Titel: | Ueber die Verstopfungen welche sich in den Drainröhren bilden und ein Mittel zu deren Verhinderung; von Hervé Mangon. |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. XXXIII., S. 127 |
Download: | XML |
XXXIII.
Ueber die Verstopfungen welche sich in den
Drainröhren bilden und ein Mittel zu deren Verhinderung; von Hervé Mangon.
Aus den Comptes rendus, August 1856, Nr.
8.
Mit Abbildungen.
Mangon, über die Verstopfungen welche sich in den Drainröhren
bilden und ein Mittel zu deren Verhinderung.
In gewissen Bodenarten setzt das Drainwasser mehr oder weniger rasch feste Substanzen
ab, die in den Röhren Verstopfungen bilden, welche das Auslaufen der Flüssigkeiten
verhindern und daher die ausgeführten Arbeiten bald unnütz machen. Wenn es nicht
möglich wäre, diese Verstopfungen zu verhindern, müßte man also auf das Entwässern
solcher Bodenarten mittelst der Drainage verzichten.
Die Verstopfungen, welche sich in den Röhren durch die chemische Fällung der anfangs
im Drainwasser aufgelösten Substanzen bilden, sind zweierlei Art: die einen bestehen
hauptsächlich aus kohlensaurem Kalk, die anderen enthalten eine große Menge Eisenoxyd und sind
daher ockerfarbig.
Die hauptsächlich aus kohlensaurem Kalk bestehenden
Verstopfungen entstehen in den Röhren, worin Wässer circuliren, welche viel
kohlensauren Kalk in überschüssiger Kohlensäure aufgelöst enthalten. Um die Bildung
solcher Verstopfungen zu verhüten, genügt es offenbar, die Entbindung des im Wasser
enthaltenen kohlensauren Gases zu verhindern. Dieß läßt sich in der Praxis sehr
leicht bewerkstelligen, indem man über der Entleerungsmündung und, wenn es angeht,
an der Vereinigungsstelle der wichtigsten Hauptröhren eine pneumatische Wasserstube
von einigen Metern Höhe anbringt.
Textabbildung Bd. 142, S. 127
Die pneumatischen Wasserstuben, welche die Abbildungen im senkrechten Durchschnitt
und im Grundriß zeigen, construirt man wie die gewöhnlichen Wasserstuben mit zwei
oder drei in einander greifenden weiten Röhren, welche vertical auf einen flachen
Stein oder auf einen breiten Ziegel gestellt und auf dieselbe Weise oben bedeckt
werden. Ein Steingrund, nöthigenfalls gemauert, wird als Sohle dieser Wasserstuben
vorgerichtet. Die Röhren, welche in größerer oder kleinerer Anzahl in dieser Stube
ausmünden, werden dauerhaft gelegt und manchmal auf eine kleine Länge mit Mauerwerk
umgeben, damit sie sich nicht verrücken können. Aber im Gegensatz mit dem
gewöhnlichen Verfahren mündet das Rohr A, welchem man auf eine
gewisse Breite ein größeres Gefäll gibt, einige Centimeter unter dem Ablaufrohr E aus. Mittelst dieses Kunstgriffs sind die Drainröhren
von der Luft in der Stube getrennt und die gewünschte Bedingung ist genau
erfüllt.
Die aus Eisenniederschlägen bestehenden Verstopfungen sind
schlammig und gallertartig, mehr oder weniger consistent; ihre Farbe wechselt vom
Dunkelroth bis zum matten Ockerroth. Wenn sich diese Niederschläge in einem ruhigen
Wasser bilden, so sieht man an der Oberfläche regenbogenfarbige Häutchen, welche bei
der geringsten Bewegung der Flüssigkeit auf den Boden fallen. Diese Niederschläge
verstopfen schnell die Röhren auf größere oder geringere Längen und verhindern den
Ablauf der Drains vollständig. Die Wässer welche solche Niederschläge bilden, kommen
hauptsächlich in dem Erdreich vor, welches viel Eisenoxyd oder Schwefeleisen
enthält, in den eigentlichen Sümpfen, in den Torfmooren und in einem Boden wo das
Wasser aus einem höher gelegenen Walde eindringt.
