Titel: | Zur Anwendung der Aluminiumbronze für Geschützrohre; von Dr. H. Briegleb. |
Autor: | H. Briegleb |
Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. X., S. 26 |
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X.
Zur Anwendung der Aluminiumbronze für
Geschützrohre; von Dr. H.
Briegleb.
Briegleb, über Anwendung der Aluminiumbronze für
Geschützrohre.
Zu dem Aufsatz des Hrn. Artillerie-Oberst G. Weber
im polytechn. Journ. Bd. CLIII S. 262,
betreffend eine vergleichende Berechnung des Kostenaufwandes für Geschützrohre aus
gewöhnlicher Zinnbronze und aus Aluminiumbronze, sind noch einige ergänzende
Bemerkungen hinzuzufügen, durch welche das für die Preise beider zu berechnende
Verhältniß eine für die Aluminiumbronze viel günstigere
Gestalt annimmt.
In jener Berechnung sind nämlich zwei Factoren gar nicht in Betracht gezogen, welche
gleichwohl nicht vernachlässigt werden dürfen, nämlich 1) das der Zinnbronze
gegenüber viel geringere specifische Gewicht der Aluminiumbronze, und 2) die größere
Cohäsionskraft der letztern im Vergleich mit der erstern. Sind beide Verhältnisse
gehörig in Betracht gezogen, so vermindern sich aber die
von Oberst Weber berechneten Kosten für ein, dem
gewöhnlichen Zinnbronze-Geschützrohr gleichwerthiges Geschützrohr aus AluminumbronzeAluminmbronze ganz erheblich. Setzen wir mit Hrn. Oberst Weber voraus, eine Geschützröhre von Zinnbronze sey z.B. 10 bayerische
Centner schwer, so ist klar, daß ein Rohr, genau in denselben Dimensionen aus
Aluminiumbronze hergestellt, nicht 10 Centner wiegen wird, sondern 10. 7263/8744
Centner, da die Zinnbronze 8,744mal schwerer als ihr gleiches Volum Wasser ist, die
Aluminiumbronze aber nur 7,263mal schwerer. Dieses Rohr wiegt also in der That nur 8
3/10 Ctnr. bayerisch, und nicht 10 Ctnr. – Allein, wenn das Caliber dasselbe
bleibt, so kann ferner die Wandstärke des Geschützrohres aus Aluminiumbronze
geringer seyn als die des Geschützrohrs aus Zinnbronze, weil die Cohäsionskraft der
erstern Legirung größer ist. Die Cohäsionskräfte beider Bronzen verhalten sich aber
wie 32000: 78862 für gleiche Volumina, z.B. Prismen von 1 Quadratzoll
Querschnittsfläche. (Ich bemerke, daß ich der Zahl 78862, welche Ritter von Burg für die gehämmerte Aluminiumbronze gibt, deßhalb den
Vorzug gebe, weil man in der Praxis bei der Anfertigung solcher Rohre jedenfalls das
so vortheilhafte Hämmern anwenden wird. Die Zahlen welche Lancaster gibt, sind offenbar zu hoch, während die Zahlen, welche Deville selbst angibt, mit denen Ritter von Burg's fast ganz übereinstimmen.) Jene 8 3/10 Centner,
welche das Gewicht eines Volums Aluminiumbronze ausdrücken, welches gleich ist dem Volum der 10
Ctnr. Zinnbronze, sind also noch mit der Verhältnißzahl 32000/78862 zu
multipliciren, um das Gewicht eines Rohres aus Aluminiumbronze darzustellen, welches
dieselbe Widerstandskraft und dieselbe ballistische Leistung besitzt, wie ein 10
bayr. Ctnr. schweres Rohr von gleichem Nutzeffect aus Zinnbronze.
Dieses gefundene Gewicht ist aber 3 37/100 Ctnr.
Nun kann man allerdings hiergegen einwerfen, daß ein Geschützrohr ein gewisses
Gewicht besitzen müsse, um den Rückstoß beim Abfeuern zu amortisiren. Bei
Handschußwaffen ist dieß von geringer Wichtigkeit, und ob und wie weit dasselbe bei
Kanonenröhren durch Vermehrung des Gewichtes der Laffeten oder durch deren
eigenthümliche Construction zu erreichen sey, ist eine Sache der Artillerietechnik,
und wird a priori schwer zu entscheiden seyn.
Nach der hier gegebenen Berechnung würden also die betrachteten, gleichviel
leistenden Geschützrohre aus beiden Metallen kosten:
für Zinnbronze
782 Gulden 48 Kreuzer
für Aluminiumbronze
1141 Gulden 36 Kreuzer.
Also wäre die Aluminiumbronze nur etwa 1 1/2mal theurer als die Zinnbronze, und nicht über vier mal theurer, wie Oberst Weber schließt, wenn man nach dem Vorgange von Oberst Weber das Aluminium zu 26 Gulden 8 Kreuzer das Pfund, den
Centner Kupfer zu 78 Gulden und Zinn zu 85 Gulden berechnet, und die von ihm
gegebenen Mischungsverhältnisse einhält.
Hierbei ist zu bemerken, daß dieser für das Aluminium angesetzte Preis nicht der
gegenwärtige Kaufpreis, sondern der nach den vorliegenden Erfahrungen niedrigste
Gestehungspreis für den Fabrikanten ist.
Keine von allen bekannten Verwendungen des Aluminiums läßt eine solche Ausdehnung
erwarten, wie seine Anwendung zur Herstellung der Aluminiumbronze. Ich hielt es auch
für wichtig, diese Bemerkungen niederzuschreiben, um dadurch die betreffenden
Behörden zu weiteren Versuchen zu veranlassen. Nach zuverlässigen Nachrichten sind
nämlich in Paris, wo man ja auch die Vortheile der gezogenen Kanonen zuerst begriffen hat, bereits Versuche gemacht worden,
Kanonen aus diesem Material zu gießen.