Titel: | Ueber das Verfahren des Hrn. Thirault zu St. Etienne, auf dem Schmiedeeisen und dem Stahl einen gefärbten Ueberzug zum Schütze gegen den Rost zu erzeugen; Bericht von Hrn. Gaultier de Claubry. |
Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. CXXV., S. 431 |
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CXXV.
Ueber das Verfahren des Hrn. Thirault zu St. Etienne, auf dem
Schmiedeeisen und dem Stahl einen gefärbten Ueberzug zum Schütze gegen den Rost zu
erzeugen; Bericht von Hrn. Gaultier de
Claubry.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Januar 1860, S. 21.
Thirault's Verfahren auf dem Schmiedeeisen und dem Stahl einen
gefärbten Ueberzug zum Schütze gegen den Rost zu erzeugen.
Um das Schmiedeeisen gegen den Rost zu schützen, wurden schon zahlreiche Mittel
versucht; man hat es z.B. mit mehreren Schichten von bloßem oder mit oxydirbaren
Substanzen (zertheiltem Zink) gemischtem Oelanstrich, oder auch von Oelfirniß
überzogen, deren Dicke aber die Dimensionen der eisernen Artikel vergrößert; zu
demselben Zweck benutzte man auch die Wirkung von Substanzen, welche die Oberfläche
des Eisens verändern und sie dadurch weniger angreifbar machen, wie wasserfreies
Antimonchlorür (Spießglanzbutter); und in der neuesten Zeit hat man auf
galvanoplastischem Wege Kupfer auf dem Eisen abgelagert, wodurch dasselbe allerdings
vollständig conservirt wird, aber dieses Verfahren ist nicht allgemein
anwendbar.
Hr. Thirault, Apotheker zu St. Etienne, bemühte sich
behufs des Conservirens der Waffen den fraglichen Zweck durch Verfahrungsarten zu
erreichen, welche leicht ausführbar, dabei nicht kostspielig sind und wodurch eine
schützende Schicht gebildet wird, deren geringe Dicke die Formen des Artikels gar
nicht ändert. Dieß ist ihm auch vollkommen gelungen.
Wenn das Schmiedeeisen der Einwirkung der feuchten Luft ausgesetzt ist, so entsteht
anfangs Oxyduloxyd, welches sich in kohlensaures Eisen umwandelt, und letzteres,
indem es bald wieder Sauerstoff absorbirt, verliert seine Säure und verbindet sich
gleichzeitig mit Wasser, um den Rost (Eisenoxydhydrat) zu bilden. Darauf beschränkt
sich aber die Wirkung nicht; der gebildete Rost theilt seinen Sauerstoff mit einer
neuen Metallschicht, um den abgegebenen wieder aus der Luft aufzunehmen, und da die
Wirkung auf diese Weise fortdauert, so erstreckt sie sich endlich auf die ganze
Masse; es braucht sich nur auf einer sehr kleinen Stelle Rost gebildet zu haben,
damit der Angriff sich mehr oder weniger rasch fortpflanzt.
Der Stahl verhält sich in derselben Weise; das Gußeisen widersteht zwar besser,
verändert sich aber nach und nach auch bedeutend.
Zu dem erwähnten chemischen Proceß kommen bei der Bildung des Rostes auch noch die
elektrischen Wirkungen, welche dessen Fortpflanzung erleichtern; der erzeugte Rost
und das Eisen bilden nämlich ein galvanisches Element.
Wenn die Oberfläche des Schmiedeeisens in das Eisenoxyduloxyd umgewandelt werden
könnte, welches sich nicht leicht verändert, so hätte man Grund anzunehmen, daß es
dadurch gegen den Rost conservirt wäre. Dieß war der Gedanke des Hrn. Thirault, welchen er glücklich durchgeführt hat, worüber
wir ihn selbst sprechen lassen wollen.
