Titel: | Ueber die Zusammensetzung der in der Nähe von Dillenburg vorkommenden Nickelerze; von Dr. W. Casselmann. |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. VIII., S. 31 |
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VIII.
Ueber die Zusammensetzung der in der Nähe von
Dillenburg vorkommenden Nickelerze; von Dr. W. Casselmann.
Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, 1860, Bd. CXV S.
338.
Casselmann, über die Zusammensetzung der in der Nähe von Dillenburg
vorkommenden Nickelerze.
In dem Schalstein der Gegend von Dillenburg kommen auf einem SerpentingangeC. Koch in Cotta's
Gangstudien, Bd. III, 1 und 2, S. 248., dessen Mächtigkeit zwischen 1 und 15 Fuß wechselt, nickelhaltige
Kupfer- und Schwefelkiese vor, welche in der Grube „Hülfe
Gottes“ bei Nanzenbach gewonnen und auf der Isabellenhütte bei
Dillenburg auf Kupfer, Nickel und eine Legirung beider Metalle nach einem Verfahren
zu Gute gemacht werden, welches Hr. Fr. Heusler vor
Kurzem (polytechn. Journal Bd. CLV S. 362)
ausführlich beschrieben hat. Es ist bei früheren Analysen dieser Erze nur sehr
selten gelungen die Resultate derselben zu einer Formel zu gestalten, so daß man
über die Natur der chemischen Verbindung, in welcher das Nickel darin enthalten war,
lange um so mehr in Zweifel blieb, als das einzige der dort vorkommenden einfachen
Nickelmineralien, der Haarkies, erst in den letzten Jahren in den größeren Teufen
der Grube und noch dazu nicht häufig beobachtet worden ist.
Gelegentlich einer Analyse solcher Erze, welche ich vor einiger Zeit im Auftrage der
herzoglich nassauischen Landesregierung ausführte, habe ich die Beobachtung gemacht,
daß sich für die darin enthaltene Nickelverbindung eine einfache Formel aufstellen
läßt, durch welche ihre Zusammensetzung auf Haarkies mit theilweiser Substituirung
des Nickels durch äquivalente Menge Eisen zurückgeführt wird, weßwegen ich die Ergebnisse der
Analyse im Nachstehenden mittheile.
Das analysirte Stück besteht aus zwei scharf von einander gesonderten Partien.
Der eine Theil ähnelt seiner Farbe nach mehr einem Schwefelkies als einem Kupferkies,
ist mehrfach von ganz dünnen, wahrscheinlich durch Verwitterung entstandenen
oxydischen Schnüren durchzogen und besteht der qualitativen Analyse zufolge aus
Schwefel, Kupfer, Eisen, Nickel, geringen Mengen Kieselerde, Kalkerde, Bittererde,
Kali, Natron und äußerst unbedeutenden Mengen Kobalt.
Die quantitative Analyse hat folgende Resultate ergeben:
1) Hygroskopische Feuchtigkeit.
– 6,60458 Grm. des Minerals verloren beim Trocknen bei 100° C. 0,01285
Grm., also 0,19 Proc. Wasser.
2) Unlöslicher Rückstand. – Am
Vollständigsten löste sich das Mineral in rother rauchender Salpetersäure, welche
deßwegen zur Aufschließung benutzt wurde. Doch auch hierbei blieb ein geringer
unlöslicher Rückstand, welcher theils aus Quarz, theils aus einer braunen leichten
flockigen, theils aus einer schweren schwarzen Substanz bestand. Derselbe betrug
nach mehreren übereinstimmenden Versuchen im Mittel 1,66 Proc.
In der erhaltenen Lösung wurde zuerst der Schwefel durch
salpetersaure Baryterde, sodann die Kieselsäure durch Abdampfen zur Trockne und
Auflösen in verdünnter Salzsäure bestimmt. Hierauf wurde aus der Lösung der Reihe
nach das Kupfer durch Schwefelwasserstoff und das Eisen durch kohlensaure Baryterde
abgeschieden und beide nach geeignetem Wiederauflösen als Oxyde gefällt und gewogen.
