Titel: | Ueber Weinanalyse; von Dr. P. Bolley. |
Fundstelle: | Band 183, Jahrgang 1867, Nr. XV., S. 47 |
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XV.
Ueber Weinanalyse; von Dr. P. Bolley.
Bolley, über Weinanalyse.
Das bekannte Verfahren von Berthelot und Fleurier
Polytechn. Journal Bd. CLXXI S.
217. zur Bestimmung des Weinsteins, der freien Weinsäure und der übrigen im Weine
sich findenden Säuren ist als Methode so sinnreich und neu und brachte so
überraschende Resultate zu Tage, daß es die Aufmerksamkeit in hohem Grade verdient.
Theils um die von den beiden Entdeckern desselben an französischen Weinen
beobachtete Constitution auch an anderen. Weinen zu controliren, theils um einige
unaufgeklärte Punkte der Methode etwas genauer zu untersuchen, hat Hr. Jokisch auf meinen Wunsch die Analyse eines Markgräfler Weißweines vorgenommen.
Es ergab sich hierbei, daß auch dieser Wein sehr viele andere Säuren im Vergleich zur
Weinsäure enthielt. Berthelot und Fleurier erhielten in einem Weine, den sie als Beispiel anführen:
Totalsäure, äquivalent krystallisirter Weinsäure
0,74 Proc.
Der Markgräfler
0,795 Proc.
Davon fanden sie Weinsäure (frei und als Weinstein)
0,16 Proc.
Im Markgräfler wurden gefunden
0,434 Proc. Weinstein,
und freie Weinsäure
0,068 Proc.
Dieß entspricht zusammen 0,241 Proc. Weinsäure, es bleibt daher für andere Säuren
0,795 – 0,241 = 0,554 Proc. anderer Säuren, während jener französische Wein
0,58 anderer Säuren enthielt.
Es ergibt sich also, daß der von Hrn. Jokisch untersuchte
Wein ungefähr eine Weinsteinmenge enthält, die dem Sättigungsverhältniß des etwas
weingeisthaltigen Wassers entspricht. Berthelot u. Fleurier fanden, daß dieses Verhältniß sich äußerst
selten überschritten finde. In einer Flüssigkeit, die aus 90 Wasser und 10 Alkohol
bestand, blieb 0,3 Proc. Weinstein gelöst. Freie Säuren, wenn nicht in sehr großem
Ueberschuß vorhanden, ändern dieß Verhältniß nicht wesentlich, wie die französischen
Chemiker beobachteten.
Weil der in Aetheralkohol erfolgende Niederschlag als doppelt-weinsaures Kali
aus der durch Titrirung gefundenen darin enthaltenen Weinsäure berechnet wird,
wünschte ich zu erfahren, wie groß etwa der Fehler sey, da der Niederschlag ohne
Zweifel auch andere weinsaure und vielleicht andere Salze enthielt. Hr. Jokisch untersuchte den Niederschlag und fand darin 2,76
Proc. Kalk, was 16,59 saurem weinsaurem Kalk entspricht, welches wohl als das im
Weine, der freie Säure enthält, vorkommende Kalksalz angesehen werden kann. Die 2,76
Proc. Kalk würden also (CaO = 28, KaO = 47) ungefähr 4,67 Kali entsprechen, der
Unterschied also etwa 2 Proc. von Weinstein betragen, ein Fehler, der nicht größer
ist, als der durch unvollkommene Fällung des Weinsteins in Aetheralkohol
entstehende. Immerhin kann er berücksichtigt werden.
Berthelot und Fleurier
empfehlen endlich das Barytwasser als Normalflüssigkeit für die Säurebestimmungen.
Da dieses in den Laboratorien nicht gebräuchlich ist, hat Hr. Jokisch auf mein Ersuchen das Verhalten des Barytwassers mit 1/10
Normalnatron verglichen. Die Erscheinungen hatten beim Baryt nichts, was diesem den
Vorzug gäbe. Die Resultate fielen bei Natronlauge etwas höher aus.
Es wurde nämlich durch
Normalbaryt
1/10 Normalnatron erhalten
0,434 Proc. Weinstein
0,479 Proc. Weinstein
0,068 Proc. Weinsäure
0,071 Proc. Weinsäure.
Die Unterschiede sind also erst in den Hundertelsprocenten des Weinsteingehaltes
bemerkbar. (Schweizerische polytechnische Zeitschrift, 1866, Bd. XI S. 118.)