Figuren dienen also
zur Bezeichnung der am häufigsten im Verkehr vorkommenden Worte etc. Die vierte
Abtheilung umfaßt 100000 Zeichen von je 5 stelligen Figuren; sie bildet ein
alphabetisches Register für Worte und Phrasen, und wird daher der Codex des
Wörterbuches und der Sentenzen genannt; der letztere Theil dient nämlich dazu, um
eine Reihe von Worten oder Phrasen darzustellen, die am häufigsten im
telegraphischen Verkehr vorkommen. Der fünfte Theil endlich umfaßt 127000 Zeichen,
die zu 6 stelligen Figuren variirt sind und hat den Zweck, die Namen aller bekannten
Plätze auf der ganzen Erde auszudrücken; ein Auszug dieser Abtheilung findet sich,
wie schon erwähnt, in der dritten.
Jede Abtheilung ist durch die Anzahl der Figuren, die in einer Gruppe sich befinden,
bezeichnet; so z.B. findet man in der zweiten Abtheilung eine Gruppe von 3 stelligen
Complexionen, welche die Zeichen in 3 Abtheilungen oder ihr Vielfaches zusammensetzt
u.s.w. Bei der Herstellung dieser Codifications-Methode kann man unmittelbar
aus der Figur oder aus einer Gruppe von Zeichen die Seite, sowie die Zeile
entnehmen, auf welcher das zugehörige Signal aufgefunden werden kann, so daß man die
Uebertragung der Zeichen in die gewöhnliche Sprache leicht vorzunehmen im Stande
ist. Es bedeuten nämlich in einer jeden Gruppe oder in einer derartigen Formel die
beiden letzten Ziffern, nämlich die Zehner und Einheiten die Nummer der Zeile, wie
sie nach der Bezeichnung der Zeilen auf jeder Seite aufgefunden werden kann, während
die ersten 3 Ziffern die Seitenzahl angeben, und aus der Anzahl der Ziffern selbst
die Abtheilung ohnehin entnommen werden kann; so hat man z.B. die Zeichengruppe
11865 auf der 118. Seite der 4. Abtheilung, und in der 65sten Zeile jener Seite
aufzusuchen; die Complexion 1866 gehört der dritten Abtheilung an, und ist in der
66. Zeile auf Seite 18 aufzusuchen, während die Zeichengruppe 866 der zweiten
Abtheilung angehört und auf Seite 8, Zeile 66 zu finden ist. Besteht die Formel bloß
aus einem Zeichen oder aus einer Gruppe von zweien, so hat man dieselbe auf der
unbezeichneten oder weißen Seite des Codex in der sovielten Zeile aufzusuchen, als
die Formel selbst angibt. – Auf diese Weise ist die Uebertragung erhaltener
Zeichen in die gewöhnliche Sprache und umgekehrt die Umwandlung einer aufgegebenen
Depesche in die telegraphische Schriftsprache sehr leicht, da der Codex wie ein
gewöhnliches Wörterbuch benutzt werden kann, in welchem man jedes Wort, sowie die
gebräuchlichsten Ausdrücke und Phrasen direct aufzuschlagen im Stande ist; die
vierte Abtheilung, deren Zweck oben schon angegeben wurde, enthält unter Anderem
mehrere Tausend von Phrasen, wie sie bei telegraphischen Depeschen vorkommen können.
Selbst zur Bezeichnung der Kriegs- und anderer Schiffe reicht der Inhalt des
in Rede stehenden Systemes aus, wenn man die von den Regierungen der verschiedenen
Länder hierfür veröffentlichten Listen etc. zu Hülfe nimmt.
Die Vortheile des vorliegenden Systemes der Codification durch Formeln und
Formelgruppen lassen sich in folgende Hauptpunkte kurz zusammenfassen: 1) ist damit
ein bedeutender Zeitgewinn verbunden; 2) ist die Bezeichnungsweise ungemein einfach;
3) die Benutzung des Codex ist wesentlich vereinfacht; 4) die Mißverständnisse,
welche sonst beim Uebergange einer Depesche von einer Linie in eine andere,
namentlich von einer continentalen in eine submarine eintreten können, werden hier
ganz vermieden; 5) die Repetition der Depesche kann keinen Fehler zulassen; 6) die
Uebertragung der Depesche von einer Sprache in eine andere kann ohne Zeitverlust
geschehen. Diesen Vortheilen mag noch angefügt werden, daß die Anwendung dieses
Systemes bei sehr langen, namentlich aber bei unterseeischen Linien eine bedeutende
Erhöhung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Depeschen zur Folge haben kann. Wenn
man passende Zwischenräume zwischen den einzelnen Formeln des Codex anbringt, so
läßt derselbe auch Ergänzungen zu, um in der Folge neue Ausdrücke und Phrasen in
denselben aufnehmen zu können. Die zweckmäßigste Anwendung des Systemes wird auch
ohnehin bei längerer Einübung auf Abkürzungen führen, welche die telegraphischen
Depeschen für eine und dieselbe Correspondenz wesentlich verkürzen können.
Der Verfasser hat auch, auf dasselbe Princip gegründet, einen Codex hergestellt, der
aus Buchstaben zusammengesetzt ist oder durch Verbindung von Buchstaben und Ziffern
die Zeichensprache liefert; dieses System läßt sich unmittelbar mit einem oder dem
anderen der im Gebrauche stehenden elektrischen Telegraphensysteme vereinigen. Das
Auffinden der Seiten geschieht dabei in ähnlicher Weise, und es kann sogar die
Gruppirung so vorgenommen werden, daß man die Seite, auf welcher entweder die ganze
Depesche, oder ein Theil derselben enthalten ist, unmittelbar aufschlagen kann
u.s.w.
(Die Herstellung eines Zeichen-Codex für die telegraphische Sprache ist, wie
wir wissen, nicht neu; schon von dem Erfinder der Nadeltelegraphen, dem russischen
Staatsrathe Schillin von Canstadt, wurden bekanntlich
solche Systeme construirt, ebenso von Morse und später
von Anderen. Bei Herstellung eines solchen Mittels handelt es sich natürlich
gegenwärtig um solche Vereinfachungen, um ohne merklichen Zeitverlust dasselbe bei
jedem der im Gebrauche stehenden Telegraphensysteme
– also bei
dem Morse'schen und dessen Modificationen, den
Nadel- und den akustischen Telegraphen – welche die gewöhnlichen
Schriftzeichen nicht reproduciren, in sicherer Weise benutzen zu können. Obgleich
das System von Bolton in unserer Quelle nicht vollkommen
klar geschildert ist, so mag dennoch aus dem, was hierüber angegeben wurde,
ersichtlich seyn, daß dasselbe allerdings eine Zukunft haben dürfte. C. K.)