Die Quellsäure und die Quellsalzsäure spielen sicher eine wichtige Rolle bei der
Bildung dieser Niederschläge, worüber ich später Untersuchungen anzustellen
beabsichtige; gegenwärtig werden folgende Thatsachen in praktischer Hinsicht
genügen.
Die Zusammensetzung dieser Niederschläge ist nothwendig sehr wandelbar; sie hängt
ohne Zweifel von der Beschaffenheit des Bodens ab, durch den die Wässer drangen,
welche sie erzeugen. Anderseits sind diese Niederschläge fast immer mechanisch mit
Thon, feinem Sand, Pflanzentrümmern etc. gemengt.
Wie sehr sie in der Zusammensetzung von einander abweichen, zeigen folgende drei
Analysen:
I.
II.
III.
Sand, Eisen und Thon, in Salzsäure
unauflöslich
17,00
29,75
76,75
Thonerde
3,67
3,75
5,75
Eisenoxyd
37,67
49,70
4,75
kohlensaurer Kalk
6,33
8,48
3,66
kohlensaure Bittererde
0,00
3,24
1,14
gebundenes Wasser, nicht bestimmte
Substanzen und verbrennliche organische
Substanzen, den Stickstoff
inbegriffen
34,67
3,07
7,55
Stickstoff
0,66
2,01
0,40
––––––––––––––––––––––
100,00
100,00
100,00
Das Product I war in der Gegend von Cassel (Nord-Dep.) gesammelt; es wurde an
der Luft ausgetrocknet, aber die zwei anderen Producte wurden vor der Analyse bei
einer Temperatur von beiläufig 80ºC. ausgetrocknet. Das Product II wurde in der Gegend von
Arras gesammelt, und das Product III ist von Henonville (Oise).
Folgende Versuche, welche ich mit solchen Niederschlägen anstellte, sind von
praktischem Interesse.
Wenn man einen frischen Niederschlag sammelt und auch das Wasser worin er sich
bildet, so braucht man nur das Ganze auf ein Filter zu geben, um eine vollkommen
klare Flüssigkeit zu erhalten. Diese Flüssigkeit behält in Flaschen, welche mit ihr
ganz gefüllt und gut verschlossen sind, sowie in einer sauerstofffreien Atmosphäre,
ihre Durchsichtigkeit fortwährend. In Berührung mit reinem Sauerstoffgas oder
atmosphärischer Luft, trübt sie sich hingegen sehr bald und setzt die ockerige
Substanz ab, welche der Hauptbestandtheil der fraglichen Verstopfungen ist.
Um dem in den Drains gesammelten Niederschlag diese Flüssigkeit zu entziehen, braucht
man ihn nur einigemal mit reinem Wasser auszuwaschen. Setzt man ihn dann der Luft
aus, so wird die Farbe immer röthlicher. Wenn man nach einigen Stunden, wo die Farbe
sich nicht mehr zu verändern scheint, den Niederschlag in eine Flasche gibt, die man
mit Wasser füllt und gut verschließt, so wird die röthliche Farbe nach und nach
wieder dunkelbraun, fast schwarz. Nach einigen Wochen braucht man nur das Product
auf ein Filter zu geben, um neuerdings eine klare Flüssigkeit zu erhalten, welche
sich aber an der Luft rasch trübt, indem sie das besprochene ockerige Product
absetzt. Gleichzeitig nimmt der auf dem Filter gebliebene Niederschlag die röthliche
Farbe wieder an, welche er in dem Augenblick besaß wo man ihn in der Flasche
luftdicht verschloß. Man kann diese Reihe von Beobachtungen mit ein und derselben
Probe mehrmals machen. Das fragliche Product besitzt daher die doppelte Eigenschaft,
durch seine Oxydation unauflöslich zu werden und sich reduciren zu können, wenn man es sich selbst überläßt, so
daß es zum Theil wieder löslich wird.