Die Trennung des Nickels von der Kalkerde und Bittererde wurde nach Entfernung der
Baryterde durch Schwefelsäure durch Soda und Cyankalium bewirkt und das Nickel aus
salpetersaurer Lösung durch Kali bei Siedhitze gefällt. Die Kalkerde wurde aus einer
besonderen Lösung, nach Entfernung des Kupfers, des Eisens und Nickels durch
Schwefelwasserstoff und Schwefelammonium, mit Hülfe von oxalsaurem Ammoniumoxyd
bestimmt. Es wurden dabei erhalten:
3) Schwefel. – Von 2,7205 Grm.
Substanz 6,21025 Grm. schwefelsaure Baryterde, mit 0,85291 Grm. oder 31,35 Proc.
Schwefel.
Von 1,744 Grm. Substanz 3,88950 Grm. schwefelsaure Baryterde, mit
0,53322 Grm. oder 30,57 Proc. Schwefel; im Mittel 30,96 Proc. Schwefel.
4) Kupfer. – Von 2,7205 Grm.
Substanz 0,93860 Grm. Kupferoxyd, mit 0,74946 Grm. oder 27,55 Proc. Kupfer.
Von 1,7440 Grm. Substanz 0,60450 Grm. Kupferoxyd mit 0,4827 Grm.
oder 27,67 Proc. Kupfer; im Mittel 27,61 Proc. Kupfer.
5) Eisen. – Von 2,7205 Grm.
Substanz 1,1113 Grm. Eisenoxyd mit 0,77791 Grm. oder 28,59 Proc. Eisen.
Von 1,7440 Grm. Substanz 0,7225 Grm. Eisenoxyd mit 0,50575 Grm.
oder 28,99 Proc. Eisen; im Mittel 28,79 Proc. Eisen.
6) Nickel. – Von 2,7205 Grm.
Substanz 0,2606 Grm. Nickeloxydul mit 0,20515 Grm. oder 7,54 Proc. Nickel.
Von 1,7440 Grm. Substanz 0,16325 Grm. Nickeloxydul mit 0,12852
Grm. oder 7,37 Proc. Nickel; im Mittel 7,45 Proc. Nickel.
7) Kieselerde. – Von 2,7205 Grm.
Substanz 0,0206 Grm. oder 0,75 Proc. Kieselerde.
8) Kalkerde. – Von 1,40925 Grm.
Substanz 0,0268 Grm. kohlensaure Kalkerde mit 0,01500 Grm. oder 1,07 Proc.
Kalkerde.
Die geringen Mengen von Kobalt, Bittererde und Alkalien, welche
die qualitative Analyse nachgewiesen hatte, wurden als der an 100 Proc. noch
fehlende Rest in Anrechnung gebracht.
Hiernach ist das Resultat der Analyse in Procenten
ausgedrückt:
Schwefel
30,96
Kupfer
27,61
Eisen
28,79
Nickel
7,45
Kieselerde
0,75
Kalkerde
1,07
Unlöslicher Rückstand
1,66
Hygroskopische
Feuchtigkeit
0,19
Kobalt, Bittererde und Alkalien aus
dem Rest berechnet
1,52
––––––
100,00.
Diese Zusammensetzung entspricht sehr nahe einem Verhältniß von gleichen
Aequivalenten Kupferkies und Nickelkies, in welchem 2/5 des Nickels durch eine
äquivalente Menge Eisen ersetzt ist, nach folgender Formel:
Textabbildung Bd. 158, S. 32
wie aus nachstehender Uebersicht hervorgeht, in welcher in der
ersten Reihe der nach obiger Formel berechnete procentische Gehalt der
Bestandtheile, und in der zweiten die Zahlen enthalten sind, welche die Analyse
lieferte, wenn man, nach Abzug der übrigen wahrscheinlich zufälligen Beimengungen,
den Gehalt an Schwefel und Metallen auf 100 berechnet:
Berechnet.
Gefunden.
Kupfer
27,76
29,12
Eisen
29,44
30,37
Nickel
7,77
7,86
Schwefel
35,03
32,65.
Daß der Gehalt an Metallen größer und der an Schwefel geringer gefunden wurde, als
der Formel entspricht, erklärt sich daraus, daß die oben erwähnten, durch
Verwitterung entstandenen Schnüre von der Erzmasse bei der Analyse nicht getrennt
werden konnten.