„Wenn, sagt er in seinem Patent, sich Eisenoxyd erzeugt und über die ganze
Oberfläche des Metalls verbreitet hat, und man läßt diese natürliche Batterie in
Wasser von höherer Temperatur, nämlich von 80 bis 100° C. functioniren,
so stellt sich eine neue Erscheinung ein. Es bildet sich kein Eisenoxyd mehr;
selbst das schon vorhandene modificirt sich (unter dem Einflusse des
freiwerdenden Wasserstoffs, welcher an dasselbe am negativen Pol geht), und es
entsteht ein neues Oxyd, nämlich Oxyduloxyd; dieses neue Oxyd kann aber mit dem
Schmiedeeisen oder Stahl kein galvanisches Element bilden, daher diese Metalle
gegen die Oxydation geschützt bleiben, wenn sie mit demselben überzogen
sind.“
Um den beabsichtigten Zweck zu erreichen, führt Hr. Thirault folgende Operationen aus. Er veranlaßt auf der Oberfläche des
Schmiedeeisens oder Stahls die Bildung einer anhaftenden Schicht von Eisenoxyd,
welches er unter dem Einfluß heißen Wassers in schwarzes Oxyd (Oxyduloxyd)
umwandelt; er wiederholt diese Operationen mehrmals, und überzieht endlich die
Oberfläche des Artikels mit einer schwachen Auflösung von Schwefelkalium und zuletzt
mit ein wenig Baumöl. Wahrscheinlich bildet sich hierbei eine gewisse Menge
Schwefeleisen. Der Gegenstand besitzt alsdann nach gehörigem Poliren eine schöne und
glänzende schwarze Farbe.
Dieses Verfahren wird bereits im Großen in der Waffenfabrik zu St. Etienne angewandt,
wo ich es mit Genehmigung des Vorstandes durch alle Operationen verfolgen konnte.
Derselbe überließ mir eine im Jahr 1857 von Hrn. Thirault
präparirte Flinte, welche sich, ohne daß man auf sie die geringste Sorgfalt
verwendete, vollkommen conservirt hat; bekanntlich mußte man bisher die Waffen zum
Schutze gegen den Rost häufig mit Fett überziehen.
Hr. Thirault übergab dem Ausschuß der Société d'Encouragement mehrere
Flintenläufe, womit Versuche bezüglich ihres Widerstandes gegen die Rostbildung
angestellt wurden. Bekanntlich veranlaßt die Luft der feuchten Orte, z.B. der
Keller, sehr leicht die Oxydation des polirten Schmiedeeisens, und noch viel leichter rostet dieses
Metall in Berührung mit den verschiedenartigen Dämpfen, welche die Atmosphäre der
chemischen Laboratorien enthält. Man stellte nun einen der Flintenlaufe drei Monate
lang an eine Mauer, welche so feucht ist, daß das Wasser beständig an ihr
hinabfließt, wobei das eine Ende des Laufs mit Fließpapier umhüllt, der mittlere
Theil frei gelassen und das andere Ende durch Fett geschützt war. Nach fünfzehn
Tagen war der mit Papier umhüllte Theil etwas matt geworden, und nach und nach
zeigte sich auf demselben Rost. Der andere Lauf blieb in einem Winkel eines
Laboratoriums, wo sich beständig die verschiedenartigsten Dämpfe entwickeln, und es
bildete sich endlich an mehreren Punkten Rost auf demselben; aber unter den gleichen
Umständen zeigten sich schmiedeeiserne Gegenstände schon in hohem Grade angefressen,
als man auf dem präparirten Lauf noch keine Spur von Veränderung bemerkte.
Hr. Thirault führt in seinem Patent als Beispiele
verschiedene Mischungen auf, mittelst deren man auf der Oberfläche des
Schmiedeeisens oder Stahls die oben erwähnte anhaftende Oxydschicht hervorbringen
kann.
Die Flüssigkeit Nr. 1 enthält Quecksilbersublimat und Salmiak.
Diejenige Nr. 2 enthält Eisenchlorid, Kupfervitriol, Salpetersäure, Alkohol und
Wasser.
In der Flüssigkeit Nr. 3 befindet sich Eisenchlorid und Eisenchlorür, ebenfalls mit
Zusatz von Salpetersäure, Alkohol und Wasser.
