Titel: | Ueber die Beschaffenheit und das Vorkommen der zur Theergewinnung sich vorzüglich eignenden Braunkohlen und die Verarbeitung des Theers auf Paraffin, Photogen und Solaröl; von Louis Unger. |
Autor: | Louis Unger |
Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. XIV., S. 41 |
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XIV.
Ueber die Beschaffenheit und das Vorkommen der
zur Theergewinnung sich vorzüglich eignenden Braunkohlen und die Verarbeitung des Theers
auf Paraffin, Photogen und Solaröl; von Louis Unger.Wir verweisen auf die frühere Mittheilung des Verfassers „über die
trockene Destillation der Braunkohlen und anderer bituminösen Fossilien in
Retorten, Schacht- und Schwelöfen“ im polytechn. Journal
Bd. CL S. 130 A. d. Red.
Unger, über die Beschaffenheit und das Vorkommen der zur
Theergewinnung sich vorzüglich eignenden Braunkohlen.
Zur Erreichung günstiger Resultate und der sichern Rentabilität eines auf die
trockene Destillation bituminöser Fossilien zu begründenden Unternehmens ist neben
Anwendung zweckmäßiger Destillationsapparate, die quantitative und qualitative
Ausbeute des zu verarbeitenden Materials ganz besonders zu berücksichtigen. Ist auch
die quantitative Ausbeute der zum Abschwelen verwendeten Kohle oft genügend, so
wechselt doch die Qualität der Producte des aus derselben gewonnenen Theers oft so
erheblich, daß dadurch die Rentabilität des Unternehmens zweifelhaft werden kann,
oder doch wesentlich modificirt wird.
Die große Anzahl der uns von den verschiedensten Materialien vorliegenden Analysen
bieten hierbei zwar im Allgemeinen einen Anhalt, es ist jedoch bei allen hierüber
gemachten Angaben weniger darauf Bedacht genommen worden, die äußeren Merkmale und
Lagerungsverhältnisse der sich zum Abschwelen besonders eignenden Kohlen
gleichzeitig anzugeben.
Die Mittheilung meiner hierüber gemachten Erfahrungen dürfte daher einiges Interesse
bieten, da es bei Begründung neuer Anlagen von großer Wichtigkeit ist, dieselben
vorher zu kennen um Mißgriffe und Verluste zu vermeiden.
So nöthig es nun zwar einerseits ist, zur Theergewinnung nur Kohlen zu verwenden,
deren Producte den größten Handelswerth haben, so hat man doch nicht minder bei
einer zu machenden Anlage auch auf Beschaffung eines guten und billigen
Feuerungsmaterials Rücksicht zu nehmen, da bei den jetzigen Einrichtungen der
Verbrauch in der Regel ein größerer ist, als der der abzuschwelenden Kohlen.
Nächst der Ausbeute an Paraffin ist hauptsächlich eine größere Ausbeute an Photogen,
welches jetzt noch einen um dreißig bis vierzig Procent höheren Preis hat, als das
demselben in vieler Beziehung als Beleuchtungsmaterial vorzuziehende Solaröl und die
außerdem zu gewinnenden Schmieröle, zu berücksichtigen.
Man wird demnach zum Schwelen hauptsächlich diejenige Kohle verwenden, welche in
überwiegendem Verhältniß wasserstofffreichere und daher leichtere Producte
liefert.
Nach vielseitig gemachten Ermittelungen beschränkt sich die bessere Beschaffenheit
der Kohlen keineswegs auf einzelne Fundorte. Obwohl mehr oder minder günstige
Terrainverhältnisse hierbei von wesentlichem Einfluß zu seyn scheinen, so dürfte
doch dieselbe hauptsächlich von der Bildung der Kohle selbst und den
Lagerungsverhältnissen derselben abhängen, was dadurch bestätigt wird, daß der
Gehalt und die Beschaffenheit der Kohle in ein und demselben Flötz oft sehr
erheblich wechseln.
Wenn man als begründet annehmen kann, daß die noch jetzt stattfindende Bildung der
Torfmoore als Vorläufer der Entstehung von Braunkohlenlagern zu betrachten ist, so
wird es einleuchten, daß die Vorgänge derselben auf die Beschaffenheit der Kohle
hauptsächlich einwirkten.
Zu den zur Bildung der Torfmoore vorzüglich beitragenden Vegetabilien gehört
insbesondere eine Pflanzengattung, die Torfmoose, Sphagnoideen, welche in Folge
ihres Baues fähig sind, Wasserstoff in überwiegendem Verhältniß zum
Kohlenstoffgehalt ihres Zellgewebes in sich aufzunehmen und denselben festzuhalten;
es wird demnach überall da eine Bildung wasserstoffreicher Kohle stattgefunden
haben, wo die Torfmoose hauptsächlich zur Entstehung eines Kohlenlagers beitrugen,
wo diese dagegen fehlten, oder die Zersetzung derselben durch die Länge der Zeit, so
wie andere hierbei in Betracht zu ziehende Umstände weiter vorgeschritten ist, wird
der Kohlenstoffgehalt ein größerer seyn, und diese daher auch kohlenstoffreichere
Destillationsproducte von größerem spec. Gewicht liefern.
Es dürfte dieß einestheils darin seine Bestätigung finden, daß die zum Abschwelen
sich vorzüglich eignende Kohle fast immer im Ausgehenden der Flötze, also der
jüngsten Bildungsperiode des Kohlenlagers, ansteht und dort oft nur in schwachen
Lagen von wenigen Fußen, häufig auch nur nesterweis der Kohle von geringerem Gehalt aufgelagert
oder mit derselben untermengt vorkommt.
Dem ähnliche Verhältnisse finden bei der Vegetation der Torfmoose und der Bildung des
Torfs aus denselben statt, indem diese, theilweise auf ausgebreiteten Flächen, immer
aber mehr an den Rändern der großen Torfmoore, häufiger aber noch in inselförmigen
Gruppen vorkommen.