Der andere Theil des Minerals hat eine unbestimmt bräunliche Farbe und stellt sich
schon für das Gesicht als ein Gemenge von Quarz, von einem dunkelbraunen und einem
gelben metallisch glänzenden Körper heraus. Die qualitative Analyse ergab außer den
nämlichen Bestandtheilen, welche den zuerst erwähnten Theil des Minerals zusammensetzen,
noch etwas Wismuth, Eisenoxydul, Eisenoxyd, sodann eine beträchtliche Menge
Kohlensäure und eine höchst unbedeutende Menge Arsenik.
Die quantitative Analyse wurde im Wesentlichen nach der eben erwähnten Methode
vollzogen. Das Wismuth wurde durch Cyankalium vom Kupfer getrennt und als Oxyd
gewogen, die Bittererde in der gewöhnlichen Weise als phosphorsaures Salz bestimmt.
Es wurden folgende Resultate erhalten:
1) Schwefel. – Derselbe wurde in
einer Portion (0,58250 Grm.), welche durch Salpetersäure aufgeschlossen worden war,
theils durch Chlorbaryum, theils durch den Verlust bestimmt, welche die ungelöst
bleibende Kieselerde beim Glühen erlitt. Dieser Verlust betrug 0,03725 Grm., die
gefällte schwefelsaure Baryterde wog 0,3480 Grm., enthielt also 0,0479 Grm.
Schwefel. Die Gesammtmenge des Schwefels betrug also 0,08504 Grm. oder 14,59
Proc.
2) Kupfer. – 2,09025 Grm.
Mineral lieferten 0,19975 Grm. Kupferoxyd mit 0,15949 Grm. oder 7,63 Proc.
Kupfer.
2,23125 Grm. Mineral lieferten 0,21175 Grm. Kupferoxyd mit 0,16908
Grm. oder 7,57 Proc. Kupfer; im Mittel 7,60 Proc. Kupfer.
3) Wismuth. – 2,09025 Grm.
Mineral lieferten 0,03925 Grm. Wismuthoxyd mit 0,03519 Grm. oder 1,68 Proc.
Wismuth.
2,23125 Grm. Mineral lieferten 0,04125 Grm. Wismuthoxyd mit
0,03699 Grm. oder 1,65 Proc. Wismuth; im Mittel 1,665 Proc. Wismuth.
4) Eisen. – 2,09025 Grm. Mineral
lieferten 0,92450 Grm. Eisenoxyd mit 0,64715 Grm. oder 30,96 Proc. Eisen.
2,23125 Grm. Mineral lieferten 0,99550 Grm. Eisenoxyd mit 0,69685
Grm. oder 31,23 Proc. Eisen; im Mittel 31,09 Proc. Eisen.
5) Nickel. – 2,23125 Grm.
Mineral lieferten 0,07475 Grm. Nickeloxydul mit 0,05885 Grm. oder 2,64 Proc.
Nickel.
6) Kalkerde. – 2,09025 Grm.
Mineral lieferten 0,16175 Grm. oder 7,74 Proc. kohlensaure Kalkerde.
2,23125 Grm. Mineral lieferten 0,18775 Grm. oder 8,41 Proc.
kohlensaure Kalkerde; im Mittel 8,07 Proc. kohlensaure Kalkerde, welche 3,55 Proc.
Kohlensäure enthalten.
7) Bittererde. – 2,09025 Grm.
Mineral lieferten 0,23875 Grm. phosphorsaure Bittererde mit 0,08609 Grm. oder 4,11
Proc. Bittererde.
2,23125 Grm. Mineral lieferten 0,22550 Grm. phosphorsaure
Bittererde mit 0,08126 Grm. oder 3,64 Proc. Bittererde; im Mittel 3,875 Proc.
Bittererde, welche mit 4,26 Proc. Kohlensäure zusammen 8,13 Proc. kohlensaure
Bittererde ausmachen.
8) Kieselerde. – 2,09025 Grm.
Mineral lieferten 0,21925 Grm. oder 10,48 Proc. Kieselerde.
2,23125 Grm. Mineral lieferten 0,22625 Grm. oder 10,14 Proc.
Kieselerde; im Mittel 10,31 Proc. Kieselerde.
9) Kohlensäure. – Durch
verdünnte Salzsäure dem Gewicht nach bestimmt. 0,7980 Grm. Mineral lieferten 0,13475
Grm. oder 16,88 Proc. Kohlensäure.
1,4340 Grm. Mineral lieferten 0,23060 Grm. oder 16,08 Proc.
