Titel: | Ueber leichtflüssige Legirungen und die Bestimmung ihres Schmelzpunktes; von Dr. B. Wood. |
Fundstelle: | Band 164, Jahrgang 1862, Nr. XXX., S. 108 |
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XXX.
Ueber leichtflüssige Legirungen und die
Bestimmung ihres Schmelzpunktes; von Dr. B. Wood.
Aus dem Journal of the Franklin Institute, Januar
1862, S. 61.
Wood, über leichtflüssige Legirungen und die Bestimmung ihres
Schmelzpunktes.
Die von mir früher angegebene leicht schmelzbare Legirung von 1–2 Th. Cadmium,
2 Th. Zinn, 4 Th. Blei und 7–8 Th. Wismuth schmilzt bei
65º,5–71º C. Eine andere Legirung aus 1 Th. Cadmium, 6 Th. Blei
und 7 Th. Wismuth schmilzt bei etwa 82º C. Ihr Schmelzpunkt liegt also
ziemlich in der Mitte zwischen demjenigen des alten leichtflüssigen Metalles (aus
den drei Metallen: Blei, Zinn und Wismuth) und demjenigen der oben genannten
Legirung von den vier Metallen (Cadmium, Zinn, Blei und
Wismuth). Diese Legirung beweist abermals die Erniedrigung des Schmelzpunktes durch
Cadmium bei gewissen Combinationen; auch ist sie dadurch merkwürdig, daß der
mittlere Schmelzpunkt ihrer Bestandtheile viel höher liegt als bei dem alten
leichtflüssigen Metall, während sie doch bei einer viel niedrigeren Temperatur
schmilzt. Sie ist leichtflüssiger als alle bekannten Legirungen von drei
Metallen.
Das erwähnte Verhältniß entspricht dem niedrigsten Schmelzpunkt, welchen man durch
Combination von Cadmium, Blei und Wismuth erreichen kann, da alle Abänderungen der
Mischung den Schmelzpunkt erhöhten.
Die Legirung hat einen reinen, hellen Metallglanz, der nicht leicht blind wird,
während die Legirungen von Blei und Wismuth nicht allein bald ihren Glanz verlieren,
sondern sich auch an der Oberfläche oxydiren. Ihre Farbe kann man
„weiß“ nennen, doch ist sie eher ein helles Bläulichgrau, sehr ähnlich dem
Platin in Glanz und Färbung. In Formen gegossen, hat sie ein weißes gefrorenes
Ansehen. In dünnen Platten ist sie sehr biegsam und im Bruch hakig, in dickeren
Stücken aber von glattem Bruch, ähnlich dem von gehärtetem Stahl. Sie ist hämmerbar,
bricht aber, wenn sie auf 1/3 oder 1/2 der ursprünglichen Dicke ausgedehnt ist. Die
Härte ist gleich derjenigen des Wismuths oder einer Legirung aus 2 Th. Blei und 1
Th. Zinn, welcher sie auch sonst vielfach ähnelt.
Möglicherweise stellt sich der Schmelzpunkt dieser Legirung noch niedriger, wenn die
Bestimmung desselben nach einer vollkommeneren Methode erfolgt.
Nach Lipowitz (polytechn. Journal Bd. CLVIII S. 376) kommt meinem Metall ein
viel niedrigerer Schmelzpunkt als der von mir angegebene zu. Nach seiner Angabe
erweicht eine Legirung von 3 Th. Cadmium, 4 Th. Zinn, 8 Th. Blei und 15 Th. Wismuth
zwischen 55º und 60º C., und wird bei 60º vollkommen flüssig,
während ich fand, daß die am leichtesten schmelzbare Mischung bei 71º zum
Gießen flüssig wurde und bei 65º,5 erstarrte, und darnach ihren Schmelzpunkt
als zwischen 65,5 und 71º C. liegend angegeben hatte. Von verschiedenen
Abänderungen gaben folgende Verhältnisse oder dazwischen liegende Mischungen den
niedrigsten Schmelzpunkt, nämlich in beiden Fällen genau oder doch sehr nahe
65º,5 C.:
Cadmium
1 Th.,
Zinn
1 Th.,
Blei
2 Th.,
Wismuth
4 Th.,
oder
„
3 Th.,
„
4 Th.,
„
8 Th.,
„
15 Th.
Bei der Bestimmung des Schmelzpunktes dieser Legirungen mittelst eines
Quecksilber-Thermometers, dessen Kugel 1/4 Zoll tief in das in einem
Porzellantiegel enthaltene geschmolzene Metall tauchte, bemerkte ich, daß das Metall
beim Abkühlen in der Nähe der Kugel bei 65°,5 flüssig war, daß es bei
63–64° noch weich war, daß dann das Thermometer auf 65°,5 stieg
und nachdem es auf diesem Grade kurze Zeit stationär geblieben war, das Metall
vollständig erstarrte, worauf das Quecksilber noch kurze Zeit auf diesem Grade
stationär blieb, bevor es zu fallen begann. Das Gemisch von 1 Th. Cadmium, 2 Th.