Andererseits spricht hiefür die sonstige Beschaffenheit dieser Kohle; dieselbe bildet
nämlich im grubenfeuchten Zustande gewöhnlich eine schmierige, hell braungelbe,
mitunter auch mehr weißliche oder dunkelbraune Masse, die sogenannte Schmierkohle,
welche lufttrocken, leicht zerreiblich, von pulveriger Beschaffenheit und dabei sehr
leicht ist, indem die Tonne in der Regel, in lufttrockenem Zustande, nur ein Gewicht
von 200 bis 230 Pfd. hat, während sonst das Durchschnittsgewicht der Braunkohlen
zwischen 260 bis 300 Pfd. beträgt. Von ähnlicher Beschaffenheit sind die durch die
Torfmoose gebildeten Bestandtheile des Torfs.
Ein charakteristisches Kennzeichen derselben ist ferner die Eigenschaft, im trockenen
Zustande schon bei einem mäßigen Druck zwischen den Fingern eine leicht
zusammenbackende Masse zu bilden, was Kohle von geringem Theergehalt, also
schlechterer Beschaffenheit, nie thun wird; einen großen Theergehalt erkennt man
auch leicht daran, daß Stücke derselben in eine Kerzenflamme gehalten, bald in einen
schmelzenden Zustand gerathen und einmal entzündet mit rußender Flamme von selbst
fortbrennen.
Nach meinen Beobachtungen findet sich die bessere Schwelkohle besonders da, wo Sand
oder Kies das Deckgebirge bildet; wo dagegen Thon auf oder dazwischen lagert, wird
dieselbe immer von schlechterer Beschaffenheit seyn, da das Absorptionsvermögen des
Thons wahrscheinlich dazu beiträgt, derselben den freien Wasserstoff zu
entziehen.
Da nach den vorliegenden Erfahrungen die zum Schwelen sich vorzüglich eignende Kohle,
obwohl sie sehr flüchtig und mit lebhafter Flamme brennt, dennoch wegen des geringen
Kohlenstoffgehalts ihrer Destillationsproducte eine bei weitem geringere Heizkraft
besitzt, demnach als Feuerungsmaterial nur einen untergeordneten Werth hat, so wurde
dieselbe früher, und häufig auch noch jetzt, unbeachtet gelassen, ja mitunter als
werthloser Abraum zu Tausenden von Tonnen auf Halden gestürzt, während sie doch zur
Theergewinnung ein sehr werthvolles, ja oft größeren Gewinn versprechendes Material,
als selbst die beste Feuerkohle es ist, abgeben würde. Daß außer Berücksichtigung
der vorstehend erwähnten Eigenschaften und Lagerungsverhältnisse der zur
Theergewinnung zu verwendenden Kohlen, nur eine vorherige Analyse derselben die
bestimmten Anhaltspunkte geben kann, versteht sich natürlich von selbst.
Nur selten wird, wie bereits erwähnt, die bessere Schwelkohle in durchgehends
gleichmäßiger Qualität lagern; es ist daher rathsam sie da, wo sie in verschiedener
Qualität vorkommt, wenn irgend möglich, durch Tagebau zu fördern, da nur dann die
erforderliche Sichtung des besseren Materials von dem zum Schwelen ungeeigneten
möglich wird, die damit verbundenen Kosten werden sicher, durch Erzielung eines
günstigeren Resultates und oft sehr reichlich gedeckt werden.
Die weitere zweckmäßige Verarbeitung des durch die Destillation aus Braunkohlen
gewonnenen Theers ist nicht minder von großem Einfluß auf das Bestehen eines hierauf
begründeten Unternehmens, als die richtige Wahl des hierzu erforderlichen
Rohmaterials und dessen vortheilhafte Verkohkung.
So einfach an sich der Gang der Fabrication ist, so treten doch bei der Darstellung
der hauptsächlichsten Producte, dem Paraffin, Photogen und Solaröl, im größeren,
fabrikmäßigen Betriebe, mancherlei Schwierigkeiten auf, zu deren Beseitigung
mannichfache Erfahrungen erforderlich sind.
Eine kurze Mittheilung meiner darüber gemachten Beobachtungen dürfte daher vielleicht
Manchem willkommen seyn.
Zur wiederholten Destillation des Theers hat man verschiedene Methoden und Apparate
vorgeschlagen und benutzt, in der Praxis hat sich jedoch wie immer das Einfachste
als das Bessere bewährt. Es ist weder eine gleichzeitige Benutzung überhitzter
Dämpfe noch ein vorheriges Vermischen des Theers mit Eisenvitriol, Kalk oder anderen
Substanzen zu empfehlen, im Gegentheil wirkt letzterer insofern nachtheilig, als er
beim Beginn der Destillation leicht ein Uebersteigen des Theers herbeiführt und sich
ferner an den Wandungen und dem Boden der hierbei verwendeten Blasen anlegt, wodurch
die Leitungsfähigkeit derselben beeinträchtigt und die Destillation verzögert
wird.
Eine wesentliche Bedingung zu einem raschen und sicheren Gange der Destillation ist
die möglichst vollständige Entwässerung des Theers, welche leicht dadurch erreicht
wird, daß derselbe in Blasen, die mit einem doppelten Boden versehen sind und aus
starkem Kesselblech bestehen, durch Dampf so lange geschmolzen wird, bis eine
möglichst vollständige Scheidung des Wassers stattgefunden hat.
Dieselben sind mit einem Kühlapparat zu versehen, um die hierbei entweichenden
leichten Oele zu condensiren. Es kann das Schmelzen des Theers allerdings auch in
Blasen oder sonst dazu geeigneten Apparaten über freiem Feuer geschehen, doch findet
dann leicht ein Aufkochen des Theers mit dem Wasser und daher eine unvollständige
Scheidung statt. Bei
zweckmäßiger Einrichtung des Theerreservoirs wird auch in diesem schon eine ziemlich
vollständige Trennung des Ammoniakwassers vom Theer erfolgen, was man am leichtesten
erreicht, wenn man dasselbe in ein mit Nasser gefülltes Bassin stellt und dieses
durch den von den Blasen etc. abgehenden Dampf immer auf einer den Schmelzpunkt des
Theers nur wenig übersteigenden Temperatur erhält.