Kohlensäure; im Mittel 16,48 Proc. Kohlensäure.
10) Hygroskopische Feuchtigkeit.
– 0,7302 Grm. Mineral verloren bei 100° C. 0,01275 Grm. an Gewicht,
was 0,27 Proc. hygroskopischer Feuchtigkeit entspricht.
Hiernach stellt sich der zweite Theil des Minerals als ein Gemenge derselben
Bestandtheile, welche den ersten Theil bilden (Kupferkies und Nickelkies, in welchem
2/5 des Nickels durch eine äquivalente Menge Eisen vertreten ist) mit Bitterspath,
Spatheisenstein, Schwefelkies, Wismuthglanz, Rotheisenstein, Quarz und geringen
Spuren von Arsenmetallen und alkalihaltigen Silicaten heraus. In welchem
Mengenverhältniß diese Gemengtheile vorhanden sind, geht aus der nachstehenden
Tabelle hervor, deren Uebereinstimmung in der untersten Zeile mit den dargelegten
Resultaten der Analyse den Beweis der Richtigkeit der angenommenen Zusammensetzung
liefert.
Es sind nämlich enthalten in 100 Theilen des Minerals:
Textabbildung Bd. 158, S. 34
Kohlensäure; Kalkerde; Bittererde;
Schwefel; Kupfer; Eisen; Nickel; Wismuth; Bitterspath; kohlensaure Kalkerde CaO,
CO; kohlensaure Bittererde MgO; Spatheisenstein, kohlensaures Eisenoxydul FeO;
Kupferkies; Nickelkies; Fe; Ni; S; Wismuthglanz BiS; Schwefelkies FeS;
Rotheisenstein FeO; Quarz; Hygroskopische Feuchtigkeit; Arsenik, Kobalt und
Alkalien, als Rest berechnet; Summe
Den Mittheilungen des Hrn. Heusler verdanke ich zwei
früher ausgeführte Analysen von ähnlichen Stufen aus der in Rede stehenden Grube,
von denen die eine von Schenkel, die andere von Bischoff ist. Berechnet man diese nach dem im
Vorstehenden ausgesprochenen Princip, so zeigt sich folgende Zusammensetzung. Für
die von Schenkel:
15,72 Proc. (1 At.)
Kupferkies,
46,25
„ (9 At.)
Schwefelkies und
38,03 „ (10
At.)
Fe ¾Ni ¼
S, Haarkies,
in welchem 3/4 des Nickels durch Eisen ersetzt ist, so daß
sich das Mineral vielleicht als ein Gemenge von
Textabbildung Bd. 158, S. 35
herausstellt.
Analyse.
Berechnet.
Fe
44,52
44,37
Ni
6,13
6,36
Cu
5,39
5,43
S
43,96
43,84.
Für die von Bischoff:
7,12 Proc.
Kupferkies und
92,88 „
Fe ⅚,Ni ⅙
S, Haarkies,
in welchem 5/6 des Nickels durch Eisen vertreten ist.
Die letztere Analyse hatte nämlich ergeben:
Fe
49,60
Ni
10,70
Cu
2,53
S
32,73
Rückstand und Verlust
4,44,
ein Resultat, welches sich, wenn man den Gehalt an Fe, Ni, Cu
und S auf 100 berechnet, mit obiger Formel folgendermaßen vergleicht:
Analyse.
Berechnet.
Fe
51,90
51,13
Ni
11,20
10,36
Cu
2,65
2,46
S
34,25
36,05.
Die Abweichung der Analyse von der Rechnung hat auch hier wohl in einer stattgehabten
geringen Verwitterung des Minerals ihren Grund.
Es dürfte sich hieraus nun mit Gewißheit ergeben, daß das in den Dillenburger Erzen
vorkommende Schwefelnickel nicht etwa mit anderen Schwefelmetallen unmittelbar in
chemischen Verbindungen vorhanden ist, welche etwa nach Art der Kupferkiese nach
bestimmten stöchiometrischen Proportionen gebildet sind, sondern daß in demselben
eine Substituirung wechselnder Mengen Nickel durch äquivalente Mengen Eisen
stattgefunden hat, und daß die so gebildeten Substitutionsproducte wieder mit
anderen Schwefelmetallen in chemischen Verbindungen vorhanden sind.