Wenn man 3 bis 4 Kubikcentimeter von dem ockerigen Niederschlag, welcher frisch
gesammelt und mit dem Wasser, worin er sich bildete, getränkt ist, in eine auf der
Quecksilberwanne stehende, mit Sauerstoffgas gefüllte Glocke bringt, so erfolgt die
Absorption des Gases anfangs sehr rasch, dann immer langsamer und hört endlich ganz
auf. Während der ersten acht Tage eines solchen Versuches wurden 14 Kubikcentimeter
Gas absorbirt, wogegen in den folgenden dreizehn Tagen nur 13 Kubikcentimeter
verschwanden. Die Masse war alsdann vollständig röthlich, und, auf ein Filter
gebracht, gab sie eine klare Flüssigkeit, worin kein bemerkenswerthes Product
aufgelöst war.
Die Flüssigkeit womit die frischen Niederschläge (in den Röhren) imprägnirt sind,
enthält in wandelbaren Verhältnissen Substanzen, welche durch Einwirkung der Luft
niedergeschlagen werden können. Ich erhielt davon bis 0,80 Grm. per Liter, obgleich schon ein Theil derselben durch
Einwirkung des Sauerstoffs gefällt worden war. Im Allgemeinen findet man von diesen
Substanzen 0,25 bis 0,50 Grm. per Liter, was bei der
Leichtigkeit des gefällten Products und seiner gallertartigen Consistenz hinreicht,
um rasch die Verstopfung der Röhren zu veranlassen.
Aus den vorhergehenden Thatsachen ergibt sich:
1) daß die Wässer, welche in den Drainröhren die Verstopfungen durch
Eisenniederschläge hervorbringen, ihre Klarheit behalten und gar keinen Niederschlag
geben, wenn der Sauerstoff der Luft mit ihnen nicht in Berührung kommen kann;
2) daß der frisch gebildete Niederschlag auf sich selbst eine reducirende Wirkung
ausüben kann, wodurch er großentheils wieder in auflöslichen Zustand übergeht.
Aus diesen beiden Thatsachen läßt sich leicht folgern, daß die pneumatischen
Wasserstuben, welche ich bei Besprechung der Verstopfungen durch Kalkniederschläge
beschrieben habe, die Bildung der ockerigen Niederschläge in den Drainröhren
ebenfalls verhindern werden. Während im erstern Falle die Wasserstube den Verlust
der Kohlensäure verhindert, verhütet sie im zweiten Falle den Zutritt des
Sauerstoffs oder der Luft. Wenn während der großen Trockenheit oder mit dem Wasser
der ersten Regen ein wenig atmosphärische Luft in die Röhren gelangt, so können sich
einige Niederschläge bilden, sie werden aber auf sich selbst reagiren, nachdem sie
den in der Luft der Röhren enthaltenen Sauerstoff absorbirt haben, daher bald wieder
zum Theil in auflöslichen Zustand übergehen, und dann durch die Bewegung des Wassers
in den Drains während der regnerischen Jahreszeit leicht mitgerissen werden.
Die Chemiker welche die Verstopfungen der Drains durch Eisenniederschläge besprachen,
vermutheten mit Recht, daß diese Niederschläge durch Oxydation der Eisenoxydulsalze
entstehen. Man nahm allgemein an, daß sie sich durch die Fällung einer gewissen
Menge kohlensauren Eisenoxyduls bilden, welches im Boden durch die Wirkung der
organischen Substanzen auf das Eisenoxydul entstand und im Wasser durch
überschüssige Kohlensäure aufgelöst erhalten wird. Die Auflöslichkeit des
kohlensauren Eisenoxyduls genügt aber nicht, um die massenhafte Bildung gewisser
Niederschläge zu erklären. Ueberdieß hatte Niemand die Absorption des Sauerstoffs
direct nachgewiesen und ebensowenig die freiwillige Reduction des Products
beobachtet, welche den Erfolg der pneumatischen Wasserstuben zur Verhinderung
der durch Eisenniederschläge entstehenden Verstopfungen der Drainröhren vollständig
sichert.