Entwässert man den Theer, wie vorher bemerkt, auf Blasen durch Dampf, so wird nach
Verlauf von 36 bis 48 Stunden die Trennung des Theers vom Wasser ziemlich
vollständig erfolgt seyn; nur ein geringer Antheil davon hält das Wasser sehr
hartnäckig fest, und darf nicht mit auf die Destillirblase gebracht werden; man
entfernt daher, nachdem das reine Wasser mittelst eines am Boden der Blase
angebrachten Hahnes abgelassen worden ist, diese trübe, buttrige und schleimige
Masse so lange bis der abfließende Theer vollkommen klar erscheint; erstere gibt man
später wieder auf die Blase oder das Theerreservoir zurück.
Beobachtet man diese Vorsicht nicht, so erfolgt beim Anfeuern der Blase durch die
Entwickelung und theilweise Zersetzung der Wasserdämpfe ein starkes Poltern und
Aufwallen des Theers, wobei die Destillation nur sehr langsam von Statten geht, und
die Destillationsproducte sehr dunkel gefärbt erscheinen. Zur Destillation des
Theers sind den häufig angewandten Blasen von Gußeisen, in vieler Beziehung solche
von Schmiedeeisen resp. starkem Kesselblech vorzuziehen, da in letzteren bei
zweckmäßiger Construction und Einmauerung die Destillation unbedingt leichter und
gleichmäßiger erfolgt, als dieß bei Anwendung von gußeisernen Blasen der Fall
ist.
Die anscheinend größere Dauerhaftigkeit der gußeisernen Blasen wird von der größeren
Leistungsfähigkeit der schmiedeeisernen jedenfalls überwogen, findet jedoch mit der
Zeit, was bei guter Construction und Behandlung nicht sobald geschieht, ein
Durchbrennen derselben am Boden statt, so kann dieser leicht durch einen neuen
ersetzt werden, während die Reparatur einer defect gewordenen gußeisernen Blase fast
nie gelingt. Für die schmiedeeisernen Blasen genügt eine Stärke des Blechs von 1/4
Zoll zu den Wandungen und Deckel, wogegen dasselbe am Boden mindestens 3/8 Zoll
stark seyn muß, wobei es zweckmäßig ist denselben wo möglich aus einem Stück
fertigen zu lassen, und ihm eine schwache Wölbung nach innen zu geben, welche bei
einem Durchmesser der Blase von 4 1/2 bis 4 3/4 Fuß circa 2 Zoll betragen kann.
Es wird hierdurch nicht nur eine gleichmäßigere Einwirkung des Feuers erzielt,
sondern auch in Folge der entgegengesetzten stärkeren Spannung ein stellenweises
Ausbauchen und Durchbrennen desselben vermieden.
Da die Destillationsproducte des Theers nur wenig latente Wärme haben, so ist eine
möglichst niedrige Construction der Blasen erforderlich; es ist daher zweckmäßig,
daß deren Höhe circa ein Viertel weniger beträgt, als
der Durchmesser derselben.
Aus gleichem Grund ist es vortheilhaft, außer dem zur Abführung der Dämpfe
bestimmten, an der Seite des den Helm bildenden Deckels angebrachten weiten Rohr,
unmittelbar unter dem Rande der Blase einen, eine Rinne bildenden Kranz von
Eisenblech anzubringen, der die an dem Deckel sich condensirenden und nach der Blase
zurückfließenden Oele aufnimmt, und durch ein seitlich angebrachtes, beiläufig 1 1/2
bis 2 Zoll weites Rohr nach dem Kühlapparat abführt.
Es wird dadurch nicht nur die Destillation wesentlich beschleunigt, sondern auch die
Zersetzung der Oele und Bildung permanenter Gase sehr verringert, die namentlich
gegen das Ende derselben, wo die oberen Wandungen der Blase frei und deßhalb stärker
erhitzt werden, außerdem nicht unbeträchtlich ist. Ist der Theer gut entwässert und
wird er ohnehin schon heiß auf die Blase gebracht, so kann dieselbe ohne Gefahr bis
auf 8 oder 9 Zoll unter dem Bord gefüllt werden, da dann ein Uebersteigen bei
vorsichtigem Anfeuern nie zu befürchten ist; es beginnt alsdann die Destillation
sehr bald und wird, wenn der Inhalt circa 1500 Pfd.
beträgt, in 12 bis höchstens 15 Stunden beendet seyn.
Bei der fractionenweis erfolgenden Destillation werden, wie bekannt, die zuerst
übergehenden leichten Oele bis zu einem bestimmten specifischen Gewicht besonders
aufgesammelt; dasselbe wechselt jedoch, je nach Beschaffenheit der zur
Theergewinnung verwendeten Kohlen, oft sehr erheblich, so daß, während von einigen
die Rohöle anfänglich mit einem specifischen Gewicht von 0,760 bis 0,770 übergehen,
dieselben von anderen ein solches von 0,830 bis 0,840 haben; hat man daher Theer von
verschiedenen Kohlen zu verarbeiten, so ist es erforderlich die verschiedenen spec.
Gewichte der zu gewinnenden Oele vorher durch Versuchsdestillationen zu ermitteln,
um einen sichern Anhalt zu haben. In der Regel kann man das erste Fünftheil der
Destillate als leichte, größtentheils Photogen und fast gar kein Paraffin
enthaltende Oele annehmen; bei einiger Uebung und Aufmerksamkeit findet man auch,
daß nach erfolgtem Uebergang der leichten Producte eine merkliche Unterbrechung
eintritt, bis durch Verstärkung des Feuers der Inhalt der Blase eine höhere
Temperatur angenommen hat, worauf die Destillation wieder stärker beginnt und rasch
fortschreitet.
