Titel: | Ueber die Anwendung der Schwefelsäure des Gypses zur Fabrication von schwefelsaurem Kali und Natron; von F. Margueritte. |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. LXXV., S. 299 |
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LXXV.
Ueber die Anwendung der Schwefelsäure des Gypses
zur Fabrication von schwefelsaurem Kali und Natron; von F. Margueritte.
Aus den Comptes rendus, April 1860, Nr.
16.
Margueritte, über die Anwendung der Schwefelsäure des Gypses zur
Fabrication von schwefelsaurem Kali und Natron.
Wenn man Kochsalz mit einem schwefelsauren Salze glüht, dessen Base ein flüchtiges
Chlorid bilden kann, so entsteht dieses bei der Destillation und schwefelsaures
Natron bleibt im Rückstand; so gibt z.B. schwefelsaures Zinkoxyd mit Chlornatrium
beim Glühen Chlorzink, welches sich verflüchtigt, und schwefelsaures Natron, welches
zurückbleibt; auf gleiche Weise verhalten sich mehrere andere schwefelsaure Salze.
Diese Resultate sind jedoch bisher ohne Anwendung in der Industrie geblieben, weil
die geeigneten schwefelsauren Salze nicht billig genug beschafft werden können.
Könnte man die Schwefelsäure anderer Salze, welche in großer Menge in der Natur
vorkommen, wie des Gypses, des Bittersalzes, der Vitriole etc., zu diesem Zwecke
anwenden, und mit einem solchen schwefelsauren Salze leicht ein Chlorid darstellen,
welches flüchtig ist und das schwefelsaure Salz wodurch es erzeugt wurde, wieder
liefern kann, so wäre die Aufgabe gelöst. Man wird aus Nachfolgendem sehen, daß das
schwefelsaure
Bleioxyd und das Chlorblei diesen Anforderungen vollkommen genügen.
Man glüht ein Gemisch gleicher Aequivalente von Chlornatrium oder Chlorkalium (je
nachdem man schwefelsaures Natron oder Kali haben will) mit schwefelsaurem Bleioxyd;
die Masse kommt sehr leicht in Fluß, wird ganz klar und durchsichtig, und es
entweichen dicke weiße Dämpfe von Chlorblei, so lange bis die Reaction beendigt ist,
d.h. bis Alles zu schwefelsaurem Natron und Chlorblei geworden ist.
Darauf gießt man die geschmolzene Masse aus und behandelt sie mit Wasser; sie gibt
beim Krystallisiren schwefelsaures Natron und einen unlöslichen Rückstand von
schwefelsaurem Bleioxyd, dessen Menge mit der Dauer der Schmelzung wächst; es wird
zu einer nächsten Operation immer wieder verwendet.
Das Chlorblei, dessen Dampf man verdichtet und gesammelt hat, wird in Gypslösung
suspendirt, oder in Meerwasser, welches Kalk-, Magnesia-, Kali-
oder Natronsulfat enthält; in beiden Fällen wird das Chlorblei in schwefelsaures
Bleioxyd umgewandelt, während lösliche Chloride entstehen, welche man durch
Auswaschen absondert. Man erhält also das schwefelsaure Bleioxyd von jeder Operation
immer wieder.
Die Reactionen werden durch die Formeln ausgedrückt:
NaC + PbO, SO³ = NaO, SO³ + PbCl,
PbCl + MO, SO³ = PbO, SO³ + MCl.
MO ist die Base irgend eines löslichen schwefelsauren Salzes, welches leicht und
billig zu beschaffen ist.
Zur Regeneration des schwefelsauren Bleioxyds aus Chlorblei ist es nöthig, das
letztere mit einer verdünnten Lösung des anzuwendenden schwefelsauren Salzes zu
digeriren, weil verdünnte Lösungen der entstandenen Chloride von Kalium, Natrium,
Magnesium, Calcium etc. die Eigenschaft haben, das schwefelsaure Bleioxyd durch
doppelte Zersetzung in lösliches Chlorblei umzuwandeln.
Zur zweckmäßigen Ausführung dieses continuirlichen Verfahrens der
Glaubersalzbereitung ohne Anwendung von freier Schwefelsäure und ohne erheblichen
Verlust an Bleisalz, ist es nothwendig, daß 1) die Herdsohle auf der das Gemenge
geglüht wird, eine möglichst große Oberfläche und möglichst geringe Tiefe hat, um
die Verflüchtigung des Chlorbleies zu begünstigen, und daß 2) der Ofen mit einem
flachen Gewölbe versehen ist, damit man durch einen nicht zu reichlichen
Luft- oder Dampfstrom die Chlorbleidämpfe von der Oberfläche der schmelzenden
Masse wegziehen kann, also ohne letztere abzukühlen.