Titel: | Untersuchung von Zinnfolien und Stanniol; von Dr. C. Stölzel in Nürnberg. |
Autor: | C. Stölzel |
Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. XL., S. 124 |
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XL.
Untersuchung von Zinnfolien und Stanniol; von Dr.
C. Stölzel in
Nürnberg.
Stölzel's Untersuchung von Zinnfolien und Stanniol.
Man betrachtet gewöhnlich die Zinnfolien schlechthin als dünn gewalztes oder
geschlagenes Zinn; es bestehen dieselben aber nicht aus reinem Zinn, sondern
enthalten daneben kleinere Mengen anderer Metalle, welche wesentlichen Einfluß auf
Beschaffenheit und Verwendung des Fabricates haben. Da ich mehrfach zur Untersuchung
von Folien veranlaßt wurde, so theile ich die Analysen von vier Sorten mit, welche
aus drei verschiedenen hier am meisten renommirten Fabriken stammen.
Nach der qualitativen Prüfung fanden sich in sämmtlichen
Folien neben Zinn kleinere Mengen von Kupfer, Blei und Eisen, in einer Nickel, in
einer anderen Spuren von Wismuth. Arsen, Antimon, Wolfram, Molybdän, welche in
einzelnen Zinnsorten vorkommen und aus diesen auch in die Folien übergehen konnten,
waren nicht vorhanden. – Bei der quantitativen Untersuchung wurde das Zinn
durch Salpetersäure in Zinnoxyd übergeführt und als solches gewogen, das Blei unter
den nöthigen Vorsichtsmaßregeln als schwefelsaures Bleioxyd gefällt und auf ein
gewogenes Filtrum gebracht, Kupfer und Eisen wie gewöhnlich als Oxyde bestimmt. Die
Trennung des Nickels vom Eisen in dem nickelhaltigen Stanniol geschah durch
bernsteinsaures Ammoniak. Das durch Oxydation mittelst Salpetersäure erhaltene
Zinnoxyd hält zwar bekanntlich Spuren von Kupfer zurück, doch wurde mit Berücksichtigung der
übrigen zu bestimmenden Metalle und des rein technischen Zweckes der Analyse der
Einfachheit wegen die Behandlung mit Salpetersäure der mit Salzsäure vorgezogen.
Es enthielten hiernach:
1. Spiegelfolie.
Zinn
97,60 Proc.
Kupfer
2,16 „
Blei
0,04 „
Eisen
0,11 „
Wismuth
Spur
–––––––––
99,91
2. Spiegelfolie.
Zinn
97,81 Proc.
Kupfer
1,23 „
Blei
0,76 „
Eisen
0,10 „
–––––––––
99,90
3. Spiegelfolie (Judenfolie).
Zinn
98,47 Proc.
Kupfer
0,38 „
Blei
0,84 „
Eisen
0,12 „
–––––––––
99,81
4. Stanniol.
Zinn
96,21 Proc.
Kupfer
0,95 „
Blei
2,41 „
Eisen
0,09 „
Nickel
0,29 „
–––––––––
99,95
Die erste und zweite Folie dienen zum Belegen größerer Spiegel, die dritte sogenannte
Judenfolie, in kleineren Blättern angefertigt, für kleinere Spiegel, der Stanniol
findet endlich hauptsächlich nur Anwendung zum Ausfüttern von Kästchen, Verpackungen
verschiedener Art u.s.f. Die Namen Folie und Stanniol, sonst häufig gleichbedeutend
gebraucht, werden hier nach den angedeuteten Verwendungen meist streng
unterschieden.
1) Vergleicht man die Analysen mit einander, so fällt zunächst in den besten
Spiegelfolien Nr. 1 und 2 der größere Kupfergehalt in die
Augen. Es muß dieser als wesentlich hervorgehoben werden, weil er größere Festigkeit
und Härte des Fabricates bedingt, und schon äußerlich zeigen sich diese
Eigenschaften an dem eigenthümlichen beim Bewegen der Folienblätter hörbaren Klange,
welchen nur solche mit größerem Kupfergehalte, ähnlich wie das Rauschgold, von sich
geben, während die mit geringerem Kupfer- und mehr Bleigehalt, wie Nr. 3 und
4, denselben nicht zeigen. Bei größeren Blättern ist größere Härte und Festigkeit
unbedingt nöthig, damit sie einestheils der mechanischen Bearbeitung auf dem
Belegtische besser widerstehen, anderntheils aber namentlich durch das Quecksilber
nicht zu rasch angegriffen werden. Weiche Folien lösen (amalgamiren) sich mit
Quecksilber rascher als harte, und können für größere Spiegelbelege um deßwillen
nicht gut Anwendung finden, weil beim Auspressen und Ablaufenlassen des
überschüssigen Quecksilbers leicht fehlerhafte Stellen (Würmer) austreten
würden.
Aus den von Calvert und Johnson, sowie von Karmarsch mitgetheilten, für die
technische Verwendung der Metalllegirungen sehr wichtigen VersuchenPolytechn. Journal Bd. CLII S. 129;
Bd. CLIII S. 415 erhellt, welchen wesentlichen Einfluß ein gewisser Kupferzusatz auf die
Härte des Zinnes äußert, daß man dieselbe durch Zusatz von 1/9 bis 1/4 Kupfer auf
das Drei- bis Fünffache steigern kann, und daß die Härte in einem gewissen
inneren Zusammenhange mit der Festigkeit steht. Es erklärt sich hieraus die von
französischen Fabriken schon vor längerer Zeit bekannt gewordene Erfahrung,Polytechn. Journal Bd. XIX S.