Nr. 4 ist eine sehr verdünnte Auflösung von Schwefelkalium.
Man tränkt einen Schwamm sehr schwach mit dem Präparat Nr. 1, und trägt mittelst
desselben auf dem gehörig entfetteten Artikel zwei Schichten dieses Präparats auf,
aber die zweite Schichte erst dann, nachdem die Oxydkruste welche sich auf dem
Metall gebildet hat, ganz trocken geworden, mit Hammerschlag gekratzt und mit Linnen
abgewischt worden ist; ebenso verfährt man für die ganze übrige Arbeit.
Man trägt hernach mehrere Schichten der Flüssigkeit Nr. 2 auf, und mit vollem Schwamm
die Flüssigkeit Nr. 3; nachdem man nun die Artikel zehn Minuten lang trocknen ließ,
wirft man sie in ein Bad heißen Wassers von 90 bis 100° Cels., worin sie nach
ihrer Größe fünf bis zehn Minuten verbleiben. Hierauf werden sie abgewischt und
erhalten dann noch einige Schichten von Nr. 3, hernach eine starke Schicht von Nr.
4, worauf sie neuerdings in das heiße Wasserbad getaucht werden. Wenn sie aus diesem
Bade herauskommen, wischt man sie ab und gibt ihnen mittelst gekrempelter Baumwolle
mehrere Schichten der Flüssigkeit Nr. 3, welche man dazu mit immer mehr Wasser
verdünnt; man überzieht
sie hernach mit ein wenig Olivenöl und wischt sie dann ab; hierauf taucht man sie
neuerdings in Wasser von ungefähr 60° C., und nachdem man sie aus diesem Bade
genommen hat, reibt man sie stark mit einem Wollenstoff und endlich mit ein wenig
Oel.
Vier vor einem Werktisch stehende junge Arbeiter führen die verschiedenen hier
aufgezählten Operationen aus; ein am Ende des Werktisches angebrachter Kessel nimmt
die Artikel auf, welche ein letzter Arbeiter abwischt oder reibt, um sie fertig zu
machen.
In der Waffenfabrik zu St. Etienne hat man nach diesem Verfahren für die englische
Regierung 11,000 Flintenläufe und Bajonette, ferner für die ägyptische Regierung
1000 Flintenläufe präparirt; die Gestehungskosten betrugen nicht über 40 Centimes
per Waffe. Der (französische) Kriegsminister ließ
6000 Flinten mit doppelten Läufen für die corsischen Voltigeure präpariren, und als
weitern Versuch, wornach über eine allgemeine Annahme des Verfahrens Beschluß gefaßt
werden soll, ließ er es bei den Säbelscheiden für die ganze Gendarmerie des
Loire-Departements anwenden. Der Marineminister läßt das Verfahren bei 1800
Revolvers anwenden, und mehrere fremde Regierungen haben mit Hrn. Thirault Unterhandlungen für die Anwendung seiner
Methoden angeknüpft. In der Anstalt der Fabrik zu St. Etienne ist man jetzt im
Stande den größten Anforderungen hinsichtlich dieser Präparation der Waffen zu
entsprechen und verwendet dazu nur junge Arbeiter unter der Direction eines einzigen
Aufsehers.
Die Erfahrung hat gezeigt, daß, während das Schmiedeeisen und der Cementstahl sich
für eine derartige Bearbeitung gut eignen, der Gußstahl dadurch, eine noch
gleichförmigere Farbe erhält.
Das Gußeisen bot anfangs ernstliche Schwierigkeiten dar, indem nicht alle Theile
dieselbe Farbe annahmen; jetzt präparirt man es aber in der Anstalt zu St. Etienne
fast mit derselben Leichtigkeit wie das Schmiedeeisen.
Einige Fabriken von Quincailleriewaaren haben sich bereits das Verfahren des Hrn. Thirault zu Nutzen gemacht.
Ohne Zweifel kann dasselbe auch sehr wichtige Anwendungen bei den großen Maschinen
finden, um deren wesentliche Theile auf leichte und wohlfeile Art gegen den Rost zu
schützen.