Das spec. Gewicht der nunmehr übergehenden Oele steigert sich alsdann rascher und
nimmt der Gehalt an Paraffin mehr und mehr zu, so daß gewöhnlich nach Uebergang des
zweiten Fünftheils die Sättigung der Oele mit Paraffin erfolgt. Der Sättigungspunkt
derselben läßt sich zwar, da er bei Erreichung eines bestimmten spec. Gewichts
eintritt, hierdurch ziemlich genau bestimmen, doch geschieht dieß leichter und
sicherer durch eine von Zeit zu Zeit genommene und auf einer Glastafel oder einem
Porzellanschälchen erkaltete Probe, welche alsdann die Bildung von Krystallen leicht
erkennen läßt.
Sobald eine vollkommene Sättigung der Oele mit Paraffin erfolgt ist, beschleunige man
die Destillation und bringe die Paraffinmasse noch warm auf die zur Krystallisation
desselben bestimmten Gefäße.
Die Destillation wird bis zur vollständigen Verkohkung des Rückstandes fortgesetzt,
wozu es hinreicht, zuletzt den Boden der Blase bis zur schwachen Rothgluth zu
erhitzen; dieselbe früher abzubrechen und den Rückstand als Asphalt zu benützen, was
mehrfach in Vorschlag gebracht worden ist, ist jedenfalls unvortheilhaft, da dabei
ein großer Theil Paraffin verloren geht oder doch im Asphalt zu einem sehr niedrigen
Werth ausgenutzt wird, wogegen gut abgetriebene Theerkohks einen eben so hohen Werth
als Steinkohlenkohks haben, da sie sich zu allen Schmiedearbeiten vortrefflich
eignen, eben so gut aber auch in klarem Zustande mit nasser Knorpelkohle gemischt
zur Heizung der Stubenöfen und anderen Feuerungen verwendet werden können.
Die Ausbeute an Destillationsprodukten wird je nach Beschaffenheit der zum Schwelen
verwendeten Kohle ebenfalls eine verschiedene seyn, indem man aus den leichteren
Theeren 2 bis 4 Proc. mehr erhält als die schweren, kohlenstoffreicheren geben. Bei
Anwendung zweckmäßiger Apparate und gutgeleiteter Operation wird der Rückstand und
Verlust im Durchschnitt 6 bis 8, selten aber mehr als 10 Proc. betragen.
Eine wesentliche Bedingung ist hierbei, wie sich wohl von selbst versteht, daß nach
jeder Destillation die Blase sorgfältig gereinigt werde, da außerdem bei der
nächsten Operation die Leitungsfähigkeit derselben durch die an den Wandungen sitzen
gebliebenen kohligen Rückstände bedeutend verringert, außerdem aber auch eine
stärkere Zersetzung der Oele in permanente Gase und daher größere Verluste
herbeigeführt werden, indem an den nicht vollständig gereinigten Stellen die Blase
leichter zum Glühen kommt, wobei diese selbst stärker angegriffen wird.
Da bei der weiteren Verarbeitung des Paraffins es von erheblichem Vortheil ist, daß
die Krystallisation desselben in möglichst großen, regelmäßigen Schuppen oder Tafeln
erfolgt, indem alsdann die Trennung desselben vom Oel, und das nachfolgende Pressen
viel leichter und vollständiger bewirkt werden kann, so hat man auf die hierzu
erforderlichen Bedingungen besonders Bedacht zu nehmen. Dem praktischen Chemiker ist es
hinreichend bekannt, daß die vollkommene und regelmäßige Krystallisation oft nur bei
genauer Beobachtung besonderer Handgriffe erfolgt, und mitunter anscheinend sehr
unbedeutende Umstände störend hierauf einwirken; sowohl der richtige Sättigungspunkt
und die Temperatur der Laugen, als auch das Quantum und die mehr oder minder rasche
Abkühlung derselben, sind auf die vollkommne und regelmäßige Ausbildung der
Krystalle von entschiedenem Einfluß; dasselbe findet bei der Krystallisation des
Paraffins statt, man hat daher auch hier ein dem entsprechendes Verfahren zu
beobachten.
Es ist jedenfalls unzweckmäßig, sehr große und flache Bassins von Eisen oder Holz
hierzu zu verwenden, da dieselben zu ihrer Aufstellung große Räumlichkeiten
erfordern, die Masse darin zu rasch abkühlt und deren Anschaffung kostspielig ist;
auch bei einem größeren Betriebe wird es nicht immer möglich seyn, dieselben rasch
hinter einander zu füllen, so daß die bereits begonnene Krystallisation früherer
Destillationen durch das Nachfüllen späterer gestört wird; es ist daher zweckmäßig,
mehr hohe als weite Gefäße hierzu zu verwenden, und eignen sich bereits gebrauchte
Leinöl- oder Palmölfässer ganz vorzüglich, da dieselben geringe
Anschaffungskosten erfordern und dem Zweck vollständig entsprechen, sie müssen
jedoch mit gutem Eisenband versehen, und dürfen nur so groß seyn, daß eins oder
mehrere von dem Product einer Destillation gefüllt werden.
Sind dieselben zu groß, so erfolgt insbesondere in den wärmeren Monaten die
Krystallisation zu langsam, wodurch die weitere Verarbeitung verzögert und die
Aufstellung einer größeren Anzahl erforderlich wird.
Es ist eine Berücksichtigung dieser Umstände nicht genug zu empfehlen, da ein
unpassendes Verfahren hierbei leicht sehr empfindliche Verluste an Zeit und Product
herbeiführen kann, indem bei unvollständiger Krystallisation anstatt großer, fester
Schuppen eine Menge kleiner spitziger Krystallnadeln, oft in Form einer coagulirten
Masse sich bilden, die bei weiterer Behandlung, namentlich im Centrifugalapparat,
wieder in das abfließende Oel mit übergehen, und einer neuen Destillation mit
demselben unterworfen werden müssen, welche stets mit Verlust an Paraffin verbunden
ist.
