Titel: | Neues Verfahren bei der Zugutemachung von Kupfer- und anderen Erzen. |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. LXXX., S. 336 |
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LXXX.
Neues Verfahren bei der Zugutemachung von
Kupfer- und anderen Erzen.
Neues Verfahren bei der Zugutemachung von Kupfer- und
anderen Erzen.
Bekanntlich lassen sich arme Kupfererze, namentlich solche, die in Schwefel-,
Arsen- und Zinn-Kies, Schwerspath, Quarz u.s.w. einbrechen, oder
welche Blende und Antimonerz enthalten, nur schwierig und unvollkommen, so wie mit
großen Kosten und großem Metallverlust, durch die mechanische Aufbereitung
concentriren. Auch die gewöhnlichen, sehr complicirten und langwierigen
Schmelzprocesse werden durch gemischte Erze noch mehr erschwert, und es wird endlich
ein so unreines Kupfer erzeugt, daß es im Handel und in den Gewerben nur geringen
Werth hat. Für die bis jetzt gebräuchlichen Aufbereitungs- und Hüttenprocesse
sind große Gebäude, kostspielige und theuer zu unterhaltende Apparate, bedeutende
Triebkräfte, tüchtige und intelligente Arbeiter etc. erforderlich und der zur
Zugutemachung der Kupfererze nothwendige lange Zeitraum nimmt bedeutende
Betriebscapitalien in Anspruch, wodurch die Productionskosten wesentlich erhöht
werden. Aus diesen Gründen konnten bis jetzt viele arme Kupfererze nicht benutzt
werden.
Die Behandlung der Kupfererze auf dem nassen Wege hat bis jetzt nur einen sehr
einseitigen Erfolg bei besondern Localverhältnissen gehabt, indem die Processe
entweder zu umständlich, kostspielig oder unpraktisch waren.
Hr. Ritter Hähner, kgl. sächsischer Consul zu Livorno, von
welchem schon eine hüttenmännische Erfindung, ein Quecksilberofen, zu Idria unter
der Benennung des Hähnerofens im Betriebe stehend, herrührt, hat, wie das Mining Journal berichtet, in England ein Patent auf ein
Verfahren genommen, gewisse Metalloxyde bei einer hohen Temperatur in Berührung mit
Alkalichloriden oder andern Chloriden, welche Oxydchloride bilden können,
abzuscheiden. Die Bildung von freiem Natron wird bei diesem Verfahren durch
Hinzuthun einer Mineralsäure vermieden; die in der Lösung enthaltenen Metalle werden
ausgeschieden und benutzt. Das Verfahren ist nachstehendes:
Die Erze werden grob gepocht, geröstet, dann fein gepocht – oder gewalzt
– und, unter Beimengung von Kohks- oder Holzkohlen-Pulver,
nochmals geröstet. Nach vollständiger Oxydation dieser Substanzen vermengt mengt man sie auf dem
Herde des Flamm-Röstofens in solchem Verhältniß mit Kochsalz (oder irgend
einem andern Alkalichlorid) daß auf jeden Theil des zu gewinnenden Metalles zwei
oder drei Theile kommen. Erz und Kochsalz werden mit einander durchgerührt, und
sobald sich keine Spur von salzsauren Dämpfen mehr zeigt, bringt man das geröstete
und chlorirte Erz auf Filter und gießt alsdann auf das Filter Wasser, welches etwas
gesäuert ist, wodurch die Erze gewaschen werden.
Enthalten nun die Erze Kupfer oder Silber, so gelangen dieselben in die Lösung. Das
Gold bleibt in dem gerösteten und cholorirten Erz nach dem Waschen zurück;
vermittelst eines in die Masse geleiteten Stromes von Chlorgas wird dasselbe in
Goldchlorid verwandelt und dieses in Wasser gelöst. Das Fällen und Raffiniren der
genannten Metalle geschieht auf die gewöhnliche Weise. Bisweilen ist es indessen
vorzuziehen, das Kupfer durch einen Schwefelwasserstoffgasstrom, oder durch eine
Lösung von gewöhnlicher Asche, Potasche oder Soda, entweder allein oder zugleich mit
dem Kalk zu fällen.
