Titel: | Ueber die Anwendung des Chlorkalks zum Weißmachen des Grundes der mit Garancin gefärbten Baumwollenzeuge; von den HHrn. C. Royet und G. Steinbach. |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. LII., S. 218 |
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LII.
Ueber die Anwendung des Chlorkalks zum Weißmachen
des Grundes der mit Garancin gefärbten Baumwollenzeuge; von den HHrn. C. Royet und G. Steinbach.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, 1856, Nr. 134.
Royet, über die Anwendung des Chlorkalks zum Weißmachen des Grundes
der mit Garancin gefärbten Baumwollenzeuge.
Bekanntlich war es früher sehr schwierig, nach dem Färben mit Garancin durch Auslegen
der Stücke auf der Wiese den Grund (Boden) derselben vollkommen weiß zu erhalten,
hauptsächlich im Winter; abgesehen von seinen unregelmäßigen Resultaten war dieses
Verfahren sehr zeitraubend und verursachte große Kosten für Handarbeit, während die
Stücke nicht selten durch Windstöße Risse bekamen etc.
Um den beabsichtigten Zweck auf eine schnelle, sichere und ökonomische Weise zu
erreichen, mußte natürlich jeder Chemiker und Fabrikant auf die Anwendung des
chemischen Bleichverfahrens verfallen; es waren aber viele Versuche erforderlich, um
die scheinbar einfache Aufgabe zu lösen: den Grund der gefärbten Stücke durch das
Chlor weißzumachen, ohne die anderen Farben merklich zu verändern.
Während des Winters von 1846 auf 1847 unternahm die Kattunfabrik von Blech, Steinbach und Mantz in
Mülhausen eine große Anzahl von Versuchen, um dieses Resultat zu erzielen; diese
Versuche zerfielen in sechs Reihen:
1. Klotzen der Stücke mit klarer Chlorkalk-Auflösung, indem man sie mit
derselben auf der Walzendruckmaschine mittelst einer Millepointswalze (punktirt
gravirten Walze) bedruckte, worauf man sie unmittelbar durch kochendes Wasser drei
Minuten lang passirte. – 1 Theil Chlorkalklösung von 8° Baumé
wurde hierzu mit 1000 – 125 – 40 – 20 – 4 oder nur 2
Theilen Wasser verdünnt.
2. Klotzen mit der Millepointswalze wie Nr. 1, und hernach Trocknen in einer auf
50° Reaumur geheizten Trockenkammer.
3. Klotzen mit der Millepointswalze wie Nr. 1, und Trocknen auf einer durch
einströmenden Dampf erwärmten Trommel.
4. Klotzen mit der Millepointswalze wie Nr. 1, worauf die Stücke unmittelbar drei
Minuten lang gedämpft wurden.
5. Nach dem Klotzen auf der Walzendruckmaschine mit Chlorkalklösung von verschiedener
Stärke wie Nr. 1, wurden die Stücke, ohne sie zu trocknen, auf einer Walze
aufgerollt; nach 24 Stunden wurden sie von derselben abgerollt und dann in heißem
Wasser gewaschen.
6. Nach dem Bedrucken mit Chlorkalklösung wie Nr. 1, wurden die Stücke durch ein
Weinsteinsäurebad (10 Gramme Weinsteinsäure auf 4 Liter Wasser) passirt und dann
gewaschen.
Die Versuche Nr. 1 bis 6 wurden auf dieselbe Weise mit neutralem Chlornatron und
Chlorkali von verschiedener Stärke gemacht; auch wiederholte man sie in der Art, daß
man die Stücke mit dem Chlornatron in der Klotzmaschine tränkte, anstatt sie mit der
punktirten Walze zu bedrucken.
Einige Monate lang haben wir die Stücke mit schwacher Chlorkalklösung auf der
Klotzmaschine getränkt, von welcher sie zum Trocknen in den hot flue zogen; nach diesem Verfahren konnten wir aber nur eine sehr
beschränkte Anzahl von Stücken weißmachen. Wir mußten dasselbe aufgeben und die
Stücke mittelst der Millepointswalze mit Chlorkalklösung bedrucken, wobei wir sie
von der Walzendruckmaschine weg zum Trocknen über eine hinreichend große Oberfläche
mit Dampf geheizter Platten streichen ließen. Diese
Verfahrungsart, welche wir seit dem Frühling 1847 in unserer Kattundruckerei in
großem Maßstab anwenden, hat uns stets gute Resultate gegeben.
