Titel: | Ueber die Ursache der Festigkeits-Verminderung beim Schmiedeeisen und die Mittel zu deren Verhütung; von William Armstrong. |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. CXII., S. 417 |
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CXII.
Ueber die Ursache der
Festigkeits-Verminderung beim Schmiedeeisen und die Mittel zu deren Verhütung;
von William
Armstrong.
Aus den Chemical News, 1860, Nr. 43.
Armstrong, über die Ursache der Festigkeitsverminderung beim
Schmiedeeisen und die Mittel zu deren Verhütung.
Es ist bekannt, daß das Schmiedeeisen unter gewissen Umständen seine Cohäsion oder
Festigkeit fast ganz verliert. So zerspringt bisweilen plötzlich ein Dampfkessel, der
mehrere Jahre unter starkem Druck arbeitete, und zwar bei einem viel geringeren als
dem gewöhnlich angewandten Drucke; so bricht, wenn man es am wenigsten erwartet,
eine Locomotivachse, welche Jahre lang unter allen möglichen Verhältnissen
ununterbrochen gedient hat. Diese oft beobachtete Thatsache ist in Bezug auf ihre
Ursache und die Mittel ihr Vorkommen zu verhindern, noch wenig aufgeklärt. Ich habe
einen großen Theil meiner Zeit in den letzten vier Jahren diesem Gegenstand gewidmet
und hoffe etwas dazu beitragen zu können, diesem höchst nachtheiligen Fehler des
Eisens abzuhelfen.
Man suchte bisher allgemein den Grund der Festigkeitsverminderung des Schmiedeeisens
in der unter gewissen Verhältnissen des Druckes und der wiederholten Erschütterungen
stattfindenden Krystallisation im Innern der festen Eisenmasse, und brachte diese
Krystallisation und den Verlust an Festigkeit in Zusammenhang. Meine Bemühungen
waren daher darauf gerichtet, diese Krystallisation, welche um so leichter eintritt,
je reiner das Eisen ist, zu verhindern, und ich war so
glücklich, dieses Ziel vollständig zu erreichen.
Alle Körper krystalliren, wie bekannt, um so leichter, je reiner sie sind; ist ja die
Krystallisation nicht selten ein Zeichen der Reinheit und der Zusatz fremder Körper
(z.B. bei den Stearinsäurekerzen) ein Mittel, die Krystallisation zu verhindern;
benutzt man doch die Krystallisation in vielen Fällen zur Trennung gewisser Körper
von anderen.
Es war daher natürlich, daß ich daran dachte, die Krystallisation des Eisens durch
verunreinigende Zusätze zu verhindern.
Zwei Fragen müssen hier zuvörderst beantwortet werden: Erstens, gibt es eine leichte und praktische Methode, die Reinheit des
Eisens zu untersuchen? In diesem Falle wäre es leicht, alles reine Eisen vom
Gebrauch in gefährlichen Fällen auszuschließen. Eine solche Methode gibt es
allerdings, es ist folgende: reines Eisen wird stark vom Magnet gezogen, verliert
aber seinen Magnetismus nach Entfernung des Magnets; reines Eisen erlangt also keine
Polarität. Die Gegenwart der geringsten Menge Kohlenstoff, Sauerstoff, Schwefel,
Phosphor oder eines sonstigen Körpers ertheilt dagegen dem Eisen die Eigenschaft,
die magnetische Polarität beizubehalten und dadurch von reinem Eisen unterschieden
werden zu können. Nach dieser Methode habe ich das Eisen zu meinen Versuchen
ausgewählt und dieselbe sicherer und leichter ausführbar als jede chemische
Untersuchung gefunden.
Die zweite zu beantwortende Frage ist die: welche Substanz
verhindert am sichersten die Krystallisation des Eisens? Ich habe Kohlenstoff, Mangan, Kobalt, Zink,
Chrom, Zink und Nickel versucht und gebe letzterm Elemente den entschiedensten
Vorzug, weil alle anderen Elemente beim Puddeln verbrennen und dem Eisen daher in
keiner praktischen Weise einverleibt werden können. Die von mir versuchte Beimengung
von Nickel wechselte zwischen 1/5 und 1 Procent. Die
Eisenproben wurden in Stäbe von 1 Zoll im Quadrat und 24 Zoll Länge geschmiedet,
welche in der Nähe eines mit einem losen Flügel versehenen Rades so angebracht
wurden, daß dieser das freie Ende der Stäbe dreimal in der Minute treffen mußte.
Nachdem diese hervorgebrachte starke Erschütterung 6 Wochen gedauert hatte, wurden
die einzelnen Stäbe untersucht. Hierzu wurden die Stäbe an einem Ende in einen
Schraubstock geklemmt und am andern mittelst einer Waagschale so lange mit Gewichten
belastet bis sie brachen oder nach dem Versuch gebogen blieben. Derselbe Versuch war
jedesmal vor der Ausführung der Erschütterung gemacht worden. Diese Versuche haben
mich von der Richtigkeit meiner Voraussetzung überzeugt, daß das Nickel die
geeignetste Beimischung ist, um die Krystallisation des Schmiedeeisens zu
verhindern.
Eine Thatsache in Bezug auf reines Eisen, will ich hier noch speciell anführen: Ein
Stab von den genannten Dimensionen hatte, bevor er den Erschütterungen ausgesetzt
wurde, 80 Pfd. getragen; nachher zerbrach er in drei Stücke, als er nur zu Boden
fiel! Die Bruchstellen zeigten dabei Krystallflächen wie Antimon. Daraus mag man die
Gefährlichkeit der Anwendung von reinem Eisen zu Dampfkesseln, Flintenläufen,
Eisenbahnachsen u.s.w. ermessen.
Elswick, 10. September 1860.