Titel: | Ueber eine von Nagel in Hamburg construirte Partial-Turbine; von Professor Rühlmann. |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. XLI., S. 172 |
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XLI.
Ueber eine von Nagel in Hamburg construirte
Partial-Turbine; von Professor Rühlmann.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
1860 S. 198.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Rühlmann, über Nagel's Partial-Turbine.
Diese, in der Papierfabrik des Hrn. Quirl in Oesede unweit Osnabrück in Betrieb befindliche
Partial-TurbineVielleicht ist es nicht werthlos, hier zu bemerken, daß man unter
Partial-Turbinen solche horizontale Wasserräder versteht, bei welchen
das Betriebswasser nicht gleichzeitig auf alle, sondern nur auf einen Theil
der sämmtlichen Schaufeln des Laufrades wirkt. Bei hohen Gefällen, wo
gewöhnliche (Voll-) Turbinen zu kleine Dimensionen erhalten und zu
viel Umgänge machen würden, wendet man Partial-Turbinen mit
entschiedenem Vortheile an. Wenn der Wassereintritt am äußeren Umfange
(nicht wie bei Fourneyron am inneren) erfolgt, so
pflegt man diese Partial-Turbinen Tangentialräder zu nennen. macht, wie ich nach eigener Wahrnehmung und in meiner Gegenwart angestellten
Versuchen versichern kann, eine Vermuthung Redtenbacher's zur Wahrheit, indem dieser in der
zweiten Auflage seines rühmlichst bekannten Werkes „Theorie und Bau der
Turbinen“ Seite 125 sagt: „Sollte es sich bestätigen, daß
das gute Leistungsverhältniß der Partial-Turbinen bei sehr veränderlichem
Wasserstande ziemlich constant bleibt, so würden dieselben allerdings bei
kleinen veränderlichen Wassermengen und größeren Gefällen sehr zu empfehlen
seyn.“
Bei wiederholten, in meiner Gegenwart mit aller möglichen Sorgfalt und rationellen
Mitteln (am 17. Juni d. J.) vorgenommenen Bremsversuchen blieb der Nutzeffect nahezu
derselbe, ob man mit einer, mit zwei oder mit (allen) drei der überhaupt
vorhandenen Schützenöffnungen arbeitete. Da sämmtliche nothwendige Rechnungen,
welche die genaue Bestimmung der verbrauchten Wassermenge erforderte, am Tage der
Bremsversuche, während meines Aufenthaltes in Oesede, nicht vorgenommen werden
konnten, so bin ich außer Stande hierüber ganz genaue
Angaben zu machen, indeß scheint so viel gewiß, daß der Wirkungsgrad eine sehr bedeutende Höhe erreichte.
Das natürliche Gefälle variirte am Versuchstage zwischen 68 und 69 Fuß hannoverisch.
Wenn alle drei Schützen geöffnet waren, gab der Prony'sche Zaum 14 bis 15 Pferde, bei 140 bis 180
Umgängen per
Minute Nutzarbeit an,
während bei zwei geöffneten Schützen diese Arbeit
zwischen 10,3 und 11,7 schwankte, endlich jeder der drei Schützen allein geöffnet
5,1 bis 5,6 Pferdekräfte lieferte. Wären nun, wie behauptet
wurde, bei Oeffnung aller drei Schützen per
Secunde nur 3 Kubikfuß Wasser durch das Rad gegangen, so würde dieß einer natürlich
vorhandenen Arbeit von (50 . 3 . 68,5)/516 = 19,91 Pferden entsprechen, der
Wirkungsgrad also die fast (wenigstens nach meinen theoretischen Begriffen)
unglaubliche Höhe von 0,77 oder 77 Proc. erreicht haben.
Ueber letzteren Punkt wird hoffentlich eine Arbeit Auskunft geben, welche Hr.
Nagel
jun. über die sämmtlichen angestellten Versuche zu
veröffentlichen gedenkt und worüber ich zu berichten nicht unterlassen werde.
Wie dem aber auch seyn mag, so viel ist gewiß, die fragliche Partial-Turbine
ist als praktisch gelungen anzusehen und dürfte unter den gegebenen Verhältnissen
durch kein anderes Wasserrad zu ersetzen seyn.
Nach diesen allgemeinen Bemerkungen mache ich nur noch auf die Abbildungen Fig. 11, 12 und 13 aufmerksam,
welche beziehungsweise in 1/135, 4/24 und 1/10 wahrer Größe gezeichnet sind. Dabei
bezeichnet A den Zuführcanal des Aufschlagwassers, B eine Leitröhre, welche gleichsam die Fortsetzung von
A bildet, erst das Gewölbe des Fabrikgebäudes M durchdringt (worin die Holländer H aufgestellt sind) und nachher in einem gemauerten
Schachte N von etwas über 6 Fuß lichter Weite
niedersteigt, worin auch die verticale Haupttriebwelle P
Platz findet. Der tunnelartige Abflußcanal W, W von sehr
großer Länge (irre ich nicht, über 600 Fuß) hat zu seiner Herstellung einen höchst
bedeutenden Kostenaufwand erfordert, war aber nothwendig, sobald der Aufstellungsort
der Holländer derselbe bleiben sollte, wie vor dem Einbau der Turbine. Das
Betriebs- oder Laufrad S mit den Unordnungen für
die Zuführung, Regulirung und das Absperren des Aufschlagwassers ist aus Fig. 13
vollständig (für gegenwärtigen Zweck) zu erkennen. Bemerkt werde nur besonders, daß
der ganze Wasser-Einlauf-Apparat C aus
Messing mit außergewöhnlicher Sorgfalt hergestellt ist. Aus demselben Metalle
bestehen auch die Leitbacken p für das Wasser, so wie
die Schützen m, welche letztere durch Stangen q oben vom Fabrikgebäude aus ohne Schwierigkeit bewegt
werden können.