Später verbreitete sich dieses Verfahren in den verschiedenen Kattundruckereien
Frankreichs, Deutschlands und Englands. In einer oder zwei englischen Druckereien
sollen die mit Garancin gefärbten Stücke ganz so wie unter Nr. 4. angegeben ist,
weiß gemacht werden; diese Methode lieferte uns jedoch keine genügenden Resultate,
weil dabei die einzeln stehenden zarten und die feinen Theile der Muster merklich
verändert wurden.
Beim Weißmachen der Garancinartikel wirkt übrigens das Chlor nicht vollständig
bleichend; der Grund der auf angegebene Weise mit Chlorkalk behandelten Stücke
erscheint allerdings schön weiß, er wird aber schwach rosenroth, wenn man die Stücke
im fließenden Wasser spült. Sollte etwa ein Theil des Farbstoffs bloß so modificirt
werden, daß er sich beim
Waschen oder an der Luft wieder bilden kann? – Eine ähnliche Erscheinung
zeigt sich beim Weißätzen der türkischrothen Stücke in der Chlorkalkküpe; hier ist
jedoch das Resultat wahrscheinlich complicirt, wegen der Gegenwart einer stark
verharzten Substanz.
Ein eigenthümlicher Umstand begünstigt das Weißmachen der in Garancin gefärbten
Stücke durch Bedrucken mit Chlorkalklösung; man bemerkt nämlich, daß die nicht bedruckten Theile des Zeuges sich mehr netzen
als die gefärbten Theile. Wegen dieser Eigenschaft der aufgedruckten (und
dann gefärbten) Mordants, sich schwieriger zu netzen als das Weiß der Stücke, kann
man einen Grund, welcher mit Catechu braun, mit Cochenille amarantfarbig, mit
Blauholz schwarz etc. gefärbt ist, durch das Bedrucken mit Chlorkalklösung
weißmachen, was durch Passiren dieser Stücke in einem selbst sehr schwachen
Chlorkalkbade nicht möglich wäre, ohne diese Farben stark zu verändern. Bedruckt man
nämlich die Zeuge mit Chlorkalklösung, so äußert das Chlor sein Bleichvermögen
hauptsächlich auf diejenige Farbe, welche die weißen Theile verunreinigt, während
beim Passiren der Stücke in Chlorkalklösung das zerstörende Agens nicht mehr auf
eine gegebene Schicht beschränkt istWenn man solche Stücke in Chlorkalklösung eintaucht, so wird das Chlor niemals von der Oberfläche des
Gewebes gleichförmig absorbirt, sondern der Farbstoff absorbirt dasselbe im
Verhältniß seiner Masse, während die Substanz des Gewebes nur eine
unbedeutende Menge Chlorkalk aufnimmt, so daß gewissermaßen nur das Chlor
und der Farbstoff ins Spiel kommen, und zwar im Verhältniß dieses letztern.
Dieses Verhalten zeigt sich um so auffallender, je niedriger die Temperatur
des Chlorkalkbades ist. In der Kälte wird z.B.
der mit den Mordants verbundene Farbstoff früher zersetzt, als der in dem
weißen Grund zerstreute; taucht man hingegen die Stücke in eine warme Chlorkalklösung, so kann sich der Chlorkalk
leichter im Verhältniß der Oberfläche des Gewebes vertheilen, und man
vermeidet durch diese Verfahrungsart eine den Farben proportionale
Absorption desselben..
Das beschriebene, sehr wichtige Verfahren ist auch das einzige, welches man anwenden
kann, um den weißen Grund solcher gefärbten Stücke wieder herzustellen, die nicht
geseift werden, sowie den weißen Grund derjenigen Farben, welche überhaupt keine
Passage vertragen.