176. nach welcher unreines Zinn für Spiegelbeleg oft eben so gut, sogar noch
besser, als reines Zinn benutzt werden kann. Bei den Folien genügt schon ein
geringer Kupfergehalt (nach obigen Analysen 1–2 Proc.) um ihnen die nöthige
Festigkeit zu ertheilen, es darf sogar derselbe eine gewisse Gränze nicht
überschreiten, weil sonst dadurch die weiße Farbe des Zinnes zu sehr beeinträchtigt
werden würde; manche Zinnsorten des Handels enthalten nun gerade, nach den darüber
vorliegenden Analysen, die für Folien richtige Kupfermenge, nur Spuren von Eisen,
unschädlich geringe Mengen Blei und sind ganz frei von den schädlichen Beimengungen
des Arsens, Antimons und Wismuths; es eignen sich diese daher ganz gut für die Folienfabrication und
werden gewiß auch von manchen Fabriken verwendet. Es sind mir darüber keine
bestimmten Thatsachen bekannt; angeblich wird nur das beste ostindische Zinn
benutzt, welches nach Untersuchung von zwanzig verschiedenen Proben durch Mulder als fast chemischrein betrachtet werden kann. Es
wäre ein theurer Umweg, wenn man das reinste und theuerste Zinn ausschließlich
gebrauchen und mit den nöthigen Zusätzen von Kupfer oder Blei wieder gewissermaßen
verunreinigen sollte, während manches weniger reine und billige Zinn eben so gut
Verwendung finden könnte, sofern man sich nur vorher durch chemische Analyse von
seiner geeigneten Beschaffenheit überzeugt hätte.
2) Nächst dem Kupfer hat das Blei entschiedenen Einfluß
auf die Güte der Folien. Dieses Metall ist zwar ein regelmäßiger Begleiter des
Zinns, doch darf es nicht etwa als eine in den Folien zufällig wechselnde
Verunreinigung betrachtet werden. Obgleich das Blei größere Weichheit als das Zinn
besitzt, haben trotzdem Legirungen von Zinn und Blei mit stark überwiegendem
Zinngehalte eine größere Härte und größere Festigkeit als jeder einzelne
Bestandtheil. Nach den neueren Untersuchungen von Calvert
und Johnson besitzt Zinn, die Härte des Roheisens = 1000
angenommen, die Härte 27, eine Legirung von 63 Th. Zinn und 37 Th. Blei die Härte
32, eine Legirung von 74 Th. Zinn und 26 Th. Blei die Härte 42. Es fehlen die
weiteren Versuche wie hoch durch fortgesetzte Vermehrung des Zinngehaltes die Härte
der Legirungen gesteigert werden kann, bei welchem Verhältnisse beider Metalle sie
am größten ist und von wo an sie wieder abnimmt, jedenfalls ist aber schon nach Berthier's Beobachtungen auch ein geringer Bleigehalt im
Stande die Härte des Zinns merklich zu vermehren. Dieser Umstand verschafft sich bei
den Spiegelfolien praktische Geltung, und es weisen obige Analysen nach, daß in den
Folien mit geringerem Kupfergehalte dafür der Bleigehalt höher ist und die
Festigkeit und Härte vermehren hilft. Es darf derselbe eine gewisse Gränze nicht
überschreiten, weil das Blei dem Zinn leicht ein mattes in Grün übergehendes Ansehen
gibt, und in dem Stanniol mit dem größten Bleigehalte von 2,41 Proc. ist dem durch
einen Nickelzusatz entgegengearbeitet.
3) Die geringen Mengen Eisen in Folien und Stanniol sind
jedenfalls nur als Verunreinigungen zu betrachten, da Eisen als fast nie fehlender
Begleiter in den gewöhnlichen Metallen vorkommt. – Es mag aber schließlich
noch auf die Wichtigkeit des Umschmelzens des Zinns für
die Folienfabrication hingewiesen werden, und worin das Wesentliche dieser Operation
zu suchen ist, da dadurch die Beschaffenheit des Fabricates nicht minder beeinflußt
wird, wie durch gewisse dem Zinn beigesellte Metalle. Vom Kupfer ist schon lange
bekannt, daß die beim Ausgießen beobachtete Temperatur für die Beschaffenheit,
namentlich die gleichmäßige Dichtigkeit des Productes, Bedeutung hat; Bolley wies vom Zink nach, daß es bei niederer Temperatur
ausgegossen dehnbar, bei höherer Temperatur ausgegossen spröde wird; ähnliche
Verhältnisse wiederholen sich beim Zinn. Da ohnedem schon die reinsten Sorten
desselben in den Folienfabriken benutzt werden, so bezweckt das Umschmelzen nicht
sowohl, wie Viele meinen, eine Reinigung des Materiales von gewissen Beimengungen,
sondern vielmehr vor Allem Erzeugung von Dehnbarkeit, welche es häufig auf den
Hütten dadurch verloren hat, daß beim Ausgießen nicht die richtige Temperatur
eingehalten wurde. Zu stark erhitztes Zinn wird nach dem Guß rothbrüchig, zu schwach
erhitztes bekommt ein mattes Ansehen, wird kaltbrüchig und läßt sich deßhalb nicht
gut strecken. Es ist demnach das Hauptaugenmerk auf Einhalten einer mittleren
Temperatur beim Umschmelzen und Ausgießen zu richten, und nicht etwa das Wesentliche
in den oder jenen Zusätzen zum Bedeckungsmittel zu suchen, welches hauptsächlich nur
das Metall vor dem Luftzutritte zu schützen hat.