Einen wesentlichen Einfluß auf eine schöne Krystallisation hat aber auch nicht minder
die Beschaffenheit des Theers; je mehr specifisch leichte Producte derselbe enthält,
desto besser und leichter wird auch dieselbe erfolgen, wogegen schwere Oele
unvollkommene Krystallisationen geben und nur schwer zu erschöpfen sind.
Sind die Oele hinreichend mit Paraffin gesättigt, so wird bei einer Temperatur von +
5 bis 10° R. die Krystallisation in 3 bis 4 Tagen vollständig erfolgen; ehe
man jedoch zur weiteren Verarbeitung schreitet, lasse man die Gefäße gehörig
durchkühlen, da die Löslichkeit des Paraffins in den Oelen sich mit jedem
Temperaturgrad steigert, weßhalb man bei zu schnellem Verarbeiten Nachtheil hat.
Zur ersten Trennung des Paraffins von den Oelen wendet man, wie bekannt, vielfach
ähnliche Centrifugalapparate wie bei der Zuckerfabrication an; dieselben bieten
insbesondere bei einem größeren Betrieb allerdings den Vortheil, daß man größere
Massen rasch verarbeiten kann, sie haben aber auch außer anderm den Nachtheil hoher
Anschaffung- und Betriebskosten und können recht füglich durch einfachere und
dem Zweck vollkommen entsprechende Vorrichtungen erspart werden.
Schon früher machte Dr. Vohl
hierauf aufmerksam, und schlug vor, anstatt der theuren Centrifugalapparate einen
sogenannten Rutschapparat anzuwenden, wobei er zur Herstellung eines saugenden,
luftverdünnten Raumes den Druck einer Wassersäule zu. benutzen empfiehlt.
Einfacher und von größerer Wirksamkeit ist hiefür jedenfalls die Anwendung eines Retour d'eau.
Bei der dünnflüssigen Beschaffenheit der Oele ist aber überhaupt keine besondere
Kraft erforderlich, um eine ziemlich vollständige Trennung derselben von den
Krystallen zu erreichen, welche bei der Zähigkeit und größeren Consistenz des
Zuckersyrups allerdings erforderlich ist; es genügt vielmehr schon die Paraffinmasse
auf, in Körbe gespannte Filter von dichtem Wollenstoff zu bringen, die über einen
Bottich oder sonst passendes Gefäß zur Aufnahme des abfließenden Oels gestellt
werden, wobei durch zeitweiliges Umstechen der Abfluß des Oels beschleunigt und
zuletzt auch ein Auswaschen mit leichtem Photogen angewendet werden kann. Die
Aufstellung einiger solchen Filter genügt schon zur Verarbeitung größerer
Quantitäten.
Nachdem auf diese Weise der größte Theil des Oels entfernt worden ist, preßt man die
Masse wie gewöhnlich in Säcken von festem Wollenstoff. Man erreicht bei diesem
Verfahren billiger und eben so vollständig den Zweck, als bei Anwendung vorstehend
erwähnter Apparate.
Die weitere Reinigung des Paraffins ist wohl unbedingt insofern eine der wichtigsten
Operationen des ganzen Fabricationszweiges, als dasselbe nicht nur wegen seiner
vorzüglichen Eigenschaften als Material zur Kerzenfabrication, sondern auch seines
deßhalb bedeutend höheren Handelswerthes, die größte Beachtung verdient. Es sind
zeither leider mitunter sehr unvollkommene Fabricate desselben in den Handel gebracht worden, wodurch es
bei den Consumenten in einen schlechten Ruf gekommen ist, welcher der allgemeineren
Einführung hindernd im Wege steht.
Die hauptsächlichsten Fehler der aus nicht genügend gereinigtem Paraffin fabricirten
Kerzen bestehen darin, daß dieselben bei einer Temperatur von weniger als 30°
R. bereits erweichen und sich dann insbesondere bei einseitiger Erwärmung in der
Nähe eines Ofens (mehr noch in der Sonne) krumm ziehen, was durch einen mehr oder
minder großen Gehalt an schweren Oelen (Eupion) herbeigeführt wird.
Auch das möglichst gut gereinigte Paraffin besitzt, wenn auch in viel schwächerem
Grade, diese Eigenschaft, und wird es bei einem größeren Betriebe nicht immer
möglich seyn, denselben so sorgfältig zu überwachen, daß ein in dieser Beziehung
stets ganz tadelloses Fabricat geliefert werde; es läßt sich jedoch durch Zusatz
einer entsprechenden Quantität (4 bis 6, höchstens 10 Proc.) reiner Stearinsäure,
dasselbe wesentlich verbessern, da diese dem Paraffin mehr Körper gibt und
gleichzeitig seinen Schmelzpunkt erhöht. Andere Zusätze, als Wachs, Wallrath u.s.w.
entsprechen dem Zweck weniger und vertheuern das Fabricat. Es ist sicher eine
falsche Ansicht mancher Fabrikanten, die von ihnen zu liefernden Kerzen nur aus
reinem Paraffin gießen zu lassen, da es in der Natur der Sache liegt, daß hierbei
häufig Klagen und Mängel herbeigeführt werden müssen, wodurch dem ganzen
Industriezweig und der allgemeinen Einführung des Fabricats geschadet wird. Ein
zweiter sehr oft vorkommender Fehler ist das Ablaufen der Kerzen beim Brennen,
welcher weniger durch den niederen Schmelzpunkt des Paraffins, als durch eine
mangelhafte Entsäuerung desselben oder durch unpassende Stärke und Beschaffenheit
des Dochtes herbeigeführt wird, es trägt aber auch eine durch fehlerhaften Guß
entstehende, krystallinische und daher zu lockere Structur der Kerzen hierzu
bei.
Daß außerdem der Handelswerth derselben durch ein rein alabasterweißes,
durchscheinendes, spiegelndes, weder rissiges noch fleckiges Ansehen erhöht wird,
versteht sich von selbst, wenn dieß auch beim Verbrauch von minderem Einfluß
ist.