Zinn, 4 Th. Blei und 7 Th. Wismuth erstarrt bei 68° C.
Es stellen sich also hier Schwierigkeiten in der Bestimmung des Schmelzpunktes
heraus, welche in Verbindung mit den verschiedenen angewandten Methoden und
vielleicht auch der Unvollkommenheit unserer Instrumente, die Ursache der
abweichenden Angaben der Experimentatoren ausmachen. Welches ist der wirkliche
Schmelzpunkt oder die Beschaffenheit des Metalles, die man Schmelzen nennt? Soll man
den Punkt des Weichwerdens, des Flüssigwerdens, oder des Erstarrens bestimmen? Bei
manchen Legirungen
fallen diese Punkte zusammen, bei anderen liegen sie weit auseinander. Es besteht
sogar meistens ein Unterschied zwischen dem Punkt, wo das Metall beim Erhitzen weich
oder flüssig wird, und demjenigen wo es beim Erkalten
weich oder flüssig bleibt, so sorgfältig man auch den
Versuch anstellt. Ferner, wie soll man die Temperatur des
flüssigen Metalls messen? Soll die Thermometerkugel untertauchen oder nur mit ihrem
Ende eintauchen? In letzterem Fall steigt die Temperatur beim weiteren Einsenken der
Kugel. Beim Messen der Lufttemperatur ist die Kugel und die Röhre von dem Medium
umgeben. Wenn man die Kugel theilweise in eine heiße Flüssigkeit eingesenkt hat, so
strahlt der obere Theil des Quecksilberinhaltes einen Theil der von unten
empfangenen Wärme aus. Taucht man die Kugel etwa 1/2 Zoll tief in heißes Wasser, so
zeigt z.B. die Scale 84º, nimmt man sie dann so weit heraus, daß nur das
untere Ende im Wasser bleibt, so fällt das Quecksilber auf 77º. In anderen
Fällen wird man Differenzen von etwa 8º C., oder mehr oder weniger
beobachten. Die unteren Schichten der heißen Flüssigkeit können allerdings heißer
als die oberen seyn, allein daraus folgt ein ähnlicher Unterschied für die
verschiedenen Quecksilberschichten, so daß man bei hinreichender Länge der Kugel die
Wirkung der Hitze auf das untere Ende durch kalte Umschläge auf den oberen
neutralisiren könnte. Ein Stück Metall kann man an einem Ende in der Hand halten,
während es am anderen schmilzt. Allerdings leiten flüssige Metalle die Wärme besser,
indessen wird eine genaue Untersuchung dennoch bedeutende Wärmedifferenzen in
verschiedenen Schichten der Masse zeigen, und das Gleichgewicht wird nur dann in der
flüssigen Masse hergestellt, wenn man das Ganze in diesem Zustand in einem
gleichförmigen Medium läßt. Ebenso werden beim Abkühlen die äußeren Schichten eher
ihre Wärme verlieren, als sich dieselbe aus der Mitte ersetzt, und sie werden daher
auch zuerst erstarren.
Es bedarf jedoch keines Beweises, daß die Anzeigen des Thermometers falsch sind, wenn
der größte Theil der Kugel in einem kühleren Medium befindlich ist; die angeführten
Thatsachen sollen nur darthun, daß der Irrthum größer ist, als man gewöhnlich
annimmt, und daß auch die andere Methode der Bestimmung ihre Schwierigkeiten hat.
Speciell für den vorliegenden Zweck deuten sie auf die Nothwendigkeit einer
gleichförmigen Bestimmungsweise, damit die Näherungswerthe möglichst gleichmäßig ausfallen, wenn genaue Bestimmungen
nicht gemacht werden können.
Wenn die Kugel in geschmolzenem Metalle untertaucht, so kann man die niedrigste
Temperatur, wobei sie sich frei bewegt, als den Schmelzpunkt, und diejenige,
wobei das Metall an der Kugel haftet, als den Erstarrungspunkt betrachten. Dabei ist
die cylindrische Form des Quecksilberbehälters passender als die Kugelform, und es
würde sich die Gestalt eines umgekehrten Kegels noch besser zu diesen Bestimmungen
eignen.