Der Hähner'sche Proceß besteht daher in einer Vereinigung
des nassen mit dem trocknen Wege, und es werden dadurch die weiter oben angegebenen
Schwierigkeiten auf eine so einfache Weise vermieden, daß man das Kupfer und das
Silber aus den ärmsten Erzen gewinnen kann, die bisher nicht mit Vortheil zu Gute
gemacht werden konnten. Dieses neue Verfahren aber ist nicht bloß auf eine Theorie
oder auf Versuche im Kleinen begründet, sondern bereits in bedeutender Ausdehnung im
Betriebe. Die hauptsächlichsten Vortheile desselben sind folgende:
1) Die Erze können ohne weitere Aufbereitung, so wie sie gefördert, zu Gute gemacht
werden.
2) Der Proceß ist besonders für die Behandlung armer und mittelreicher Erze, so wie
für diejenigen geeignet, welche mit Zink, Blei, Antimon, Arsenik, Nickel, Zinn etc.
verbunden sind, indem ungeachtet dieser Beimischungen ein sehr reines Kupfer
dargestellt werden kann.
3) Der Proceß ist an allen Orten, besonders vortheilhaft aber in der Nähe der Gruben
selbst ausführbar, und es ist dazu nur eine geringe Quantität Wasser nöthig.
4) Es ist derselbe unter allen bis jetzt bekannten der einfachste; er veranlaßt nur
mäßige Anlagekosten, wenig Handarbeit und erfordert keine besonders intelligenten
Arbeiter.
5) Unter allen bekannten Processen veranlaßt der Hähner'sche den geringsten Kupferverlust, indem das Maximum desselben bei
Erzen von 1–5
Proc. Gehalt auf 1/10 Proc. veranschlagt werden kann, während er bei reichern Erzen
geringer ist. Die Verluste bei den gewöhnlichen Aufbereitungs- und
Schmelzprocessen belaufen sich dagegen auf 30–33 Proc. von dem ganzen
Gehalt.
6) Das Verfahren ist weit schneller als das gewöhnliche, indem nur wenige Tage dazu
erforderlich sind, während das alte Verfahren mehrere Monate beansprucht.
7) Der etwaige Silbergehalt der Erze kann ohne wesentliche Mehrkosten gewonnen
werden; ebenso sind Gold, Zinn, Zink etc. durch Nebenprocesse zu gewinnen.
Die Kosten, um 1000 Kilogr. Erz von 1 1/2 Proc. Kupfergehalt zu Gute zu machen,
belaufen sich im Toscanischen, bei nicht sehr günstigen Verhältnissen, auf 12,50
Francs, so daß sich die Productionskosten von 100 Kilogr. seinem Kupfer auf ungefähr
90 Francs, d.h. von dem Zollcentner auf 12 Rthlr. belaufen, die 1000 Kilogr. Erz von
1 1/2 Procent Gehalt zu 14 Kilogr. Kupfer gerechnet. Das aus reichern Erzen
gewonnene Kupfer veranlaßt verhältnißmäßig geringere Productionskosten. Mittelst der
gewöhnlichen Kupferhüttenprocesse ist es selten möglich, Erze von 1 1/2 Proc.
Metallgehalt mit Nutzen zu Gute zu machen, während man durch den neuen Proceß sogar
Erze von 1 Proc. Gehalt mit Vortheil behandeln kann.
Bei Anwendung der gewöhnlichen Aufbereitungs- und Schmelzprocesse würde die
Zugutemachung von 1000 Kilogr. desselben Erzes von 1 1/2 Proc. Kupfergehalt, unter
gleichen Verhältnissen wie obige, auf 29 Francs zu stehen kommen; der Metallverlust
würde statt 1/10, 1/3 des Gehaltes betragen, d.h. die 1000 Kilogr. Erz würden nur 10
Proc. Kupfer ausbringen, und daher die 100 Kilogr. weniger reines Kupfer auf 290
Francs zu stehen kommen. – Die obigen Resultate wurden bereits im
regelmäßigen Betriebe im Großen erlangt. – Der neue Proceß kann mit
verhältnißmäßig geringen Kosten in jeder Kupferhütte eingeführt werden.