Die Fabrication verschiedenfarbiger Kerzen bietet keine besonderen Schwierigkeiten
und ist mehr als eine Spielerei zu betrachten, wird jedoch auch bisweilen benutzt um
eine mangelhafte Reinigung zu verdecken. Schon Reichenbach empfiehlt als beste Reinigungsmethode des Paraffins die
Behandlung desselben mit concentrirter Schwefelsäure, welche auch Wagenmann für den fabrikmäßigen Betrieb in neuerer Zeit
angenommen und empfohlen hat.
Es sind zwar noch viele andere Methoden in Vorschlag gebracht und ausgeführt worden,
dieselben sind jedoch theils als zu umständlich und daher für den größeren Betrieb
nicht passend, theils als zu kostspielig wieder verlassen worden oder haben keine
weitere Verbreitung gefunden.
So einfach an sich die Reinigungsmethode durch concentrirte Schwefelsäure ist, sind
doch bei Anwendung derselben praktische Handgriffe und deren genaue Befolgung nöthig
und wesentlich fördernd; bei nachfolgendem Verfahren ist es mir stets gelungen ein
entsprechendes Resultat zu erreichen.
Die vorher durch Pressen etc. von Oel möglichst befreiten Paraffinkrystalle werden in
einem durch Dampf zu erhitzenden Kessel von Gußeisen oder Blei geschmolzen und bis
circa 70° R. erhitzt, worauf man unter
beständigem Umrühren 50 Proc. Schwefelsäure von 66° B. zusetzt und die
Temperatur 18 bis 24 Stunden auf möglichst gleicher Höhe erhält. Nachdem das
Paraffin mit der Säure innig gemischt ist, überläßt man das Ganze der Ruhe.
Nach Verlauf dieser Zeit hat sich die mit einem Theil des Oels verbundene Säure am
Boden des Kessels als ein noch weicher, dicker Kuchen, der bei längerem und
stärkerem Erhitzen in eine kohlige feste Masse verwandelt wird, angesammelt, von
welchem das darüberstehende klare, im durchfallenden Licht schwarzviolett
erscheinende Paraffin abgenommen und in Tafeln von höchstens 1 bis 1 1/4 Zoll Stärke
vergossen wird.
Nachdem dieselben gehörig erkaltet sind, werden sie in einer auf 26 höchstens
30° R. erwärmten hydraulischen Presse von mindestens 600,000 bis 800,000 Pfd.
Druck gepreßt, wobei gewöhnlich noch 6 bis 8 Proc. eines ziemlich consistenten Oels
gewonnen werden, welches mit den übrigen Paraffinölen weiter verarbeitet werden
kann.
Die erhaltenen Preßkuchen werden nun nochmals unter Zusatz von 1 1/2 bis 2 Proc.
Stearin geschmolzen und wie früher ein Gemisch von 20 Proc. Schwefelsäure von
66° B. und 10 Proc. rauchendem Vitriolöl von 80° B. langsam und unter
beständigem Umrühren zugegeben. Das Rühren wird so lange fortgesetzt bis die ganze
Masse so dick geworden ist, daß sie wie Seifenleim vom Rührer läuft; hierauf
überläßt man das Ganze bei gleichmäßiger Unterhaltung der Temperatur der Ruhe, bis
das Paraffin als vollkommen wasserklare Flüssigkeit erscheint, wozu gewöhnlich 36
bis 48 Stunden Zeit erfordert werden. Bei Anwendung von einem Dritttheil rauchender
Schwefelsäure findet eine kräftigere doch nicht zu stürmische Einwirkung statt, und
wird dabei immer ein gutes Resultat erzielt werden; ich habe mehrfach versucht dieß
Verhältniß abzuändern, bin aber immer wieder zu demselben zurückgekehrt.
Die Behandlung des Paraffins mit Schwefelsäure über freiem Feuer hat jedenfalls den
Nachtheil, obwohl hierbei an Säure etwas gespart wird, daß die Entwickelung größerer
Massen dabei auftretender schwefliger Säure, wenn auch die nöthigen
Vorsichtsmaßregeln zu deren Ableitung getroffen werden, für den Arbeiter sehr lästig
und nachtheilig ist, hauptsächlich aber Verluste an Paraffin durch Ueberhitzung und
Verdampfen nicht leicht vermieden werden können.
Nach vollständiger Klärung des Paraffins hat man nur noch nöthig dasselbe durch
Behandeln mit Aetzlauge gehörig zu entsäuren und gleichzeitig das demselben
zugesetzte Stearin zu verseifen, um alle darin aufgelösten und noch schwebenden
Unreinigkeiten mit der gebildeten Seife niederzuschlagen. Zu diesem Behuf mischt man
das von dem Säurerückstand abgelassene Paraffin bei einer Temperatur von 85 bis
86° R. mit 1 bis 1 1/4 Proc. Aetznatronlauge von 40° B., setzt jedoch
dieselbe unter fortwährendem Rühren nur in kleinen Portionen nach und nach zu,
worauf dem Ganzen noch 6 bis 8 Proc. kochendheißes Wasser zugegeben und mit dem
Rühren so lange fortgefahren wird, bis die Seifenbildung vollständig erfolgt ist,
was man bei einiger Uebung leicht erkennen wird.
Nachdem sich die, alle Unreinigkeiten enthaltende Seifenlösung gehörig gesetzt und
das Paraffin vollständig geklärt hat, kann es sofort weiter verarbeitet oder in
Tafeln vergossen werden.
Bei Anwendung dieser Methode vermeide man ein nochmaliges Aufkochen des Paraffins mit
der Seifenlösung, da hierbei leicht ein Theil der gebildeten Seife in das Paraffin
übergeht, was dann zur Folge hat, daß die Kerzen beim Guß sich nur schwer aus der
Form lösen, und auch im Ansehen nicht so schön ausfallen, so daß es bisweilen nöthig
wird, da bloßes Auswaschen nicht hilft, das Paraffin nochmals mit Säure zu
behandeln, was immer mit Verlust verbunden ist. Findet wegen zu niedriger Temperatur
oder aus anderem Grunde keine vollständige Verseifung statt, so klärt sich das
Paraffin nicht hinreichend, gewöhnlich genügt es jedoch dasselbe einigemal mit
heißem Wasser zu waschen.
Beim Gießen der Kerzen ist es nöthig mit eben so großer Aufmerksamkeit als
Genauigkeit zu arbeiten, um ein allen Anforderungen entsprechendes Fabricat zu
liefern; die hierbei nöthigen Handgriffe hängen jedoch hauptsächlich von der
Erfahrung und Geschicklichkeit des Arbeiters ab, weßhalb ich nur einiges dabei
Wesentliche hervorheben will.
Um die Kerzen fest, hartbrüchig, so daß sie beim Zerbrechen knacken und beim
Zusammenschlagen einen hellen klappernden Ton von sich geben, zu erhalten, ist es
nöthig das zu vergießende Paraffin auf mindestens 60 bis 70° R. zu
erhitzen, sowie die Formen mittelst Dampf auf circa
45° anzuwärmen. Nachdem dieselben gefüllt sind, senkt man sie rasch bis an
den Ansatz in ein durch beständigen Zufluß auf einer Temperatur von circa 10° R. erhaltenes Bassin mit kaltem Wasser,
um eine schnelle und gleichmäßige Abkühlung zu bewirken.
Da das Paraffin hierbei sehr stark schwindet, so hat man durch Nachfüllen dafür zu
sorgen, daß die Formen stets übervoll bleiben, wobei der vor dem völligen Erkalten
in Quadrate geschnittene Ansatz dazu dient, die Kerzen durch eine Drehung leicht aus
der Form lösen zu können, was bei guter Kühlung schon nach Verlauf von einer Stunde
geschehen kann.
Es ist nicht immer zu vermeiden, daß beim Abkühlen der Formen, durch schlechten
Schluß der Hähne oder Pfröpfchen, etwas Wasser in die Form dringt, es ist daher
nöthig die Formen nach jedesmaligem Gebrauch vorsichtig und sauber ausputzen zu
lassen, da sonst beim nächsten Einziehen der Dochte dieselben feucht werden, was
beim Brennen der Kerzen ein Spritzen und Prasseln verursacht, so daß sie bisweilen
sogar verlöschen; ferner aber werden durch das an den Wandungen der Form in kleinen
Tröpfchen haftende Wasser in den Kerzen kleine Grübchen gebildet, die denselben ein
schlechtes Ansehen geben. Erwärmt man die Formen nicht, oder vergießt das Paraffin
bei zu niedriger Temperatur, so werden die Kerzen kaltgüssig, d.h. matt, glanzlos
und lösen sich dann auch schwerer aus der Form. Eine sehr wesentliche Bedingung ist
die gute Beschaffenheit und das richtige Verhältniß des Dochtes zur Kerze. Das zu
demselben verwendete Garn muß gut gebleicht, möglichst egal und fein, das Geflecht
gleichmäßig und nicht zu fest geklöppelt seyn.
Ist der Docht an sich von guter Beschaffenheit, so ist ein vorheriges Präpariren
desselben mit Borax-, Phosphor- oder Schwefelsäure etc. von keinem
erheblichen Nutzen, wohl aber kann leicht dabei der Nachtheil entstehen, daß bei
nicht gehöriger Vorsicht derselbe zu stark angegriffen wird, wodurch eine zu rasche
Verkohlung desselben erfolgt, so daß die Flamme der Kerze zu klein bleibt, daher
nicht im Stande ist das geschmolzene Paraffin zu verzehren, wodurch alsdann ein
Ablaufen stattfinden muß; auch bildet sich bei Anwendung von Borax- oder
Phosphorsäure bisweilen an der Spitze des Dochts eine kleine Perle, die dann den
Docht belastet und gleiche Erscheinungen hervorruft.
Die Stärke des Dochtes muß mit der Stärke der Kerze in einem genauen Verhältniß
stehen, so daß stets ein vollständiges Aufsaugen des durch die Flamme geschmolzenen
Paraffins stattfindet und eine hinreichend große Flamme gebildet wird; einige Versuche werden bald
das richtige Verhältniß erkennen lassen.
Ueberhaupt sorge man dafür, daß das zu vergießende Paraffin vollkommen klar und frei
von allen Unreinigkeiten sey, da diese sich beim Brennen auf dem Docht concentriren
und ein schlechtes Brennen herbeiführen; es ist daher zweckmäßig dasselbe vor dem
Vergießen zu filtriren, da durch bloßes Absetzen nicht alle Schmutztheile entfernt
werden.
Die weitere Reinigung der gewonnenen Rohöle geschieht, wie bekannt, hauptsächlich
durch Behandeln mit concentrirter Schwefelsäure und Aetznatronlauge, deren
anzuwendendes Verhältniß durch vorherige Versuche bestimmt werden muß, da nach
Verschiedenheit des Materials auch hierin ein wesentlicher Unterschied stattfindet
und sich keineswegs ein durchschnittliches Procentverhältniß annehmen läßt;
insbesondere wird hierbei eine zu große Quantität Schwefelsäure durch die sich
bildenden Substitutionsproducte stets Verluste herbeiführen. Ein entsprechender
Zusatz concentrirter Salpetersäure befördert nicht nur die Oxydation und verhütet
daher ein späteres Nachdunkeln der Oele, sondern bewirkt auch gleichzeitig die
Bildung von Nitrobenzin, welches den Oelen einen angenehmeren Geruch ertheilt; man
muß dabei mit gehöriger Vorsicht verfahren, indem man die Säure beim Mischen in
einem dünnen Strahle spritzt.
Zusätze von chromsaurem Kali und anderen oxydirenden Substanzen vertheuren die
Operation, ohne ein besseres Resultat herbeizuführen.
Außer den in einem entsprechenden Verhältniß zur Reinigung angewandten Substanzen ist
deren möglichst vollständige Mischung mit den Oelen die wesentlichste Bedingung.
Man hat hierzu Apparate von den verschiedensten Constructionen angewandt, doch
erfüllen nur wenige den Zweck leicht und vollständig. Eine Beschreibung der mir
bekannten würde mich zu weit führen, es wird daher genügen das hierbei Wesentlichste
hervorzuheben.
Welcher Construction dieselben auch seyn mögen, so ist es nicht zweckmäßig sie von zu
großen Dimensionen anzuwenden, da einestheils die Mischung der zu behandelnden
Substanzen bei größeren Quantitäten nie so vollständig und nur mit einem größeren
Kraftaufwand zu bewirken seyn wird, als dieß bei kleineren Quantitäten in viel
kürzerer Zeit und mit weniger Kraftaufwand geschehen kann.
Nach jedesmaliger Behandlung überlasse man dieselben so lange der Ruhe bis sie
vollständig geklärt sind, und verwende zur nachfolgenden Behandlung nur die
vollkommen klaren Oele, da außerdem eine gegenseitige Zersetzung der zur Reinigung
verwendeten Substanzen deren Wirksamkeit theilweise aufhebt, wodurch man genöthigt ist größere
Quantitäten davon anzuwenden.
Nach der Behandlung mit Säure ist ein mehrmaliges Auswaschen mit Wasser sehr zu
empfehlen.
Während bei der Behandlung mit Säure eine höhere Temperatur möglichst vermieden
werden muß, ist es zweckmäßig die Lauge den Oelen kochendheiß zuzusetzen und die
Temperatur während dem Mischen noch zu erhöhen, ferner ist es nöthig dieselbe im
Ueberschuß und so concentrirt als möglich anzuwenden; da jedoch auch bei
sorgfältiger Behandlung gewöhnlich noch ein kleiner Theil Carbolsäure frei bleibt,
so ist es von wesentlichem Nutzen bei der nachfolgenden Rectification der Oele
einige Procente Natronkalk mit auf die Blase zu geben, wodurch auch die letzten
Antheile derselben vollständig gebunden werden.
Zur Rectification der Oele sind mehrfache Methoden und Apparate empfohlen und
angewandt worden; die Anwendung von gut construirten Blasen mit Benutzung des freien
Feuers ist jedoch nach meiner Ueberzeugung nicht nur die einfachste, sondern wohl
auch die beste.
Wagenmann empfiehlt dagegen die Benutzung eines
Vacuumapparates; ich zweifle nicht daß derselbe für sehr umfängliche Etablissements
Vortheile bietet und eine exactere Trennung der Oele durch denselben bewirkt werden
kann; die Anschaffungskosten eines solchen sind jedoch bedeutend, da sie sich mit
den erforderlichen Hülfsapparaten auf circa 2000 Rthlr.
belaufen, außerdem erfordert derselbe Betriebskraft und dürfte öfteren Reparaturen
unterworfen seyn. Es ist daher eine allgemeinere Verbreitung desselben kaum zu
erwarten, da die einerseits gebotenen Vortheile durch die andererseits in Betracht
zu ziehenden Umstände, wenn nicht überwogen, doch wesentlich vermindert werden
dürften.
Ich habe nicht mit einem solchen gearbeitet und kann mir daher kein competentes
Urtheil darüber anmaßen, kenne jedoch dessen Construction, da ich Gelegenheit hatte
einen solchen fertig aufgestellt zu sehen.
Die von Dr. Vohl empfohlene
Methode des Abblasens der Oele mit Dampf in einem sogenannten Abblaseständer ist
zwar einfach und liefert recht gute Producte, sie ist jedoch nur für die leichten
Oele anwendbar, da nur diese bis zu einem bestimmten spec. Gewicht durch Dampf
abgetrieben werden können; die in der Blase zurückbleibenden schweren, und noch sehr
paraffinreichen Oele sind gewöhnlich so dunkel gefärbt, daß sie eine nochmalige
Reinigung und weitere Destillation über freiem Feuer erfordern, da bei deren
Verwendung zu Schmieröl das darin enthaltene Paraffin nicht genügend verwerthet
werden würde; auch ist die Trennung des Oels von dem gleichzeitig zurückbleibenden
Condensationswasser stets mit Verlust verbunden.
Es gewährt daher bei sorgfältiger Arbeit und guter Reinigung der Rohöle die
Destillation in Blasen über freiem Feuer den entschiedenen Vortheil, in einer Arbeit
und bei Ersparniß an Zeit, Unkosten, mit nur geringem Verlust eben so schöne
Producte zu erhalten und dabei zugleich noch ein erhebliches Quantum Paraffin zu
gewinnen.
Während zur Destillation des Theers nach meinen Erfahrungen die Benutzung
schmiedeeiserner Blasen vortheilhaft ist, gebe ich zur Rectification der Oele den
gußeisernen den Vorzug.
Nicht allein die größere Stärke, sondern auch die geringere Leitungsfähigkeit des
Gußeisens verhütet bei deren Anwendung eine vorzeitige Ueberhitzung und dadurch
bedingte Färbung der Oele; es ist daher gut, dieselben am Boden von mindestens 1 1/2
bis 2 Zoll Eisenstärke gießen zu lassen, die nach oben bis auf einen halben Zoll
auslaufen kann.
Es verhindert dieß die ungleichmäßige Einwirkung des Feuers und die Destillation
erfolgt viel regelmäßiger als bei geringerer Eisenstärke.
Die von den Paraffinkrystallen durch Ablaufen und Pressen erhaltenen Oele werden,
ohne dieselben vorher zu reinigen, einer wiederholten Destillation unterworfen,
wobei aufs Neue wie bei der Theerdestillation leichte und schwere Oele, sowie
zuletzt Paraffinmasse gewonnen wird; man verfährt demnach wie ich es bei der
Theerdestillation angegeben habe.